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PDF anzeigen[X.] ZR 327/02vom24. Juni 2003in dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: [X.] § 286 Ea)Durch die Rechtsprechung der Strafsenate des [X.] ist auch [X.] Zivilverfahren höchstrichterlich geklärt, daß die polygraphische Untersuchung(Lügendetektor) mittels Kontrollfragen und - jedenfalls dann, wenn der Beweisfüh-rer zum [X.]punkt des Tests bereits von den Ermittlungsergebnissen [X.] - auch mittels Tatwissenstests ein völlig ungeeignetes Beweismittel ist.b)Gegenstand einer aussagepsychologischen Begutachtung ([X.]) ist nicht die allgemeine Glaubwürdigkeit des Untersuchten, sondern [X.], ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen. [X.] muß ein solches Gutachten nicht eingeholt werden, wenn der Beweisführer [X.] des [X.] nur bestreitet.[X.], Beschluß vom 24. Juni 2003 - [X.] - [X.] 2 -- 3 -Der VI. Zivilsenat des [X.] hat am 24. Juni 2003 durch die [X.] Richterin [X.], [X.], die Richterin [X.] [X.] und Zollbeschlossen:Die Beschwerde des [X.]n gegen die Nichtzulassung der Re-vision in dem Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 25. Juni 2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren [X.] Gründe:[X.] Klägerin nimmt den [X.]n, ihren Vater, wegen vorgeworfenersexueller Mißbrauchshandlungen auf Schmerzensgeld und Feststellung einerErsatzpflicht für sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus diesenTaten in Anspruch. Sie behauptet, von dem [X.]n in der [X.] zwischen1985 und 1997, beginnend mit ihrem 5. Lebensjahr, in einer Vielzahl von Fällensexuell mißbraucht worden zu sein. Nach ihrem Auszug aus dem von der [X.] bewohnten Einfamilienhaus erstattete sie im August 1997 Strafanzeige. Indem daraufhin durchgeführten Strafverfahren wurde der [X.] durch [X.] 1. September 1998 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt.Die hiergegen eingelegte Revision wurde [X.] 4 -Der [X.] hat die von der Klägerin behaupteten Taten bestritten undein physiopsychologisches Gutachten vom 8. März 1999 vorgelegt, das unterVerwendung eines Polygraphen (Lügendetektor) erstellt wurde und aus demsich seine Unschuld ergebe.Das [X.] hat der Klägerin ein Schmerzensgeld von 40.000 [X.] sowie eine Einstandspflicht des [X.]n für sämtliche durchdie Taten verursachten materiellen und immateriellen Schäden festgestellt. Diedagegen gerichtete Berufung hat das [X.] zurückgewiesen. An-trägen des [X.]n auf Einholung eines [X.] sowie auf Verneh-mung der Dipl.-Psychologin K. zum Zweck der Erläuterung des mit seinem [X.] durchgeführten [X.] hat es nicht entsprochen, weilaus polygraphischen Untersuchungsmethoden keine hinreichend zuverlässigenSchlüsse auf den Wahrheitsgehalt einer Antwort gezogen werden könnten.I[X.] Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat in der Sachekeinen Erfolg, weil die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Grund für die Zulas-sung der Revision aufzeigt (§ 544 Abs. 2 Satz 3, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).1. [X.] des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 ZPO liegt ebenso-wenig vor wie der des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt.1 ZPO. Die Rechtssachehat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechtseine Entscheidung des [X.]. Die für die Lösung des [X.] hat der [X.] bereits entschieden.Nach der Rechtsprechung der Strafsenate des [X.] ist diepolygraphische Untersuchung mittels [X.] und [X.] jedenfalls im- 5 -[X.]punkt der Hauptverhandlung - des Tatwissenstests als völlig ungeeignetesBeweismittel im Sinne des § 244 Abs. 3 StPO zu bewerten (vgl. [X.]St 44, 308und [X.], Urteil vom 10. Februar 1999 - 3 [X.] - NStZ-RR 2000, 35).Der [X.] hat hierzu ausgeführt, das Kontrollfragenverfahren seiungeeignet, weil es sich nicht um eine in den maßgebenden Fachkreisen all-gemein und zweifelsfrei als richtig und zuverlässig eingestufte