Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.03.2023, Az. B 4 AS 104/22 BH

4. Senat | REWIS RS 2023, 1852

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde - elektronischer Rechtsverkehr - De-Mail - formgerechte Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags und der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb der Beschwerdefrist - wesentlicher Inhalt einer Rechtsmittelbelehrung des Landessozialgerichts - Überfrachtungsverbot - Wegweiserfunktion - Prozesskostenhilfeantrag - keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


Leitsatz

Weist die Rechtsmittelbelehrung der Entscheidung eines Landessozialgerichts auf die Möglichkeit der Übermittlung elektronischer Dokumente hin, genügen die Wiedergabe der diesbezüglichen gesetzlichen Regelung, die Angabe, welche weiteren Vorschriften über den elektronischen Rechtsverkehr gelten, und der Verweis auf die Informationen auf der Internetseite des Bundessozialgerichts.

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 17. Mai 2022 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgelehnt.

Gründe

1

I. Die Klägerin hat mit einem per [X.] eingereichten Schriftsatz vom 28.6.2022, der am selben Tag beim [X.] eingegangen ist sowie am 29.6.2022 zusätzlich per Telefax übersandt wurde, beantragt, ihr für die Durchführung eines Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil des [X.], das ihr am [X.] zugestellt wurde, Prozesskostenhilfe ([X.]) zu bewilligen.

2

Die Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur [X.] in dem Urteil des [X.] haben auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

- von der verantwortenden Personen qualifiziert elektronisch signiert ist oder

- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz ([X.]) eingereicht wird.
Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach ([X.] - [X.]) in der jeweils gültigen Fassung. Informationen hierzu können über das Internetportal des [X.] (www.bsg.bund.de) abgerufen werden."

3

Die Klägerin ist mit Schreiben des [X.] vom 30.11.2022 darauf hingewiesen worden, dass nach vorläufiger Prüfung nicht von einem formgerechten Antrag ausgegangen werde. Hierauf beantragte die Klägerin, ihr "für ihren Antrag, ihr für die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landessozialgerichts […] Prozesskostenhilfe zu bewilligen, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren". Die Rechtsmittelbelehrung in dem Urteil des [X.] enthalte keinen Hinweis auf das Erfordernis einer Absenderbestätigung. Beim Versand der [X.] habe sie bei ihrem Diensteanbieter nicht die Option "[X.] Standard" und "Möchten Sie zusätzlich ihre [X.] vertraulich versenden?", sondern die Option "[X.] Einschreiben" gewählt.

4

II. Der Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil [X.] unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, ist abzulehnen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist kein wirksamer Antrag auf [X.] gestellt wurde.

5

1. a) Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf entsprechenden Antrag [X.], wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO). Wird mit der Beantragung von [X.] nicht zugleich innerhalb der Beschwerdefrist (§ 160a Abs 1 Satz 2 [X.]) durch eine vor dem [X.] vertretungsberechtigte Person (§ 73 Abs 4 Sätze 2 bis 5 [X.]) Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, kann die beabsichtigte Rechtsverfolgung nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn damit zu rechnen ist, dass dem Antragsteller wegen unverschuldeter Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 Abs 1 [X.]) zu gewähren ist. Das setzt voraus, dass sowohl der formlose Antrag auf [X.] als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 117 Abs 2 bis 4 ZPO), dh mit dem durch die [X.] ([X.]) eingeführten Formular - im Folgenden: "Erklärung" -, bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden (stRspr; zuletzt etwa [X.] vom 19.12.2022 - B 9 V 14/22 BH - juris Rd[X.] 3 mwN; [X.] vom 17.1.2023 - [X.] [X.] 50/22 BH - juris Rd[X.] 3). Diese Frist ist nicht verlängerbar ([X.] vom 26.10.2022 - [X.] [X.]/22 BH ua - juris Rd[X.] 2 mwN).

6

Dass der [X.] und die Erklärung innerhalb der Beschwerdefrist eingereicht werden müssen, beruht auf Folgendem (siehe [X.] vom 24.10.2007 - B 5a [X.]/07 B - [X.] 4-1500 § 73a [X.] Rd[X.] 3): Gehen [X.] und Erklärung innerhalb der Beschwerdefrist bei Gericht ein und führen zur Beiordnung eines Rechtsanwalts, kann die von diesem formgerecht, aber in aller Regel verspätet erhobene Beschwerde nicht als verfristet verworfen werden, weil dem Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist; denn die Fristversäumnis ist nicht auf dessen Verschulden, sondern auf die notwendige Dauer der gerichtlichen Prüfung des [X.] zurückzuführen. Geht dieses Gesuch demgegenüber erst nach Ablauf der Beschwerdefrist bei Gericht ein, ist es in dem Sinne "verspätet", dass es in einem nachfolgenden, von einem Anwalt eingeleiteten Beschwerdeverfahren keine Wiedereinsetzung begründet. Denn auch der mittellose Antragsteller hat dann nicht alles ihm Zumutbare unternommen, um die Beschwerdefrist zu wahren. Folglich ist ein solches "verspätetes" Gesuch mangels Erfolgsaussicht abzulehnen: Es zielt auf eine Beschwerde, die erst nach Ablauf der Beschwerdefrist erhoben werden kann und bei der dem Beschwerdeführer kein Wiedereinsetzungsgrund zur Seite steht.

