Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.03.2017, Az. 4 StR 405/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 14827

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Gegenstand

Strafverfahren: Besetzung der großen Strafkammer bei Eröffnungsentscheidung während der Hauptverhandlung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird

a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II.1 der Urteilsgründe wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen;

b) das Urteil des [X.] vom 4. Januar 2016 im [X.] aufgehoben.

2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

3. Der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Für die Verurteilung des Angeklagten im Fall II.1 der Urteilsgründe fehlt es an einer Verfahrensvoraussetzung. Insoweit hat der [X.] in seiner Antragsschrift vom 2. Januar 2017 ausgeführt:

„Soweit der Angeklagte im Fall 1 der Urteilsgründe wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren einzustellen, weil es hinsichtlich der Anklage der Staatsanwaltschaft [X.] vom 24. März 2015, die dieser Verurteilung zugrunde liegt, an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss fehlt. Die in der Hauptverhandlung am 7. Juli 2015 getroffene Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist ebenso unwirksam wie der zugleich ergangene Einziehungsbeschluss der [X.] (vgl. zum Ganzen: Senat, Beschluss vom 28. Juli 2015, 4 StR 598/14).

Entgegen der Bezeichnung im Eröffnungs- und Verbindungsbeschluss vom 7. Juli 2015 handelt es sich nicht um eine Nachtragsanklage im Sinne des § 266 StPO. Die Staatsanwaltschaft hatte unter dem Aktenzeichen 4169 [X.] am 24. März 2015 eine - weitere - Anklage gegen den Angeklagten beim [X.] [X.] eingereicht, die am 8. April 2015 den Verteidigern zugestellt wurde.

Da es sich um eine 'normale' Anklage handelte, war für die Entscheidung über die Zulassung der Anklage die [X.] in der für Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung vorgesehenen Besetzung - drei Berufsrichter unter Ausschluss der Schöffen - zuständig. Der in der Hauptverhandlung am 7. Juli 2014 - entsprechend dem Eröffnungs- und Besetzungsbeschluss vom 19. Februar 2015 ([X.], [X.]) - in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern und den Schöffen ergangene '[X.]' war daher unwirksam.

Da keine 'Nachtragsanklage' im Sinne des § 266 StPO vorlag, konnte auch kein - den Eröffnungsbeschluss ersetzender - [X.] ergehen.“

3

Dem tritt der Senat bei.

4

[X.] führt zur Einstellung des Verfahrens im Fall II.1 der Urteilsgründe. Hierdurch entfällt die für diesen Fall verhängte [X.]. Da hierdurch der Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage entzogen ist, hat der Senat diese aufgehoben.

5

2. Im verbleibenden Umfang hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Angeklagte ist damit rechtskräftig wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

Franke     

       

Cierniak     

       

Bender

       

Quentin     

       

Feilcke     

       

Meta

4 StR 405/16

01.03.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Zweibrücken, 4. Januar 2016, Az: 4162 Js 11099/14 - 1 KLs

Art 101 Abs 1 GG, § 199 Abs 1 StPO, § 206a StPO, § 266 StPO, § 76 Abs 1 S 2 GVG, § 76 Abs 2 S 3 GVG, § 76 Abs 2 S 4 GVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.03.2017, Az. 4 StR 405/16 (REWIS RS 2017, 14827)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 14827

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Besetzung der Großen Straf- oder Jugendkammer bei Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens


Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 250/17

4 StR 405/16

Zitiert

4 StR 598/14

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