Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2013, Az. VIII ZR 179/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7505

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 179/12
vom

12. März 2013

in dem Rechtsstreit
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Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat am 12. März 2013 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] [X.] und Dr.
Schneider, die Richterin [X.] und [X.] Bünger
beschlossen:

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 24. Mai 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des [X.] vom 3.
November 2011 im Verhältnis zur [X.] zu 1 hinsichtlich der Klageforderung und im Verhältnis zum [X.] zu 2 hinsichtlich der Widerklageforderung [X.] worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbe-schwerde, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurück-verwiesen.
Der Streitwert für das [X.] wird auf 126.626

Gründe:
I.
Die Klägerin macht mit ihrer Klage -
ursprünglich auch gegen den [X.] zu 2 -
den (Netto-e-klagten in seinem Zustandekommen bestrittenen Kaufvertrag über ein [X.]
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mobil geltend. Der Beklagte zu 2 begehrt widerklagend die Rückzahlung eines von ihm aus im Einzelnen streitigen Gründen angezahlten Betrages von 10.000

Ende Februar 2010 unterzeichnete die Beklagte zu 1, vertreten durch ih-ren Geschäftsführer, den [X.] zu 2, eine an die Klägerin gerichtete "Ver-bindliche Bestellung" über ein Reisemobil. Nach dem Bestellformular, das unter der Rubrik "Zahlungsweise und sonstige Vereinbarungen" den handschriftlichen Zusatz "Barzahlung evtl. Leasing" enthielt, sollte der Käufer an die Bestellung höchstens drei Wochen gebunden und der Kaufvertrag abgeschlossen sein, wenn der Verkäufer die Annahme der Bestellung innerhalb der Frist schriftlich bestätigt oder die Lieferung ausführt. Zwischen den [X.]en ist unter anderem streitig, ob die Annahme der Bestellung innerhalb der Frist erfolgt ist. Insoweit hat die Klägerin unter Vorlage eines Sendungsprotokolls, das für die Sendung einen "OK"-Vermerk enthält, geltend gemacht, der [X.] zu
1, die jeden Zugang bestritten hat, Anfang März 2010 den Auftrag sowohl durch Telefax als auch durch Brief bestätigt zu haben. Außerdem hat die Klägerin unter Antritt von Zeugenbeweis behauptet, die Bestellung bereits am Tage ihrer Aufgabe mündlich angenommen zu haben.
Die Vorinstanzen haben die gegen
beide Beklagte auf Zahlung des Kaufpreises gerichtete Klage abgewiesen und der Widerklage des [X.] zu 2 stattgegeben, weil nicht von einem wirksamen Zustandekommen des [X.] ausgegangen werden könne. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde insoweit, als sie im Verhältnis zur [X.] zu 1 mit ihrer Klageforderung keinen Erfolg gehabt hat und im Verhältnis zum [X.] zu 2 hinsichtlich der Widerklage unterlegen ist.
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II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist im Umfang der Anfechtung des Be-rufungsurteils begründet.
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, so-weit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, im [X.] ausgeführt:
Die Klägerin habe einen Zugang der schriftlichen Auftragsbestätigung bei der [X.] zu 1 nicht bewiesen. Auch das von ihr vorgelegte [X.] belege einen Zugang nicht, da die [X.] ausreichend substantiiert und auch nicht erkennbar unwahr vorgetragen hätten, dass an sie abgesandte Faxe mehrfach nicht in den Speicher ihres Geräts gelangt und nicht ausgedruckt worden seien. Da dies der [X.] zu 1 nicht als Zugangsvereitelung anzu-lasten sei, könne ein Zugang auch nicht fingiert werden.