7

b) Die aufgezeigten Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die einmonatige Beschwerdefrist endete am 28.6.2022 (§ 160a Abs 1 Satz 2 [X.], §§ 64, 63 [X.], §§ 177 ff ZPO). Der noch innerhalb der Beschwerdefrist per [X.] eingegangene Schriftsatz wurde nicht formgerecht eingereicht (dazu [X.])), die Übermittlung per Telefax war verfristet (dazu bb)).

8

[X.]) Der [X.] ist beim Prozessgericht schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle zu stellen (§ 73a Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 117 Abs 1 Satz 1 ZPO). Nach § 65a Abs 1 [X.] können vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter nach Maßgabe des § 65a Abs 2 bis 6 [X.] als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden. Hierzu muss das elektronische Dokument entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein (§ 65a Abs 3 Satz 1 Var 1 [X.]) oder von der verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg iS des § 65a Abs 4 Satz 1 [X.] eingereicht werden (§ 65a Abs 3 Satz 1 Var 2 [X.]). Eine einfache E-Mail genügt nicht ([X.] - [X.] R 113/17 B - juris Rd[X.] 2; [X.] vom [X.] - [X.] [X.] 44/18 B - juris Rd[X.] 5).

9

Auch eine von einem [X.]-Konto aus versandte Nachricht erfüllt nicht in jedem Fall die Formerfordernisse für den elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten ([X.] vom 13.5.2020 - [X.] R 35/20 B - juris Rd[X.] 7). Ein sicherer Übermittlungsweg iS des § 65a Abs 4 Satz 1 [X.] [X.] iVm § 4 Abs 1 [X.] [X.] ist seit 1.1.2018 der Postfach- und Versanddienst eines [X.]-Kontos nur dann, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher iS des § 4 Abs 1 Satz 2 [X.]-Gesetz angemeldet ist. Danach hat der akkreditierte Diensteanbieter für die sichere Anmeldung sicherzustellen, dass zum Schutz gegen eine unberechtigte Nutzung der Zugang zum [X.]-Konto nur möglich ist, wenn zwei geeignete und voneinander unabhängige Sicherungsmittel eingesetzt werden (sog [X.]); soweit bei den [X.] Geheimnisse verwendet werden, ist deren Einmaligkeit und Geheimhaltung sicherzustellen. Weitere Voraussetzung ist gemäß § 65a Abs 4 Satz 1 [X.] [X.], dass sich der Absender die sichere Anmeldung gemäß § 5 Abs 5 [X.]-Gesetz bestätigen lässt (sog absenderauthentifizierte bzw absenderbestätigte [X.]). Zur Bestätigung der sicheren Anmeldung versieht der Diensteanbieter im Auftrag des Absenders die [X.]-Nachricht mit einer dauerhaft überprüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur, die sich auch auf die der Nachricht beigefügten Dateien bezieht (§ 5 Abs 5 Sätze 3 und 4 [X.]-Gesetz).

Daran fehlt es hier. In der Kopfzeile der Mail enthält der Metadaten-Parameter "[X.]" zwar den Eintrag "high", dh die Klägerin war sicher angemeldet. Der Eintrag beim Metadaten-Parameter "[X.]" lautet jedoch "no". Im Fall der Absenderbestätigung wäre dieser Wert auf "yes" gesetzt ([X.] vom 10.3.2020 - [X.] RVs 15/20, 2 RVs 15/20 - juris Rd[X.] 4; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl 2022, § 65a [X.] Rd[X.] 264). Die Klägerin hat auf den Hinweis des [X.] vom 30.11.2022 selbst dargestellt, dass sie beim Versand nicht die absenderauthentifizierte Option ausgewählt hat.

Der per [X.] übersandte Schriftsatz war auch nicht - wie von § 65a Abs 3 Satz 1 Var 1 [X.] gefordert - mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der Klägerin als verantwortender Person versehen.

bb) Der von der Klägerin, die nicht der Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs unterfällt (hierzu § 65d [X.]), per Telefax formgerecht eingereichte [X.] nebst Erklärung ist erst am 29.6.2022 und damit nach Ablauf der Beschwerdefrist beim [X.] eingegangen.

