Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.02.2014, Az. 1 StR 50/14

1. Strafsenat | REWIS RS 2014, 7481

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Strafverfahren: Ersetzung des Eröffnungsbeschlusses durch den in einer anderen Sache ergangenen Abtrennungsbeschluss für ein hinzuverbundenes Verfahren


Tenor

1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist.

2. Die Staatskasse trägt auch insoweit die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es ihn freigesprochen. Die Revision des Angeklagten, mit der er - gestützt auf die allgemeine Sachrüge - seine Verurteilung beanstandet, führt insoweit zur Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses. Der nicht angefochtene Teilfreispruch ist rechtskräftig.

2

Zu den Prozessvoraussetzungen hat der [X.] zutreffend ausgeführt:

„Durch Beschluss vom 17. Oktober 2013 im Verfahren                 (Akte                 , [X.], [X.]) trennte das [X.] den die Tat des Angeklagten vom 13. April 2013 betreffenden Teil einer Anklage der Staatsanwaltschaft [X.] vom 8. August 2013 (Akte                   , [X.], [X.] ff.) ab. Dieser Beschluss erging in der Besetzung der [X.] außerhalb der Hauptverhandlung mit drei Berufsrichtern.

Im Hauptverhandlungstermin vom selben Tag hat das [X.] den genannten [X.] durch Beschluss zum Verfahren                      hinzuverbunden (Protokoll S. 5). Anschließend wurde durch einen weiteren Beschluss im selben Termin hinsichtlich des hinzuverbundenen Teils der Anklage vom 8. August 2013 das Hauptverfahren eröffnet. Beide Beschlüsse fasste das [X.] in der Besetzung der Hauptverhandlung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen (Protokoll S. 2, 4; Beschluss des [X.]s [X.] vom 19. September 2013, Akte               , [X.], [X.]. 426 f.). Der Angeklagte, die Verteidigung und die Staatsanwaltschaft erklärten sich jeweils mit 'dieser Sachbehandlung' einverstanden. Der den hinzuverbundenen Teil der Anklage vom 8. August 2013 betreffende Anklagesatz wurde verlesen."

(Es) „liegt in dem in der Hauptverhandlung gefassten 'Eröffnungsbeschluss' keine wirksame Eröffnung des Hauptverfahrens im Sinne von § 207 StPO, weil das [X.] nicht in der dafür gesetzlich vorgesehenen Besetzung entschieden hat. Sie war in der Hauptverhandlung gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzt. Über eine - grundsätzlich mögliche - nachträgliche Eröffnung des Hauptverfahrens in der Hauptverhandlung entscheidet aber beim [X.] auch dann die Große [X.] in ihrer Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung mit drei Berufsrichtern ohne Mitwirkung der Schöffen, wenn die Kammer die Hauptverhandlung in reduzierter Besetzung durchführt (vgl. Senat, Beschluss vom 7. September 2011 - 1 [X.]; [X.], Beschluss vom 2. November 2005 - 4 [X.]; Beschluss vom 25. Februar 2010 - 4 StR 596/09; Beschluss vom 22. Juni 2010 - 4 [X.]). Auch eine Einbeziehung über § 266 StPO, über die in der Besetzung der Hauptverhandlung hätte entschieden werden können, lag nicht vor."

3

Der Umstand, dass das [X.] bei dem mit drei Berufsrichtern gefassten [X.] vom 17. Oktober 2013 das Ziel verfolgte, den abgetrennten [X.] sogleich zum Verfahren                   Jug. hinzu zu verbinden, macht einen in der gesetzlich vorgeschriebenen Besetzung ergangenen Eröffnungsbeschluss (§§ 203, 207 StPO) nicht entbehrlich. Denn der [X.] ist nicht dahin auszulegen, dass er - schlüssig (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 17. Dezember 1999 - 2 [X.], [X.]R StPO § 203 Beschluss 5) - die Eröffnung des Verfahrens mit enthalten sollte. Diese blieb vielmehr einem eigenständigen Beschluss vorbehalten, der dann allerdings in der Hauptverhandlung nach Verfahrensverbindung fehlerhaft mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen getroffen wurde.

4

Damit lag hinsichtlich des hinzuverbundenen [X.]s, der zur Verurteilung des Angeklagten geführt hat, mangels wirksamen Eröffnungsbeschlusses ein Verfahrenshindernis vor (vgl. [X.], Beschluss vom 7. September 2011 - 1 [X.], [X.], 50). Das Verfahren ist insoweit einzustellen; betroffen ist nur der Tatvorwurf, hinsichtlich dessen das [X.] den Angeklagten verurteilt hat.

Raum                        Graf                               [X.]

              Cirener                      [X.]

Meta

1 StR 50/14

27.02.2014

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Ravensburg, 29. Oktober 2013, Az: 2 KLs 460 Js 20893/13 Jug

§ 203 StPO, § 207 StPO, § 76 Abs 1 GVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.02.2014, Az. 1 StR 50/14 (REWIS RS 2014, 7481)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7481

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 50/14 (Bundesgerichtshof)


2 StR 45/14 (Bundesgerichtshof)

Revisionsgründe in Strafsachen: Unwirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses und der Besetzungsentscheidung der Großen Strafkammer im Falle der …


2 StR 45/14 (Bundesgerichtshof)


4 StR 418/05 (Bundesgerichtshof)


4 StR 405/16 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren: Besetzung der großen Strafkammer bei Eröffnungsentscheidung während der Hauptverhandlung


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.