Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2008, Az. VI ZR 272/06

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1483

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 14. Oktober 2008 [X.], Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Ges[X.]häftsstelle in dem Re[X.]htsstreit Na[X.]hs[X.]hlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; [X.] Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Zur Privatsphäre au[X.]h einer Person des öffentli[X.]hen Interesses gehört grundsätzli[X.]h die eigene Erkrankung; Ausnahmen können bei einem besonderen Personenkreis wie beispielsweise wi[X.]htigen Politikern, Wirts[X.]haftsführern oder Staatsoberhäuptern bestehen. [X.], Urteil vom 14. Oktober 2008 - [X.]/06 - [X.] LG Hamburg
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündli[X.]he Verhandlung vom 14. Oktober 2008 dur[X.]h die Vizepräsidentin Dr. [X.], [X.] [X.], die Ri[X.]hterin [X.] und [X.] und Zoll für Re[X.]ht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 21. November 2006 wird auf Kosten der [X.] zurü[X.]kgewiesen. Von Re[X.]hts wegen

Tatbestand: Der Kläger begehrt mit seiner Klage Unterlassung der erneuten [X.] eines [X.]s, wel[X.]hes im Rahmen eines Beitrags mit der Übers[X.]hrift "[X.] - was wird jetzt aus ihr? Sie weinte am Grab ihres [X.]. Sie weint am Bett ihres Mannes. Und [X.] ma[X.]ht si[X.]h Sorgen um sie" in der von der [X.] verlegten Zeits[X.]hrift [X.] Nr. 17/05 vom 20. April 2005 er-s[X.]hienen ist. Auf dem Bild sitzen der Kläger und seine Ehefrau auf der Terrasse eines Hotels vor mehreren leeren Gläsern am Tis[X.]h. Sie hebt eine Flas[X.]he an. Die Bildnebens[X.]hrift lautet: "2003, [X.], Sonnenterrasse, [X.]a. 13 Uhr. Die Gläser sind leer. [X.] prüft, ob in der Flas[X.]he no[X.]h Wein ist." Der mit der Aufnahme eingeleitete Beri[X.]ht befasst si[X.]h damit, dass der Kläger "wie im Raus[X.]h" lebe. Eine Übers[X.]hrift in Fettdru[X.]k lautet: "Weißwein in der 1 - 3 - Strandbar. Rotwein im Sporthotel. Und zur Entgiftung na[X.]h [X.]". Der Kläger sei mit seiner Frau vor fünf Jahren in einer Entgiftungsklinik P. an der [X.] gewesen. Seine lebensgefährli[X.]he Bau[X.]hspei[X.]heldrüsenentzündung habe zur Krankenhauseinweisung geführt und zur Folge, dass er nie wieder trinken [X.]. Hervorgehoben ist: "Ärzte warnen: Kein Tropfen Alkohol mehr für [X.], sonst ..." Die Klage hatte in beiden Tatsa[X.]heninstanzen Erfolg. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer [X.] weiter. 2 Ents[X.]heidungsgründe:[X.] Das Berufungsgeri[X.]ht hat zur Begründung seines Urteils im [X.] ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspru[X.]h aus §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG zu. Es könne unterstellt werden, dass der Kläger die [X.] eines neutralen oder kontextkon-formen Bildes au[X.]h ohne Einwilligung hinnehmen müsse, weil seine s[X.]hwere Erkrankung, die Anlass für die [X.] gewesen sei, als zeitges[X.]hi[X.]ht-li[X.]hes Ereignis anzusehen sei. Au[X.]h sei er Begleiter seiner Ehefrau, einer so genannten absoluten Person der Zeitges[X.]hi[X.]hte gewesen. Die [X.] verletze jedo[X.]h die s[X.]hutzwürdige Privatsphäre des [X.] (§ 23 Abs. 2 KUG). 