Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.04.2021, Az. AK 30/21

3. Strafsenat | REWIS RS 2021, 6771

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Gegenstand

Strafbare Beteiligung an Aktivitäten des Islamischen Staates: Voraussetzungen mitgliedschaftlicher Beteiligungsakte; Bezug von Wohnraum im IS-Gebiet als Kriegsverbrechen gegen das Eigentum; Konkurrenzen


Tenor

Die Untersuchungshaft hat [X.].

Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den [X.] findet in drei Monaten statt.

Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem [X.] übertragen.

Gründe

I.

1

Die Angeschuldigte ist am 2. Oktober 2020 aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters des [X.] vom 27. September 2018 (4 [X.]) festgenommen worden und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft.

2

Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, die Angeschuldigte habe sich in der [X.] von August 2014 bis zum [X.] 2016 in [X.] durch acht rechtlich selbständige Handlungen als Mitglied an der [X.]" ([X.]) beteiligt, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB), Völkermord (§ 6 [X.]), Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 [X.]) und Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 und 12 [X.]) zu begehen. In drei dieser Fälle habe sie durch dieselbe Handlung die tatsächliche Gewalt über eine Kriegswaffe ohne Genehmigung nach § 2 Abs. 2 [X.] erworben, in fünf weiteren Fällen habe sie sich durch dieselbe Handlung gemeinschaftlich handelnd im Zusammenhang mit einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt, ohne dass dies durch die Erfordernisse des bewaffneten Konflikts geboten gewesen sei, in erheblichem Umfang völkerrechtswidrig Sachen der gegnerischen Partei, die der Gewalt der eigenen Partei unterlagen, angeeignet; strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB, § 22a Abs. 1 Nr. 2 [X.] in Verbindung mit Teil B Nr. 29 Buchst. c der Anlage zu § 1 Abs. 1 [X.], § 9 Abs. 1 [X.], §§ 52, 53 StGB.

3

Der Ermittlungsrichter des [X.] hat mit Beschluss vom 18. November 2020 einen Antrag der Angeschuldigten auf Aufhebung des Haftbefehls abgelehnt, den Haftbefehl aufrechterhalten und die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet. Eine hiergegen eingelegte Beschwerde der Angeschuldigten hat das [X.] mit Beschluss vom 19. Februar 2021 mit der Maßgabe verworfen, dass die Angeschuldigte ausgehend von dem Lebenssachverhalt, der dem Haftbefehl vom 27. September 2018 zu Grunde liegt, der Mitgliedschaft in einer terroristischen [X.] im Ausland in neun Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit der Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe und in fünf weiteren Fällen in Tateinheit mit einem Kriegsverbrechen gegen Eigentum oder sonstige Rechte dringend verdächtigt sei.

4

Die Generalstaatsanwaltschaft [X.] hat mit Anklageschrift vom 15. März 2021 wegen der dem Haftbefehl zugrundeliegenden Tatvorwürfe und eines weiteren [X.] Anklage zum [X.] erhoben. Die Anklage legt der Angeschuldigten nunmehr zur Last, sich im [X.]raum vom 24. Juni 2014 bis August 2016 in [X.] der Mitgliedschaft in einer terroristischen [X.] im Ausland in zehn Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit dem Erwerb der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe und in sechs weiteren Fällen in Tateinheit mit einem Kriegsverbrechen gegen Eigentum oder sonstige Rechte strafbar gemacht zu haben.

5

Der Vorsitzende des 5. Strafsenats des [X.] hat am 22. März 2021 die Mitteilung der Anklageschrift verfügt und der Angeschuldigten und ihren Verteidigern eine Erklärungsfrist bis zum 30. April 2021 gesetzt. Für den Fall einer Eröffnung des Hauptverfahrens ist der Beginn der Hauptverhandlung für den 7. Juni 2021 vorgesehen.

6

Mit Beschluss vom 26. März 2021 hat der 5. Strafsenat des [X.] die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich gehalten und die Akten dem [X.] zur besonderen Haftprüfung vorgelegt. Der [X.] hat - ebenso wie die Generalstaatsanwaltschaft [X.] - die Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft gemäß §§ 121, 122 [X.] beantragt. Der Verteidiger der Angeschuldigten hat mit [X.] vom 30. März 2021 die Aufhebung, hilfsweise die Außervollzugsetzung des Haftbefehls beantragt.