Ebenso wenig habe es einen früheren Vertragsschluss durch mündliche Angebotsannahme gegeben. Der dahingehend angetretene Zeugenbeweis sei unerheblich, weil die behauptete mündliche Annahme durch den [X.] der Klägerin angesichts der [X.] unwahrscheinlich und durch den unter Beweis gestellten Sachvortrag nicht ausreichend belegt sei. Die Klägerin habe keine Tatsachen vorgetragen, wie die Annahme erfolgt sein solle bezie-hungsweise woraus sie sich ergeben solle. Die vorgetragenen Tatsachen wie Ausfüllen des Formulars, Gratulation und gemeinsames Essen seien keine ein-deutigen Indizien für die Annahme. Auch die von der Klägerin zum Beleg dafür angeführten schriftlichen Unterlagen, dass die [X.] später von einem wirksamen Vertrag ausgegangen seien, seien nicht eindeutig. Insbesondere ergebe sich daraus nicht, dass die Bestellung mündlich angenommen worden sei. Dass die Beteiligten damals von einem wirksamen Vertrag ausgegangen 4
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seien, ändere nichts an der fehlenden Annahme der Bestellung durch die Klä-gerin.
Zwar sei aufgrund des späteren Verhaltens der [X.] einschließlich des [X.], der Bemühungen um eine Leasingfinanzierung und der l-ten Reisemobils gewünscht gewesen sei. Sie sei jedoch nicht aufgrund des ur-sprünglich beabsichtigten Kaufvertrages gewünscht gewesen. Denn bevor es zu dessen Annahme durch die Klägerin oder zu einer Bestätigung des Ge-schäfts durch die Beklagte zu 1 gekommen sei, sei der Klägerin mitgeteilt [X.], dass ein Kauf durch die Beklagte zu 1 nicht möglich sein würde, sondern eine Übernahme nur auf der Basis eines Leasingvertrags erfolgen könne.
2. Der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist stattzugeben, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2, § 544 Abs. 6 und 7 ZPO). Das Berufungsgericht hat -
wie die Nichtzulassungsbeschwerde mit Recht geltend macht -
den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise verletzt, weil es die Substantiie-rungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt hat, den entscheidungserheblichen Sachvortrag der Klägerin in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben (vgl. zuletzt Senatsbeschlüsse vom 28. Februar 2012 -
VIII ZR 124/11, [X.], 311 Rn. 5; vom 25. Oktober 2011 -
VIII ZR 125/11, [X.], 382 Rn.
13; jeweils mwN).
a) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist dann schlüssig und erheblich, wenn die [X.] Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der [X.] entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, 8
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wie wahrscheinlich diese Darstellung ist. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der [X.] zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese [X.] erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende [X.] nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (st. Rspr.; vgl. [X.], [X.] vom 28. Februar 2012 -
VIII ZR 124/11, aaO Rn.
6 mwN; vom 21. Juli 2011 -
IV ZR 216/09, [X.], 1384 Rn. 6). Dies hat das Berufungsgericht verkannt.
b) Die Klägerin hat -
worauf die Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend hinweist -
bereits im ersten Rechtszug unter Antritt von Zeugenbeweis vorge-tragen, ihr Geschäftsführer habe unmittelbar nach der Unterschrift des [X.] zu 2 diesem gegenüber mündlich die Annahme der Bestellung erklärt. Ob eine solche Erklärung, die ungeachtet der ersichtlich nur zu Beweiszwecken vorgesehenen Schriftform zum wirksamen Zustandekommen des Kaufvertrages ausreicht (vgl. [X.], Urteil vom 8. Oktober 2008 -
XII [X.], [X.], 433 Rn. 27), abgegeben worden ist, ist durch Erhebung des angetretenen Beweises zu klären. Dagegen ist die Frage, ob eine solche Annahmeerklärung wahr-scheinlich oder -
wie das Berufungsgericht meint -
angesichts der [X.] unwahrscheinlich ist, für die Erheblichkeit und damit die Beweisbedürftigkeit des Vorbringens der Klägerin ebenso wenig von Belang wie der vom Berufungsge-richt vermisste Tatsachenvortrag, wie die Annahme erfolgt sei beziehungsweise woraus sie sich ergebe. Denn wie wahrscheinlich die unmittelbar [X.] der Annahmeerklärung ist oder ob sie -
wovon das [X.] auszugehen scheint -