3 Bei der Frage, in wel[X.]hem Umfang einer in der Öffentli[X.]hkeit stehenden Person S[X.]hutz vor der [X.] von Bildnissen zuzubilligen sei, sei [X.] zwis[X.]hen dem Persönli[X.]hkeitsre[X.]ht des Betroffenen einerseits und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit sowie der Pressefreiheit auf der 4 - 4 - anderen Seite. Dabei sei insbesondere der S[X.]hutzumfang von Art. 8 [X.] in der Bestimmung dur[X.]h die Ents[X.]heidung des [X.] (künftig: [X.]) vom 24. Juni 2004 zu bea[X.]hten. Vorliegend sei davon auszugehen, dass si[X.]h der Kläger ni[X.]ht an einem belebten Ort unter vielen Mens[X.]hen aufgehalten habe, als das beanstandete Bild aufgenommen worden sei. Auf dem [X.] seien außer dem Kläger und seiner Ehefrau keine weiteren Personen zu sehen. Ob auf der Aufnahme, aus der das veröffentli[X.]hte Bild ausges[X.]hnitten worden sei, eine weitere Person abgebildet sei, sei ni[X.]ht si[X.]her zu erkennen; sie lasse jedenfalls ni[X.]ht den S[X.]hluss zu, der Kläger habe si[X.]h an einem belebten Ort unter vielen Personen befunden. Dass der Tis[X.]h des Ehepaars von der öffentli[X.]hen Straße aus einsehbar sei, sei ni[X.]ht substanti-iert vorgetragen und au[X.]h nur von Bedeutung, wenn si[X.]h auf dieser Straße viele Mens[X.]hen aufhielten. Die Beklagte habe im Einzelnen vortragen müssen, wie die Si[X.]htverhältnisse bei Entstehung der Aufnahme gewesen seien. Bei Bea[X.]htung der vom [X.] in der genannten Ents[X.]heidung aufge-stellten Grundsätze für die Abwägung der gegensätzli[X.]hen Interessen greife die [X.] der Aufnahme re[X.]htswidrig in das Re[X.]ht des [X.] am eige-nen Bild ein. Ein Unterhaltungsinteresse der Leser der Zeits[X.]hrift [X.] an Leben, Feriengestaltung und Konsumverhalten des [X.] und seiner Ehe-frau re[X.]htfertige ni[X.]ht die erhebli[X.]he Eins[X.]hränkung des [X.], wenn er in offensi[X.]htli[X.]h privaten Lebensberei[X.]hen abseits der breiten Öffentli[X.]hkeit die Erstellung und [X.] von [X.]s ohne seine Einwilligung hinnehmen müsste. Anderes ergebe si[X.]h ni[X.]ht daraus, dass si[X.]h der bebilderte Beri[X.]ht mit der lebensgefährli[X.]hen Erkrankung des [X.] befasse. 5 Die Wortberi[X.]hterstattung sei mögli[X.]herweise mit Rü[X.]ksi[X.]ht auf das na[X.]h der [X.] der beanstandeten Aufnahme vom Kläger der in [X.] ers[X.]heinenden "Kleine Zeitung" zu seiner Erkrankung und zu seinem [X.] - 5 - konsum gegebene Interview gere[X.]htfertigt. Das s[X.]hließe jedo[X.]h ni[X.]ht die bean-standete Aufnahme ein, die unter Eingriff in die Privatsphäre entstanden sei. Die Abwägung der widerstreitenden Interessen führe zu einem Vorrang des Privatsphärens[X.]hutzes. Das Interview führe au[X.]h ni[X.]ht dazu, dass der Kläger den S[X.]hutz seiner Privatsphäre in Bezug auf eine Beri[X.]hterstattung über in der Vergangenheit liegende private Treffen verloren oder in entspre[X.]hende Bildver-öffentli[X.]hungen eingewilligt habe. I[X.] Diese Beurteilung des Berufungsgeri[X.]hts hält revisionsre[X.]htli[X.]her Na[X.]h-prüfung im Ergebnis stand. 7 1. Der erkennende Senat hat na[X.]h Erlass des Berufungsurteils in mehre-ren Ents[X.]heidungen zum abgestuften S[X.]hutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei [X.] von "Prominenten" unter Berü[X.]ksi[X.]htigung der Re[X.]ht-spre[X.]hung des [X.] und des [X.] Stellung genommen (vgl. Senat, [X.] 174, 262 ff.; Urteile vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84 ff.; vom 15. November 2005 - [X.] ZR 286/04 - [X.], 274 ff.; vom 6. März 2007 - [X.] ZR 13/06 - [X.], 697, 698 f. und - [X.] ZR 51/06 - NJW 2007, 1977 ff.; vom 19. Juni 2007 - [X.] ZR 12/06 - [X.], 1135 ff.; vom 3. Juli 2007 - [X.] ZR 164/06 - [X.], 1283 ff.; vom 13. November 2007 - [X.] ZR 269/06 - NJW 2008, 1593 ff.; vom 24. Juni 2008 - [X.] ZR 156/06 - [X.], 1268 ff.; vom 1. Juli 2008 - [X.] ZR 67/08 - [X.], 1367 ff. und - [X.] ZR 243/06 - [X.], 1363 ff.). Verfassungsre[X.]htli[X.]he Beanstandungen haben si[X.]h insoweit ni[X.]ht ergeben (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.). 