Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.03.2011, Az. AK 5/11

3. Strafsenat | REWIS RS 2011, 8758

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Dringender Tatverdacht der Mitgliedschaft an einer terroristischen Vereinigung im Ausland: Mitglied von "Al Qaida"


Tenor

Die Untersuchungshaft hat [X.].

Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den [X.] findet in drei Monaten statt.

Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem [X.] übertragen.

Gründe

I.

1

Der Angeschuldigte wurde aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des [X.] vom 7. April 2010 (2 [X.] 94/10) - neu gefasst durch Beschlüsse vom 21. Juni 2010 (2 [X.] 162/10) und vom 18. Februar 2011 (2 [X.] 59/11) - am 25. August 2010 anlässlich seiner Überstellung aus [X.] festgenommen und befindet sich seit dem 26. August 2010 ununterbrochen in Untersuchungshaft.

2

Gegenstand des Haftbefehls - in der Fassung vom 18. Februar 2011 - ist der Vorwurf, der Angeschuldigte habe sich als [X.] Staatsangehöriger im Mai 2009 in der pakistanischen Provinz [X.] zum Zwecke der Teilnahme am bewaffneten "[X.]" der dort operierenden Vereinigung "[X.]" angeschlossen und ihr bis zu seiner Festnahme durch die pakistanischen Sicherheitskräfte am 21. Juni 2010 angehört. Er habe sich zunächst an verschiedenen Kriegswaffen ausbilden lassen; ab September 2009 habe er auch an Kampfeinsätzen der Organisation gegen die pakistanischen Regierungstruppen teilgenommen. Im Juni 2010 habe er sich gegenüber dem für die Außenbeziehungen der "[X.]" zuständigen Scheich ... bereiterklärt, nach [X.] zurückzukehren, um an einem [X.] Netzwerk mitzuwirken, das insbesondere der Beschaffung von Finanzmitteln für die Vereinigung, aber auch der Ausführung einzelner Aktionen dienen sollte.

3

Damit habe sich der Angeschuldigte als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung im Ausland außerhalb der Mitgliedstaaten der [X.] beteiligt, deren Zwecke und deren Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen (§ 129b Abs. 1 Satz 1 und 2, § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB).

II.

4

Die Voraussetzungen für den Vollzug der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor (§§ 121, 122 [X.]).

5

1. Der Angeschuldigte ist des ihm vorgeworfenen Tatgeschehens dringend verdächtig.

6

Zu den Strukturen und den Zielen der "[X.]" sowie zu den Tathandlungen des Angeschuldigten im Einzelnen wird auf die eingehende Darstellung im Haftbefehl des Ermittlungsrichters des [X.] in der Fassung vom 18. Februar 2011 Bezug genommen. Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus den Erkenntnissen des [X.] und des [X.] zur Vereinigung "[X.]" ([X.] und II) sowie aus den umfangreichen geständigen Einlassungen des Beschuldigten bei seinen polizeilichen Vernehmungen ([X.] 2. 1. und 2. 2.).

7

2. Danach besteht der dringende Verdacht, der Angeschuldigte habe sich als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung im Ausland außerhalb der Mitgliedstaaten der [X.] beteiligt, deren Zwecke und deren Tätigkeiten darauf gerichtet sind, Mord oder Totschlag zu begehen (§ 129b Abs. 1 Satz 1 und 2, § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand erfüllt "[X.]" auch für den hier in Frage stehenden Tatzeitraum die strukturellen Voraussetzungen einer Vereinigung (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 14. August 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 69, 107 ff.). Die Ermittlungen belegen den Fortbestand einer hierarchisch gegliederten und handlungsfähigen Organisation im Grenzgebiet zwischen [X.] und [X.], die jedenfalls die unmittelbare Verantwortung für die dort unterhaltenen Ausbildungslager innehat, nach einer dem [X.] geschuldeten Anpassung ihrer Steuerungs-, Koordinations- und Mobilisierungsmechanismen auch den gewaltsamen "[X.]" fortführt und in ihrer Struktur weiterhin auf die Begehung von schwerwiegenden Straftaten bis hin zu Tötungsdelikten angelegt ist. Nach dem Ermittlungsergebnis hat sich der Angeschuldigte durch seine intensive Mitwirkung willentlich in die Organisation eingegliedert.

8

Das [X.] hat am 16. März 2009 die nach § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung aller begangenen und zukünftigen Taten im Zusammenhang mit der ausländischen terroristischen Vereinigung "[X.]" erteilt.

9

3. Es besteht der Haftgrund des § 112 Abs. 3 [X.]. Nach den Umständen kann nicht ausgeschlossen werden, dass ohne den Vollzug der Untersuchungshaft die alsbaldige Ahndung und Aufklärung der Tat gefährdet wäre (vgl. hierzu [X.], [X.], 53. Aufl., § 112 Rn. 37 mwN). Der Angeschuldigte hat wegen des ihm vorgeworfenen Tatgeschehens mit einer nicht unerheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Über ausreichende [X.] Bindungen, die dem daraus entspringenden Fluchtanreiz entgegenwirken könnten, verfügt er nicht. Zwar ist der Angeschuldigte nach islamischem Ritus mit einer [X.] Staatsangehörigen verheiratet; diese unterhält zusammen mit einem nunmehr knapp zweijährigen gemeinsamen Kind einen ständigen Wohnsitz in der Bundesrepublik [X.]. Seine familiären Beziehungen haben den berufs- und erwerbslosen Angeschuldigten jedoch nicht davon abgehalten, nach [X.] auszureisen, um sich dort dem bewaffneten "[X.]" anzuschließen. Vor diesem Hintergrund können auch weniger einschneidende Maßnahmen den Zweck der Untersuchungshaft nicht erreichen (§ 116 [X.]).

4. Die weiteren Voraussetzungen der Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 [X.]) liegen vor. Die besondere Schwierigkeit und der besondere Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen.

Nach der Festnahme wurde der Angeschuldigte zwischen Anfang September und Ende Dezember 2010 in Absprache mit seinem Verteidiger an insgesamt neun Tagen polizeilich vernommen; eine Nachvernehmung fand am 3. Februar 2011 statt. Dabei hat der Angeschuldigte jeweils umfangreiche Angaben zur Sache gemacht, die zunächst mit den bereits gewonnenen Erkenntnissen aus der Überwachung einer Vielzahl von [X.] in seinem Umfeld abzugleichen waren. Daneben musste die Auswertung der teilweise fremdsprachigen Asservate aus der Durchsuchung von insgesamt sieben Objekten im Juni 2010 fortgesetzt werden. Den 38 Stehordner umfassenden Aktenbestand hat das sachbearbeitende [X.] am 22. Dezember 2010 dem [X.] vorgelegt, der bereits am 25. Februar 2011 Anklage zum Staatsschutzsenat des [X.] erhoben hat.

Das Verfahren ist danach mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.

5. Die Dauer der Untersuchungshaft ist in Anbetracht der Straferwartung auch nicht unverhältnismäßig.

[X.]

Meta

AK 5/11

10.03.2011

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

§ 129a Abs 1 Nr 1 StGB, § 129b Abs 1 S 1 StGB, § 129b Abs 1 S 2 StGB, § 112 Abs 3 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.03.2011, Az. AK 5/11 (REWIS RS 2011, 8758)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8758

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.