Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.07.2005, Az. III ZB 56/05

III. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 2313

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS [X.]/05
vom 28. Juli 2005 in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

ZPO § 78 Abs. 1 Satz 2, [X.] § 53

Zur Frage, wann das Handeln eines nicht postulationsfähigen Rechtsanwalts als amtlich bestellter Vertreter für einen postulationsfähigen Rechtsanwalt hinreichend deutlich erkennbar ist (Abgrenzung zu [X.], Beschluß vom 22. Oktober 1998 - [X.] = NJW 1999, 365 = [X.]R ZPO § 78 Abs. 1 Vertreter, amtlicher 4).

[X.], Beschluß vom 28. Juli 2005 - [X.]/05 - OLG Frankfurt am Main

LG Frankfurt am Main - 2 -

[X.] hat durch [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] am 28. Juli 2005

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 3. Zivilsenats des [X.] vom 24. Januar 2005 aufgehoben.

Die Sache wird an das Berufungsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des [X.] vorbehalten bleibt.

Gründe:
[X.]

Die in M. wohnhafte Klägerin erhob, vertreten durch die dortige Rechtsanwaltssozietät Dr. H. , [X.]

und Kollegen, die aus den Rechtsanwälten [X.], [X.]

, [X.], [X.], [X.]und [X.]bestand, vor dem Landgericht [X.] gegen die Beklagte, ein Telekommunikationsdienstleistungs-unternehmen, Klage auf Schadensersatz wegen Ausfalls einer Telefonleitung. [X.] Anwalt war Rechtsanwalt [X.], der auch die [X.] 3 -

schrift verfaßt und unterzeichnet hatte. Die Klage wurde durch Urteil des Land-gerichts [X.] vom 13. Juli 2004, der Klägerin zugestellt am 18. August 2004, abgewiesen. Mit Schriftsatz der Anwaltssozietät Dr. H. , [X.]und Kollegen vom 24. August 2004, beim Berufungsgericht [X.] am 26. August 2004, legte die Klägerin Berufung ein. Die Berufungs-schrift war wiederum von Rechtsanwalt [X.]unterzeichnet, der nicht bei einem [X.] zugelassen ist. Zumindest ein weiteres Mitglied der Sozietät, Rechtsanwalt [X.], besaß jedoch die Zulassung bei einem Oberlan-desgericht; Rechtsanwalt [X.] war, wie die Klägerin vorträgt, zum allge-meinen Vertreter von Rechtsanwalt [X.] bestellt worden. Nachdem die Beru-fungsbegründungsfrist bis zum 25. Oktober 2004 verlängert worden war, [X.] Rechtsanwalt [X.] die Berufung mit einem am 22. Oktober 2004 eingegangenen Schriftsatz, der drucktechnisch ebenso gestaltet war wie die Berufungsschrift selbst.

Durch den angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht die Beru-fung als unzulässig verworfen, da innerhalb der Berufungsfrist und der Beru-fungsbegründungsfrist weder eine der gesetzlichen Form entsprechende Beru-fungsschrift noch eine dieser Form entsprechende Berufungsbegründungs-schrift bei Gericht eingegangen sei. Sowohl die Berufungsschrift (§ 519 ZPO) als auch die [X.] (§ 520 ZPO) müsse von einem beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein (§ 78 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Im vorliegenden Fall seien die Berufungsschrift und die [X.] von dem bei keinem [X.] zugelassenen Rechtsanwalt [X.] unterzeichnet, und zwar jeweils ohne einen Zusatz dahingehend, daß dieser in Vertretung einer anderen Person (hier: des [X.] Rechtsanwalts [X.] ) gehandelt habe. - 4 -

Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Rechtsbe-schwerde der Klägerin.

I[X.]
1. Die Rechtsbeschwerde ist von Gesetzes wegen statthaft (§ 522 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist auch im übrigen zulässig. Zwar bindet die Zulassung einer [X.] statthaften Rechtsbeschwerde durch das Berufungsgericht das Rechtsbeschwerdegericht nicht ([X.], Beschluß vom 20. Februar 2003 - [X.] = [X.]R ZPO § 574 Abs. 1 Rechtsbeschwerde, statthafte 1). Der Senat bejaht jedoch aufgrund eigener Sachprüfung den [X.] der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

a) Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß die Parteien sich vor den [X.]en durch einen bei einem [X.] zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen (§ 78 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Berufung ist im vorliegenden Fall daher nur dann frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden, wenn Rechtsanwalt [X.] den Einlegungs- und den [X.] nicht im eigenen Namen, sondern als amtlich bestellter Vertreter für Rechtsanwalt [X.] unter-schrieben hat. Um darüber keinerlei Mißverständnisse aufkommen zu lassen, wäre es zwar zweckmäßig gewesen, wenn Rechtsanwalt [X.]