8 - 6 - Na[X.]h diesem abgestuften S[X.]hutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzli[X.]h nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon ma[X.]ht § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es si[X.]h um Bildnisse aus dem Berei[X.]h der Zeitges[X.]hi[X.]hte handelt. Au[X.]h bei Personen, die unter dem Bli[X.]kwinkel des zeitges[X.]hi[X.]htli[X.]hen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an si[X.]h ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnis-ses dulden müssten, ist die Verbreitung einer Abbildung aber dann ni[X.]ht zuläs-sig, wenn hierdur[X.]h bere[X.]htigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). 9 Maßgebend für die Frage, ob es si[X.]h um ein Bildnis aus dem Berei[X.]h der Zeitges[X.]hi[X.]hte handelt, ist der Begriff des Zeitges[X.]hehens. Dieser Begriff darf ni[X.]ht zu eng verstanden werden. Im Hinbli[X.]k auf den Informationsbedarf der Öffentli[X.]hkeit umfasst er ni[X.]ht nur Vorgänge von historis[X.]h-politis[X.]her Bedeu-tung, sondern ganz allgemein das Zeitges[X.]hehen, also alle Fragen von allge-meinem gesells[X.]haftli[X.]hem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffent-li[X.]hkeit bestimmt. Das Informationsinteresse besteht indes ni[X.]ht s[X.]hrankenlos. Vielmehr wird der Einbru[X.]h in die persönli[X.]he Sphäre des Abgebildeten dur[X.]h den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Beri[X.]hterstat-tung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das bere[X.]htigte Informationsinteresse der Öffentli[X.]hkeit an der aktuellen Beri[X.]hterstattung zu ziehen ist, lässt si[X.]h nur unter Berü[X.]ksi[X.]htigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls ents[X.]heiden. 10 Zum [X.] der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzli[X.]hen Grenzen einen ausrei[X.]henden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie na[X.]h ihren publizistis[X.]hen Kriterien ents[X.]heiden kann, was sie des öffentli[X.]hen Interesses für wert hält, und dass si[X.]h im [X.] herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentli[X.]hem Interesse 11 - 7 - ist (vgl. Senat, Urteile vom 15. November 2005 - [X.] ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - [X.] ZR 51/06 - aaO, 1979 f.; [X.], [X.]E 101, 361, 392). Au[X.]h der [X.] hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2649 f., §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 [X.] hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demo-kratis[X.]hen Gesells[X.]haft eine wesentli[X.]he Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von [X.]. Das steht mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitges[X.]hi[X.]hte in [X.]. a) Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hierna[X.]h eine Abwä-gung zwis[X.]hen den Re[X.]hten der Abgebildeten na[X.]h Art. 8 Abs. 1 [X.], Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Re[X.]hten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 [X.], Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundre[X.]hte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des S[X.]hutzes der Persönli[X.]hkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits ni[X.]ht vorbehaltlos gewährleistet und werden von §§ 22 f. KUG sowie Art. 8 und 10 [X.] beeinflusst, wie der Senat s[X.]hon mehrfa[X.]h nä-her ausgeführt hat (vgl. Urteile vom 1. Juli 2008 - [X.] ZR 67/08 - aaO und - [X.] ZR 243/06 - aaO). 12 b) Die Rei[X.]hweite des S[X.]hutzes des Re[X.]hts am eigenen Bild wird davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentli[X.]hkeit der Massenmedien überführt wird und damit ni[X.]ht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewi[X.]ht der das Persönli[X.]hkeitsre[X.]ht gegebenenfalls bes[X.]hränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Beri[X.]hterstattung eine Angelegenheit betrifft, wel[X.]he die Öffentli[X.]hkeit wesentli[X.]h berührt (vgl. [X.], [X.]E 7, 198, 212; NJW 2006, 1865; [X.], Urteil vom 17. Oktober 2006, [X.]