Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.06.2021, Az. B 5 SF 10/21 S

5. Senat | REWIS RS 2021, 4602

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Gegenstand

Kostenprivilegierung behinderter Menschen vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit


Tenor

Die Erinnerung gegen die Festsetzung der Gerichtskosten in der Schlusskostenrechnung der Geschäftsstelle des [X.] vom 13. April 2021 ([X.] U 174/20 B) wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

I. Der [X.] des [X.]SG hat mit [X.]eschluss vom [X.] ([X.] U 174/20 [X.]) die [X.]eschwerde des [X.] und hiesigen [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 27.7.2020 (L 17 U 366/19) als unzulässig - weil nicht formgerecht von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt - verworfen. Zugleich wurde in dem genannten [X.]eschluss der Kläger gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 154 Abs 2 VwGO zur Tragung der Kosten des [X.]eschwerdeverfahrens verpflichtet und der Streitwert für das [X.]eschwerdeverfahren auf 5579,15 Euro festgesetzt. Das Ausgangsverfahren vor dem [X.] betraf die Wirksamkeit einer vor dem [X.] erklärten Klagerücknahme in einem Rechtsstreit, in dem sich der 1946 geborene Kläger gegen die Ablehnung der Rücknahme einer Zuständigkeitsfeststellung der [X.] für seine Tätigkeit als Unternehmer der Pferdezucht und Pferdehaltung sowie gegen die Vollstreckung der zum 15.1.2018 fälligen [X.]eiträge samt Mahngebühren und Säumniszuschläge wandte.

2

Unmittelbar nach Zustellung des [X.]eschlusses vom [X.] und noch vor Festsetzung der Kosten trug der Kläger mit Telefax vom 14.2.2021 vor, dass er "den Kostenansatz insgesamt" bestreite. Der [X.] des [X.]SG hat das - da ein Kostenansatz überhaupt noch nicht vorliege - in der Sache als Rechtsbehelf gegen die in dem [X.]eschluss vom [X.] ausgesprochene Verpflichtung zur Tragung der Kosten des [X.]s dem Grunde nach gedeutet. Er hat dieses [X.]egehren mit [X.]eschluss vom 8.3.2021 ([X.] 2 U 2/21 S - juris) unter Heranziehung der Verfahrensvorschriften in § 66 [X.] zurückgewiesen. Die [X.] der Geschäftsstelle hat sodann in der Schlusskostenrechnung vom 13.4.2021 die vom Kläger (Erinnerungsführer) zu tragenden Gerichtskosten für das [X.]eschwerdeverfahren vor dem [X.]SG gemäß [X.] ([X.] - Anlage 1 zu § 3 Abs 2 [X.]) auf 330 Euro festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Kläger erneut mit einer Erinnerung (Telefax vom [X.] bzw vom 10.6.2021). Er macht eine greifbare Gesetzeswidrigkeit iS von § 21 [X.] geltend, weil unter Verletzung des Kostenrechts § 197a [X.] iVm § 3 [X.] statt richtigerweise §§ 183, 193 [X.] angewandt worden sei. Die [X.] hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Die Kostenprüfungsbeamtin ist dem am 22.6.2021 beigetreten.

3

II. 1. Zur Entscheidung über eine Kostenerinnerung ist nicht der für die Hauptsache zuständige [X.] des [X.]SG, sondern der 5. Senat als [X.] berufen (§ 66 Abs 1 Satz 1 [X.] iVm RdNr 5 Ziffer 13 des [X.] des [X.]). Er entscheidet durch den zuständigen [X.]erichterstatter als Einzelrichter (§ 66 Abs 6 Satz 1 iVm § 1 Abs 5 [X.]).

4

2. Die Erinnerung ist zulässig. Sie ist formgerecht erhoben. Abweichend von dem für Verfahren vor dem [X.]SG ansonsten geltenden Vertretungszwang (§ 73 Abs 4 [X.]) bedarf es für eine Kostenerinnerung nach der Sondervorschrift in § 66 Abs 5 Satz 1 [X.] keiner Vertretung durch einen vor dem [X.]SG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (s auch § 1 Abs 5 [X.]). Der Rechtsbehelf der Erinnerung nach § 66 Abs 1 [X.] ist nicht fristgebunden (vgl [X.] [X.]eschluss vom 7.9.2011 - VIII Z[X.]2/10 - juris RdNr 8).

