Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.03.2010, Az. IX ZB 82/08

9. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 8551

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Gegenstand

Rechtsanwaltsgebühr: Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr in Kostenfestsetzungsverfahren in Altfällen


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluss des 18. Zivilsenats des [X.] vom 28. Februar 2008 aufgehoben.

Auf die sofortige Beschwerde des [X.] wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des [X.] vom 4. Dezember 2007 abgeändert. Die von der Beklagten aufgrund des vor dem [X.] am 5. Oktober 2007 geschlossenen Vergleichs an den Kläger zu erstattenden Kosten werden auf 2.360,93 € festgesetzt nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Oktober 2007 aus 1.318,33 € und seit dem 13. November 2007 aus 1.042,60 €.

Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 164,23 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten im Kostenfestsetzungsverfahren um die Höhe der von der Beklagten dem Kläger zu erstattenden Kosten.

2

Das [X.] hat im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. Dezember 2007 die zu erstattenden Kosten auf 2.196,70 € festgesetzt. Dabei hat es die vom Kläger für seine Prozessbevollmächtigten nach Nr. 3100 VV [X.] geltend gemachte 1,3-fache Verfahrensgebühr nur in Höhe einer 0,65-fachen Gebühr berücksichtigt. Den vollen Ansatz der Verfahrensgebühr hat es mit der Begründung abgelehnt, die nach Angabe des [X.] für die vorgerichtliche Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten angefallene Geschäftsgebühr sei gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV [X.] hälftig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.

3

Die dagegen erhobene sofortige Beschwerde des [X.] hat das [X.] zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Kläger die uneingeschränkte Berücksichtigung der geltend gemachten Verfahrensgebühr.

II.

4

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. An die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

5

2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

6

a) Die Entscheidung des [X.] entsprach der Rechtsprechung des [X.] bis zur Einführung des § 15a [X.] durch Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 des Gesetzes vom 30. Juli 2009 ([X.], 2470). Der [X.]. Zivilsenat hat mit [X.]uss vom 22. Januar 2008 ([X.] ZB 57/07, [X.], 1323, 1324 Rn. 6 ff) entschieden, dass die Verfahrensgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren gegen den Prozessgegner nur gekürzt um den nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV [X.] anzurechnenden Teil der Geschäftsgebühr festgesetzt werden könne. Mehrere Zivilsenate des [X.] haben sich dieser Auffassung angeschlossen ([X.], [X.]. v. 30. April 2008 - [X.], NJW-RR 2008, 1095; v. 3. Juni 2008 - [X.], NJW-RR 2008, 1528; v. 16. Juli 2008 - [X.], [X.], 529 f; v. 14. August 2008 - [X.] 103/07, [X.] 2008, 574; v. 25. September 2008 - VI[X.] 93/07, [X.]report 2008, 468). Nach Inkrafttreten des § 15a [X.], wonach sich ein Dritter nur unter bestimmten Voraussetzungen auf die Anrechnung berufen kann, ist in der Rechtsprechung der Instanzgerichte streitig geworden, ob diese Norm auch für die Beurteilung von so genannten Altfällen von Bedeutung ist (vgl. [X.], [X.]uss vom 19. Oktober 2009 - 2 W 280/09, [X.], 930). Die bisher befassten Senate des [X.] haben sich auf den Standpunkt gestellt, dass § 15a [X.] die bisherige Rechtslage nicht geändert hat, sondern sie lediglich klarstellt ([X.], [X.]. v. 2. September 2009 - I[X.] 35/07, [X.], 3101; v. 9. Dezember 2009 - XI[X.] 175/07, [X.] 2010, 54). Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Die von verschiedenen [X.]en angeführten Gegenargumente sind im [X.]uss des [X.]. Zivilsenats vom 9. Dezember 2009 erörtert und für nicht durchgreifend erachtet worden. Auch für [X.] vor Inkrafttreten dieser Norm gilt daher, dass die Anrechnung gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV [X.] grundsätzlich nur das Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandant betrifft und sich im Verhältnis zu [X.], also insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren regelmäßig nicht auswirkt. Damit weicht der Senat von der genannten Rechtsprechung des [X.]. Zivilsenats und der ihm folgenden Senate ab. Die Abweichung ist jedoch die Folge einer gesetzlichen Klärung und setzt deshalb keine Entscheidung des [X.] (§ 132 Abs. 2 GVG).

7

b) Das Beschwerdegericht hat danach die geltend gemachte Verfahrensgebühr zu Unrecht gekürzt. Ein Ausnahmefall nach § 15a Abs. 2 [X.] liegt nicht vor. Die angefochtene Entscheidung war deshalb aufzuheben. Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei der Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden. Bei ungekürzter Berücksichtigung der von beiden Parteien geltend gemachten Verfahrensgebühr mit dem Betrag von jeweils 985,40 € errechnet sich der von der Beklagten dem Kläger zu erstattende Betrag mit 2.360,93 €.

Ganter                                          Raebel                                       Kayser

                       Gehrlein                                          Grupp

Meta

IX ZB 82/08

11.03.2010

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 28. Februar 2008, Az: 18 W 62/08, Beschluss

§ 15a RVG vom 30.07.2009, Teil 3 Vorbem 3 Abs 4 RVG-VV, Nr 3100 RVG-VV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.03.2010, Az. IX ZB 82/08 (REWIS RS 2010, 8551)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8551

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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