Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.05.2021, Az. V ZR 24/20

5. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 5448

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KAUFRECHT ARGLIST ARGLISTIGE TÄUSCHUNG GRUNDSTÜCK

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Gegenstand

Ausschluss der Sachmängelhaftung beim Grundstückskaufvertrag: Verschweigen eines Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz; Voraussetzung für die Annahme von Arglist; Mangel des Grundstücks


Leitsatz

1. Bezugspunkt der Arglist in § 444 BGB ist ein konkreter Mangel. Arglist liegt deshalb nur vor, wenn der Verkäufer diesen konkreten Mangel kennt oder zumindest im Sinne eines bedingten Vorsatzes für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Das schließt es aus, ein arglistiges Verschweigen von Mängeln gemäß § 444 BGB durch den Verkäufer allein daraus abzuleiten, dass das Gebäude auf dem verkauften Grundstück teilweise unter Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz errichtet worden ist.

2. Für die Annahme von Arglist genügt es nicht, dass sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen (Bestätigung von Senat, Urteil vom 12. April 2013 - V ZR 266/11, NJW 2013, 2182).

3. Ein Grundstück ist nicht allein deshalb mangelhaft, weil bei der Errichtung eines auf ihm stehenden Gebäudes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstoßen wurde.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das Schlussurteil des 21. Zivilsenats des [X.] vom 23. Dezember 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin kaufte mit notariellem Vertrag vom 27. März 2012 von den Beklagten zu 1 und 2 ein Grundstück für 253.000 €. In dem Vertrag wurden die Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Grundstücks, des Gebäudes und der mitverkauften beweglichen Sachen ausgeschlossen. Auf dem Grundstück befindet sich ein Gebäude, das der Beklagte zu 1 aufgrund eines Werkvertrags mit einer inzwischen verstorbenen Bauunternehmerin hatte errichten lassen. Im Zuge von Umbauarbeiten stellte die Klägerin Mängel der Abdichtung des Kellers und des [X.] gegen Feuchtigkeit fest. Im Dezember 2012 trat der Beklagte zu 1 an die Klägerin sämtliche ihm gegenüber der Bauunternehmerin zustehenden Gewährleistungsansprüche ab.

2

Die Klägerin hat wegen der Feuchtigkeitsmängel von den [X.] und den Erben der Bauunternehmerin zuletzt insgesamt 48.457,51 € als [X.] verlangt. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin hinsichtlich des Beklagten zu 2 und der Erben der Bauunternehmerin durch Teilurteil vom 30. April 2019 zurückgewiesen. Dieses Teilurteil ist rechtskräftig. Mit [X.] vom 23. Dezember 2019 hat es den Beklagten zu 1 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen zur Zahlung von 34.679,72 € nebst Zinsen verurteilt. Dagegen wendet sich der Beklagte zu 1 mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.

Entscheidungsgründe

I.

3

Nach Ansicht des [X.] kann die Klägerin von dem [X.]n zu 1 gemäß § 437 Nr. 3, § 440 i.V.m. § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 [X.] Ersatz der geltend gemachten Schäden im zuerkannten Umfang als Schadensersatz statt des ausgefallenen Leistungsteils verlangen. Das seinerzeit errichtete Gebäude sei mangelhaft, weil es nach den Feststellungen des Sachverständigen keine Vertikalabdichtung und eine unzureichende Horizontalabdichtung aufweise. Auf den Haftungsausschluss könne sich der [X.] zu 1 nicht berufen, da er arglistig gehandelt habe. Der [X.] zu 1 habe die Klägerin darüber aufklären müssen, dass das Haus nicht mit einer Vertikalabdichtung versehen worden sei. In dem Bauvertrag sei eine entsprechende Abdichtung nicht vorgesehen gewesen. Es habe bereits zum Zeitpunkt des [X.] gegeben, aus denen sich dem [X.]n zu 1 habe erschließen müssen, dass der Auftrag eine solche Abdichtung nicht erfasst habe. Sein Vortrag, ein Sperrputz mache eine Vertikalabdichtung entbehrlich, sei eine Schutzbehauptung. Aus ihr erschließe sich zwar nicht zwingend der Zeitpunkt, zu dem ihm bewusst geworden sei, dass es eine Vertikalabdichtung nicht gegeben habe. Er habe diese Tatsache aber zumindest verschleiern wollen. Letztlich könne unentschieden bleiben, ob der [X.] zu 1 gewusst oder mindestens billigend in Kauf genommen habe, dass eine [X.] nicht und die [X.] unzureichend ausgeführt worden seien. Denn er habe die Klägerin darüber unterrichten müssen, dass das Gebäude teilweise in Schwarzarbeit errichtet worden sei. Von letzterem sei sowohl auf Grund der Aussage des [X.]n zu 3 als auch der übrigen Indizien auszugehen.

