Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.09.2014, Az. V ZR 290/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 2822

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR
290/13

vom

18. September 2014

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 522 Abs. 1
Verwirft das Berufungsgericht die Berufung nicht durch Beschluss, sondern durch Urteil als unzulässig, ohne den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt mitzuteilen, führt die Nichtzulassungsbeschwerde des Berufungsklägers ohne weiteres zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das [X.].

[X.], Beschluss vom 18. September 2014 -
V [X.] -
LG [X.]

AG [X.] [X.].

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Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 18. September 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterin Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch, [X.]
[X.] und die Richterinnen Dr.
[X.] und Weinland

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil der 11.
Zivilkammer des [X.] vom 22.
Oktober
2013 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde werden nicht erhoben.

Gründe:
I.
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtete Beschlussanfechtungsklage der Klägerin hat das Amtsgericht jedenfalls teilweise zurückgewiesen. Das [X.] hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin durch Urteil verworfen, sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
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II.

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes statthaft, weil das [X.] die Berufung als unzulässig verworfen hat. § 62 Abs. 2 [X.] ist nicht anwendbar. Denn die [X.] der Nichtzulassungsbeschwerde hängt nicht davon ab, ob das Berufungsge-richt die Berufung durch Beschluss oder

wie hier

durch
Urteil verworfen hat (Senat, Beschluss vom 19. Juli 2012

[X.], [X.], 3310 Rn.
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ff.).

2. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils und [X.] der Sache an das Berufungsgericht.

a) Die
angefochtene Entscheidung enthält weder einen Tatbestand noch nimmt sie auf die angefochtene Entscheidung Bezug; auch die Anträge der Klägerin sind nicht wiedergegeben. Welche Beschlüsse aus welcher Eigentü-merversammlung die Klägerin mit welchen Argumenten angegriffen hat, lässt sich dem Urteil nur bruchstückhaft entnehmen. Offenkundig ist das Berufungs-gericht davon ausgegangen, die Nichtzulassungsbeschwerde sei gemäß § 62 Abs. 2 [X.] nicht statthaft.

b) Ausnahmsweise kann eine fehlende Sachverhaltsdarstellung auch in dem Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde

wie im [X.]

ohne weiteres zur Aufhebung des Urteils und [X.] an das Berufungsgericht führen, nämlich dann, wenn

wie hier

eine Berufung durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist.

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aa) Das Berufungsgericht kann die Berufung entweder durch Urteil oder durch Beschluss als unzulässig verwerfen (§ 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO); in [X.] steht dem Berufungskläger die Rechtsbeschwerde gemäß §
544 ZPO offen (§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO), während gegen ein Urteil die Nichtzulas-sungsbeschwerde gemäß §
544 ZPO statthaft ist, sofern das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen hat.

(1) Ergeht die Entscheidung durch Beschluss und gibt dieser den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt nicht wieder, begründet dies einen Verfahrensmangel, den das Rechtsbeschwerdegericht auf die Rechtsbe-schwerde hin von Amts wegen zu berücksichtigen hat und der ohne weiteres die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung nach sich zieht. Denn das Rechtsbeschwerdegericht hat gemäß § 577 Abs. 2 Satz 4, §
559 ZPO grund-sätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Beschwerdegericht [X.] hat. Fehlen tatsächliche Feststellungen, ist es zu einer rechtlichen Über-prüfung nicht in der Lage (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 18. April 2013

[X.], juris Rn. 3 und vom 15. Mai 2012

[X.], [X.], 336 Rn. 3; [X.], Beschlüsse vom 14. Juni 2010

II
ZB 20/09, NJW-RR 2010, 1582 Rn. 5 und vom 20. Juni 2002

[X.], [X.], 2648 f.,
jeweils mwN).

