Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.05.2011, Az. V ZR 76/10

5. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6397

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Gegenstand

Wiederkaufsrecht der öffentlichen Hand: Wirksamkeit einer Ausübungsfrist von 99 Jahren


Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 1. April 2010 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Mit notariellem Vertrag vom 20. Mai 1925 verkaufte die beklagte [X.] ein Grundstücksareal in [X.]zum Quadratmeterpreis von 35 [X.] ([X.]) sowie einer jährlichen Rente von 4 [X.] für den laufenden Meter Straßenfront an eine Grundstücksgesellschaft. Diese verpflichtete sich, die Flächen bis zum 1. April 1928 mit Wohnhäusern zu bebauen.

2

In dem Kaufvertrag wurde ein Wiederkaufsrecht vereinbart, welches von der Beklagten ab dem 1. April 2024 ausgeübt werden darf. Das Recht erlischt, wenn die Beklagte es nach dem 1. April 2027 auf die schriftliche Anfrage des „derzeitigen Eigentümers“ hin nicht innerhalb eines Jahres geltend macht. Das Wiederkaufsrecht wurde durch Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung zugunsten der Beklagten gesichert. Der [X.] wurde mit 35 [X.]/qm ohne Zinsen und ohne Vergütung für die gezahlte Rente, die Entschädigung für die auf den Grundstücken errichteten Bauwerke mit zwei Drittel von deren gemeinem Wert zur Zeit des Wiederkaufs vereinbart.

3

Im Jahr 2000 wurde das inzwischen mit Mehrfamilienhäusern bebaute Areal verkauft und nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt. Die Vormerkung zur Sicherung des Rückkaufsrechts der Beklagten wurde in die [X.] übertragen. Die Kläger erwarben eine der Eigentumswohnungen. Mitte 2006 schlossen die Parteien eine Vereinbarung, in der sich die Beklagte verpflichtete, gegen Zahlung eines Ablösebetrages von 52.040 € „die Löschung des Wiederkaufsrechts“ in dem Grundbuch der den Klägern gehörenden Wohnung zu bewilligen. Der Betrag wurde gezahlt und die Löschung der Vormerkung bewilligt.

4

Nach Veröffentlichung eines Urteils des [X.] vom 21. Juli 2006 ([X.]), in dem die Ausübung eines zugunsten der öffentlichen Hand für die Dauer von 90 Jahren vereinbarten Wiederkaufsrechts mehr als 30 Jahre nach dessen Begründung für unzulässig erachtet worden war, erklärten die Kläger den Rücktritt von der [X.] sowie deren Anfechtung mit der Begründung, sämtliche Beteiligte seien davon ausgegangen, dass das im Kaufvertrag aus dem Jahr 1925 vereinbarte Wiederkaufsrecht wirksam gewesen sei und von der Beklagten ab dem 1. April 2024 hätte ausgeübt werden können.

5

Die auf Rückzahlung des Ablösebetrages gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger ihren Antrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

6

Das Berufungsgericht meint, die Kläger seien an die [X.] gebunden. Weder lägen die Voraussetzungen einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder wegen Irrtums vor noch sei die Geschäftsgrundlage der Vereinbarung wegen gemeinsamer Fehlvorstellung über die Wirksamkeit des [X.]rechts entfallen. Das zugunsten der [X.] vereinbarte [X.]recht sei wirksam; es verstoße auch in Ansehung der langen Ausübungsfrist und des [X.] nicht gegen § 138 Abs. 1 [X.]. Die Beklagte sei auch nicht aufgrund des Übermaßverbots, welches sie als Körperschaft des öffentlichen Rechts beachten müsse, an der Ausübung des [X.]rechts im [X.] gehindert gewesen. Der Zweck des Rechts, es der [X.] zu ermöglichen, das Grundstück nach [X.]n zurückzuerwerben und so etwaige Bodenwertsteigerungen der Allgemeinheit zu erhalten, sei nicht zu beanstanden. Insbesondere sei es nicht unangemessen, dass die Beklagte kein Erbbaurecht gewählt habe, weil sie die damit verbundene Verpflichtung, das Grundstück bei Erlöschen des Erbbaurechts zurückzunehmen und eine Entschädigung für das Bauwerk zu zahlen, nicht uneingeschränkt habe eingehen, sondern von Fall zu Fall über einen Wiederkauf habe befinden wollen. Die Ausübungsfrist von [X.]n habe auch den Interessen der Käuferin gedient, da sie sichergestellt habe, dass sich deren Investitionen über die Nutzungsdauer des Bauwerks amortisierten. Dass die Beklagte bei Ausübung des [X.]rechts nicht den vollen, sondern nur 2/3 des Verkehrswerts der Gebäude zahlen müsse, halte sich, wie der Vergleich mit der Regelung in § 27 Abs. 2 [X.] zeige, im Rahmen zulässiger Vereinbarungen. Auch sei der [X.] nicht zu beanstanden, da er der gesetzlichen [X.] entspreche. Bei einer die Geschäftsgrundlage des Kaufvertrages berührenden Geldwertveränderung habe zudem die Möglichkeit einer Anpassung des Wiederkaufpreises bestanden. Dass sie sich bei den Verhandlungen mit der [X.] hierauf nicht berufen hätten, berechtige die Kläger nicht, sich von der [X.] zu lösen; dies gelte umso mehr, als die Beklagte ihnen einen Abschlag von 30 % der Bodenwertdifferenz eingeräumt habe.