. 71678/01, [X.] gegen [X.], § 55). Mit der Ent-s[X.]heidung, ein Bild einer Person abzudru[X.]ken und in den Kontext eines [X.] - 8 - stimmten Beri[X.]hts zu rü[X.]ken, nutzen die Medien ihre grundre[X.]htli[X.]h ges[X.]hützte Befugnis, selbst zu ents[X.]heiden, was sie für beri[X.]htenswert halten. Dabei haben sie jedo[X.]h den Persönli[X.]hkeitss[X.]hutz Betroffener zu berü[X.]ksi[X.]htigen. 14 Wie das [X.] in seinem Bes[X.]hluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Mögli[X.]hkeiten der Orientierung bei ei-genen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Au[X.]h die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits [X.], [X.]E 101, 361, 390 f.). Das gilt au[X.]h für die Bebilderung unterhaltender Beiträge als einen [X.] Bestandteil der [X.], der dur[X.]h die Pressefreiheit ge-s[X.]hützt wird, zumal der publizistis[X.]he und wirts[X.]haftli[X.]he Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entspre[X.]hende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträ[X.]htli[X.]h zugenommen hat. [X.] gilt die Pressefreiheit au[X.]h für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres [X.] Umfelds eins[X.]hließli[X.]h ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten der begleitenden Texte in besonderem Maß einer abwägenden Be-rü[X.]ksi[X.]htigung der kollidierenden Re[X.]htspositionen der Betroffenen. Für die Abwägung zwis[X.]hen der Pressefreiheit und dem [X.] ist von maßgebli[X.]her Bedeutung, ob die Presse im kon-kreten Fall eine Angelegenheit von öffentli[X.]hem Interesse ernsthaft und [X.] erörtert, damit den Informationsanspru[X.]h des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentli[X.]hen Meinung beiträgt oder ob sie ledigli[X.]h die Neugier der Leser na[X.]h privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. [X.], [X.]E 34, 269, 283; 101, 361, 391). Insoweit hat das Bundesverfas-sungsgeri[X.]ht im Bes[X.]hluss vom 26. Februar 2008 aaO hervorgehoben, dass 15 - 9 - das Selbstbestimmungsre[X.]ht der Presse ni[X.]ht au[X.]h die Ents[X.]heidung umfasst, wie das Informationsinteresse zu gewi[X.]hten ist, sondern diese Gewi[X.]htung zum Zwe[X.]k der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Re[X.]htsstreits den Geri[X.]hten obliegt. Diese haben allerdings im [X.] auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltli[X.]hen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzuse-hen und sind auf die Prüfung bes[X.]hränkt, in wel[X.]hem Ausmaß der Beri[X.]ht einen Beitrag für die öffentli[X.]he Meinungsbildung erbringen kann. [X.]) Der Informationswert einer Bildberi[X.]hterstattung ist, soweit das Bild ni[X.]ht s[X.]hon als sol[X.]hes eine für die öffentli[X.]he Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberi[X.]hterstattung zu [X.] (vgl. Senat, [X.] 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84, 85 f.). Bes[X.]hränkt si[X.]h der begleitende Beri[X.]ht [X.] darauf, ledigli[X.]h einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu s[X.]haffen, ohne dass die Beri[X.]hterstattung einen Beitrag zur öffentli[X.]hen Mei-nungsbildung erkennen lässt (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom 1. Juli 2008 - [X.] ZR 243/06 - aaO, 1366), ist es ni[X.]ht angezeigt, dem [X.]sinteresse den Vorrang vor dem Persönli[X.]hkeitss[X.]hutz einzuräumen. 