Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2016, Az. 3 StR 467/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 17957

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:120116B3STR467.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 467/15
vom
12. Januar 2016
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
u.a.
hier:
Revision des Angeklagten A.

S.

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 12.
Januar 2016 gemäß §
349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog, § 357 [X.] einstimmig beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das
Urteil des [X.] vom 27.
April 2015
a)
soweit es den Angeklagten A.

S.

betrifft, im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass der Angeklagte schuldig ist des bandenmäßigen Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in zwei Fällen; die in den [X.] -
4. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen entfallen;
b)
soweit es den Mitangeklagten Ö.

S.

betrifft, im Schuldspruch dahin geändert und neugefasst, dass der Mitangeklagte Ö.

S.

schuldig ist des banden-mäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht ge-ringer Menge und des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln; die in den Fällen II.3. und 4. der [X.] verhängten Einzelstrafen entfallen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
-
3
-

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen "bandenmäßigen unerlaub-ten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fäl-len sowie wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in fünf Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen den nicht revidierenden Mitangeklagten Ö.

S.

hat die [X.] wegen "bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit [X.] in nicht geringer Menge sowie wegen bandenmäßigen [X.] Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen" eine Jugendstrafe von drei Jahren verhängt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 [X.].
1. Der Schuldspruch wegen jeweils eigenständiger Delikte des banden-mäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in den Fällen II.1.
bis 4.
der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Nach den Feststellungen schloss sich der Angeklagte vor dem 8. Mai 2015 mit den Mitangeklagten O.

und Ö.

S.

zusammen, um [X.] und arbeitsteilig im Raum [X.] Heroin an unterschiedliche Abnehmer zu verkaufen. Aufgabe des Angeklagten war es, die Bestellungen der Abneh-mer telefonisch über einen Anruf oder eine Textnachricht ([X.]) entgegen zu nehmen und gegenüber diesen die Menge des Heroins, den Preis sowie den Ort und die [X.] zu bestimmen bzw. zu bestätigen. Die Bestellung
leitete er -
meist als Textnachricht -
an die Mitangeklagten weiter. Diese [X.] die [X.], entnahmen nach Erhalt des [X.] die bestell-ten [X.] und führten die Geschäfte aus. Auf diese Weise kam es am 8., 1
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3
-
4
-
15., 22. und 24. Mai 2014 (Fälle II.1.
bis 4.
der Urteilsgründe) zu Drogenge-schäften
mit dem Zeugen

[X.]

, bei denen dieser jeweils fünf Gramm
Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von 4% erwarb. Die Auslieferungen vom 8., 22. und 24. Mai 2014 (Fälle II.1., 3.
und 4.
der Urteilsgründe) nahm der Angeklagte Ö.

S.

vor, das Geschäft vom 15. Mai 2014 führte der Mit-angeklagte O.

aus. Jedenfalls zu späteren Zeitpunkten verfügte die Gruppe über größere [X.] Heroin. So war es dem Angeklagten im Juni 2014 mög-lich, dem Zeugen [X.]

nach dessen Anfrage am späten Abend des 11. Juni 2014 eine Lieferung von 300 Gramm Heroin zuzusagen und diese am nächsten Vormittag durch den Mitangeklagten O.

