Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 10.09.2020, Az. 2 BvR 336/20

2. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2020, 2985

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Erfolgloser Eilantrag bzgl der Aussetzung einer Restfreiheitsstrafe nach § 57 Abs 1 StGB - Unzulässigkeit des Antrags mangels Darlegung eines schweren Nachteils iSd § 32 Abs 1 BVerfGG


Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffen die Aussetzung einer Restfreiheitsstrafe nach § 57 Abs. 1 StGB.

2

1. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des [X.] vom 18. Dezember 2012 wegen Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt, die er derzeit noch verbüßt. Das [X.] ist für den 30. September 2020 notiert.

3

2. Mit angegriffenem Beschluss vom 30. Oktober 2019 lehnte das [X.] seinen Antrag auf Aussetzung der Restfreiheitsstrafe zur Bewährung ab. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde verwarf das [X.] mit ebenfalls angegriffenem Beschluss vom 22. Januar 2020. Eine gegen diesen Beschluss erhobene Anhörungsrüge wies das [X.] mit angegriffenem Beschluss vom 18. März 2020 zurück.

4

3. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers wurde er seit Anfang April 2020 durch die Justizvollzugsanstalt vom Vollzug der weiteren Freiheitsstrafe gemäß § 46 [X.] beurlaubt. Er befinde sich aus diesem Grunde in [X.] bei seiner Familie, wohne in einer eigenen Wohnung und werde dort, sobald dies wieder möglich sei, ein begonnenes Studium fortsetzen. Der [X.] wurde nach dem Vortrag des Beschwerdeführers mittlerweile bis zum 18. September 2020 gewährt, an dem aufgrund von Freistellungstagen sein Vollzug ende.

5

4. In der Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer insbesondere eine Verletzung seines Freiheitsrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der bestmöglichen Sachaufklärung sowie diverse Verletzungen des Rechts auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG geltend.

6

Der Antrag auf Erlass eine einstweiligen Anordnung ist unzulässig. Der Beschwerdeführer hat vor dem Hintergrund des zwischenzeitlich nach § 46 [X.] gewährten [X.]s das Vorliegen eines schweren Nachteils nicht hinreichend dargelegt, weshalb die Folgenabwägung hier zu seinen Lasten ausgeht.

7

1. Zu den Zulässigkeitsanforderungen an einen Antrag nach § 32 Abs. 1 [X.] gehört die substantiierte Darlegung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 23. August 2017 - 1 BvR 1783/17 -, Rn. 9). Nach § 32 Abs. 1 [X.] kann das [X.] im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei gelten, selbst wenn eine Verfassungsbeschwerde in der Sache Aussicht auf Erfolg hat, für den Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das [X.] im Rahmen der insoweit grundsätzlich maßgeblichen Folgenabwägung strenge Maßstäbe (vgl. [X.]E 71, 158 <161>; 88, 185 <186>; 91, 252 <257 f.>; 111, 147 <152 f.>; stRspr).

8

2. Der Beschwerdeführer hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass ihm für den Fall, dass eine einstweilige Anordnung nicht erlassen wird, ein schwerer Nachteil droht. Ursprünglich hat er insoweit vorgetragen, dass bei einer weiteren Vollstreckung des Ausgangsurteils ein schwerwiegender Eingriff in sein besonders gewichtiges Freiheitsrecht drohe. Jedoch hat er selbst mit Schriftsatz vom 20. April 2020 ausgeführt, dass ihm nach § 46 [X.] [X.] zunächst bis zum 30. Juni 2020 gewährt worden sei, der ausweislich seines Schreibens vom 1. Juli 2020 mittlerweile bis zum 18. September 2020 verlängert wurde. Im Rahmen dieses [X.]s befindet er sich nach eigenen Angaben in [X.] bei seiner Familie, wohnt dabei in einer eigenen Wohnung und wird, sobald dies möglich ist, sein begonnenes Studium wieder aufnehmen. Inwieweit vor diesem Hintergrund seit Beginn des [X.]s, dessen Bedingungen über die vorgehenden Umstände hinaus vom Beschwerdeführer nicht näher beschrieben werden, aktuell noch ein schwerer Nachteil droht, ist nicht erkennbar und hätte daher von ihm erörtert werden müssen.

9

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 336/20

10.09.2020

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 1. Kammer

Ablehnung einstweilige Anordnung

Sachgebiet: BvR

vorgehend KG Berlin, 18. März 2020, Az: 5 Ws 27/20 - 121 AR 34/20, Beschluss

Art 2 Abs 2 S 2 GG, § 32 Abs 1 BVerfGG, § 57 Abs 1 StGB, § 42 Abs 1 Nr 3 StVollzG BE, § 46 Abs 3 S 2 StVollzG BE, § 46 Abs 4 S 1 StVollzG BE

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 10.09.2020, Az. 2 BvR 336/20 (REWIS RS 2020, 2985)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2985

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