II.

4

Diese Erwägungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.

5

1. Im Wesentlichen zutreffend ist der Ausgangspunkt des [X.]. Nach den von ihm mit sachverständiger Hilfe getroffenen Feststellungen war das Gebäude auf dem verkauften Grundstück bei Gefahrübergang mangelhaft, weil es, obwohl neueren Baujahrs, nicht mit einer Vertikalabdichtung versehen und die Horizontalabdichtung unzureichend war. Aufgrund dieser Mängel kann der [X.] zu 1 nach § 437 Nr. 3, § 440, § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 [X.] zu Schadensersatz statt des ausgefallenen Leistungsteils verpflichtet sein. In diesem Rahmen könnte die Klägerin nicht nur, wie zuletzt beantragt, Ersatz des [X.], sondern, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, auch Ersatz fiktiver Mängelbeseitigungskosten verlangen (vgl. Senat, Urteil vom 12. März 2021 - [X.], [X.], 960 Rn. 7). Beides setzt nach § 280 Abs. 1 Satz 2 [X.] voraus, dass der [X.] zu 1 das Fehlen der [X.] und den Einbau einer unzureichenden [X.] zu vertreten hat und weiter, dass er sich auf den vereinbarten Haftungsausschluss für Sachmängel nicht berufen darf. Sollte der [X.] zu 1 einen der beiden oder beide Mängel arglistig verschwiegen haben, wäre ihm - und dann - entgegen der von dem Berufungsgericht in dem Teilurteil vertretenen Ansicht - auch dem [X.]n zu 2 (vgl. dazu Senat, Urteil vom 8. April 2016 - [X.], [X.], 766 Rn. 8) - nach § 444 [X.] die Berufung auf den Haftungsausschluss verwehrt.

6

2. Unzutreffend ist aber die Annahme des [X.], dass der [X.] zu 1 die festgestellten Mängel arglistig verschwiegen habe, ergebe sich schon daraus, dass der gesonderte [X.] der Bodenplatte und der Abdichtung gegen das [X.] (vom 23. Juli 2004, [X.], zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 30. März 2021, [X.] oder [X.]) verstoßen habe. Damit verkennt das Berufungsgericht den Anknüpfungspunkt der Arglist in § 444 [X.] und die ihr nach dieser Vorschrift zugedachte Wirkung.

7

a) Nach § 444 [X.] darf sich der Verkäufer auf einen in dem Kaufvertrag vereinbarten Haftungsausschluss nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen hat.

8

aa) Mit den Worten „den Mangel“ spricht das Gesetz jeden einzelnen Mangel an, auf den sich der Käufer beruft. Das ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang von § 444 [X.] mit § 437 [X.]. Die in § 437 [X.] bezeichneten Mängelrechte stehen dem Käufer nämlich immer dann zu, wenn die Sache mangelhaft ist, damit also im Grundsatz bei jedem einzelnen Sach- oder Rechtsmangel im Sinne der §§ 434 und 435 [X.]. Dieser Umstand führt etwa dazu, dass der Käufer, der wegen eines bestimmten Mangels der [X.] gemindert hat, zwar nicht wegen desselben Mangels großen Schadensersatz und unter diesem Gesichtspunkt die Rückgängigmachung des Kaufvertrages verlangen kann ([X.], Urteil vom 9. Mai 2018 - [X.], [X.]Z 218, 320 Rn. 19), wohl aber wegen eines anderen (rechtzeitig geltend gemachten) Mangels, dessentwegen er den Kaufpreis nicht gemindert hat, doch noch vom Kaufvertrag zurücktreten oder im Wege des großen Schadensersatzes dessen Rückabwicklung verlangen könnte ([X.], Urteil vom 9. Mai 2018 - [X.], [X.]Z 218, 320 Rn. 17: „wegen desselben Mangels“; ausdrücklich: [X.]/Grunewald, [X.], 16. Aufl., § 437 Rn. 48; [X.]/[X.], [X.], 80. Aufl., § 437 Rn. 31; MüKo[X.]/[X.], 8. Aufl., § 441 Rn. 10).