5

3. Die Erinnerung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die zulasten des [X.] auf 330 Euro festgesetzte Verfahrensgebühr für das [X.]eschwerdeverfahren ist weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.

6

a) Rechtsgrundlage der festgesetzten Verfahrensgebühr für das [X.] ist § 197a Abs 1 Satz 1 [X.] sowie § 1 Abs 2 [X.], § 3 [X.] iVm Nr 7502 [X.]. Nach der letztgenannten [X.]estimmung wird für ein Verfahren über die [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eine 2,0-fache Gebühr nach Maßgabe des Streitwerts erhoben (§ 3 Abs 1 iVm § 34 Abs 1 [X.]), wenn die [X.]eschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Der Verwerfungsbeschluss des [X.]s vom [X.] ([X.] U 174/20 [X.]) hatte eine solche Nichtzulassungsbeschwerde zum Gegenstand. Auf der Grundlage des in diesem [X.]eschluss festgesetzten Streitwerts von 5579,15 Euro beträgt die einfache Gebühr in Verfahren über ein Rechtsmittel, das bis zum 31.12.2020 eingelegt worden ist (vgl § 71 Abs 1 Satz 1 und 2 [X.]), nur 165 Euro (statt künftig 182 Euro). Die für das Verfahren zu zahlende zweifache Gebühr entspricht somit dem von der [X.] in der Schlusskostenrechnung angeforderten [X.]etrag von 330 Euro.

7

b) Die Einwendungen des [X.] rechtfertigen es nicht, ihn von den Gerichtskosten für das [X.]eschwerdeverfahren freizustellen.

8

aa) Seine Ansicht, für das Verfahren bestehe für ihn als behinderten Menschen Kostenfreiheit nach § 183 [X.], trifft nicht zu. Gemäß § 183 Satz 1 [X.] ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich [X.], behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger kostenfrei, "soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder [X.]eklagte beteiligt sind". Maßgeblich für das Wirksamwerden des [X.] für behinderte Menschen im Sozialgerichtsverfahren ist somit nicht allein das Vorliegen einer [X.]ehinderung iS von § 2 Abs 1 SG[X.] IX, sondern vielmehr, ob in dem konkreten Rechtsstreit um Rechte gestritten wird, die gerade behinderten Menschen in dieser Eigenschaft zustehen (also z[X.] die Feststellung eines Gd[X.] oder die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises; s hierzu [X.]SG [X.]eschluss vom 24.4.2020 - [X.] 5 SF 6/20 S - juris RdNr 9 mwN; [X.], Kostenrecht, 51. Aufl 2021, § 183 [X.] Rd[X.]; [X.] in Fichte/[X.], [X.], 3. Aufl 2020, § 183 RdNr 10; [X.] in jurisPK-[X.], § 183 RdNr 43 ff, 60, Stand 31.3.2020; [X.]oiczenko in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]eckOK Kostenrecht, § 183 [X.] RdNr 9, Stand 1.1.2021; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]eckOGK [X.], § 183 Rd[X.]6, Stand 1.5.2021). Das war bei dem vom Erinnerungsführer betriebenen [X.]eschwerdeverfahren nicht der Fall. In der seiner Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Streitsache begehrte er vielmehr die Rücknahme eines [X.]escheids zur Zuständigkeitsfeststellung für seine Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer für Pferdezucht und Pferdehaltung sowie die Einstellung der Vollstreckung aus einem [X.]eitragsbescheid. Der [X.] hat deshalb im [X.]eschluss vom [X.] völlig zu Recht entschieden, dass der Kläger (Erinnerungsführer) nicht zu den in § 183 [X.] kostenprivilegierten Personen gehört und für dieses Verfahren Gerichtskosten nach den Vorschriften des [X.] zu erheben sind (§ 197a Abs 1 Satz 1 [X.]).

