Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 24.03.2023, Az. 2 BvR 116/23

2. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2023, 1551

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung der Rechtsschutzgarantie (Art 19 Abs 4 GG) durch verzögerte Bearbeitung des Antrags eines Strafgefangenen auf Eilrechtsschutz gegen seine Verlegung aus einer sozialtherapeutischen Anstalt in den Regelvollzug


Tenor

Der Beschluss des [X.] vom 12. Januar 2023 - 584 [X.] - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Grundgesetz.

Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Das [X.] hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten. Damit erledigt sich der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung einer Rechtsanwältin.

Mit der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos.

Gründe

1

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Verlegung aus der [X.] (im Folgenden: [X.]) in den [X.] der [X.] in Berlin.

2

1. Vom 14. Februar 2022 bis zum 28. Juni 2022 befand sich der zuvor in der [X.] im [X.] inhaftierte Beschwerdeführer in der [X.] der [X.]. Nach seiner Verlegung in den dortigen [X.] wurde er am 28. Juli 2022 erneut in die [X.] zurückverlegt.

3

2. Am 12. Oktober 2022 teilte die Leiterin der [X.] dem Beschwerdeführer mündlich mit, dass seine (Rück-)Verlegung in den [X.] der [X.] geplant sei.

4

3. Am 14. Oktober 2022 beantragte der Beschwerdeführer fachgerichtlichen Eilrechtsschutz und Prozesskostenhilfe. Er nehme regelmäßig am Therapieangebot in der [X.] teil und führe Einzelgespräche. Entsprechend der Behandlungsvereinbarung sei "die Probezeit zur rechtswidrigen Herausnahme aus der [X.]" überschritten. Er widerspreche deshalb einer "einseitigen Vertragsauflösung". Es liege weder ein positiver Drogen- oder Alkoholtest noch eine Gewalthandlung vor. Er sei betäubungsmittelabhängig und lebe "im [X.]" der [X.] in einem "drogenfreien Rahmen". Die mündliche Eröffnung der Herausnahme aus der [X.] sei rechtswidrig.

5

4. Mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2022, der beim [X.] am selben Tag um 14:26 Uhr einging, nahm die [X.] dahingehend Stellung, dass der einstweilige Rechtsschutzantrag als unbegründet zurückzuweisen sei. Aktuell befinde sich der Beschwerdeführer noch in der [X.]. [X.] sei aber im Vollzugs- und [X.] vom 28. Oktober 2022 entschieden worden. Die Leiterin der [X.] habe die Verlegung dem Beschwerdeführer am 25. Oktober 2022 umfassend begründet. Danach sei insbesondere nach einer mehr als sechsmonatigen Erfahrung mit ihm auf allen Ebenen der Sozialtherapie (Wohngruppe, Sozialarbeit, Psychotherapie) erkannt worden, dass es aus Gründen, die in seiner Person lägen, nicht möglich sein werde, in einen sinnvollen therapeutischen Prozess einzutreten.

6

5. Am 21. November 2022 notierte [X.] des [X.] in der fachgerichtlichen Akte des Eilverfahrens, dass er zwischen dem 1. und 17. November 2022 erkrankt gewesen sei. Seitdem sei er mit dem Abfassen von Urteilsgründen in einem anderen Verfahren befasst. Eine Bearbeitung der gegenständlichen Akte sei derzeit nicht möglich.

7

6. Mit Schreiben vom 25. November 2022 führte der Beschwerdeführer aus, dass er bereits am 14. Oktober 2022 einen einstweiligen Rechtsschutzantrag gestellt habe. Dennoch sei er am 25. November 2022 in den [X.] verlegt worden. Das [X.] müsse feststellen, dass die Verlegung "widerrechtlich vollzogen" werde.

8

7. Mit gerichtlichem Schreiben vom 15. Dezember 2022 wies das [X.] darauf hin, dass mit der Verlegung aus der [X.] in Bezug auf das einstweilige [X.] Erledigung eingetreten sei und angeregt werde, die Sache "kostenfrei wegzulegen". Einer Stellungnahme werde binnen zehn Tagen entgegengesehen.