Die Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde - und damit des [X.] im Rahmen der Beantragung von [X.] für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde durch die Klägerin selbst - hat sich auch nicht deshalb nach § 66 Abs 2 Satz 1 [X.] auf ein Jahr nach Zustellung des angefochtenen Urteils verlängert, weil die Rechtsmittelbelehrung des [X.] fehlerhaft gewesen wäre. Das [X.] hat die Klägerin im angefochtenen Urteil ausdrücklich, vollständig und richtig darüber belehrt, dass sowohl der [X.] als auch die formgerechte Erklärung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist beim [X.] einzureichen sind.

(1) Nach § 66 Abs 1 [X.] beginnt die Frist für ein Rechtsmittel nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs grundsätzlich innerhalb eines Jahres seit Zustellung zulässig (§ 66 Abs 2 Satz 1 [X.]).

Die Rechtsmittelbelehrung dient vor allem dem Zweck, rechtsunkundige Beteiligte darüber zu unterrichten, auf welchem Weg sie die ergangene Entscheidung anfechten können (vgl [X.] vom 10.12.1975 - 8 [X.] 46/74 - [X.] 1500 § 66 [X.] 2 - juris Rd[X.]5; [X.] vom 16.6.1982 - 10 [X.] 35/81 - juris Rd[X.]7; [X.] vom 18.10.2007 - [X.] P 24/07 B - [X.] 4-1500 § 66 [X.] Rd[X.] mwN - jeweils auch zum Folgenden). Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Belehrung zumindest diejenigen Merkmale zutreffend wiedergeben, die § 66 Abs 1 [X.] als Bestandteile der Belehrung ausdrücklich nennt. Gleichzeitig muss sie so einfach und klar wie möglich gehalten sein (sog [X.]). Hiervon ausgehend muss sie nicht allen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten Rechnung tragen, sondern den Beteiligten nur in die richtige Richtung lenken (sog [X.]). Diese Funktion ist erfüllt, wenn sie einen Hinweis darauf gibt, welche ersten Schritte ein Beteiligter unternehmen muss ([X.] vom 18.10.2007 - [X.] P 24/07 B - [X.] 4-1500 § 66 [X.] Rd[X.] mwN).

Ob über den Wortlaut der Regelung des § 66 Abs 1 [X.] hinaus nach ihrem Sinn und Zweck auch eine Belehrung über den wesentlichen Inhalt der bei Einlegung des Rechtsbehelfs zu beachtenden Formvorschriften erforderlich ist (so etwa [X.] vom 14.3.2013 - [X.] R 19/12 R - [X.] 4-1500 § 66 [X.] 3 Rd[X.]6 f, 23 mwN; aA [X.] vom 20.8.2020 - 1 C 28.19 - [X.]E 169, 192 [206 f, Rd[X.] 32]; [X.] vom 25.1.2021 - 9 C 8.19 - [X.]E 171, 194 [200, 207 ff, Rd[X.] 28, 51 ff] mwN; zum [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl 2020, § 66 Rd[X.]0), kann ebenso offenbleiben wie die Frage, ob es sich bei der elektronischen Form um eine eigenständige gleichberechtigte Kommunikationsform neben der herkömmlichen Schriftform handelt (so ua unter zutreffendem Verweis auf den Wortlaut des § 158 Satz 1 [X.] [X.] vom 14.3.2013 - [X.] R 19/12 R - [X.] 4-1500 § 66 [X.] 3 Rd[X.]8; [X.] vom 12.10.2016 - [X.] [X.]/16 R - [X.]E 122, 71 = [X.] 4-1500 § 65a [X.] 3, Rd[X.]1) oder um einen Unterfall der Schriftform (so [X.] vom 25.1.2021 - 9 C 8.19 - [X.]E 171, 194 [201 ff, Rd[X.] 29 ff]). Denn jedenfalls muss eine Rechtsmittelbelehrung richtig, vollständig und unmissverständlich sein, wenn sie auch Angaben, die ggf nicht zwingend vorgeschrieben sind, enthält ([X.] vom [X.] - [X.]/21 ([X.]) - juris Rd[X.] 20 mwN).