9

bb) Nichts anderes folgt daraus, dass nach Angaben des [X.] die [X.] der DRV [X.]und im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens im Januar 2021 seine Versicherungsfreiheit als [X.]eamter auf Lebenszeit des [X.] (Lehrer, OStR) für die gesetzliche [X.] festgestellt habe. Die Versicherungsfreiheit in der [X.] hat mit der Kostenfreiheit für ein sozialgerichtliches Verfahren nichts zu tun, wenn im sozialgerichtlichen Verfahren um etwas ganz anderes gestritten wird (hier: um [X.]eitragspflichten als landwirtschaftlicher Unternehmer).

cc) Auch aus § 74 der Satzung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau in der Fassung des 33. Nachtrags vom 12.11.2020 ergibt sich keine Kostenbefreiung für das sozialgerichtliche Verfahren. In der genannten [X.]estimmung ist die Möglichkeit einer Versicherungsbefreiung für Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens bis zur Größe von 0,25 ha geregelt. Selbst wenn der Erinnerungsführer meint, diese Vorschrift sei auf ihn anzuwenden, obgleich er nach den Feststellungen des [X.] eine Grundlandfläche von 4,2 ha für seine Pferdezucht nutzt, ist er in dem Streit hierüber nicht "Versicherter" iS des § 183 Satz 1 [X.], sondern Unternehmer (vgl [X.]SG [X.]eschluss vom 12.12.2019 - [X.] U 180/19 [X.] - juris Rd[X.] mwN).

dd) Ebenso erschließt sich aus dem Hinweis des [X.] auf § 19 Abs 6 SG[X.] XII (Regelung zur Sonderrechtsnachfolge für sozialhilferechtliche Ansprüche auf Pflegegeld [X.] beim Tod des Leistungsberechtigten) keine "greifbare Gesetzeswidrigkeit" der von ihm angegriffenen Schlusskostenrechnung vom 13.4.2021.

ee) Soweit der Erinnerungsführer eine unrichtige Sachbehandlung darin begründet sieht, dass das [X.] seine Nichtzulassungsbeschwerde an das [X.]SG weitergeleitet habe, rechtfertigt das ebenfalls kein Absehen von der Erhebung der Gerichtskosten für das [X.]. Zwar hat der Erinnerungsführer seine [X.]eschwerdeschrift am 29.8.2020 an das [X.] adressiert und per Telefax dorthin übersandt. Er hat darin aber ausdrücklich festgehalten: "… beantrage ich die Nichtzulassungs-[X.]eschwerde beim [X.]undessozialgericht". Inwiefern die Weiterleitung dieses [X.]egehrens an das [X.]SG eine unrichtige Sachbehandlung gewesen sein könnte, erschließt sich dem [X.] nicht.

Im Übrigen hatte der [X.]erichterstatter des [X.]s des [X.]SG den Erinnerungsführer mit Schreiben vom 28.10.2020 ausdrücklich auf die Kostenpflicht des [X.]eschwerdeverfahrens hingewiesen. Von einer unverschuldeten Unkenntnis des [X.] hinsichtlich der kostenrechtlichen Folgen seines Tuns, die gemäß § 21 Abs 1 Satz 3 [X.] ein Absehen von der Kostenerhebung rechtfertigen könnte, kann hier mithin keine Rede sein.

4. Die Kostenentscheidung für das Verfahren der Erinnerung beruht auf § 66 Abs 8 [X.].

5. Gegen diese Entscheidung ist kein weiteres Rechtsmittel statthaft 66 Abs 3 Satz 2 und 3 [X.] - s hierzu [X.]SG [X.]eschluss vom 23.4.2021 - [X.] 5 SF 2/21 S - juris RdNr 17).

Meta

B 5 SF 10/21 S

25.06.2021

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SF

§ 73 Abs 4 SGG, § 183 S 1 SGG, § 197a Abs 1 S 1 SGG, § 1 Abs 2 Nr 3 GKG 2004, § 1 Abs 5 GKG 2004, § 3 Abs 1 GKG 2004, § 21 Abs 1 S 3 GKG 2004, § 34 Abs 1 GKG 2004, § 66 Abs 1 S 1 GKG 2004, § 66 Abs 5 S 1 GKG 2004, § 66 Abs 6 S 1 GKG 2004, § 71 Abs 1 S 1 GKG 2004, § 71 Abs 1 S 2 GKG 2004, Nr 7502 GKVerz, § 154 Abs 2 VwGO, § 2 Abs 1 SGB 9 2018

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.06.2021, Az. B 5 SF 10/21 S (REWIS RS 2021, 4602)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 4602

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VIII ZB 22/10

2 U 2/21

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