Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2004, Az. VI ZB 14/04

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2726

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[X.]/04
vom 22. Juni 2004 in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

ZPO § 233 Fd Wird die Telefaxnummer aus dem konkreten [X.] handschriftlich auf den zu versendenden Schriftsatz übertragen, ist eine Verwechslungsgefahr gering. In einem solchen Fall reicht es aus, mögliche Eingabefehler zu korrigieren, indem die gewählte [X.] mit der übertragenen Nummer abgeglichen wird.
[X.], Beschluß vom 22. Juni 2004 - [X.] - LG [X.]

AG [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 22. Juni 2004 durch die [X.] Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluß der
2. Zivilkammer des [X.]s [X.] vom 9. Februar 2004 auf-gehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 3.175,73 •

Gründe: [X.] Der Kläger hat die fristgerechte Einlegung der Berufung gegen das teil-weise klagabweisende Urteil des Amtsgerichts versäumt, weil die Berufungs-schrift seiner Prozeßbevollmächtigten per Telefax am letzten Tage vor Fristab-lauf versehentlich an das Amtsgericht und nicht an das zuständige [X.] gesendet worden ist. Nach der eidesstattlich versicherten Darstellung des [X.] Prozeßbevollmächtigten des [X.] in seinem [X.] 3 - setzungsgesuch wurde die fehlerhafte Versendung des Schriftsatzes verur-sacht, weil die von ihm mit dem Absenden der Berufungsschrift beauftragte und bisher stets zuverlässig arbeitende Fachkraft gegen die in der Kanzlei beste-henden klaren Anweisungen zur Versendung fristgebundener Schriftsätze per Telefax verstoßen habe. Nach den Anweisungen sei die Faxnummer, an die der Schriftsatz zu versenden sei, aus einer ständig aktualisierten "[X.]" zu [X.] und per Hand in den Schriftsatz einzufügen. Die Fachkraft habe [X.] weisungswidrig die Telefaxnummer des im Computer und der Akte enthal-tenen erstinstanzlichen Gerichts eingefügt. Bei der nach Absendung der Beru-fungsschrift durchgeführten [X.] sei das Versehen nicht be-merkt worden, weil der Sendebericht den Vermerk "ok" ausgewiesen habe. Das Berufungsgericht hat den Antrag des [X.] auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung zurückgewiesen, daß den Prozeßbe-vollmächtigten des [X.] jedenfalls ein Organisationsverschulden treffe, das für die Versäumung der Berufungsfrist ursächlich geworden sei, weil die be-hauptete Kontrolle des [X.] als Maßnahme zur Vermeidung der ein-getretenen Fristversäumung unzulänglich sei. Bei der Eingabe einer Telefax-[X.] bestehe eine hohe Verwechslungsgefahr, sei es, daß die Nummer im Telefaxverzeichnis aus der falschen Zeile entnommen werde oder daß - wie hier - die Nummer versehentlich fehlerhaft aus der Akte oder dem Computer entnommen werde. Es müsse deshalb durch eine entsprechende Büroorganisation sichergestellt sein, daß sich die Überprüfung der per Telefax übermittelten Schriftsätze auch auf die Verwendung der zutreffenden [X.] erstrecke. Hierzu reiche es nicht aus, den Sendebericht auf die "[X.]" hin zu überprüfen und die im Sendebericht aufgeführte mit der zuvor eingefügten [X.] zu vergleichen. Denn unterliefen bei der Ermittlung der Faxnummer Fehler, dann setzten sich diese zwangsläufig bei der anschließenden Kontrolle des [X.] fort, wenn die gewählte - 4 - [X.] nur mit der zuvor eingefügten Nummer abgeglichen werde. Eine zuverlässige Abschlußkontrolle setze daher voraus, daß die verwendete und im Sendebericht aufgeführte Nummer anhand eines amtlichen [X.] oder einer vergleichbar zuverlässigen Aufzeichnung oder Liste überprüft werde. Eine diesen Erfordernissen entsprechende Organisation gebe es in der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten des [X.] offensichtlich nicht. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.], womit er sei-nen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist weiterverfolgt. I[X.] Die nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statt-hafte Rechtsbeschwerde ist auch im übrigen zulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO vorliegen. Eine Entscheidung des [X.] ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alter-native 2 ZPO) geboten. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. 1. Mit Recht macht die Rechtsbeschwerde geltend, daß das Berufungs-gericht die Anforderungen an die Büroorganisation überspannt, indem es [X.], daß nach Versendung eines fristgebundenen Schriftsatzes über Fax die Kontrolle der verwendeten Faxnummer auf ihre Richtigkeit anhand eines amtli-chen Telefaxnummernverzeichnisses oder einer vergleichbar zuverlässigen Liste durchgeführt wird. a) Ein Rechtsanwalt erfüllt seine Verpflichtung, für eine wirksame [X.] zu sorgen, bei Einsatz eines Telefaxgerätes zwar nur dann, wenn er seinen dafür zuständigen Mitarbeitern die Weisung erteilt, sich nach - 5 - der Übermittlung eines Schriftsatzes einen Einzelnachweis ausdrucken zu [X.], auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu überprüfen und die [X.] erst nach Kontrolle des [X.] zu löschen (vgl. [X.] vom 18. Mai 2004 - [X.] ZB 12/03 - Umdruck S. 3 m.w.