9

bb) [X.] führt nach § 444 [X.] auch nicht dazu, dass sich der Verkäufer überhaupt nicht mehr auf den vereinbarten Haftungsausschluss berufen könnte. Vielmehr ist ihm die Berufung auf einen solchen Haftungsausschluss nur „insoweit“ verwehrt, als er den Mangel arglistig verschwiegen hat. Die Berufung auf den Haftungsausschluss ist also nur ausgeschlossen gegenüber den Rechten und Ansprüchen des Käufers aus § 437 [X.], die sich aus dem verschwiegenen Mangel ergeben. Gegenüber Ansprüchen und Rechten des Käufers aus § 437 [X.], die sich aus anderen Mängeln ergeben, die er dem Käufer nicht arglistig verschwiegen hat, darf sich der Verkäufer weiterhin auf den Haftungsausschluss berufen.

cc) Bezugspunkt der Arglist ist in § 444 [X.] damit stets ein konkreter Mangel. Arglist liegt deshalb nur vor, wenn der Verkäufer diesen konkreten Mangel kennt oder zumindest im Sinne eines bedingten Vorsatzes für möglich hält und billigend in Kauf nimmt (Senat, Urteile vom 7. März 2003 - [X.], [X.] 2003, 769, 771, vom 16. März 2012 - [X.], NJW-RR 2012, 1078 Rn. 24 und vom 14. Juni 2019 - [X.], [X.] 2019, 846 Rn. 29).

b) Das schließt es aus, ein arglistiges Verschweigen von Mängeln gemäß § 444 [X.] durch den Verkäufer allein daraus abzuleiten, dass das Gebäude auf dem verkauften Grundstück teilweise unter Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz errichtet worden ist.

aa) Schwarzarbeit im Sinne des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes leistet nach § 1 Abs. 2 [X.], wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei als Arbeitgeber, Unternehmer oder [X.] Selbstständiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt (Nr. 1), als Steuerpflichtiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt (Nr. 2), als Empfänger von Sozialleistungen seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Mitteilungspflichten gegenüber dem Sozialleistungsträger nicht erfüllt (Nr. 3), als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen seiner sich daraus ergebenden Verpflichtung zur Anzeige vom Beginn des selbstständigen Betriebes eines stehenden Gewerbes (§ 14 [X.]) nicht nachgekommen ist oder die erforderliche Reisegewerbekarte (§ 55 [X.]) nicht erworben hat (Nr. 4) oder als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe selbstständig betreibt, ohne gemäß § 1 HwO in der Handwerksrolle eingetragen zu sein (Nr. 5). Diese Tatbestände betreffen sämtlich die sozialversicherungs-, steuer- und gewerberechtlichen Rahmenbedingungen von Dienst- oder Werkverträgen. Sie befassen sich dagegen nicht mit dem Inhalt der versprochenen Leistungen und besagen erst recht nichts darüber, ob die vereinbarte Leistung wie vorgesehen erbracht worden ist oder nicht. Sie geben deshalb auch keine Auskunft darüber, ob der Auftraggeber, worauf es im Zusammenhang von § 444 [X.] allein ankommt, von Fehlern bei der Ausführung der Werkleistungen Kenntnis hatte oder das Vorhandensein solcher Fehler billigend in Kauf genommen hat. Sie begründen für sich genommen auch nicht den Verdacht, die Arbeiten seien nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden und das Grundstück dadurch mangelhaft. Deshalb könnte in der unterbliebenen Kontrolle der ausgeführten Arbeiten kein billiges Inkaufnehmen etwaiger Mängel gesehen werden (vgl. Senat, Urteil vom 19. Februar 2016 - [X.], [X.], 1755 Rn. 19 f., für die Beseitigung eines Mangels durch ein Fachunternehmen).

bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass ein Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz zur Nichtigkeit des Werkvertrags führt.

