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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - angemessene Unterkunftskosten - fehlende Feststellungen zum Vorliegen eines schlüssigen Konzepts - Erheblichkeit auch bei die Werte aus der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Sicherheitszuschlags übersteigenden Leistungen
Vor einem Rückgriff auf die Tabellenwerte nach dem WoGG zur Festlegung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten iS einer Obergrenze kann auch bei Übernahme bereits höherer Aufwendungen für Kosten der Unterkunft durch das beklagte Jobcenter nicht dahingestellt bleiben, ob ein Ausfall von lokalen Erkenntnismöglichkeiten zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten nach einem schlüssigen Konzept vorliegt.
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 20. Juni 2012 aufgehoben und der Rechtstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Streitig sind höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem [X.] in der [X.] vom 1.3.2008 bis 31.7.2008.
Der 1950 geborene Kläger bewohnte eine ca 76 qm große Wohnung, für die ihm aufgrund eines Vertrags mit der [X.] ab 1.1.2008 Kosten in Höhe von 611,24 Euro monatlich entstanden sind (Grundmiete in Höhe von 432,28 Euro abzgl eines Verzichts der Vermieterin in Höhe von 45,14 Euro, Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 122 Euro, [X.] in Höhe von 12,10 Euro, monatliche Abschlagszahlungen für Frischwasser, Entwässerung, Heizung und Warmwasser in Höhe von 90 Euro). Er bezog ab 1.8.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]. Nachdem der [X.] unter Berücksichtigung eines zunächst bestehenden Untermietverhältnisses die tatsächlich geringeren Kosten für Unterkunft und Heizung übernommen hatte, teilte er dem Kläger mit Schreiben vom 18.9.2007 mit, dass dieser sich um eine Kostensenkung bemühen müsse, weil seine Wohnung unter Berücksichtigung des örtlichen Mietpreisniveaus die angemessene Mietgrenze von 428,85 Euro (Kaltmiete zzgl Nebenkosten) um 101,57 Euro überschreite. Ab 1.3.2008 würden nur noch die angemessenen Unterkunftskosten anerkannt. Entsprechend wurden für den streitigen [X.]raum nur noch die von dem [X.]n für angemessen gehaltenen KdU in Höhe von 479,28 Euro für eine [X.] gezahlt (Bescheid vom 13.2.2008; Widerspruchsbescheid vom 28.5.2008).
Das [X.] hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 19.9.2011). Es hat dahinstehen lassen, ob die Ermittlung des vom [X.]n zugrunde gelegten [X.] für den [X.] den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept entspreche. Nach eigenen, auf dem Mietspiegel für [X.] für das [X.] beruhenden Berechnungen sei ein qm-Preis von lediglich 7,21 Euro (= 324,45 Euro für 45 qm) angemessen. Zudem ergebe sich die Angemessenheit des [X.] aus einem Vergleich mit den Werten der rechten Spalte der [X.] zu § 8 [X.] ([X.]) in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung.
Das L[X.] hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, Streitgegenstand seien lediglich Ansprüche auf KdU, weil der Kläger den Streitstoff zulässig bereits mit der Klage hierauf beschränkt habe. Die von dem [X.]n anstelle der tatsächlichen Kosten als angemessen festgesetzten Aufwendungen in Höhe von 428,85 Euro (Bruttokaltmiete) seien nicht als zu gering zu beanstanden. Der [X.] lasse dahinstehen, ob die Ermittlungen des [X.]n den Anforderungen des B[X.] an ein schlüssiges Konzept genügten. Ebenfalls könne offen bleiben, ob eine eigene Berechnung des [X.] eine ausreichende Beurteilungsgrundlage bilde, wenn der Leistungsträger dieses Berechnungsmodell nicht als "eigenes schlüssiges Konzept" annehme. Der Kläger habe auch dann keinen Anspruch auf höhere KdU-Leistungen, wenn ein schlüssiges Konzept zu verneinen wäre und dem [X.]n die Nachreichung eines solchen Konzepts im Prozess nicht gelinge. Insofern habe das [X.] in seinen ergänzenden Überlegungen zutreffend darauf hingewiesen, dass die angemessene Miete in diesen Fällen durch die Tabellenwerte des [X.]es begrenzt werde. Für [X.]räume bis 31.12.2008 sei danach der Höchstbetrag der rechten Spalte in § 8 [X.] aF, ggf durch einen Sicherheitszuschlag maßvoll erhöht, heranzuziehen. Der für den Kläger als alleiniges Haushaltsmitglied bei der für [X.] geltenden Mietenstufe IV heranzuziehende Wert in § 8 [X.] betrage 325 Euro und liege bei zusätzlicher Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlags von 10 % bei 357,50 Euro. Da die mit 428,85 Euro festgesetzten Beträge der Bruttokaltmiete weit über diesen Grenzen lägen, seien die im streitigen [X.]raum gewährten Leistungen keineswegs zu niedrig.
