Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2009, Az. AK 6/09

3. Strafsenat | REWIS RS 2009, 4071

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[X.]BESCHLUSS ___________ AK 6/09 vom 7. April 2009 in dem Strafverfahren gegen wegen Mitgliedschaft in einer ausländis[X.] terroristis[X.] [X.] u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie des Angeschuldigten und seines Verteidigers am 7. April 2009 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen: Die Untersuchungshaft hat [X.]. Eine etwaige erforderliche weitere Haftprüfung durch den [X.] findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem [X.] übertragen. Gründe: Der Angeschuldigte ist am 18. September 2008 festgenommen worden und befindet sich seitdem aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des [X.] vom selben Tage in Untersuchungshaft. Unter dem 19. Februar 2009 hat der [X.] gegen ihn Anklage zum [X.] erhoben; dieses hat durch Beschluss vom 9. März 2009 den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet. 1 Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor. 2 1. Der Angeschuldigte ist der im Haftbefehl des Ermittlungsrichters des [X.] enthaltenen Tatvorwürfe der Mitgliedschaft in einer auslän-dis[X.] terroristis[X.] [X.] - der [X.] (im [X.]: [X.]) - sowie zweier Vergehen der Unterstützung dieser [X.] jeweils 3 - 3 - in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das [X.] dringend verdächtig. a) Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen: 4 Die [X.] wurde im Jahre 2002 als Abspaltung von der Islamis[X.] Bewe-gung [X.] gegründet. Ihre Führung in [X.] verfügt über Kontakte zur [X.] und ist von deren Ideologie beeinflusst. Nachdem die [X.] zunächst Ziele in [X.] verfolgte und sich erstmals im Jahre 2004 für dort durchgeführte Sprengstoffanschläge verantwortlich erklärte, hat sie ihren [X.] und Interessenkreis mittlerweile im Sinne des globalen [X.] ausgewei-tet. Zur Verbreitung ihrer extremistisch-fundamentalistis[X.] Ideologie nutzt sie insbesondere das [X.] und verwendet ein eigenes Banner bzw. Logo. Sie verfügt über Verantwortliche, die sich mit der Anwerbung und Schleusung von Rekruten in Ausbildungslager im pakistanisch-afghanis[X.] Grenzgebiet oder für Kampfhandlungen in [X.] befassen. Zur Teilnahme an den [X.] der [X.] bereite Interessenten aus [X.] gelangen in der Regel über die [X.] und den [X.] nach [X.] in Ausbildungslager in der Gegend um [X.] in [X.]. Dort vermitteln eigene Ausbilder und Sprengstoffexperten der [X.] die erforderli[X.] Schieß- und Sprengstoffkenntnisse sowie die Fähigkeiten zur Dokumentenfälschung und die Regeln über konspiratives Verhalten. 5 aa) Der Angeschuldigte überließ dem gesondert Verfolgten [X.]- einem Mitglied der [X.], der nach einem Aufenthalt in einem Ausbildungslager der [X.] in [X.] im Jahre 2006 und seiner anschließenden Rückkehr in die [X.] eigene Anschläge vorbereitete und der [X.]-Führung in [X.] [X.] Fundamentalisten zur Ausbildung zuführte - unmittelbar vor einer Reise nach [X.], die er am 10. Mai 2007 antrat, seine 6 - 4 - EC-Karte mit der dazugehörigen Geheimzahl, damit [X.]über das auf dem Girokonto des Angeschuldigten bei der Sparkasse in [X.]befindliche Guthaben für Zwecke der [X.] verfügen konnte. [X.]hob von dem Konto am 31. Mai 2007 500 • ab. Ein Versuch, am 13. Juli 2007 erneut 500 • zu erlan-gen, scheiterte, weil der [X.]nach einer entspre[X.]den Mitteilung der Polizeibehörden die Sozialleistungen an den Angeschuldigten eingestellt hatte und das Konto deshalb keine Deckung aufwies. Am 27. Juli 2007 hob [X.]das Restguthaben in Höhe von 5 • ab. [X.]) Der Angeschuldigte erwarb vor dem 10. Mai 2007 u. a. zwei Infrarot-strahler, zwei Nachtsichtgeräte, ein Zielfernrohr und einen Laserkollimator mit Zubehör. Diese und weitere erstandene Gegenstände führte er bei seiner Aus-reise nach [X.] im Mai 2007 mit sich; dort übergab er sie den Verantwortli-[X.] der [X.]. 