sich in [X.] 5 -

nen Schriftsätzen ausdrücklich als "allgemeiner Vertreter" oder "amtlich bestell-ter Vertreter" bezeichnet hätte; notwendig für die Wirksamkeit der Prozeßhand-lung ist ein solcher Zusatz aber nicht ([X.], Beschluß vom 9. Februar 1993 - [X.] = [X.]R ZPO § 78 Abs. 1 Vertreter, amtlicher 2 [X.].[X.]). Es reicht aus, wenn das Handeln als Vertreter sich aus den Umständen ergibt ([X.] aaO).

b) Diese Grundsätze verkennt vom rechtlichen Ansatz her auch das [X.] nicht. Entgegen der von dem Berufungsgericht weiter [X.] Auffassung ist jedoch hier nach den Umständen davon auszugehen, daß Rechtsanwalt [X.] nicht im eigenen Namen, sondern in seiner Eigen-schaft als amtlich bestellter Vertreter für Rechtsanwalt [X.] gehandelt hat.

aa) Sowohl die Berufungsschrift als auch die Berufungsbegründungs-schrift trugen die Briefköpfe der gesamten Anwaltssozietät. Die Verwendung des Plurals ("legen wir namens und in Vollmacht unserer Mandantin Berufung ein"; "begründen wir namens der Klägerin und Berufungsklägerin die – Beru-fung") läßt zwanglos die Deutung zu, daß nach außen hin diejenigen Mitglieder der Sozietät handeln wollten, die beim Berufungsgericht postulationsfähig wa-ren. Daraus ergab sich weiter der Rückschluß, daß Rechtsanwalt [X.] insoweit [X.] der ihm zustehenden Vertretungsmacht für dasjenige Mitglied der Sozietät handeln wollte, das rechtlich in der Lage war, aufgrund der ihm zuste-henden Postulationsfähigkeit die betreffenden Prozeßhandlungen vor dem [X.] wirksam vorzunehmen. Eine andere Deutung würde Rechts-anwalt [X.] den Willen zu einer eindeutig unzulässigen Prozeßhandlung unterstellen und damit gegen den [X.] verstoßen, daß im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung - 6 -

vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht ([X.] aaO; ebenso [X.], Beschluß vom 3. Mai 1995 - [X.] 53/95 = [X.]R ZPO § 78 Abs. 1 Vertreter, amtlicher 3).

[X.]) Etwas anderes läßt sich auch nicht aus dem Beschluß des VI[X.] Zivil-senats des [X.] vom 22. Oktober 1998 ([X.] = [X.]R ZPO § 78 Abs. 1 Vertreter, amtlicher 4 = NJW 1999, 365) entnehmen, auf den sich das Berufungsgericht vornehmlich stützt. Der dort in Rede stehende [X.] hatte den Briefkopf des (nicht postulationsfähigen) Rechts-anwalts enthalten, hatte diesen als Prozeßbevollmächtigten der dortigen [X.] bezeichnet und war auch von ihm unterschrieben worden. Im Gegen-satz zu dem vorliegenden Fall war der tatsächlich postulationsfähige Anwalt dort weder in dem Schriftsatz selbst noch in sonstiger Weise in Erscheinung getreten. Jene Fallkonstellation, bei der der VI[X.] Zivilsenat ein rechtswirksames Handeln des nicht postulationsfähigen Rechtsanwalts als amtlich bestellter Vertreter für einen postulationsfähigen Rechtsanwalt nicht für hinreichend deut-lich erkennbar erachtet hat, ist mithin mit der hier zu beurteilenden nicht [X.].

c) Der angefochtene Beschluß kann daher nicht bestehenbleiben. Die Sache war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Anzumerken ist noch, daß die in der Verfügung des Berufungsgerichts vom 28. Dezember 2004 [X.] Bedenken gegen die Wirksamkeit der Verlängerung der [X.] nicht durchgreifen. Die Fristverlängerung wäre auch dann wirksam, wenn der um sie nachsuchende Rechtsanwalt beim Berufungsgericht - 7 -

nicht postulationsfähig gewesen sein sollte ([X.], Beschluß vom 22. Oktober 1997 - [X.]I ZB 32/97 = NJW 1998, 1155).

[X.] [X.] [X.]

[X.] Herrmann

Meta

III ZB 56/05

28.07.2005

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.07.2005, Az. III ZB 56/05 (REWIS RS 2005, 2313)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2313

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