Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2014, Az. V ZB 187/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4546

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 187/13

vom

26. Juni 2014

in dem Rechtsstreit

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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juni 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, [X.]
[X.], die Richterinnen Dr.
Brückner und
Weinland und [X.]
Kazele

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des [X.], 13. Zivilkammer, vom 7.
November 2013 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

Gründe:
I.
Die [X.]en bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Kläge-rin, eine Rechtsanwältin, wendet sich mit der Anfechtungsklage gegen mehrere Beschlüsse, die in der Eigentümerversammlung vom 31. März
2011 gefasst wurden. Das Amtsgericht hat die Klage durch Urteil vom 9. November 2012 ab-gewiesen. Das Urteil ist dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29. November 2012 zugestellt worden. Am 11. Dezember 2012 hat die Klägerin Berufung eingelegt; dabei ist sie -
erstmals in dem Verfahren -
durch Dr.
[X.]vertreten worden. Dessen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft 1
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war zuvor mit Verfügung der [X.] am 5.
September 2012 widerrufen worden; die Verfügung ist seit dem 15. Oktober 2012 bestandskräftig. Das [X.] hat die Berufung mit dem angefochte-nen Beschluss als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde, mit der sie ihre [X.] weiterverfolgt; hilfs-weise beantragt sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

II.

Das Berufungsgericht meint, die Berufung sei nicht wirksam eingelegt worden, weil der Anwaltszwang nicht gewahrt worden sei. Da der Widerruf der Zulassung von [X.]bei Einlegung der Berufung bereits bestandskräftig gewesen sei, sei dessen Prozesshandlung unwirksam. Eine fristwahrende Tä-tigkeit sei nur einem Rechtsanwalt möglich, der einem Berufsverbot unterliege (§ 155 [X.]); hier sei jedoch die Zulassung widerrufen worden. Auch die Vo-raussetzungen von § 244 ZPO lägen nicht vor, weil sich [X.]erstmals mit der Einlegung der Berufung für die Klägerin legitimiert habe.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Sie ist zwar gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO ohne Zulassung statthaft. Zulässig ist sie aber gemäß §
574 Abs. 2 ZPO nur, wenn auch die dort bestimmten weiteren Voraussetzungen gegeben sind. Das ist nicht der Fall. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§
574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). [X.] hat das Berufungsgericht keine überzogenen Anforderungen ge-stellt, die der Klägerin den
Zugang zu der an sich gegebenen Berufung unzu-2
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mutbar erschweren (vgl. dazu nur Senat, Beschluss vom 12. April 2010

V ZB 224/09, NJW-RR 2010, 1096 Rn. 4 mwN).

1. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die Berufung innerhalb der Berufungsfrist nicht wirksam eingelegt worden ist, weil [X.] als Ver-treter der Klägerin in dem Verfahren vor dem [X.] nicht im Sinne von §
78 Abs.
1 Satz
1 ZPO postulationsfähig war. Dies wirft weder grundsätzliche Rechtsfragen auf noch werden die Anforderungen an die Einlegung von Rechtsmitteln überspannt.

a) Es trifft zu, dass [X.] im Zeitpunkt der Einlegung der Berufung am 11. Dezember 2012 kein Rechtsanwalt im Sinne von §
78 Abs. 1 Satz 1 ZPO (mehr) war, weil er (endgültig) nicht mehr als solcher
zugelassen war. Denn die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erlischt unter anderem dann, wenn der Widerruf der Zulassung bestandskräftig geworden ist (§ 13 [X.]). Nach diesem Zeitpunkt vorgenommene Prozesshandlungen des früheren Rechtsan-walts im [X.] sind unwirksam ([X.], Beschluss vom 8. Oktober 1986

[X.], [X.]Z 98, 325, 327; [X.], [X.], 4. Aufl., § 13 Rn. 4; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 8.
Aufl., §
13 Rn. 3). Die Bestandskraft des Widerrufs trat am 15. Oktober 2012 und [X.] vor Einlegung der Berufung ein.

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich nichts anderes aus den in § 14 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. §
155 Abs. 5 Satz 1, § 156 Abs. 2 [X.] enthaltenen Regelungen. Hiernach wird die Wirksamkeit von Rechts-handlungen des Rechtsanwalts durch den sofort vollziehbaren Widerruf der Zu-lassung zur Rechtsanwaltschaft nicht berührt (§
14 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. §
155 Abs. 5 Satz 1 [X.]),
solange keine Zurückweisung durch das Gericht erfolgt ist (§
14 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 156 Abs. 2 [X.] vgl. [X.], Beschluss vom 4
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23.
Juni 2012

[X.] ([X.].) 58/11, NJW-RR 2012, 1336 Rn.
7; Urteil vom 22.
Februar 2010

II ZB 8/09, [X.], 777 Rn. 14). Dass diese Normen [X.] auf den bestandskräftigen Widerruf der Zulassung finden, ergibt sich zweifelsfrei aus dem Gesetz; grundsätzliche Bedeutung kommt der [X.] nicht zu.