(1) Das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz sieht keine ausdrücklichen Verbotstatbestände vor. Aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes sowie der darin vorgesehenen Androhung von Geldbußen ergibt sich jedoch, dass Verträge, die einen der Tatbestände für Schwarzarbeit erfüllen, bei bestimmter Beteiligung beider Vertragsparteien nichtig sind. Das ist jedenfalls bei dem von dem Berufungsgericht hier angenommenen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.] der Fall (vgl. [X.], Urteil vom 1. August 2013 - [X.], [X.]Z 198, 141 Rn. 17, 20). Wäre gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.] verstoßen worden, wäre der [X.] unter anderem der Abdichtung des Gebäudes gemäß § 134 [X.] nichtig. Das wiederum hätte zur Folge, dass dem [X.]n zu 1 als Besteller aus einem solchen Vertrag keine Ansprüche und Rechte nach § 634 [X.] zustünden (vgl. [X.], Urteil vom 1. August 2013 - [X.], [X.]Z 198, 141 Rn. 27) und überdies schon keine wechselseitigen Leistungspflichten begründet worden wären.

(2) Das Fehlen der wechselseitigen Leistungspflichten und der Ansprüche und Rechte des Bestellers aus § 634 [X.] rechtfertigt aber nicht den Schluss, dass die zwar nicht wirksam vereinbarten, aber doch abgesprochenen Leistungen nicht so erbracht wurden, wie sie bei Wirksamkeit des Vertrages zu erbringen gewesen wären. Es bietet insbesondere keine Grundlage für die Annahme, der Auftraggeber habe allein schon wegen des Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz Kenntnis von einem bestimmten, nach Fertigstellung festgestellten Ausführungsfehler oder habe diesen billigend in Kauf genommen.

3. Die Entscheidung des [X.] erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als richtig (vgl. § 561 ZPO). Auch die zusätzlich angestellten Erwägungen des [X.] tragen seine Annahme, der [X.] zu 1 habe arglistig gehandelt, nicht.

a) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob sich seine Annahme, der [X.] zu 1 habe die beiden festgestellten Mängel - fehlende Vertikalabdichtung und unzureichende Horizontalabdichtung - arglistig verschwiegen, hinsichtlich der Vertikalabdichtung auch auf andere Gründen stützen lasse. Seine in diesem Zusammenhang angestellten Überlegungen vermögen aber auch deshalb nicht zu begründen, dass der [X.] zu 1 das Fehlen der Vertikalabdichtung arglistig verschwiegen hat, weil das Berufungsgericht für die Feststellung der Arglist falsche Maßstäbe angelegt hat.

aa) Es geht zwar zutreffend davon aus, dass Arglist nach der Rechtsprechung des [X.] Kenntnis des arglistig Handelnden - hier des [X.]n zu 1 - von dem Mangel oder voraussetzt, dass dieser den maßgeblichen Mangel billigend in Kauf nimmt und nicht offenbart (Nachweise oben in Rn. 10). Es hat die Anforderungen, die der Senat an die Annahme von Eventualvorsatz stellt, aber missverstanden und gelangt deshalb im Ergebnis durchweg nicht zur Feststellung von Eventualvorsatz.

bb) Das Berufungsgericht führt unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 12. April 2013 ([X.], [X.], 2182) aus, „hinsichtlich der Gesamtbewertung dieser Umstände reicht es für den subjektiven Tatbestand der Arglist aus, dass sich dem [X.]n zu 1 der Mangel aufdrängen musste“. Das entspricht nicht der Rechtsprechung des Senats und auch nicht dem dazu zitierten Senatsurteil. In diesem Urteil hat der Senat das genaue Gegenteil entschieden, dass es nämlich für die Annahme von Arglist gerade nicht genügt, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen. Zur Begründung hat er angeführt, dass andernfalls die Arglist vom Vorsatz abgekoppelt und der Sache nach durch leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis ersetzt würde (Senat, Urteil vom 12. April 2013 - [X.], [X.], 2182 Leitsatz und Rn. 13). Diese Anforderungen hat das Berufungsgericht nicht erkannt und sich bei seinen Ausführungen zum Vorsatz oder Eventualvorsatz des [X.]n zu 1 durchweg mit (grober) Fahrlässigkeit begnügt, die aber für arglistiges Handeln nicht ausreicht.

b) Das Berufungsgericht hat ferner offengelassen, ob der Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz bei dem [X.] einen Sachmangel des später verkauften Grundstücks darstellt. Das ist nicht der Fall.