16 d) Daneben sind bei einer Bildberi[X.]hterstattung für die Gewi[X.]htung der Belange des Persönli[X.]hkeitss[X.]hutzes au[X.]h der Anlass und die zur [X.] stehenden Umstände (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO) zu berü[X.]ksi[X.]htigen, unter denen die [X.] entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimli[X.]hkeit oder beharrli[X.]her Na[X.]hstellung. Au[X.]h ist bedeutsam, in wel[X.]her Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträ[X.]htigung des Persönli[X.]hkeitsre[X.]hts wiegt s[X.]hwerer, wenn die visuelle Darstellung dur[X.]h Ausbreitung von übli[X.]her-weise öffentli[X.]her Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens 17 - 10 - thematis[X.]h die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene na[X.]h den Um-ständen typis[X.]her Weise die bere[X.]htigte Erwartung haben durfte, ni[X.]ht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann ni[X.]ht nur bei einer dur[X.]h räumli[X.]he Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtli[X.]her Abges[X.]hiedenheit au[X.]h in Momenten der Entspannung oder des Si[X.]h-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pfli[X.]hten des Berufs und des Alltags der Fall sein. 2. a) Diese Grundsätze sind auf Abbildungen des [X.] anzuwenden, da er als Person des öffentli[X.]hen Interesses anzusehen ist ("personnage publi[X.] / publi[X.] figure" in Abgrenzung zur "personnalité politique / politi[X.]ian" einerseits und "[X.] / ordinary person" andererseits, vgl. [X.], Urteile vom 11. Januar 2005, [X.]. 50774/99, S[X.]ia[X.][X.]a gegen [X.], §§ 27 ff. und vom 17. Oktober 2006 - [X.]. 71678/01, [X.] gegen [X.], § 57). Diese Einstufung hat na[X.]h den Ausführungen des Bun-desverfassungsgeri[X.]hts zur Folge, dass über eine sol[X.]he Person in größerem Umfang beri[X.]htet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinrei[X.]henden Na[X.]hri[X.]htenwert mit Orientierungsfunktion im Hinbli[X.]k auf eine die Allgemeinheit interessierende Sa[X.]hdebatte hat und in die Abwägung keine s[X.]hwerwiegenden Interessen des Betroffenen einzustellen sind, die einer [X.] entgegenstehen. 18 b) Für den Streitfall führt das zu folgender Abwägung: 19 aa) Das von der [X.] veröffentli[X.]hte [X.] zeigt den Kläger mit [X.] Ehefrau laut Bildnebens[X.]hrift im Jahre 2003 auf einer Sonnenterrasse in [X.]. Das Bild ist unstreitig während des [X.] der Eheleute entstanden, der au[X.]h bei "Prominenten" zum grundsätzli[X.]h ges[X.]hütz-ten [X.]berei[X.]h der Privatsphäre gehört. Die begleitende Wortberi[X.]hterstattung betrifft darüber hinaus die s[X.]hwere Erkrankung des [X.] an einer [X.] - 11 - dung der Bau[X.]hspei[X.]heldrüse und lässt anklingen, dass diese dur[X.]h übermäßi-gen Alkoholgenuss verursa[X.]ht sein kann. Sie hat damit jedo[X.]h au[X.]h bei groß-zügigem Verständnis keinen Bezug zu einem zeitges[X.]hi[X.]htli[X.]hen Ereignis, son-dern befasst si[X.]h auss[X.]hließli[X.]h mit der Privatsphäre des [X.]. Zu dieser gehört - was allerdings bei einem besonderen Personenkreis wie beispielsweise wi[X.]htigen Politikern, Wirts[X.]haftsführern oder Staatsoberhäuptern anders sein kann (vgl. Senat, Urteil vom 6. März 2007 - [X.] ZR 51/06 - aaO, 1980) - die ei-gene Erkrankung (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 1995 - [X.] ZR 332/94 - [X.], 339, 340; [X.]E 32, 373, 379 f.; 101, 361, 382). Selbst wenn unter dem Bli[X.]kpunkt gesundheitli[X.]her S[X.]häden dur[X.]h Alkoholmissbrau[X.]h ein Informationsinteresse der Öffentli[X.]hkeit am Zusammenhang zwis[X.]hen diesem und Erkrankungen der Bau[X.]hspei[X.]heldrüse bejaht werden könnte, steht hier der beanstandeten [X.] das Interesse des [X.] am S[X.]hutz der eige-nen Privatsphäre entgegen, zu der au[X.]h - mit den oben erwähnten Ausnah-men - der Gesundheitszustand gehört, also sein Interesse am S[X.]hutz privater Vorgänge, die einfa[X.]h - wie das [X.] formuliert hat (NJW 2008, 39, 44) - ni[X.]hts in der Öffentli[X.]hkeit zu su[X.]hen haben. Daran vermag na[X.]h Auffassung des erkennenden Senats au[X.]h der Bekanntheitsgrad des [X.] ni[X.]hts zu ändern, weil es bei seinem Gesundheitszustand um eine hö[X.]hst-persönli[X.]he Angelegenheit geht und ni[X.]ht ersi[X.]htli[X.]h ist, weshalb dieser im kon-kreten Fall von Interesse für die Öffentli[X.]hkeit sein könnte (zu mögli[X.]hen Aus-nahmen vgl. Senat, [X.] 171, 275, 286 f.). Au[X.]h der glei[X.]hzeitige Tod des S[X.]hwiegervaters des [X.] ändert hieran ni[X.]hts. Bei dieser Sa[X.]hlage haben die Re[X.]hte der Presse aus Art. 10 [X.], Art. 5 Abs. 1 GG im Streitfall hinter den S[X.]hutz des Persönli[X.]hkeitsre[X.]hts des [X.] (Art. 8 [X.], Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) zurü[X.]kzutreten. 21 - 12 - bb) Entgegen der Ansi[X.]ht der Revision ändert si[X.]h an diesem Ergebnis ni[X.]hts dadur[X.]h, dass der Kläger si[X.]h na[X.]h seiner lebensgefährli[X.]hen Erkran-kung im April 2005, also geraume Zeit na[X.]h Entstehen der beanstandeten Auf-nahme und zwei Tage na[X.]h Ers[X.]heinen des mit dieser bebilderten Artikels in Interviews zu seiner Erkrankung geäußert hat. 22 23 Zwar kann man si[X.]h im Allgemeinen ni[X.]ht auf ein Re[X.]ht zur Privatheit hinsi[X.]htli[X.]h sol[X.]her Tatsa[X.]hen berufen, die man selbst der Öffentli[X.]hkeit [X.] hat ([X.], [X.]E 101, 361, 385; Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - [X.] ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 524 und - [X.] ZR 404/02 - VersR 2004, 525, 526). Der S[X.]hutz der Privatsphäre vor öffentli[X.]her Kenntnisnahme entfällt nämli[X.]h, soweit si[X.]h jemand selbst damit einverstanden zeigt, dass bestimmte, gewöhnli[X.]h als privat geltende Angelegenheiten öffentli[X.]h gema[X.]ht werden; die Erwartung, dass die Öffentli[X.]hkeit die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Berei[X.]h mit Rü[X.]kzugsfunktion nur begrenzt oder ni[X.]ht zur Kenntnis nimmt, muss situationsübergreifend und konsistent zum Ausdru[X.]k gebra[X.]ht werden ([X.], [X.]E 101, 361, 385; Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84, 85 f.). Dies gilt insbesondere für den Bildnis-s[X.]hutz bei Anwendung der §§ 22, 23 KUG. Das beanstandete [X.] stammt indes aus einer Zeit, zu der der Kläger seine Privatsphäre no[X.]h ni[X.]ht preisgegeben hatte und in der seine Veröffentli-[X.]hung mangels eines bere[X.]htigten Informationsinteresses als re[X.]htswidrig [X.] war. Wer - mögli[X.]herweise unter dem tatsä[X.]hli[X.]hen Dru[X.]k einer bereits erfolgten Beri[X.]hterstattung - an die Öffentli[X.]hkeit tritt, muss ni[X.]ht hinnehmen, dass eine weitere Beri[X.]hterstattung über ihn mit [X.]s bebildert wird, die der Öffentli[X.]hkeit zunä[X.]hst nur unter Verletzung des Persönli[X.]hkeitsre[X.]hts zugäng-li[X.]h gema[X.]ht werden konnten. Insoweit kann ein überwiegendes [X.] der Öffentli[X.]hkeit ni[X.]ht bejaht werden. Diesem Interesse kann [X.] - 13 - [X.]hend dadur[X.]h Re[X.]hnung getragen werden, dass zulässig zu veröffentli[X.]hen-des Bildmaterial verwendet wird (vgl. Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84, 86). 25 3. Na[X.]h allem ist die Revision der [X.] mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurü[X.]kzuweisen. [X.]

[X.] [X.]

Pauge Zoll Vorinstanzen: [X.], Ents[X.]heidung vom 31.03.2006 - 324 O 463/05 - [X.], Ents[X.]heidung vom [X.] - 7 U 58/06 -

Meta

VI ZR 272/06

14.10.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2008, Az. VI ZR 272/06 (REWIS RS 2008, 1483)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1483

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