9

8. Mit angegriffenem Beschluss vom 12. Januar 2023 wies das [X.] den einstweiligen Rechtsschutzantrag als unzulässig und den Prozesskostenhilfeantrag mangels Erfolgsaussichten ab. Der Beschwerdeführer sei bereits in den [X.] verlegt worden. Sein Begehren im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, den Vollzug der angefochtenen Verlegungsmaßnahme auszusetzen, könne nicht mehr erreicht werden. Auch die von ihm begehrte "Feststellung der Rechtswidrigkeit der mündlichen Eröffnung der geplanten Herausnahme" aus der [X.] könne mangels Eilbedürftigkeit nicht im [X.] durchgesetzt werden.

1. Mit der am 25. Januar 2023 fristgemäß erhobenen Verfassungsbeschwerde, die der Beschwerdeführer mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung einer Rechtsanwältin verbindet, rügt er eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 2, Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 [X.].

Das [X.] habe im einstweiligen Rechtsschutzverfahren willkürlich entschieden und seinen Antrag nicht rechtzeitig bearbeitet, sondern diesen "leer laufen" lassen. Im [X.] sei er "im Übermaß" Drogen ausgesetzt und es fänden keine Urinkontrollen statt. Er habe in der [X.] jede Woche psychologische Einzelgespräche absolviert und es habe keinen positiven Befund oder eine Gewalttat gegen andere Insassen gegeben.

2. Mit Schreiben vom 14. März 2023 hat der Beschwerdeführer mitgeteilt, dass ihm für das einstweilige Rechtsschutzverfahren vor dem [X.] bereits Gerichtskosten in Rechnung gestellt worden seien.

3. Die [X.] [X.] hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

4. [X.] hat dem [X.] vorgelegen.

1. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.]). Die insoweit für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das [X.] bereits entschieden.

2. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 [X.]). Der angegriffene Beschluss des [X.] Berlin vom 12. Januar 2023 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 [X.].

a) aa) Art. 19 Abs. 4 [X.] gewährleistet nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern gibt dem [X.] Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. [X.] 35, 382 <401 f.>; 37, 150 <153>; 101, 397 <407>; stRspr). Aus dieser grundgesetzlichen Garantie folgt zugleich das Verfassungsgebot, soweit als möglich zu verhindern, dass durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme Tatsachen geschaffen werden, die auch dann, wenn sich die Maßnahme bei richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist, nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl. [X.] 37, 150 <153>; 65, 1 <70>). Zwar gewährleistet Art. 19 Abs. 4 [X.] die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen nicht schlechthin (vgl. [X.] 65, 1 <70>). Somit ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber im Bereich des Strafvollzugs - im Gegensatz etwa zu der für die Anfechtung von Verwaltungsakten im Verwaltungsprozess geltenden Regelung (§ 80 Abs. 1 VwGO) - die sofortige Vollziehung als Regel und die Aussetzung des Vollzugs als Ausnahme vorsieht, weil er grundsätzlich den sofortigen Vollzug der angeordneten Maßnahmen aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses für geboten hält. Dabei muss jedoch gewährleistet sein, dass der Betroffene umgehend eine gerichtliche Entscheidung darüber herbeiführen kann, ob im konkreten Einzelfall das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung oder aber das Interesse des Einzelnen an der Aussetzung der Vollziehung bis zur Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme überwiegt. Bei dieser Abwägung fällt der Rechtsschutzanspruch des Betroffenen umso stärker ins Gewicht, je schwerer die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme der Exekutive Unabänderliches bewirkt (vgl. [X.] 37, 150 <153>; 35, 382 <402>).

bb) Für die Gerichte ergeben sich aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des effektiven Rechtsschutzes Anforderungen auch für den vorläufigen Rechtsschutz. Ein Gericht verletzt Art. 19 Abs. 4 [X.] durch die Auslegung des Prozessrechts, wenn dadurch ein gesetzlich gegebener Rechtsbehelf ineffektiv wird (vgl. [X.] 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 78, 88 <96>). Die Auslegung und Anwendung der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen muss darauf ausgerichtet sein, dass der Rechtsschutz sich auch im Eilverfahren nicht in der bloßen Möglichkeit der Anrufung eines Gerichts erschöpft, sondern zu einer wirksamen Kontrolle in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht führt (vgl. [X.] 49, 220 <226>; 77, 275 <284>; [X.]K 1, 201 <204 f.>; 11, 54 <60>).