II.

7

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht verneint ohne Rechtsfehler einen Grund für die Anfechtung der [X.] (§§ 119, 123 [X.]) – insoweit erhebt die Revision auch keine Einwendungen – und auch eine nach § 313 Abs. 2 [X.] relevante gemeinsame Fehlvorstellung der Parteien über die Grundlagen dieser Vereinbarung.

8

1. a) Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass das im Jahr 1925 vereinbarte [X.]recht wirksam ist, so dass die zugunsten der [X.] eingetragene Rückauflassungsvormerkung im [X.]punkt der [X.] nicht erloschen war.

9

aa) Dass das [X.]recht über die in § 462 Satz 1 [X.] (§ 503 [X.] aF) genannte Höchstfrist von 30 Jahren hinaus ausgeübt werden konnte, steht seiner Wirksamkeit nicht entgegen. Diese Frist begrenzt die Ausübung eines [X.]rechts nur in Fällen, in denen eine Frist nicht vereinbart worden ist. Sie hindert die Vertragsparteien nicht, längere [X.] festzulegen ([X.], Urteil vom 21. April 1967 – [X.], [X.], 387, 392); diese treten dann an die Stelle der gesetzlichen Frist (§ 462 Satz 2 [X.]).

Eine solche, die gesetzliche Regelung verdrängende Ausübungsfrist ist hier vereinbart worden. Zwar sieht der Kaufvertrag von 1925 für die Ausübung des [X.]rechts nur ein Anfangsdatum (1. April 2024), nicht aber - abgesehen von der Möglichkeit, nach dem 1. April 2027 eine schriftliche Anfrage an die Beklagte zu richten und die Ausübungsfrist dadurch auf ein Jahr zu verkürzen - ein Enddatum vor. Entgegen der Auffassung der Revision folgt daraus aber nicht, dass mangels Befristung des Wiederkaufrechts die gesetzliche Regelung Platz greift und das [X.]recht deshalb nur bis zum [X.] hätte ausgeübt werden können. Eine andere als die gesetzliche Ausübungsfrist ist nämlich auch dann vereinbart, wenn - wie hier - der [X.]punkt, zu dem das [X.]recht erstmals ausgeübt werden kann, abweichend von § 462 [X.] festgelegt worden ist. Fehlt es in einem solchen Fall an einem Endtermin, beginnt die in § 462 [X.] bestimmte 30-jährige Frist erst zu dem [X.]punkt, zu dem das [X.]recht vereinbarungsgemäß erstmals ausgeübt werden kann (vgl. [X.], [X.] 1982, 668; [X.], [X.], 157, 158; [X.]/[X.], [X.] [2004], § 462 Rn. 4; [X.]/, 5. Aufl., § 462 Rn. 2).

bb) [X.] ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, dass das [X.]recht nicht gegen die guten Sitten verstieß (§ 138 Abs. 1 [X.]).

