Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.09.2010, Az. IV ZB 41/09

4. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 3335

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Gegenstand

Kostenfestsetzungsverfahren: Anrechnung der anwaltlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr in Altfällen


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des [X.] vom 9. November 2009 aufgehoben.

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des [X.] vom 25. August 2009 geändert. Die vom Kläger aufgrund des Beschlusses des [X.] vom 21. Juli 2009 an den Beklagten zu erstattenden Kosten werden festgesetzt auf 775,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 3. August 2009.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Kläger.

[X.]: 375,92 €

Gründe

1

I. Der [X.] begehrt im Kostenfestsetzungsverfahren gegen den Kläger den Ansatz einer ungeminderten Verfahrensgebühr.

2

Nach Klagerücknahme hat der Kläger aufgrund des Beschlusses des [X.] vom 21. Juli 2009 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der [X.] begehrte mit einem am 3. August 2009 beim [X.] eingegangenen Antrag die Festsetzung einer 1,3-Verfahrensgebühr nach § 13 [X.], Nr. 3100 VV [X.] aus einem Gegenstandswert von 10.000 €. Da der Prozessbevollmächtigte für den [X.]n bereits außergerichtlich tätig war, brachte der Rechtspfleger eine hierdurch angefallene 1,3-Geschäftsgebühr nach §§ 13, 14 [X.], Nr. 2300 VV [X.] unter Berufung auf Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV [X.] zur Hälfte bei der Verfahrensgebühr in Abzug. Die dem [X.]n zu erstattenden außergerichtlichen Kosten wurden auf 399,72 € festgesetzt.

3

Der vom [X.]n gegen diesen Beschluss eingelegten sofortigen Beschwerde hat das [X.] nicht abgeholfen. Das [X.] hat das Rechtsmittel zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser erstrebt der [X.] die uneingeschränkte Berücksichtigung der geltend gemachten Verfahrensgebühr.

4

II. Das Beschwerdegericht meint, eine entstandene außergerichtliche Geschäftsgebühr sei teilweise auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, soweit es sich um denselben Gegenstand handle. § 15a Abs. 2 [X.] sei gemäß dem in § 60 Abs. 1 [X.] bestimmten Grundsatz dagegen auf Altfälle nicht anzuwenden, denn die Regelung enthalte nicht nur eine Klarstellung, sondern sei als Gesetzesänderung anzusehen. Sie sei eine Reaktion des Gesetzgebers auf die Rechtsprechung des [X.], deren Auswirkungen für die Zukunft korrigiert werden sollten, und verhindere - erstmals - unerwünschte Auswirkungen einer Anrechnung.

5

III. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen (§ 575 ZPO) zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

6

1. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV [X.], die durch die Tätigkeit des Anwalts im Rechtsstreit entstanden ist, ist im Verfahren der Kostenfestsetzung in voller Höhe in Ansatz zu bringen und nicht auf Grund der Vorschrift in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV [X.] über die hälftige Anrechnung der wegen desselben Gegenstands entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV [X.] zu kürzen.

7

Diese Regelung zur Anrechnung der Geschäftsgebühr betrifft lediglich das Innenverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten und wirkt sich daher im Verhältnis zu [X.] - also insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren - grundsätzlich nicht aus (vgl. [X.], Beschlüsse vom 29. April 2010 - [X.], [X.] 2010, 263 f.; vom 11. März 2010 - [X.], [X.] 2010, 159 und vom 9. Dezember 2009 - [X.], NJW 2010, 1375 Rn. 16). Eine Anrechnung findet im Rahmen der Kostenfestsetzung allein in den Fällen statt, die nunmehr in § 15a Abs. 2 [X.] gesetzlich geregelt sind.

8

§ 15a [X.] stellt nur eine bloße Klarstellung der bestehenden Gesetzeslage dar und findet somit auch dann Anwendung, wenn die Auftragserteilung des Erstattungsberechtigten an seinen Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigten vor dem 5. August 2009 - dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift - erfolgte. Dies hat der [X.]. Zivilsenat im Beschluss vom 9. Dezember 2009 (aaO Rn. 15 ff.) im Einzelnen dargelegt; dem tritt der erkennende Senat bei (vgl. auch [X.], Beschlüsse vom 28. Juli 2010 - [X.] ZB 251/10 Rn. 6; vom 7. Juli 2010 - [X.] ZB 79/10 Rn. 6; vom 23. Juni 2010 - [X.] ZB 58/10 Rn. 6; vom 17. Juni 2010 - [X.]/09 Rn. 5; vom 29. April 2010 aaO; vom 31. März 2010 - [X.] ZB 20/10 Rn. 6 f.; vom 31. März 2010 - [X.] ZB 230/09, [X.] 2010, 256 f.; vom 11. März 2010 aaO und vom 3. Februar 2010 - [X.] ZB 177/09, [X.], 806 Rn. 10 ff.; offen gelassen in [X.], Beschlüsse vom 29. September 2009 - [X.], NJW 2010, 76 Rn. 25 und vom 9. September 2009 - [X.], [X.], 2082 Rn. 7).

9

Der Senat hält an seiner vor Erlass des § 15a [X.] zum Verständnis der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV [X.] vertretenen Auffassung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. September 2008 - [X.] Rn. 6, 9; vom 25. Juli 2008 - [X.], [X.], 1666 Rn. 8 und vom 16. Juli 2008 - [X.], [X.], 236 Rn. 7) nicht mehr fest und erachtet wie der [X.]. Senat (vgl. Beschluss vom 10. August 2010 - [X.] ZB 15/10 unter [X.]) ein Vorgehen nach § 132 [X.] für nicht geboten.

2. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, hat der Senat gemäß § 577 Abs. 5 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden.

Nachdem keiner der Ausnahmefälle des § 15a Abs. 2 [X.] ersichtlich ist, kann sich der Kläger auf die Anrechnungsvorschrift in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV [X.] nicht berufen. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV [X.] ist für die Kostenausgleichung in voller Höhe zu berücksichtigen, der Beschluss des [X.] daher aufzuheben und der Kostenfestsetzungsbeschluss des [X.] zu ändern. Die vom Kläger dem [X.]n zu erstattenden Kosten sind somit antragsgemäß auf 775,64 € nebst Zinsen (§ 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO) festzusetzen.

[X.]                                                  Dr. Kessal-Wulf

                        Felsch                                                  Lehmann

Meta

IV ZB 41/09

15.09.2010

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Bamberg, 9. November 2009, Az: 8 W 99/09, Beschluss

Vorbem 3 Abs 4 RVG-VV, Nr 2300 RVG-VV, Nr 3100 RVG-VV, § 15a RVG, § 60 RVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.09.2010, Az. IV ZB 41/09 (REWIS RS 2010, 3335)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3335

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