cc) Die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 [X.] beinhaltet dabei auch einen Anspruch auf einen zeitgerechten Rechtsschutz (vgl. [X.] 55, 349 <369>; 60, 253 <269>; 88, 118 <124>; 93, 1 <13>; [X.]K 5, 155 <158>). Insbesondere der vorläufige Rechtsschutz im Eilverfahren hat so weit wie möglich der Schaffung vollendeter Tatsachen zuvorzukommen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, wenn sich eine Maßnahme bei endgültiger richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist (vgl. [X.] 37, 150 <153>; 65, 1 <70>). Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu erfolgen (vgl. [X.] 79, 69 <75>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 21. April 2021 - 1 BvR 683/21 und 1 BvQ 40/21 -, Rn. 4; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 25. Mai 2022 - 2 BvR 167/22 -, Rn. 20, jeweils m.w.[X.] gültige [X.]vorgaben lassen sich aus der Verfassung aber nicht ableiten. Wann von einer unangemessenen Verfahrensdauer auszugehen ist, ist vielmehr eine Frage der Abwägung im Einzelfall (vgl. [X.] 55, 349 <369>; [X.]K 5, 155 <158>). Die Angemessenheit der Dauer eines Verfahrens ist nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles zu bestimmen (vgl. [X.] 55, 349 <369>; 60, 253 <269>).

Auf Umstände, die innerhalb des staatlichen Verantwortungsbereichs liegen, wie etwa eine allgemein angespannte Personalsituation, kann sich der Staat zur Rechtfertigung der überlangen Dauer eines Verfahrens nicht berufen. Er muss vielmehr alle notwendigen Maßnahmen treffen, damit Gerichtsverfahren innerhalb angemessener [X.] beendet werden können (vgl. [X.] 36, 264 <274 f.>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 2. Juli 2003 - 2 BvR 273/03 -, Rn. 13; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 29. März 2005 - 2 BvR 1610/03 -, Rn. 13; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 10. Januar 2023 - 1 BvR 1346/22, 1 BvR 1349/22 -, Rn. 15). Dies gilt auch für die Auswirkungen auf das gerichtliche Verfahren im Falle der Erkrankung des zuständigen Richters. Es obliegt dem Gericht und damit dem Staat, die erforderliche Vertretung eines erkrankten Richters sicherzustellen oder andere geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Verzögerungen durch einen krankheitsbedingten Ausfall auf ein Maß zu reduzieren, das dem Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener [X.] Rechnung trägt (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 10. Januar 2023 - 1 BvR 1346/22, 1 BvR 1349/22 -, Rn. 15).

b) Diesen Anforderungen ist das [X.] in der angegriffenen Entscheidung im [X.] nicht gerecht geworden.

aa) Die erst am 12. Januar 2023 getroffene Entscheidung des [X.] über den Eilrechtsschutzantrag des Beschwerdeführers vom 14. Oktober 2022 wird einer effektiven und den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 [X.] genügenden Ausgestaltung des vorläufigen [X.] nicht mehr gerecht. Unter Berücksichtigung der Dringlichkeit wäre eine zügige Bearbeitung des [X.] geboten gewesen. Dies gilt umso mehr, als die bereits bei Antragstellung am 14. Oktober 2022 angekündigte Verlegung erst sechs Wochen später, am 25. November 2022, vollzogen worden ist. Hinzu kommt, dass die Justizvollzugsanstalt dem Gericht mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2022 bereits mitgeteilt hatte, dass sich der Beschwerdeführer zwar aktuell noch in der [X.] befinde, die Verlegung nunmehr aber im [X.] vom 28. Oktober 2022 beschlossen worden sei. Die Erkrankung des zuständigen Richters vom 1. bis zum 17. November 2022 oder die Notwendigkeit, Urteilsgründe in einem anderen anhängigen Verfahren abfassen zu müssen, vermögen die vorliegende verzögerte Bearbeitung des Eilverfahrens nach den dargelegten verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht zu rechtfertigen. Zwar steht einem Gericht für die Bearbeitung anhängiger Verfahren grundsätzlich ein Ermessensspielraum zu, innerhalb dessen es aufgrund eigener Gewichtung Prioritäten setzen kann (vgl. [X.] 55, 349 <369>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 29. März 2005 - 2 BvR 1610/03 -, Rn. 12; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 10. Januar 2023 - 1 BvR 1346/22, 1 BvR 1349/22 -, Rn. 12). Eine solche Prioritätensetzung darf aber insbesondere in einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht dazu führen, dass Anträge wegen [X.]mangels nicht mehr zu einer wirksamen Kontrolle in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht führen beziehungsweise der Eintritt vollendeter Tatsachen durch das Gericht in Kauf genommen wird.