7 cc) Der Angeschuldigte absolvierte in dem Zeitraum zwis[X.] dem 24. Mai und September 2007 in einem Trainingslager der [X.] in [X.] erfolg-reich eine Ausbildung und ist seitdem in die [X.] als Mitglied eingebun-den. Er kehrte am 2. Oktober 2007 in die [X.] zurück und wartete hier seine weitere Verwendung betreffende Befehle ab. 8 b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus den im Haftbefehl des [X.] sowie der Anklageschrift des [X.]s [X.], auf die der Senat Bezug nimmt. Insbesondere die durch Sachverständige, [X.] und Zeugen vermittelten Erkenntnisse über die [X.], die die [X.]-Mitgliedschaft des gesondert verfolgten [X.]und die Tathandlungen des Angeschuldigten betreffenden Ergebnisse der Telekommu-nikations- und Observationsmaßnahmen sowie die sichergestellten Gegen- 9 - 5 - stände begründen eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Angeschuldigte die ihm zur Last gelegten Straftaten begangen hat.c) Danach ist der Angeschuldigte folgender Straftaten dringend verdäch-tig: 10 aa) Im Fall 1. a) aa) unterstützte er eine [X.] im Ausland, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Mord (§ 211 StGB) oder [X.] (§ 212 StGB) zu begehen und handelte durch dieselbe Handlung einem im [X.] veröffentlichten, unmittelbar geltenden Ausfuhr-, Verkaufs-, Liefer-, Bereitstellungs-, [X.], Dienstleistungs-, Investitions-, Unterstüt-zungs- oder Umgehungsverbot eines Rechtsakts der Europäis[X.] Gemein-schaften zuwider, der der Durchführung einer vom Rat der Europäis[X.] Union im Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftli[X.] Sanktionsmaßnahme dient (§ 129 b Abs. 1 i. V. m. § 129 a Abs. 5 StGB; § 34 Abs. 4 Nr. 2 [X.] Art. 1 Ziffer 1, Art. 2 Abs. 2 der [X.] ([X.]) Nr. 881/2002 vom 27. Mai 2002 und der Verordnung ([X.]) Nr. 853/2005 der [X.] vom 3. Juni 2005 sowie der Verordnung ([X.]) Nr. 198/2008 der [X.] vom 3. März 2008, § 52 StGB), indem er dem [X.]den Zugriff auf sein Konto ermöglichte und damit der [X.] indirekt Gelder zur Verfügung stellte bzw. zugute kommen ließ. 11 Die Ermächtigung des [X.] zur strafrechtli[X.] Verfolgung von Mitgliedern oder Unterstützern der [X.], die sich im Inland auf-halten oder tätig werden, liegt seit dem 15. Mai 2007 vor. Die [X.] unterfällt der [X.]. 2 der Verordnung ([X.]) Nr. 881/2002 vom 27. Mai 2002 (veröffentlicht im [X.] Nr. 179 vom 24. September 2002, S. 22 473). Diese Verordnung setzt die in dem Gemeinsamen Standpunkt 2002/402/[X.] angeordneten restriktiven Maßnahmen gegen [X.] bin [X.] - 6 - den, Mitglieder der [X.] und die [X.], sowie andere Einzelpersonen, Gruppen, Unternehmen und Organisationen um, die mit ihnen in Verbindung stehen. Sie verbietet - in Art. 1 und 2 - die Bereitstellung von [X.] und wirt-schaftli[X.] Ressourcen an die genannten Empfänger sowie - in Art. 3 - die Lieferung, den Verkauf und die Weitergabe von technischer Beratung, Hilfe [X.] Ausbildung im Zusammenhang mit militäris[X.] Tätigkeiten, insbesondere Ausbildung oder Hilfe im Zusammenhang mit der Herstellung, Instandhaltung und Verwendung von Waffen sowie anderem damit verbundenem Material. Mit Verordnung ([X.]) Nr. 853/2005 der [X.] vom 3. Juni 2005 (veröffentlicht im [X.] Nr. 106 vom 10. Juni 2005, [X.]) wurde die [X.] unter ihrem Namen "[X.]" in die Liste der Personen, Gruppen und Organisationen aufgenommen, die den Sanktionsmaßnahmen der Verordnung ([X.]) Nr. 881/2002 unterfallen. Mit Verordnung ([X.]) Nr. 198/2008 der Kommis-sion vom 3. März 2008 (veröffentlicht im [X.] Nr. 45 vom 20. März 2008, [X.]) wurde die Listung der [X.] aktualisiert, indem auch der derzeitige Namen "[X.]" aufgenommen wurde. [X.]) Im Fall 1. a) [X.]) unterstützte er erneut eine [X.] im Ausland, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen und handelte durch dieselbe Hand-lung einem im [X.] veröffentlichten, unmittelbar geltenden [X.], Verkaufs-, Liefer-, Bereitstellungs-, [X.], Dienstleistungs-, Investitions-, Unterstützungs- oder Umgehungsverbot eines Rechtsakts der Europäis[X.] Gemeinschaften zuwider, der der Durchführung einer vom Rat der Europäi-s[X.] Union im Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik be-schlossenen wirtschaftli[X.] Sanktionsmaßnahme dient (§ 129 b Abs. 1 i. V. m. § 129 a Abs. 5 StGB; § 34 Abs. 4 Nr. 2 [X.] Art. 1 Ziffer 2, Art. 2 Abs. 3 der Verordnung ([X.]) Nr. 881/2002 vom 27. Mai 2002 und der Verordnung ([X.]) 13 - 7 - Nr. 853/2005 der [X.] vom 3. Juni 2005 sowie der Verordnung ([X.]) Nr. 198/2008 der [X.] vom 3. März 2008, § 52 StGB). Die von dem Angeschuldigten erworbenen und bei seiner Ausreise nach [X.] mitgenommenen Gegenstände stellen Vermögenswerte und damit nach Sinn und Zweck der Norm wirtschaftliche Ressourcen im Sinne des Art. 1 Ziffer 2 der Verordnung ([X.]) Nr. 881/2002 vom 27. Mai 2002 dar. [X.] hat der Angeschuldigte nicht gegen das in Art. 3 der genannten [X.] enthaltene Verbot der Lieferung, des Verkaufs oder der Weitergabe von technischer Beratung, Hilfe oder Ausbildung im Zusammenhang mit militäri-s[X.] Tätigkeiten verstoßen. Diese Vorschrift ist nach ihrem Wortlaut sprach-lich nur schwer verständlich. Aus dem systematis[X.] Zusammenhang mit den Verboten des Art. 2 Abs. 2, 3 der Verordnung ergibt sich indes hinrei[X.]d, dass Art. 3 der Verordnung nicht die Lieferung von Waren, sondern das Zurver-fügungstellen von "Dienstleistungen" erfasst. 14 cc) Im Fall 1. a) cc) beteiligte er sich als Mitglied an einer [X.] im Ausland, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen (§ 129 b Abs. 1 i. V. m. § 129 a Abs. 1 StGB). 15 2. Bei dem Angeschuldigten bestehen aus den im Haftbefehl des Ermitt-lungsrichters sowie dem [X.] vom 9. März 2009 zutreffend aufgeführten Gründen die Haftgrün-de der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2) und der [X.] (§ 112 Abs. 3 StPO). Die zu erwartende Strafe und der Wunsch des Angeschuldigten, am [X.] teilzunehmen, begründen einen erhebli[X.] Fluchtanreiz. Der [X.] verfügt über familiäre und sonstige Kontakte ins Ausland. Dies und die weiteren, in den genannten Entscheidungen aufgeführten Umstände [X.] - 8 - [X.] es - auch bei sachgerechter Bewertung seines Vorbringens in dem Haft-prüfungstermin vor dem [X.] am 9. März 2009 - wahrscheinlich, dass er sich, in Freiheit belassen, dem Verfahren entziehen wird. Unter diesen Umständen sind weniger einschneidende Maßnahmen [X.] § 116 StPO nicht geeignet, die Fluchtgefahr zu beseitigen. 3. Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersu-chungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor. Die be-sondere Schwierigkeit und der besondere Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen die Fortdauer der Untersu-chungshaft. Nach der Festnahme des Angeschuldigten waren durch die [X.] umfangreiche Beweismittel, darunter Datenträger und fremd-sprachige Ergebnisse der Überwachung der Telekommunikation, zu sichten und auszuwerten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Zu-schrift des [X.]s vom 13. März 2009 Bezug genommen. Der [X.] hat unter dem 19. Februar 2009 Anklage erhoben. Die Anklageschrift benennt u. a. mehr als 100 Zeugen, 15 Sachverständige und zahlreiche Urkunden. Das [X.] hat die [X.] mit Schreiben vom 3. März 2009 den Verteidigern und dem Angeschuldigten mitgeteilt und eine Frist zur Stellungnahme bis zum 20. April 2009 gesetzt. Über einen Antrag auf mündliche Haftprüfung hat es am 9. März 2009 verhan-delt und entschieden. Damit ist das Verfahren mit der in Haftsa[X.] gebotenen Beschleunigung geführt worden. 17 - 9 - 4. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht zu den gegen den Angeschuldigten erhobenen Tatvorwürfen, die teilweise mit einer Strafdrohung von Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bedroht sind, nicht außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). 18 [X.]von [X.]

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AK 6/09

07.04.2009

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2009, Az. AK 6/09 (REWIS RS 2009, 4071)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4071

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