(2) Ausgehend von diesen Maßstäben genügt die Rechtsmittelbelehrung des [X.] der von ihr zu erfüllenden [X.] durch den Verweis auf die sicheren Übermittlungswege gemäß § 65a Abs 4 [X.], auf die [X.] sowie auf das Internetportal des [X.] (vgl [X.] vom [X.] - [X.]/21 ([X.]) - juris Rd[X.] 22; [X.] Baden-Württemberg vom 28.3.2022 - L 12 SB 2699/21 - BeckRS 2022, 42555). Die Klägerin ist in der Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die elektronische Form nur durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt wird, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und entweder von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 65a Abs 4 [X.] eingereicht worden ist. Zudem ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass sich weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur aus der [X.] in der jeweils gültigen Fassung ergeben. Schließlich ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass Informationen hierzu über das Internetportal des [X.] abgerufen werden können.

Bezogen auf den Kenntnisstand von juristischen Laien erlaubt es diese Belehrung ohne Weiteres, die ersten Schritte zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde oder Stellung eines [X.]s richtig einzuleiten. Durch den Verweis auf das Internetportal des [X.] trägt die streitgegenständliche Rechtsmittelbelehrung im Übrigen auch dem sog [X.] Rechnung (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl 2022, § 66 [X.] Rd[X.] 35 ff). Dort wird unter der Rubrik "Elektronischer Rechtsverkehr" ausdrücklich auf das Erfordernis der Bestätigung der sicheren Anmeldung für die elektronische Übermittlung per [X.] hingewiesen.

Eine darüber hinausgehende Darstellung über die weiteren Voraussetzungen, insbesondere der sicheren Übermittlungswege nach § 65a Abs 4 Satz 1 [X.], wäre allein aufgrund ihres Umfangs geeignet, den weniger erfahrenen Rechtsuchenden zu verwirren oder von vornherein abzuschrecken. Eine solchermaßen überfrachtete Belehrung verkehrte den mit § 66 Abs 1 [X.] verfolgten Zweck, nämlich die Ermöglichung der fristgerechten Rechtswahrnehmung, ins Gegenteil (so auch [X.] Baden-Württemberg vom 28.3.2022 - L 12 SB 2699/21 - BeckRS 2022, 42555).

2. Nach alledem war die Klägerin an der formgerechten elektronischen Stellung eines [X.]s und Einreichung der Erklärung binnen der Beschwerdefrist nicht ohne Verschulden gehindert. Daher könnte ihr auch im Fall der Beiordnung eines Rechtsanwalts keine Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist gewährt werden. Die Bewilligung von [X.] muss daher abgelehnt werden. Damit scheidet die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der [X.] aus (§ 73a Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 121 Abs 1 ZPO).

3. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzgl des [X.]s war abzulehnen, weil eine Wiedereinsetzung nach § 67 Abs 1 [X.] nur in eine gesetzliche Frist möglich ist. Bei der Frist für die Einreichung des [X.]s einschließlich der Erklärung handelt es sich hingegen nicht um eine gesetzliche Frist in diesem Sinne (vgl [X.] vom 24.10.2007 - B 5a [X.]/07 B - [X.] 4-1500 § 73a [X.] Rd[X.] 3; [X.] vom 12.3.2012 - B 11 [X.] 33/11 BH - juris Rd[X.]), sondern - wie oben dargelegt - um ein Element des Tatbestandsmerkmals der Erfolgsaussichten einer noch zu erhebenden Beschwerde.

Meßling

B. [X.]

Burkiczak

Meta

B 4 AS 104/22 BH

09.03.2023

Bundessozialgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend Sozialgericht für das Saarland, 24. November 2020, Az: S 12 AS 547/20

§ 65a Abs 1 SGG, § 65a Abs 3 S 1 SGG, § 65a Abs 4 S 1 Nr 1 SGG, § 66 Abs 1 SGG, § 66 Abs 2 S 1 SGG, § 67 Abs 1 SGG, § 73a Abs 1 S 1 SGG, § 160a Abs 1 S 2 SGG, § 4 Abs 1 S 2 De-Mail-G, § 5 Abs 5 De-Mail-G, § 4 Abs 1 Nr 1 ERVV, § 114 Abs 1 S 1 ZPO, § 117 Abs 2 ZPO, § 117 Abs 3 ZPO, § 117 Abs 4 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.03.2023, Az. B 4 AS 104/22 BH (REWIS RS 2023, 1852)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 1852

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 13 R 35/20 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Erfüllung der Formerfordernisse für den elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten durch eine …


B 1 KR 13/22 BH (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Prozesskostenhilfe für Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren - fehlerhafte Adressierung des Prozesskostenhilfeantrags an ein unzuständiges Gericht …


B 1 KR 46/22 BH (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Prozesskostenhilfe (PKH) - Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse …


B 1 KR 39/19 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Eingang der Beschwerde beim …


B 11 AL 33/11 BH (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Prozesskostenhilfe - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.