bb) Die Auslegung und Anwendung des § 114 Abs. 2 [X.] durch das [X.] verfehlt zudem die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gewährung effektiven Rechtsschutzes bei belastenden Maßnahmen. Das Gericht kann nach § 114 Abs. 2 [X.] den Vollzug einer angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird, und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Begehrt ein Gefangener Eilrechtsschutz gegen eine (anstaltsinterne) Verlegung, so geht es um die vorläufige Aussetzung einer ihn belastenden Maßnahme gemäß § 114 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Verlegung bereits vollzogen wurde (vgl. [X.]K 8, 64 <65 f.>; 11, 54 <61>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 25. Juli 1989 - 2 BvR 896/89 -, BeckRS 2016, 43311; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 29. Mai 2015 - 2 BvR 869/15 -, Rn. 16) und der Antragsteller im Eilverfahren zugleich die Rückgängigmachung des Vollzugs dieser Maßnahme begehrt (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 20. April 2007 - 2 BvR 203/07 -, Rn. 24 f.).

Bei einem Eilrechtsschutzersuchen gegen eine anstaltsinterne Verlegung führt deren Vollzug deshalb als solcher grundsätzlich nicht zum Wegfall des [X.]. Die vorläufige Aussetzung des Vollzugs ist vielmehr, sofern die Voraussetzungen für eine stattgebende Eilentscheidung im Übrigen vorliegen, gerade der typische, vom Gesetzgeber vorgesehene Regelungsgehalt des gerichtlichen vorläufigen Rechtsschutzes gegen belastende Maßnahmen (vgl. [X.]K 1, 201 <206>; 7, 403 <409>; 8, 64 <65 f.>; 11, 54 <61>; [X.], Beschlüsse der [X.] des Zweiten Senats vom 24. März 2009 - 2 BvR 2347/08 -, Rn. 12, und vom 3. Mai 2012 - 2 BvR 2355/10, 2 BvR 1443/11 -, juris, Rn. 13; Beschlüsse der [X.] des Zweiten Senats vom 20. April 2007 - 2 BvR 203/07 -, Rn. 26, und vom 29. Mai 2015 - 2 BvR 869/15 -, Rn. 17). Entsprechend kann in diesen Fällen auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Gericht bei einer stattgebenden Entscheidung im [X.] die Hauptsache vorwegnehmen würde (vgl. [X.], Beschlüsse der [X.] des Zweiten Senats vom 20. April 2007 - 2 BvR 203/07 -, Rn. 26, und vom 29. Mai 2015 - 2 BvR 869/15 -, Rn. 17). Die Annahme des [X.], dass mit dem Vollzug der Verlegung des Beschwerdeführers von der [X.] in den [X.] Erledigung eingetreten sei und der Beschwerdeführer zum [X.]punkt der gerichtlichen Entscheidung sein Rechtsschutzziel im [X.] nicht mehr erreichen könne, ist daher mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbar.

3. Da der angegriffene Beschluss des [X.] schon wegen Verstoßes gegen das Recht auf effektiven Rechtsschutz verfassungswidrig ist, kann offenbleiben, ob dieser auch weitere Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte des Beschwerdeführers verletzt.

Nach § 93c Abs. 2, § 95 Abs. 2 [X.] ist der angegriffene Beschluss des [X.] Berlin vom 12. Januar 2023 - 584 [X.] - aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2 [X.]. Damit erledigt sich der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung einer Rechtsanwältin (vgl. [X.] 105, 239 <252>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 13. Oktober 2022 - 1 BvR 1019/22 -, Rn. 37).

Mit der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (vgl. [X.] 7, 99 <109>; 34, 293 <307>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 13. September 2002 - 2 BvR 1375/02 -, Rn. 21).

Meta

2 BvR 116/23

24.03.2023

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 1. Kammer

Stattgebender Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend LG Berlin, 12. Januar 2023, Az: 584 StVK 251/22 Vollz, Beschluss

Art 19 Abs 4 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 109 StVollzG, § 109ff StVollzG, § 114 Abs 2 S 1 StVollzG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 24.03.2023, Az. 2 BvR 116/23 (REWIS RS 2023, 1551)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 1551 NJW 2023, 1564 REWIS RS 2023, 1551

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