(1) Mit diesem Recht hatte sich die Beklagte vorbehalten, den Grundstücksverkauf nachträglich in ein der Bestellung eines Erbbaurechts auf [X.] vergleichbares Nutzungsverhältnis umzugestalten. Es ermöglichte ihr, ab dem [X.] zu entscheiden, ob sie das Grundstück gegen Zahlung des [X.] und der vereinbarten Entschädigung für die von der Käuferin errichteten Gebäude [X.] oder ob sie hiervon wegen der damit verbundenen Übernahme älterer und möglicherweise für sie nicht attraktiver Wohnhäuser absehen wollte. Ein solches Wahlrecht ist für sich genommen nicht verwerflich. Dass der [X.] im Zweifel die für ihn wirtschaftlich günstigere Alternative wählen und insbesondere Bodenwertsteigerungen abschöpfen wird, ist weder zu missbilligen noch führt es – sofern die Bedingungen des [X.] angemessen sind – zu einem groben Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung oder zu einer sonst unzumutbaren Belastung des Käufers (aA Kämmerer/[X.], [X.], 1337, 1348). Dieser vermag zu erkennen und sich von Anfang darauf einzustellen, dass er das Grundstück nach der vereinbarten Frist, hier nach [X.]n, möglicherweise an den Verkäufer zurückübereignen muss, also bis zu dessen Entscheidung über die Ausübung des [X.]rechts in wirtschaftlicher Hinsicht eher einem Erbbauberechtigten als einem Eigentümer gleichsteht. Dabei kann die Vereinbarung eines [X.]rechts statt eines Erbbaurechts auch für den Käufer vorteilhaft sein; beispielsweise ist er nur als Eigentümer in der Lage, das Grundstück als Kreditsicherheit zu nutzen. Dass er im Gegensatz zu einem Erbbauberechtigten den vollen Kaufpreis zahlt, wird durch den [X.] kompensiert. Wird das [X.]recht ausgeübt, hat der Käufer dem Verkäufer als Gegenleistung für die Nutzung des Grundstücks die Nutzungen des Kaufpreises überlassen und damit einen dem Erbbauzins vergleichbaren Wert aufgewandt (so für einen vergleichbaren Vertrag bereits: [X.], Urteil vom 29. Oktober 2010 – [X.], [X.], 83).

Im Hinblick darauf, dass ein Erbbaurecht für [X.] bestellt werden kann, begründet der [X.]punkt, zu dem das [X.]recht hier erstmals ausgeübt werden durfte, keine sittenwidrige Benachteiligung der [X.]verpflichteten. Nicht unangemessen im Sinn von § 138 Abs. 1 [X.] ist ferner der fehlende Endtermin für die Ausübung des [X.]rechts. Denn die Ausübungsfrist hätte ab dem 1. April 2027 durch Anfrage bei der [X.] auf ein Jahr begrenzt werden können. Die Regelung, wonach die Entschädigung für die auf dem Grundstück errichteten Gebäude zwei Drittel von deren gemeinem Wert im [X.]punkt des [X.] beträgt, entspricht der Entschädigung, die ein Erbbauberechtigter nach dem Erlöschen des Erbbaurechts infolge [X.]ablaufs gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 [X.] (mindestens) zu beanspruchen hat, und ist damit – unabhängig davon, ob die hier errichteten Wohnungen ursprünglich für minderbemittelte Bevölkerungskreise vorgesehen waren – ebenfalls nicht sittenwidrig.

(2) Auch führt der vereinbarte [X.] nicht zur Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 138 Abs. 1 [X.]. Im Grundsatz ist es nicht unbillig, den Preis, zu welchem verkauft worden ist, als [X.] zu vereinbaren, da dies der Zweifelsregelung des § 456 Abs. 2 [X.] (§ 497 Abs. 2 [X.] aF) entspricht. Dass die jährliche Rente von 4 [X.] für den laufenden Meter Straßenfront als Teil des Entgelts für die Grundstücksübertragung anzusehen sei, haben die Kläger nach den von ihnen nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geltend gemacht. Ebensowenig beanstandet die Revision die weitere tatrichterliche Feststellung, dass mangels entsprechenden Vortrags auch nicht nachvollzogen werden könne, in welchem Verhältnis die [X.] zu dem [X.] gestanden habe.

Der [X.] begründet auch nicht deshalb eine sittenwidrige Benachteilung des Verpflichteten, weil keine Wertsicherungsklausel vereinbart worden ist. Allerdings läge die Annahme eines groben Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung nahe, wenn die Beklagte bei Ausübung des [X.]rechts nur den (in [X.] umgerechneten) Nominalbetrag des Kaufpreises als [X.] hätte zahlen müssen, wenn also der - vorhersehbare - inflationsbedingte Wertverlust des Geldes über einen [X.]raum von [X.]n zu Lasten der [X.]verpflichteten gegangen wäre. So verhielt es sich hier aber nicht.