ausführen zu lassen (Fall [X.]
der Urteilsgründe); am 16. und 17. Juli 2014 (Fall II.7.
der Urteilsgründe) führten die Angeklagten verschiedene Abverkäufe in einer Gesamtmenge von über 75 Gramm Heroingemisch aus, die aus einem einheitlichen zum Abverkauf [X.] Vorrat stammten, der noch weitere 155,21 Gramm Heroingemisch umfasste.
2. Auf dieser Grundlage erweist sich die Wertung der [X.], bei den Fällen II.1.
bis 4.
der Urteilsgründe handele es sich um vier tatmehrheitli-che Delikte des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, als rechtsfehlerhaft, weil sie sich nicht mit der Frage ausei-nandergesetzt hat, ob die Abverkäufe Teil einer Bewertungseinheit waren.
Alle Betätigungen, die sich auf den Vertrieb derselben, in einem Akt er-worbenen Menge an Betäubungsmitteln richten, werden als Bewertungseinheit zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens verbunden, weil der Erwerb und der Besitz von Betäubungsmitteln, die zum Zwecke gewinnbringender [X.] bereitgehalten werden, bereits den Tatbestand des Handeltrei-bens in Bezug auf die Gesamtmenge erfüllen. Zu dieser Tat gehören als un-4
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-
5
-
selbständige Teilakte alle späteren Veräußerungsgeschäfte, soweit sie das-selbe Rauschgift betreffen (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 15.
Oktober 2015 -
1 [X.], juris Rn. 47). Dabei setzt die Annahme einer Bewertungseinheit konkrete Anhaltspunkte dafür voraus, dass bestimmte [X.] aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren. Die bloße Möglichkeit, dass dies der Fall war, genügt nicht, wenn tatsächliche [X.] für eine konkrete Zuordnung bestimmter Einzelverkäufe zu einer bestimmten erworbenen Gesamtmenge fehlen. Eine lediglich willkürliche Zu-sammenfassung ohne ausreichende Tatsachengrundlage kommt nicht in [X.], auch der [X.] gebietet in solchen Fällen nicht die Annahme [X.] ([X.], Beschlüsse vom 23. Mai 2012 -
5 StR 12/12, [X.], 517 mwN; vom 5. März 2002 -
3 [X.], [X.], 1810). [X.] jedoch konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, dass die in [X.] veräußerten Betäubungsmittel aus einem einheitlich erworbenen Vor-rat stammten, muss sich der Tatrichter um Feststellungen zu Zahl und Fre-quenz der Einkäufe sowie die Zuordnung der einzelnen Verkäufe zu ihnen be-mühen. Gegebenenfalls ist eine an den Umständen des Falles orientierte Schätzung anhand des [X.]es vorzunehmen (vgl. [X.], Beschluss vom 5. März 2002 -
3 [X.], [X.], 1810, 1811).
Derartige konkrete Anhaltspunkte im vorstehenden Sinne ergeben die vom [X.] festgestellten Tatumstände: Der Angeklagte verfolgte nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe mit den Betäubungsmittelge-schäften eigene finanzielle Interessen, wobei er bandenmäßig mit den [X.] verbunden war. Bereits dies legt nahe, dass er schon im Mai 2014 auf die Erzielung einer ausreichenden Handelsspanne durch Großeinkäufe an-gewiesen war. Dass die Gruppe das Heroin in größeren [X.] erwarb, wird auch durch die Feststellungen zu deren [X.]n gestützt. So war es ihr 6
-
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im Juni 2014 kurzfristig möglich, über 300 Gramm Heroingemisch auszuliefern; auch am 16. und 17. Juli 2014 hielten die Angeklagten eine Menge von über 230 Gramm Heroingemisch vorrätig.
Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen zu einem oder mehreren zwischen den Verkäufen vom 8. bis 24. Mai 2014 liegenden Erwerbsgeschäften der Angeklagten getroffen werden könnten. Danach ist -
in Anwendung des [X.]es (vgl. [X.], Beschluss vom 9. März 2011 -
3 [X.], [X.], 516, 517) -
in den Fällen II.1. bis 4. der Urteilsgründe davon auszugehen, dass diese Verkäufe aus einer einheit-lich erworbenen Gesamtmenge Heroin bestritten wurden und sie damit Teil [X.] tatbestandlichen Bewertungseinheit waren. Der Angeklagte ist hierdurch nicht beschwert, insbesondere wird durch die Zusammenfassung der [X.] zur nicht geringen Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) aufgrund einer Addition der Wirkstoffe der einzelnen [X.] nicht überschritten. Dies bedingt in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 [X.] (vgl. KK-Gericke, [X.], 7. Aufl., §
354 Rn. 12) die Änderung des Schuld-spruchs. Bei der Neufassung hat der Senat die Bezeichnung des Handeltrei-bens als "unerlaubt" entfallen lassen. Dass es sich bei Straftaten nach dem BtMG um einen "unerlaubten" Umgang mit Betäubungsmitteln handelt, versteht sich von selbst, weil das Handeln im Rahmen einer Erlaubnis nach §
3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG aufgrund der gegebenen Verwaltungsakzessorietät die Strafbarkeit ausschließt. Dies bedarf deshalb nicht der Tenorierung ([X.], Beschlüsse vom 5. August 2014 -
3 [X.], juris Rn. 8; vom 20. Mai 2014 -
1 [X.], juris Rn. 16). Aus [X.] hat der Senat die Schuldsprüche insge-samt neu
gefasst.
7
-
7
-

3. Infolge der Schuldspruchänderung entfallen die Einzelstrafen von [X.] einem Jahr für die Fälle II.2.
bis 4.
der Urteilsgründe. Für das tateinheitli-che Geschehen setzt der Senat (§ 354 Abs. 1 analog [X.]) die Einzelstrafe von einem Jahr aus Fall
II.1.
der Urteilsgründe fest. Der Aufhebung der Ge-samtstrafe bedarf es nicht. Angesichts der weiteren Einzelstrafen von fünf [X.] und sechs Monaten (Fall [X.]), fünf Jahren und vier Monaten (Fall II.7.) [X.] einem Jahr und sechs Monaten (Fall II.6.) ist auszuschließen, dass die [X.] ohne die weggefallenen Einzelstrafen auf eine niedrigere Ge-samtfreiheitsstrafe als die verhängte von sechs Jahren erkannt hätte.
4. Nach § 357 Satz 1 [X.] ist die Entscheidung auf den an den Fällen II.1., 3.
und 4.
der Urteilsgründe beteiligten Mitangeklagten Ö.

S.

zu erstrecken. Einer Aufhebung der festgesetzten Jugendstrafe bedarf es nicht, da die hierzu angestellten Erwägungen des [X.]s durch die geänderte rechtliche Bewertung der Einzelverkäufe des Mitangeklagten Ö.

S.

als ein einheitliches Delikt nicht berührt werden.
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8
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5. Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten durch sein Rechtsmittel entstande-nen Kosten und Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 [X.]).
Becker [X.]

Gericke

Spaniol Tiemann
10

Meta

3 StR 467/15

12.01.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2016, Az. 3 StR 467/15 (REWIS RS 2016, 17957)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17957

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 StR 317/15

5 StR 12/12

3 StR 51/11

3 StR 340/14

1 StR 90/14

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