Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2006, Az. IX ZR 173/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 387

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[X.] [X.] vom 7. Dezember 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] Art. 103 Abs. 1; ZPO § 287 Abs. 1 Satz 2; § 544 Abs. 7 Hängt die Frage, ob der Mandant durch fehlerhafte Beratung einen Schaden erlitten hat, allein davon ab, wie sich ein Dritter bei richtiger Beratung verhalten hätte, so ver-letzt der [X.] das Grundrecht auf rechtliches Gehör, wenn er den als Zeugen [X.] nicht vernimmt, obwohl keine anderen gleichwertigen Beweismittel zur Verfügung stehen. [X.], [X.]uss vom 7. Dezember 2006 - [X.] - [X.] LG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.] Dr. [X.], die [X.] Raebel, Dr. [X.], [X.] und die [X.]in [X.] am 7. Dezember 2006 beschlossen: Auf die Beschwerde des Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des [X.] in [X.] des [X.] vom 4. Juli 2003 zugelassen. Auf die Revision des Beklagten wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 19. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Der Wert für das Revisionsverfahren wird auf 29.561,96 • festge-setzt. Gründe: [X.] Der Kläger verlangt von dem beklagten Lohnsteuerhilfeverein, dem er als Mitglied angehörte, wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit der Errichtung eines Eigenheims Schadensersatz für den versagten [X.] - 3 - betrag und die Kinderzulage nach dem [X.] sowie für die bis Ende 1998 gewährte, ihm ebenfalls versagte [X.] nach dem Einkommensteuergesetz. Der Kläger ließ sich im März 1999 wegen eines Übergabevertrages mit seinen Eltern darüber beraten, ob nach dem vorgelegten Vertragsentwurf für ihn die öffentliche Förderung des [X.] möglich sei. Der Beklagte er-hob gegen die Förderfähigkeit im Hinblick auf den beabsichtigten Inhalt des [X.] keine Bedenken; der Vertrag wurde am 23. April 1999 in die-ser Fassung beurkundet. In dem Übergabevertrag verpflichteten sich die Eltern des [X.], diesem den Teil eines Grundstücks zuzuwenden und ihm einen Betrag von 100.000 DM zur Begleichung der Kosten des Bauvorhabens auf der übertragenen Fläche zu zahlen, und zwar dergestalt, dass sie die Rechnungen, die dieses Bauvorhaben betrafen, bis zu einem Betrag von 100.000 DM begli-chen. Die Förderfähigkeit der hierdurch abgedeckten Baukosten wurde später von der Finanzverwaltung verneint, weil es sich um eine mittelbare Grund-stücksschenkung gehandelt habe. 2 Der Kläger hat unter Benennung seiner Eltern als Zeugen behauptet, er würde die Summe von 100.000 DM auch zur freien Verfügung geschenkt erhal-ten haben, wenn seine Eltern von ihm nach richtiger Beratung über die Förder-schädlichkeit der Zweckbindung hätten aufgeklärt werden können. Der Beklagte hat diesen Vortrag bestritten und behauptet, den Eltern des [X.] sei es [X.] auf die beurkundete Form der Schenkung angekommen. Sie würden ihren Willen infolge dessen auch dann nicht geändert haben, wenn ihnen der Nachteil für den Kläger hinsichtlich der öffentlichen Förderung des [X.] be-kannt gewesen wäre. Hierfür hat sich der Beklagte [X.] gleichfalls 3 - 4 - auf die Eltern des [X.], in zweiter Instanz auch auf den beurkundenden [X.] als Zeugen berufen. Das [X.] hat über den Schadensersatzanspruch Grundurteil er-lassen, ohne die benannten Zeugen zu vernehmen. Das [X.] hat dieses Grundurteil gleichfalls ohne Beweisaufnahme bestätigt. Das rügt die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten als Verletzung des rechtlichen [X.]. 4 I[X.] Die Revision ist zuzulassen und begründet, weil das angegriffene Urteil den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 [X.] ver-letzt. Das angefochtene Urteil ist daher nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht hat. 5 1. Die Klage ist dem Grunde nach schlüssig. Der [X.] hat zwar erst im Jahre 2005 entschieden, dass kein Anspruch auf Eigenheimzulage besteht, wenn die Wohnung in mittelbarer Weise geschenkt worden ist ([X.]NV 2005, 1764; 2006, 260). Er hat damit jedoch nur seine Rechtspre-chung zu dem älteren Sonderausgabenabzug gemäß § 10e EStG fortgeführt, der nach dem 31. Dezember 1995 durch das Zulagesystem ersetzt worden ist. Mit diesem Risiko musste der Beklagte rechnen und den Kläger entsprechend belehren. 