Bei Abschluss des [X.] konnten die Parteien davon ausgehen, dass der [X.] auch ohne Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel dem seit Abschluss des Kaufvertrages gesunkenen Geldwert entsprechend aufgewertet werden würde. Das [X.] hatte 1923 angesichts der damaligen Hyperinflation aus § 242 [X.] einen Anspruch auf Aufwertung von [X.] abgeleitet ([X.], 78) und diese Rechtsprechung im Jahr 1924 auf den [X.] ausgedehnt ([X.] 1925, 711). Es nahm dabei an, dass die Vertragsschließenden dem zum Wiederverkauf verpflichteten Käufer einen angemessenen Gegenwert für die Rückübereignung des Grundstücks gewähren wollten, wenn nicht Anhaltspunkte für das Gegenteil vorlagen. Angesichts dieser Rechtsprechung, der weit hinausgeschobenen Frist für die erstmalige Ausübung des [X.]rechts und des Umstands, dass das Problem des sinkenden Geldwerts den [X.] vor Augen gestanden haben muss (vgl. zB die mit der [X.] vom 14. Februar 1924, [X.], [X.], getroffenen Aufwertungsregelungen), ist davon auszugehen, dass der [X.] nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien die gleiche Kaufkraft wie der 1925 vereinbarte Kaufpreis haben sollte.

b) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht weiter an, die Beklagte sei nicht aufgrund ihrer sich aus dem öffentlichen Recht ergebenden Bindungen gehindert gewesen, das [X.]recht ab dem [X.] auszuüben.

aa) Als Körperschaft des öffentlichen Rechts hat die Beklagte allerdings nicht nur die Schranken von Treu und Glauben (§ 242 [X.]), sondern insbesondere auch die Einhaltung des Übermaßverbots zu beachten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestimmt auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung das gesamte Handeln der öffentlichen Verwaltung, und zwar auch dann, wenn sie, wie hier, die Gestaltungsformen des Privatrechts wählt. Er verlangt, die Ausübung eines vertraglich vereinbarten Rechts auf das nach dessen Zweck erforderliche und angemessene Maß zu beschränken sowie unzumutbare Härten im Einzelfall zu vermeiden. Die Beklagte ist daher verpflichtet, vor der Ausübung eines ihr im Bereich des [X.]s zustehenden Rechts im Wege einer Ermessensentscheidung zu prüfen, ob und inwieweit es geltend gemacht werden soll ([X.], Urteil vom 16. April 2010 – [X.], [X.], 1861 Rn. 18 mwN). Auf dieser Grundlage hat der [X.] entschieden, dass ein [X.]recht, welches die zweckentsprechende Nutzung eines zum Zwecke der Ansiedlung einer Familie verbilligt veräußerten Grundstücks sicherstellen soll, mehr als 30 Jahre nach seiner Begründung nicht mehr ausgeübt werden kann ([X.], Urteil vom 21. Juli 2006 – [X.], [X.], 2046).

bb) Hieraus können die Kläger indessen nichts für sie Günstiges herleiten. Der 1925 geschlossene Kaufvertrag dürfte zwar dem [X.] zuzuordnen sein, weil er, wie die Bauverpflichtung der Erwerberin deutlich macht, wohnungspolitischen Zwecken diente. Die Ausübungsfrist von [X.]n war hier aber nicht unverhältnismäßig.

Nach welcher [X.]dauer die Ausübung eines zugunsten der öffentlichen Hand vereinbarten [X.]rechts unverhältnismäßig ist, hängt entscheidend von dessen Zweck ab (vgl. [X.], Urteil vom 22. Juni 2007 - [X.], NJW-RR 2007, 1608, 1610). Dient es der Sicherung der Zweckbindung einer Subvention, muss seine Dauer in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit der Subvention zulässigerweise verfolgten Zweck stehen. Die Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen, deren Einhaltung durch ein solches [X.]recht typischerweise gewährleistet wird, dürfen dem Käufer nur für einen zeitlich begrenzten [X.]raum auferlegt werden; bei Grundstücken, die zum Zwecke der Errichtung von Einfamilienhäusern an Einzelpersonen verkauft werden, ist eine 30 Jahre übersteigende Dauer in aller Regel als unverhältnismäßig anzusehen.