Mit seiner vom B[X.] zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, der [X.] habe kein schlüssiges Konzept für die Bewertung der Angemessenheit der KdU angewandt. Das erstinstanzliche Gericht habe deutlich gemacht, dass das von dem [X.]n herangezogene "Konzept zur Bestimmung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft in den Leistungskreisen [X.] und [X.]B XII", Stand Mai 2011, keine Anwendung finden könne, weil die zugrunde liegenden Daten erst nach dem streitigen Bewilligungszeitraum erhoben worden seien. Auch die vom [X.] durchgeführte Berechnung auf der Grundlage des Mietspiegels aus dem [X.] erscheine fehlerhaft. Entgegen der Rechtsprechung des B[X.] habe das L[X.] weder das von dem [X.]n vorgelegte Konzept noch die Berechnung des erstinstanzlichen Gerichts auf seine Schlüssigkeit überprüft. Vielmehr habe es sich trotz der Möglichkeit der Verschaffung einer zuverlässigen Entscheidungsgrundlage auf den Tabellenwert des [X.] gestützt. Insofern beruhe das Berufungsurteil auf einer Abweichung zu der Rechtsprechung des B[X.].
Der Kläger hat [X.] sinngemäß beantragt,
die Urteile des [X.] vom 20. Juni 2012 und des Sozialgerichts [X.] vom 19. September 2011 aufzuheben und den [X.]n unter Abänderung des Bescheides vom 13. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2008 zu verurteilen, weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe der Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung und den bisher von ihm bewilligten Leistungen zu erbringen.
Der [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der [X.] macht geltend, das [X.] sei gerade nicht von den "unteren Werten" des Mietspiegels ausgegangen, weil das erstinstanzliche Gericht sowohl den Mietspiegel als auch die Dokumentation zum Mietspiegel herangezogen habe. Aufgrund von eigenen Berechnungen, bei denen bei [X.] auf die [X.] der [X.] ab 1992 abgestellt worden sei, errechne sich unter Berücksichtigung des gewichteten arithmetischen Mittels ein angemessener Quadratmeterpreis von 7,21 Euro. Er habe eine höhere Grundmiete berücksichtigt.
Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] begründet (§ 170 Abs 2 S 2 [X.]G).
Streitgegenstand sind höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1.3.2008 bis 31.7.2008 als der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom [X.] festgelegt hat. Der Kläger hat den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Leistungen der Unterkunft und Heizung beschränkt. Bei diesen handelt es sich um abtrennbare Verfügungen des Gesamtbescheids (stRspr seit [X.], 217 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]8 f). Dies gilt zumindest für laufende Verfahren über vor dem 1.1.2011 abgeschlossene Bewilligungsabschnitte (B[X.] [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]1; [X.], 52 ff = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]1).
Zwar ist der Kläger Berechtigter iS des § 7 Abs 1 [X.], weil er im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr, nicht jedoch die Altersgrenze nach § 7a [X.] erreicht hatte (§ 7 Abs 1 S 1 [X.] [X.]) und dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen des [X.] zu entnehmen ist, dass er erwerbsfähig (§ 7 Abs 1 S 1 [X.] [X.]) und hilfebedürftig (§ 7 Abs 1 S 1 [X.] [X.]) war sowie auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der [X.] hatte (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 4 [X.]). Ob der Kläger in dem streitigen Zeitraum vom 1.3.2008 bis 31.7.2008 höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung beanspruchen konnte, kann der Senat schon deshalb nicht abschließend beurteilen, weil tatsächliche Feststellungen des [X.] zur Festlegung der angemessenen Unterkunftskosten fehlen (§ 163 [X.]G).
Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 S 1 [X.]). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist ([X.], 231 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]4; B[X.] [X.]-4200 § 22 [X.]7
Zwar reichen die Feststellungen des [X.] zur angemessenen Wohnfläche im hier streitigen Zeitraum und zum maßgeblichen Vergleichsraum, nicht jedoch diejenigen zum Fehlen eines tragfähigen schlüssigen Konzepts des Beklagten und zum Erkenntnisausfall bei der Ermittlung der Höhe der angemessenen Unterkunftskosten. Nach seinen rechtlichen Ausführungen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass bereits dann auf die Werte des [X.] zurückgegriffen werden kann, wenn der von dem Grundsicherungsträger berücksichtigte Wert für die Grundmiete und die Betriebskosten über den Beträgen nach § 8 [X.] liegt. Von diesem rechtlichen Standpunkt hat das [X.] keine eigenen Feststellungen zum schlüssigen Konzept des Beklagten für die [X.] vorgenommen und sich auch nicht - etwa durch Bezugnahme auf die Feststellungen und Wertungen des [X.] - dessen Überlegungen zu eigen gemacht. Anders als das [X.], das die von dem Beklagten als angemessen angesehenen Werte durch eigene Berechnungen für [X.] anhand eigener Berechnungen nach dem Mietspiegel verifiziert hat, hat das Berufungsgericht ausdrücklich keine eigene Prüfung vorgenommen. Für eine Überprüfung des Anspruchs durch das B[X.] fehlt es aus diesem Grund an den notwendig im Berufungsurteil zu treffenden Feststellungen (§ 163 [X.]G).
Die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des B[X.] haben entschieden, dass ein Rückgriff auf die Werte des [X.] - zur Festlegung ausschließlich der abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft im Sinne einer Obergrenze - nur dann zulässig ist, wenn nach den Feststellungen der Tatsacheninstanzen Erkenntnismöglichkeiten und -mittel zur Festlegung der von dem [X.]-Träger zu tragenden angemessenen Aufwendungen der Unterkunft nach einem schlüssigen Konzept nicht mehr vorhanden sind. Zwar hat der erkennende Senat für den Fall des Ausfalls von lokalen Erkenntnismöglichkeiten aufgrund von fehlenden Ermittlungen des Grundsicherungsträgers eine Begrenzung der Amtsermittlungspflicht der Sozialgerichte für zulässig erachtet und ausdrücklich betont, dass es im Wesentlichen Sache der Grundsicherungsträger sei, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu ermitteln (B[X.] [X.]-4200 § 22 [X.]7
Erst wenn Feststellungen zu den abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft iS des § 22 Abs 1 S 1 [X.] nicht mehr möglich sind, kann ein Rückgriff auf die Werte der [X.] erfolgen. Wegen der dann nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung ist zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete zuzüglich der kalten Betriebskosten nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats bei § 8 [X.] auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle zurückzugreifen und ein "Sicherheitszuschlag" von [X.] einzubeziehen (B[X.] [X.]-4200 § 22 [X.]9 Rd[X.]7 im [X.] an [X.], 254 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]3; B[X.] [X.]-4200 § 22 [X.]
Der Senat folgt dem Berufungsgericht darin, dass nicht bereits die Kostensenkungsaufforderung des Beklagten zur Übernahme der tatsächlichen KdU wegen Unmöglichkeit bzw Unzumutbarkeit einer Kostensenkung führt. Soweit die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft die angemessene [X.] überschreiten, sind diese solange zu berücksichtigen, wie es ihm konkret nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch Anmietung einer als angemessen eingestuften Wohnung, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs 1 S 3 [X.] idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.] - [X.]). Der Beklagte hat den Kläger mit dem Schreiben vom 18.9.2007 durch Angabe der aus seiner Sicht angemessenen Mietobergrenze von 428,85 Euro sowie über die bestehende Rechtslage hinreichend informiert. Dies ist ausreichend. Wie die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des B[X.] bereits entschieden haben, stellt § 22 Abs 1 S 3 [X.] keine über eine Aufklärungs- und Warnfunktion hinausgehenden Anforderungen ([X.], 231 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]9; B[X.] [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]0 ff; B[X.]E 102, 263 = [X.]-4200 § 22 [X.]9
Das [X.] wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Meta
10.09.2013
Urteil
Sachgebiet: AS
vorgehend SG Münster, 19. September 2011, Az: S 10 (15) AS 145/08, Urteil
§ 22 Abs 1 S 1 SGB 2, § 22 Abs 1 S 3 SGB 2, § 8 WoGG 2
Zitiervorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 10.09.2013, Az. B 4 AS 4/13 R (REWIS RS 2013, 2963)
Papierfundstellen: REWIS RS 2013, 2963
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
B 4 AS 5/13 R (Bundessozialgericht)
B 4 AS 16/11 R (Bundessozialgericht)
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