[X.]). Diese Ver-pflichtung haben die Prozeßbevollmächtigten des [X.] jedoch nicht verletzt. Die nach der Darstellung im Wiedereinsetzungsgesuch bestehende allgemeine Anweisung, die Faxnummer aus der ständig aktualisierten "[X.]" zu [X.], per Hand in den Schriftsatz einzufügen und sodann nach der Übertra-gung des Schriftsatzes per Telefax den Einzelsendebericht ausdrucken zu [X.] und diesen zu kontrollieren, genügt den [X.] an eine wirksame [X.]. b) Der Senat setzt sich mit dieser Auffassung nicht in Widerspruch zu den Anforderungen im Urteil des [X.] vom 30. März 1995 - 2 AZR 1020/94 [X.] [X.] 79, 379, 381 ff., wonach die Kontrollanweisung des Rechtsanwalts dahin gehen müsse, auch die Richtigkeit der [X.] abschließend zu kontrollieren. Die Rechtsbeschwerde weist mit Recht dar-auf hin, daß in dem dem [X.] zur Entscheidung vorliegenden Fall der das Faxgerät bedienende Mitarbeiter aus einem amtlichen [X.] eine falsche Nummer ausgewählt hatte. Auch der [X.] hat es für erforderlich gehalten, daß bei der [X.] die im [X.] wiedergegebene [X.] daraufhin überprüft wird, ob es sich hierbei um die richtige [X.] handelt, wenn das Risiko eines Versehens bei der Ermittlung der [X.] besonders hoch ist, weil z.B. die [X.] von Fall zu Fall aus gedruckten Listen oder elektro-nischen Dateien herausgesucht werden muß und an einem und demselben Ort mehrere Empfänger in Betracht kommen (vgl. Senatsbeschluß vom 18. Mai 2004 - [X.] ZB 12/03 - z.[X.].; [X.], Beschluß vom 24. April 2002 - [X.] 7/01 - - 6 - [X.]. 2002, 171; offengelassen im Beschluß vom 12. März 2002 - [X.]/01 - [X.], 1577, 1578). Im vorliegenden Fall kann von einer hohen Verwechslungsgefahr bei der "Erstermittlung" der richtigen Telefaxnummer jedoch nicht ausgegangen wer-den. Wird die [X.] nicht aus einem amtlichen Verzeichnis oder einer Liste, sondern aus dem konkreten [X.] entnommen, ist eine Verwechslungsgefahr denkbar gering. In einem solchen Fall reicht es deshalb aus, mögliche Eingabefehler zu korrigieren, indem die gewählte [X.] mit der zuvor eingefügten Nummer abgeglichen wird. 2. Mit Recht weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, daß im vorliegen-den Fall ein etwaiger organisatorischer Fehler im Zusammenhang mit der [X.] außerdem nicht ursächlich geworden wäre für die Versäumung der Berufungsfrist. Die Fristversäumnis ist vielmehr darauf zurückzuführen, daß die Fachangestellte nach der Darstellung des instanzgerichtlichen Prozeßbe-vollmächtigten des [X.] bereits die Weisung mißachtet hat, den Schriftsatz an die aus der "[X.]" zu entnehmenden Faxnummer zu senden. Der hier-mit begangene Fehler setzte sich bei der anschließenden Überprüfung des [X.] fort, ohne daß dies durch die von dem Prozeßbevollmächtigten angeordnete [X.] verhindert werden konnte. Die abschließende Kontrolle der eingegebenen [X.] dient insbesondere der Beseiti-gung von Fehlern, die dadurch entstehen, daß der die Nummer im dafür vor-handenen Verzeichnis Ablesende in eine falsche Zeile gerät. Eine Verwechs-lung des Gerichts, wie sie hier unterlaufen ist, läßt sich aber, worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist, durch einen weiteren Vergleich mit der von der [X.] weisungswidrig benutzten Fundstelle der Nummer gerade nicht vermeiden. Denn wenn die Fachkraft die Weisung mißachtet hat, die Nummer aus der "[X.]fi zu entnehmen und handschriftlich einzufügen, - 7 - liegt ein klarer Verstoß gegen die Weisung vor, der für die Fristversäumnis ur-sächlich war. [X.] darf ein Rechtsanwalt darauf vertrauen, daß sein sonst zuverlässiges Personal seine Weisungen befolgt (vgl. [X.], [X.] vom 5. Februar 1992 - [X.]/91 - NJW 1992, 2488, 2489; vom 10. Februar 1982 - [X.]II ZR 76/81 - NJW 1982, 2670; vom 10. Juni 1998 - [X.] 47/98 [X.]VersR 1999, 643). Ein konkretes Einzelverschulden des [X.] ist ihm und damit auch dem Kläger nicht anzulasten. 3. An einer Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag ist der [X.] aber dadurch gehindert, daß eine hinreichende Glaubhaftmachung fehlt. Das mit dem Wiedereinsetzungsantrag zur Begründung der unverschuldeten Fristversäumnis behauptete weisungswidrige Verhalten der [X.] stellt einen Vorgang dar, der sich der eigenen Wahrnehmung des Rechtsan-walts H. entzieht. Die zugleich eingereichte Versicherung an Eides statt stellt insoweit keine hinreichende Glaubhaftmachung dar (vgl. [X.]/[X.] ZPO 24. Aufl. § 294 Rdn. 3 m.w.[X.]). Das Berufungsgericht hatte keine Veranlas-sung, dem nachzugehen, da es nach seiner Auffassung auf das weisungswidri-ge Verhalten der [X.] nicht ankam. Ist ein [X.] - 8 - jedoch zu verneinen, ist aufzuklären, ob die Fristversäumnis auf dem [X.] Verhalten der [X.] beruht. Da die Glaubhaftmachung im [X.] über den Antrag noch erfolgen kann (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO), ist die Sache zur neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
[X.]

Pauge Zoll

Meta

VI ZB 14/04

22.06.2004

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2004, Az. VI ZB 14/04 (REWIS RS 2004, 2726)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2726

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