Das hier vereinbarte [X.]recht diente dagegen weder der Sicherung einer Subvention noch der Durchsetzung von Nutzungs- oder Verfügungsbeschränkungen. Es hielt der [X.] unabhängig von dem Verhalten der Erwerberin und nachfolgender Eigentümer die Möglichkeit offen, nach [X.]n die Rückübereignung des Grundstücks zu näher festgelegten Konditionen zu verlangen. Dabei ist es - entgegen der Auffassung der Revision - unerheblich, welche wirtschaftlichen oder politischen Ziele die Beklagte mit dem [X.]recht im Einzelnen erreichen wollte. Ebenso, wie es der [X.] ohne weiteres möglich gewesen wäre, die Grundstücke in Form eines auf [X.] befristeten Erbbaurechts auszugeben, stand es - auch bei einem Verkauf zum Marktpreis - in ihrem Belieben, sich ein erbbaurechtsersetzendes [X.]recht einräumen zu lassen. Ein solches Recht war in dem der [X.]sentscheidung vom 21. Juli 2006 ([X.], [X.], 2046) zugrunde liegenden Vertrag nicht enthalten; dort hatte sich die beklagte Körperschaft des öffentlichen Rechts vielmehr entschieden, das Grundstückseigentum endgültig auf die Käufer zu übertragen, sofern diese die ihnen auferlegten Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen beachteten (aaO Rn. 21; ebenso für einen vergleichbaren Vertrag bereits: [X.], Urteil vom 29. Oktober 2010 – [X.], [X.], 83).

Der unterschiedliche Zweck der [X.]rechte geht mit einer jeweils anderen Funktion der Ausübungsfrist einher. Von einem [X.]recht, das eine Subvention sichert, kann, wenn der [X.] verfehlt wird, jederzeit Gebrauch gemacht werden. Die Ausübungsfrist bildet die zeitliche Grenze, bis zu der dies möglich ist. Je länger sie ist, desto belastender wirkt das [X.]recht für den Käufer, weil er während dieser [X.] die Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen beachten muss, die das [X.]recht sichert, wenn er nicht Gefahr laufen will, das Eigentum an dem Grundstück zu verlieren.

Bei der hier vereinbarten Frist von [X.]n handelt es sich demgegenüber um den [X.]punkt, zu dem das [X.]recht erstmals ausgeübt werden durfte. Je länger sie war, desto länger blieb die Erwerberin Eigentümerin des Grundstücks und desto länger konnte sie dessen Nutzungen sowie die ihrer Investitionen ziehen. Umgekehrt bedeutete eine geringere Dauer eine größere Belastung, weil sich damit der [X.]raum verkürzte, in dem die Erwerberin vor der Ausübung des [X.]rechts geschützt war. Ihre Rechtsstellung hätte sich also nicht verbessert, sondern verschlechtert, wenn die Beklagte berechtigt gewesen wäre, das [X.]recht bereits nach 20 Jahren auszuüben. Führt ein längerer [X.]raum, bis zu dem ein [X.]recht erstmals ausgeübt werden kann, aber nicht zu einer größeren und damit ab einem bestimmten [X.]punkt unverhältnismäßigen Belastung des Käufers, lassen sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in zeitlicher Hinsicht keine Beschränkungen für dessen Ausübung ableiten ([X.], Urteil vom 29. Oktober 2010 – [X.], [X.], 83).

2. Zu Recht sieht das Berufungsgericht schließlich auch eine mögliche Fehlvorstellung der Kläger hinsichtlich der Höhe des [X.] als unbeachtlich an. Der Einwand, dass die seit 1925 eingetretene Geldentwertung bei der Bemessung des [X.] und damit auch bei der Festlegung des Ablösebetrages Berücksichtigung finden müsse, ist derart naheliegend, dass die Annahme des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden ist, es falle in den Risikobereich der Kläger, wenn sie dieses bei Abschluss der [X.] nicht berücksichtigt haben sollten. Die Berechtigung einer solchen Forderung erschließt sich, wenn nicht schon aus dem zum [X.]punkt des Abschlusses des Kaufvertrages herrschenden Rechtsverständnis (siehe oben II. 1. a) bb) (2)), so doch ohne weiteres aus der ganz überwiegenden Auffassung, dass grundlegende Geldwertveränderungen seit der Vereinbarung des [X.] nach § 313 [X.] zu berücksichtigen sind (vgl. [X.]/[X.], 5. Aufl., § 456 Rn. 11; [X.]/[X.], [X.] [1995], § 497 aF Rn. 20; [X.]/[X.], [X.], 70. Aufl., § 456 Rn. 13). Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwendungen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Krüger                                Stresemann                                Roth

                   Brückner                                   Weinland

Meta

V ZR 76/10

20.05.2011

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 1. April 2010, Az: 1 U 89/09, Urteil

§ 138 Abs 1 BGB, § 313 BGB, § 456 BGB, § 462 S 1 BGB, § 462 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.05.2011, Az. V ZR 76/10 (REWIS RS 2011, 6397)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6397

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