letztlich nur auf einer Schlussfolgerung aus 11
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Indizien beruht, für deren Berücksichtigungsfähigkeit es entgegen der [X.] des Berufungsgerichts aber schon ausgereicht hätte, dass die unter [X.] gestellten Tatsachen bereits die ernstliche Möglichkeit des logischen Rückschlusses auf den zu beweisenden Tatbestand bieten ([X.], Beschluss vom 16. Juni 2011 -
V [X.], juris Rn. 10), ändert an der Erheblichkeit der unter Beweis gestellten [X.] und ihrer Beweisbedürftigkeit nichts.
Dementsprechend durfte das Berufungsgericht weder den Vortrag weite-rer [X.] zu der als [X.] behaupteten Annahmeerklärung verlangen noch deren Erheblichkeit aufgrund einer Würdigung weiterer Indizien verneinen und dadurch den Beweisantritt zur [X.] aufgrund der [X.] übergehen ([X.], Beschlüsse vom 26. November 2010 -
LwZR 23/09, juris Rn. 12; vom 30. September 2010 -
IX ZR 136/08, juris Rn. 7; vom 11. Mai 2010 -
VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 10 f.; [X.] mwN). Es war vielmehr Sache des Berufungsgerichts, in die Beweisauf-nahme einzutreten und die benannte Zeugin nach allen Einzelheiten zu befra-gen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen [X.] erschienen, so dass die Nichtberücksichtigung des erheblichen Beweisan-gebots der Klägerin eine ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzende unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung darstellt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 21. Juli 2011 -
IV ZR 216/09, aaO; vom 26. November 2010 -
LwZR 23/09, aaO; vom 21. Mai 2007 -
II ZR 266/04, [X.], 1569 Rn.
8; Urteil vom 25. Juli 2005 -
II ZR 199/03, [X.], 1847 unter [X.]). Denn ob der angetretene
Beweis -
wie das Berufungsgericht ersichtlich meint -
unergiebig ist, weil die neben der [X.] der Vertragsannahme vorge-tragenen weiteren Tatsachen dafür keine eindeutigen Indizien bildeten, lässt sich im Allgemeinen erst beurteilen, wenn der Beweis zur [X.] und erforderlichenfalls zu den weiter vorgetragenen Hilfstatsachen erhoben ist (vgl. [X.], Urteil vom 5. November 2003 -
5 [X.] 562/02, juris Rn. 31 mwN).
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3. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des unter Beweis gestellten Vorbringens der Klägerin zur An-nahme der Bestellung zu einer anderen Beurteilung des Falles gelangt wäre, ist das Berufungsurteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
544 Abs. 7 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.
Bei der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht auch Gelegenheit haben, gemäß § 139 ZPO auf einen Vortrag der [X.] dazu hinzuwirken, ob bei ihnen ein Empfangsjournal für das eingesetzte Faxgerät vorhanden ist oder welche Dokumentation sie sonst auf [X.] geführt haben und welche Bedeutung dem beigemessen werden kann (vgl. Senatsurteil vom 7.
Dezember 1994 -
VIII ZR 153/93, [X.], 341 unter [X.]; [X.], [X.], 267). Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht weiter zu prüfen haben, ob -
wie von der Klägerin angeregt -
nach den Umständen Anlass besteht, gemäß §
142 Abs. 1 ZPO der [X.] zu 1 eine Vorlage einer ihr Telefaxgerät betreffenden Empfangsdokumentation für den von der Klägerin behaupteten und durch Sendebericht belegten Sendezeitraum aufzugeben (vgl.

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dazu [X.], Urteil vom 26. Juni 2007 -
XI ZR 277/05, [X.]Z 173, 23 Rn.
16, 18 ff.; Beschluss vom 15. Juni 2010 -
XI [X.], [X.], 1448 Rn.
25).
Ball
[X.]
Dr. Schneider

[X.]
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.11.2011 -
14 [X.]/11 -

O[X.], Entscheidung vom 24.05.2012 -
13 [X.] -

Meta

VIII ZR 179/12

12.03.2013

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2013, Az. VIII ZR 179/12 (REWIS RS 2013, 7505)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7505

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