Methode hande-le. Ihm komme deshalb keinerlei Beweiswert zu. Das Funktionieren des Tatwis-sensverfahrens setze zwingend voraus, daß vor dessen Durchführung dem [X.] als Antworten vorgeschlagene Tatdetails nicht bekannt gewordenseien, weil andernfalls die ausschlaggebenden Orientierungsreaktionen auchbei einem Nichttäter zu erwarten seien. Daraus folge, daß diese Untersu-chungsmethode im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 Alt. 4 StPO völlig ungeeig-net sei, wenn der Beschuldigte bereits von dem gegen ihn erhobenen [X.] den darauf bezogenen Ermittlungsergebnissen Kenntnis erlangt habe (vgl.[X.]St 44, 308, 319 ff., 327 f.).Aufgrund dieser Entscheidungen ist auch für das Zivilverfahren für diehier vorliegende Fallkonstellation höchstrichterlich geklärt, daß es sich bei [X.] dem [X.]n vorgelegten freiwilligen Lügendetektortest um ein völlig un-geeignetes Beweismittel handelt, so daß der Tatrichter einem Antrag auf Ein-holung eines solchen Tests oder auf Vernehmung der Person, die mit [X.] des [X.]n bereits einen solchen Test durchgeführt hatte, nichtnachkommen mußte, weil der [X.] zum [X.]punkt des Tests nach [X.] Strafverfahrens bereits von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf und dendarauf bezogenen Ermittlungsergebnissen Kenntnis erlangt hatte. Auch im Zivilverfahren kann der Tatrichter einen Beweisantritt aus [X.] Gründen ablehnen. Er kann sich dabei an die das [X.] Rechtsprechung enthaltende Vorschrift des § 244 Abs. 3- 6 -StPO anlehnen. Danach darf er einen Beweisantrag u.a. dann ablehnen, [X.] Beweismittel völlig ungeeignet ist, wobei bei der Zurückweisung eines Be-weismittels als ungeeignet allerdings größte Zurückhaltung geboten ist (vgl.[X.]Z 53, 245, 259 f.; Senatsurteil vom 16. September 1986 [X.] VI ZR 128/85 [X.]VersR 1987, 70, 71; [X.], Urteil vom 19. Juni 2000 - [X.] - NJW 2000,3718, 3720). Nachdem die Strafsenate des [X.] auf der [X.] von drei wissenschaftlichen Gutachten zu der psychophysiologischen [X.] diese Untersuchungsmethode als völlig ungeeignet eingestufthaben, ist nicht ersichtlich, warum man im Zivilverfahren zu einem anderen Er-gebnis kommen sollte. Im Zivilprozeß werden an die Eignung eines Beweismit-tels die gleichen Anforderungen gestellt wie im Strafprozeß. Wenn ein Beweis-mittel aus tatsächlichen, wissenschaftlich belegten Gründen als für die [X.] im Strafprozeß ungeeignet angesehen wird, gilt dies demgemäß ingleicher Weise für die Beweisführung im Zivilprozeß. Die Nichtzulassungsbe-schwerde vermag auch keine neuen Erkenntnisse aufzuzeigen, die die 1998und 1999 ergangenen Entscheidungen der Strafsenate des [X.]in Frage stellen könnten. Insbesondere wurde das vom [X.]n vorgelegtewissenschaftliche Gutachten der Sachverständigen U. und K. bereits bei [X.] berücksichtigt, weil es für das Strafverfahren [X.]St 44, 308erstellt worden ist, welches als grundlegende Entscheidung des [X.] zu dieser Frage anzusehen ist (vgl. die im damaligen Verfahren vor-gelegten Gutachten in Praxis der Rechtspsychologie, 9, Sonderheft, Juli 1999).b) Auch soweit die Nichtzulassungsbeschwerde den Grundsatz derWaffengleichheit im Zivilprozeß anspricht (vgl. dazu [X.], NJW 1995, 1413,1414; [X.], Beschlüsse vom 25. Juli 1979 - 2 BvR 878/74, [X.]E 52, 131,156 und vom 21. Februar 2001 - 2 BvR 140/00, NJW 2001, 2531, 2532), sinddie im Hinblick auf den hier vorliegenden Sachverhalt maßgeblichen Gesichts-punkte höchstrichterlich geklärt. Erfordert der Grundsatz der Waffengleichheit,- 7 -daß der [X.], die keinen Zeugen zur Verfügung hat, Gelegenheit [X.], ihre Darstellung in den Prozeß persönlich einzubringen, so ist dem grund-sätzlich Genüge getan, wenn diese [X.] - wie hier geschehen - nach § 141ZPO angehört wird. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286Abs. 1 Satz 1 ZPO) ist das Gericht nicht gehindert, im Rahmen der [X.] gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisauf-nahme einer [X.]erklärung, auch wenn sie außerhalb einer förmlichen [X.]