aa) Einem verkauften Grundstück fehlt nicht deshalb die gesetzlich geschuldete Beschaffenheit, weil dem Verkäufer infolge der mit dem Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz eingetretenen Nichtigkeit des Vertrags über die Errichtung des Gebäudes gemäß § 134 [X.] bei Mängeln des Gebäudes keine Ansprüche und Rechte nach § 634 [X.] zustehen. Er schuldet dem Käufer die Verschaffung eines Grundstücks, das die geschuldete Beschaffenheit hat. Ohne besondere Vereinbarungen ist der Verkäufer nicht verpflichtet, dem Käufer seine eigenen Gewährleistungsrechte gegen Dritte abzutreten. Auch wenn eine Abtretung von Mängelansprüchen vereinbart wäre und daran scheiterte, dass diese Ansprüche wegen des Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nicht bestehen, würden dadurch weder das Gebäude noch das Grundstück, auf dem es errichtet wurde, mangelhaft. Das Nichtbestehen der Ansprüche könnte nur Ansprüche aus einer Verletzung von Leistungs- oder Aufklärungspflichten auslösen. Hier war die Abtretung von Mängelansprüchen nicht vereinbart. Die nach dem Auftreten der Mängel erklärte Abtretung der Ansprüche gegen die verstorbene Bauunternehmerin und ihre Erben sollte nur der Beseitigung der [X.] dienen.

bb) Ein Grundstück ist nicht allein deshalb mangelhaft, weil bei der Errichtung eines auf ihm stehenden Gebäudes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstoßen wurde. Als Beschaffenheit einer [X.] im Sinne von § 434 Abs. 1 [X.] sind sowohl alle Faktoren anzusehen, die der Sache selbst anhaften, als auch alle Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben ([X.], Urteil vom 15. Juni 2016 - [X.], NJW 2016, 2874 Rn. 10). Zu diesen Faktoren gehört der Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz bei der Errichtung eines auf dem später verkauften Grundstück stehenden Gebäudes regelmäßig nicht. Er begründet einen persönlichen Vorwurf gegen den Verkäufer und den von ihm beauftragten Unternehmer. Er betrifft deren Geschäftsgebaren und nicht das errichtete Gebäude. Deshalb wirkt sich ein solcher Verstoß regelmäßig nicht auf die Wertschätzung des später verkauften Grundstücks aus. Das Fehlen solcher Verstöße gehört deshalb nicht zu den § 434 Abs. 1 Satz 2 [X.] kraft Gesetzes geschuldeten Eigenschaften eines Kaufgrundstücks. Ob das Fehlen als Beschaffenheit nach § 434 Abs. 1 Satz 1 [X.] - etwa auf besonderen Wunsch eines Käufers - vereinbart werden könnte, bedarf hier keiner Entscheidung, weil in dem Vertrag eine solche Vereinbarung nicht getroffen worden ist.

c) Aus den vorstehenden Gründen ergibt sich zugleich, dass der [X.] zu 1 die Klägerin auch nicht von sich aus und losgelöst von der Beschaffenheit des Grundstücks auf den Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz hätte hinweisen müssen. Deshalb lässt sich der von der Klägerin verlangte Ersatz der sich aus den [X.]n ergebenden Wertminderung des Grundstücks auch nicht auf eine Verletzung vorvertraglicher Pflichten gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 [X.] stützen.

III.

Die Verurteilung des [X.]n zu 1 kann deshalb keinen Bestand haben. Das Berufungsurteil ist insoweit aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Hierbei macht der Senat von der in § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, die Sache an einen anderen Senat des [X.] zurückzuverweisen. Die neue Berufungsverhandlung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, sich mit den weiteren von dem [X.]n zu 1 in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vorgetragenen Einwänden gegen die Annahme der Arglist und seinen Einwänden zur Höhe des Anspruchs zu befassen.

[X.]     

      

Schmidt-Räntsch     

      

Kazele

      

Haberkamp     

      

[X.]     

      

Meta

V ZR 24/20

28.05.2021

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 23. Dezember 2019, Az: 21 U 75/17

§ 434 BGB, § 444 BGB, § 1 Abs 2 SchwarzArbG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.05.2021, Az. V ZR 24/20 (REWIS RS 2021, 5448)

Papier­fundstellen: NJW 2021, 3397 MDR 2021, 1329-1330 REWIS RS 2021, 5448 WM 2022, 1892 REWIS RS 2021, 5448

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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