6 - 5 - Zu § 10e EStG war spätestens durch das Urteil des [X.]s vom 8. Juni 1994 ([X.], 76 = BStBl. II 1994, 779) geklärt, dass der [X.] nicht berechtigt ist, einen Abzugsbetrag in Anspruch zu nehmen, so-weit der [X.] die Kosten für das Eigenheim des Beschenkten bezahlte. Von dieser Entscheidung musste der Beklagte im März 1999 bei der Beratung des [X.] ebenfalls ausgehen. 7 Zu Unrecht hat der Kläger zwar den Abzugsbetrag gemäß § 10i Abs. 1 Nr. 1, § 52 Abs. 29 EStG ([X.]) wie einen Steuerabzug zu 100 v.H. geltend gemacht. Dieser Schlüssigkeitsmangel wirkt sich aber erst im Betragsverfahren aus. 8 2. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Sachvortrags und [X.] verstößt auch dann gegen Art. 103 Abs. 1 [X.], wenn der Tatrich-ter dieses Vorbringen - hier des Beklagten - zwar zur Kenntnis genommen hat, das Unterlassen der danach gebotenen Beweisaufnahme aber im Prozessrecht keine Stütze mehr findet ([X.] NJW 2003, 1655; vgl. auch [X.], [X.]. v. 31. August 2005 - [X.], [X.]-Report 2005, 1616). Das Berufungsge-richt hat bei Prüfung der haftungsausfüllenden Kausalität wie schon das Land-gericht die ihm nach § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO gezogenen Grenzen seines [X.] überschritten, indem es dem streitigen Vortrag des [X.] gefolgt ist, ohne die beiderseits angebotenen Zeugen zu hören. 9 [X.] wendet sich gegen eine zentrale [X.] des [X.]. Kann der Kläger nicht beweisen, dass der Über-gabevertrag mit seinen Eltern bei richtiger Belehrung durch den Beklagten auf seinen Wunsch hin in einer für den Eigenheimbau förderfähigen Weise gestaltet worden wäre, ist seine Schadensersatzklage unbegründet. Der Beweisantritt zu 10 - 6 - einer Haupttatsache darf auch im Rahmen von § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht aufgrund der Würdigung von Indiztatsachen übergangen werden ([X.], [X.].Urt. v. 19. März 2002 - [X.], [X.], 1004, 1005 unter I[X.] 3. c). Die Vorschrift des § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO rechtfertigt es nicht, in einer für die Streitentscheidung zentralen Frage auf die nach Sachlage unerlässlichen [X.] zu verzichten ([X.], Urt. v. 6. Oktober 2005 - I ZR 266/02, [X.], 615, 616 f bei Rn. 28). Hiervon ist auch das Urteil des Senats vom 16. Oktober 2003 ([X.] ZR 167/02, [X.], 472, 474 unter [X.]) ausgegan-gen, wenn es für das hypothetische Verhalten des Mandanten bei fehlerhafter Steuerberatung auf die Parteivernehmung nach § 287 Abs. 1 Satz 3 ZPO ver-wiesen hat. Nur eine freie richterliche Würdigung des Sachvortrages ohne [X.] genügt danach in einem solchen Fall nicht. Im Streitfall ging es entscheidend um das Verhalten der Eltern des [X.], hätten sie durch ihn nach richtiger Belehrung des Beklagten rechtzeitig von dem Fördernachteil der beabsichtigten Zweckschenkung im Vergleich zu einer Geldschenkung zur freien Verfügung erfahren. Hierüber kann unmittelbar durch die beiderseits als Zeugen benannten Eltern des [X.] Aufschluss [X.] werden. Auch der als Gegenzeuge benannte [X.] kann unter Umständen aussagen, ob die Eltern des [X.] auf die beurkundete Zweck-schenkung festgelegt waren, so dass sie hiervon auch in Kenntnis des Förder-nachteils für den Kläger nicht abgewichen wären. Das Berufungsgericht durfte deshalb nicht von der Vernehmung dieser Zeugen absehen, weil es das Bestreiten des Beklagten als spekulativ und die Darstellung des [X.] als wahrscheinlich erachtete. 11 Im Übrigen hat das Berufungsgericht hier auch den Parteivortrag an-scheinend nicht richtig erfasst, weil es die Bestellung eines Wohnrechts für die 12 - 7 - Eltern des [X.] unrichtig mit dem Wohngebäude in Verbindung bringt, wel-ches der Kläger errichtet hat. Nach § 3 Nr. 1 des Übergabevertrages sollte die-ses Recht nur an dem einer Schwester des [X.] geschenkten Grund-stücksteil vorbehalten sein, die Grundstückshälfte des [X.] nach der noch notwendigen Teilung also nicht belasten. [X.] Raebel [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 05.04.2001 - 13 O 236/00 - [X.] in [X.], Entscheidung vom 04.07.2003 - 24 U 143/01 -

Meta

IX ZR 173/03

07.12.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2006, Az. IX ZR 173/03 (REWIS RS 2006, 387)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 387

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