(2) Das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gestaltet sich im Grundsatz anders. Weil § 544 ZPO nicht auf § 559 ZPO Bezug nimmt, ist das Beschwerdevorbringen auch in tatsächlicher Hinsicht Grundlage der Entschei-dung über die Zulassung.
Fehlt in einem angefochtenen Urteil die Darstellung des Sachverhalts, hat der Beschwerdeführer den Sachverhalt mitzuteilen und anhand dessen die Zulassungsgründe darzulegen; andernfalls ist die [X.] zurückzuweisen. Allein das Fehlen tatbestandlicher [X.] stellt keinen Grund für die Zulassung der Revision dar, obwohl die-6
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ser Fehler im Revisionsverfahren von Amts wegen die Aufhebung und [X.] zur Folge hat (Senat, Beschlüsse vom 26. Juni 2003

[X.], NJW 2003, 3208 und vom 12. Februar 2004

[X.], NJW-RR 2004, 712, 713). Darin liegt auch kein Verstoß gegen den Anspruch der Kläge-rin auf Wahrung rechtlichen Gehörs, der zur Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht führen könnte
(§ 544 Abs. 7 ZPO i.V.m. Art.
103 Abs. 1 GG).

bb) Danach müsste der Berufungskläger, um die Zulassung der Revision in dem [X.] zu erreichen, einen über die [X.] tatbestandlichen Feststellungen hinausgehenden Zulassungsgrund gemäß §
544 Abs. 2 Satz 3
ZPO darlegen, was nicht erforderlich wäre, um der Rechtsbe-schwerde gegen einen Beschluss gleichen Inhalts zum Erfolg zu verhelfen. Der Rechtsschutz gegen eine die Berufung verwerfende Entscheidung darf aber nicht von der Verfahrensweise des Gerichts und der jeweiligen Entscheidungsform [X.]. Der Gesetzgeber hat die Herausnahme von die Berufung verwerfenden Urteilen aus dem Anwendungsbereich von § 26 Nr. 8 EGZPO (und §
26 Nr. 9 EGZPO aF) mit der Überlegung begründet, im Hinblick auf die verfassungsrechtli-che Relevanz des gleichmäßigen und [X.] Zugangs zur Rechtsmitte-linstanz müsse ein weiter Rechtsschutz gegen [X.] des Berufungsgerichts unabhängig davon gewährleistet sein, ob sie als Urteil oder als Beschluss ergingen (BT-Drucks. 15/1508, S. 22; vgl. auch
Senat, Beschluss vom 19. Juli 2012

[X.], [X.], 3310 Rn. 7 f.). Diese Erwägungen gelten gleichermaßen im Hinblick auf die Folgen, die sich an das Fehlen tatbestandlicher Feststellungen knüpfen. Daher muss das Verfahren der Nichtzulassungsbe-schwerde insoweit dem Rechtsbeschwerdeverfahren angeglichen werden; dieses Ergebnis ist zu erzielen, indem in dieser Fallkonstellation in entsprechender An-wendung von §
577 Abs. 4 Satz 1 ZPO verfahren wird.

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III.

Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dies gibt dem Berufungsgericht auch die Gelegenheit, sich mit der Beschwer der Klägerin erneut zu befassen. Dabei wird es zu beachten haben, dass sich die Beschwer bei der Abweisung einer gegen den Wirtschaftsplan gerichteten Anfechtungsklage

sofern sich diese nicht auf konkrete Teile des Plans beschränkt

in aller Regel nach dem Anteil des Klägers bemisst, und zwar auch dann, wenn dieser formale Fehler der Abrechnung bemängelt (vgl. zur Jahresabrechnung Senat, Beschluss vom
15.
Mai 2012

[X.], [X.], 336 f.). Der Anteil des Klägers ergibt sich im Zweifel aus den in dem [X.] ausgewiesenen jährlichen [X.]. Im Hinblick auf eine möglicherweise zu treffende Sachentscheidung weist der Senat auf sein Urteil vom 7. Juni 2013 hin ([X.], NJW-RR 2013, 1234
ff.).
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IV.
Die Entscheidung über die Nichterhebung von Gerichtskosten beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG. Den Gegenstandswert des Verfahrens hat der Senat gemäß § 3 ZPO geschätzt.

Stresemann

Schmidt-Räntsch

[X.]

[X.]

Weinland

Vorinstanzen:
AG Freiburg
i. [X.]., Entscheidung vom 02.03.2012
-
56 C 2145/11 [X.] -
LG [X.], Entscheidung vom 22.10.2013
-
11 S 57/12 -

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Meta

V ZR 290/13

18.09.2014

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.09.2014, Az. V ZR 290/13 (REWIS RS 2014, 2822)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2822

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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