-vernehmung erfolgt ist, den Vorzug vor den Bekundungen eines Zeugen oderdes als [X.] vernommenen [X.] zu geben (vgl. [X.], [X.] 21. Februar 2001 - 2 BvR 140/00, aaO; [X.], Urteil vom 16. Juli 1998- I ZR 32/96 - [X.], 994, 995).c) Die von der Nichtzulassungsbeschwerde als grundsätzlich [X.] Frage, ob der Tatrichter, welcher den von einer [X.] gestellten Antrag [X.] eines psychophysiologischen [X.] für [X.] hält, zumindest ein traditionelles psychologisches [X.] einholen muß, läßt sich anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechungebenfalls ohne weiteres beantworten. Danach ist Gegenstand einer aussage-psychologischen Begutachtung ([X.]) nicht die Fragenach einer allgemeinen Glaubwürdigkeit des Untersuchten im Sinne einer [X.] personalen Eigenschaft. Es geht vielmehr um die Beurteilung, ob aufein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, d.h. einem tatsächli-chen Erleben der untersuchten Person entsprechen (vgl. [X.]St 45, 164, 167).Daraus folgt, daß ein solches Gutachten nicht eingeholt werden kann und muß,wenn [X.] wie hier [X.] die Behauptungen des [X.] nur bestritten werden.In diesem Fall liegen keine auf ein bestimmtes Geschehen bezogene [X.] [X.]n vor, die auf ihre inhaltliche Konsistenz, ihre Folgerichtigkeit odersonstige situationsbezogene Einzigartigkeit hin überprüft werden könnten (vgl.dazu [X.]St 45, 164, 167 ff.; vgl. auch Hanseatisches [X.] Bre-- 8 -men - [X.], Beschluß vom 28. Mai 2001 - 5 UF 70/00 -Streit 2001, 122 ff.).2. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist auch nicht zur Sicherung [X.] einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).a) Insoweit ist zunächst eine Zulassung nicht aus dem Gesichtspunkt [X.] Divergenz wegen unterschiedlicher Entscheidungen zur [X.] Untersuchungen gegeben. Wie dargelegt entspricht die Auffas-sung des Berufungsgerichts der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die auchfür eine Untersuchung mit Einverständnis bzw. auf Antrag des [X.]n gilt.Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde auf gegenteilige Entscheidungen ande-rer [X.]e hinweist, scheidet eine Zulassung unter dem Gesichts-punkt der Divergenz schon deswegen aus, weil diese Entscheidungen vor dengrundlegenden Entscheidungen der Strafsenate des [X.] er-gangen sind.b) Hinsichtlich der von der Nichtzulassungsbeschwerde geltend [X.] vermeintlichen Fehler des Berufungsgerichts weist der erkennendeSenat noch auf folgendes hin:Die Würdigung des aussagepsychologischen Gutachtens und die Zu-rückweisung der methodischen Einwände des [X.]n gegen dieses [X.] durch das Berufungsgericht sind nicht zu beanstanden. Dieses hat [X.] den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Anforderun-gen an aussagepsychologische Begutachtungen orientiert und ausführlich [X.], warum das vorliegende Gutachten diesen Anforderungen genügt. [X.] ist darauf, daß aussagepsychologische Gutachten zwar die [X.] inhaltlichen Kriterien erfüllen, aber nicht einheitlich einer bestimmtenPrüfstrategie folgen und einen einheitlichen Aufbau haben müssen (vgl. [X.]St- 9 -45, 164, 167 ff. und [X.], Urteil vom 30. Mai 2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001,45 f.).c) Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde im übrigen das Berufungsur-teil angreift, werden Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht aufgezeigt. Voneiner Begründung sieht der Senat insoweit ab (§ 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO).Müller[X.]Diederichsen[X.]Zoll
Meta
24.06.2003
Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2003, Az. VI ZR 327/02 (REWIS RS 2003, 2634)
Papierfundstellen: REWIS RS 2003, 2634
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
VI ZR 378/01 (Bundesgerichtshof)
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