§ 14 Abs. 4 Satz 1 [X.] (bis zum 31. August 2009 § 16 Abs. 7 [X.]) verweist für die sofort vollziehbare Widerrufsverfügung nämlich auf verschie-dene Regelungen über das Berufs-
und Vertretungsverbot, die
zwar im [X.] in die Bundesrechtsanwaltsordnung aufgenommen worden sind (vgl. [X.], Beschluss vom 24. April 2012

[X.], [X.], 2592 Rn.
8 mwN), aber sowohl in ihrem direkten Anwendungsbereich als auch infolge der Verweisung gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 [X.] ausschließlich die Wirkung vorläufiger Maßnahmen regeln. Denn auch das Berufs-
und Vertre-tungsverbot stellt eine vorläufige Maßnahme im Hinblick auf die Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft dar (§
114 Abs. 1 Nr. 5, § 150 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Im Grundsatz bleibt
der Rechtsanwalt während dieser vorläufigen Maßnahmen postulationsfähig (§
14 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. §
155 Abs. 5 [X.]; vgl. [X.], Beschlüsse vom 23. Juni 2012

[X.] ([X.].) 58/11, NJW-RR 2012, 1336 Rn.
6 und
vom 24. April 2012

[X.], [X.], 2592 Rn.
8). Sobald aber die Zulassung erlischt (§ 13 [X.]), endet die Postulationsfähig-keit und der frühere Rechtsanwalt steht Privatpersonen gleich.

c) Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet geht das Berufungsgericht davon aus, dass das Verfahren nicht gemäß § 244 Abs. 1 ZPO unterbrochen worden ist. Nach dieser Bestimmung tritt eine Unterbre-chung ein, wenn
der Anwalt der [X.] unfähig geworden ist, die Vertretung der [X.] fortzuführen. Diese Voraussetzungen liegen schon deshalb nicht vor, weil 7
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[X.]zu keinem Zeitpunkt als Anwalt für die Klägerin tätig geworden ist; er hat sie erstmals mit Einlegung der Berufung vertreten.

2. Mit der Frage, ob der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war, hat sich das Berufungsgericht zwar nicht befasst; hierdurch hat es der Klägerin den Zugang zur Berufung aber nicht unzumutbar verwehrt, weil die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung nicht vorlagen.

a) Einen Wiedereinsetzungsantrag hat die Klägerin nicht gestellt. [X.] das Berufungsgericht mit Beschluss vom 17. September 2013 auf die feh-lende Postulationsfähigkeit von [X.]hingewiesen hat, hat der neue Pro-zessbevollmächtigte der Klägerin in dem von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommenen Schriftsatz vom 14. Oktober 2013 lediglich ausgeführt, ein nicht zugelassener Rechtsanwalt könne für den Mandanten fristwahrend tätig sein,
weshalb die Frist gewahrt worden sei. Dem lässt sich nicht -
auch nicht [X.] -
entnehmen, dass die Klägerin der Ansicht war, eine Frist versäumt zu ha-ben, und daher einen Wiedereinsetzungsantrag stellte (vgl. Musielak/[X.], ZPO, 11. Aufl., § 236 Rn. 3).

b) Die Wiedereinsetzung war auch nicht gemäß § 236 Abs.
2 Satz 2 Alt. 2 ZPO von Amts wegen zu gewähren.

aa) Dies kommt nur in Betracht, wenn unter anderem die Voraussetzun-gen für die Wiedereinsetzung innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO
offen-kundig sind oder nach einem erforderlichen gerichtlichen Hinweis offenkundig geworden wären (vgl. [X.], Beschluss vom 11. April 2013

IX ZB 100/11, juris Rn.
2; [X.]/[X.], ZPO, 30. Aufl., § 236 Rn. 5). Auch nach Fristablauf [X.] erkennbar unklare Angaben noch durch Erläuterung offenkundig werden, sofern die nachgeschobenen Angaben innerhalb der Frist zumindest angedeu-9
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tet worden sind (vgl. Senat, Beschluss vom 24. Oktober 2013

[X.], NJW 2014, 1390 Rn. 14 mwN).

[X.]) Daran gemessen lagen die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung von Amts wegen nicht vor. Dass die Klägerin bei Beauftragung von [X.] von dessen fehlender Zulassung keine Kenntnis hatte und diese erst durch den [X.] erlangte, lässt sich dem Schreiben nicht ansatzweise ent-nehmen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann dies nicht als offensichtlich angesehen werden; ebenso wenig bestand Anlass für einen [X.], der es der Klägerin ermöglicht hätte, den erforderlichen Vortrag noch innerhalb der laufenden [X.] nachzuholen. Da die Klägerin, die selbst Rechtsanwältin ist und anwaltlich vertreten war, nicht zugleich einen auf die fehlende Kenntnis gestützten Wiedereinsetzungsantrag gestellt hatte, konnte das Berufungsgericht ihre Rechtsausführungen nämlich nur so verstehen, dass sie die fehlende Zulassung als unerheblich erachtet und das damit verbundene Risiko wissentlich in Kauf genommen hatte. Es hatte keine Veranlassung, der Klägerin einen hiervon abweichenden Sachvortrag nahezulegen.
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IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des Gegenstandswerts der Rechtsbeschwerde auf § 49a GKG.

Stresemann

[X.]

Brückner

Weinland

Kazele

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.11.2012 -
330 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 07.11.2013 -
2-13 S 202/12 -

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Meta

V ZB 187/13

26.06.2014

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2014, Az. V ZB 187/13 (REWIS RS 2014, 4546)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4546

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V ZB 187/13

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13 S 202/12

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