II.

7

Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.

8

1. Die Angeschuldigte ist der ihr mit dem Haftbefehl zur Last gelegten Taten dringend verdächtig.

9

a) Nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen, der Gegenstand des Haftbefehls ist:

aa) Die in [X.] seit Februar 2011 gegen die Regierung von Präsident [X.] schwelenden Proteste eskalierten ab dem 15. März 2011 aufgrund des repressiven und gewaltsamen Vorgehens [X.] Sicherheitskräfte und Milizen sowie der [X.] gegen Demonstranten und Oppositionelle. Die dadurch bewirkte Militarisierung der Protestbewegung entwickelte sich zu einem bewaffneten [X.], der Anfang 2012 weite Teile des [X.] erfasste und sich zu einem großflächigen [X.] ausweitete. Spätestens seit dieser [X.] herrscht in [X.] ein nichtinternationaler bewaffneter Konflikt.

bb) Der [X.] ist eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich ursprünglich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen [X.] und die historische Region "ash-Sham" - die heutigen [X.] [X.], [X.] und [X.] sowie [X.] - umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden "Gottesstaat" unter Geltung der Sharia zu errichten und dazu die schiitisch dominierte Regierung im [X.] sowie das Regime des [X.] Präsidenten [X.] zu stürzen. Zivile Opfer nahm und nimmt sie bei ihrem fortgesetzten Kampf in Kauf, weil sie jeden, der sich ihren Ansprüchen entgegenstellt, als "Feind des Islam" begreift; die Tötung solcher "Feinde" oder ihre Einschüchterung durch Gewaltakte sieht die [X.] als legitimes Mittel des Kampfes an.

Die Führung der [X.], die sich mit der Ausrufung des "Kalifats" am 29. Juni 2014 von "[X.] im [X.] und in Großsyrien" ([X.]IG) in "[X.]" ([X.]) umbenannte - wodurch sie von der territorialen Selbstbeschränkung Abstand nahm -, hatte seit 2010 bis zu seiner Tötung im Oktober 2019 [X.] inne. Bei der Ausrufung des Kalifats war [X.] von seinem Sprecher zum "Kalifen" erklärt worden, dem die Muslime weltweit Gehorsam zu leisten hätten. Dem "Kalifen" unterstehen ein [X.]llvertreter sowie "Minister" als Verantwortliche für einzelne Bereiche, so ein "[X.]" und ein "Propagandaminister". Zur Führungsebene gehören außerdem beratende "[X.]". Veröffentlichungen werden in der Medienabteilung "[X.]" produziert und über die Medienstelle "[X.]" verbreitet, die dazu einen eigenen Twitter-Kanal und ein [X.] nutzt. Das auch von den Kampfeinheiten verwendete Symbol der [X.] besteht aus dem "Prophetensiegel", einem weißen Oval mit der Inschrift "[X.] - [X.] - [X.]" auf schwarzem Grund, überschrieben mit dem [X.] Glaubensbekenntnis. Die - zeitweilig mehreren tausend - Kämpfer sind dem "[X.]" unterstellt und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.

Seine Ziele setzte der [X.] durch offenen militärischen Bodenkampf im [X.] und in [X.] sowie durch Sprengstoff- und Selbstmordanschläge, aber auch durch Entführungen, Erschießungen und spektakulär inszenierte, grausame Hinrichtungen durch. Die [X.] teilte von ihr besetzte Gebiete in [X.] ein und richtete einen [X.] ein; diese Maßnahmen zielten auf die Schaffung totalitärer staatlicher Strukturen. Angehörige der [X.] und [X.] [X.], aber auch in Gegnerschaft zum [X.] stehender Oppositionsgruppen, ausländische Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen sowie Zivilisten, die den Herrschaftsanspruch des [X.] in Frage stellten, sahen sich Verhaftung, Folter und Hinrichtung ausgesetzt. Filmaufnahmen von besonders grausamen Tötungen wurden mehrfach vom [X.] zu Zwecken der Einschüchterung veröffentlicht. Darüber hinaus beging der [X.] immer wieder Massaker an Teilen der Zivilbevölkerung und außerhalb seines Machtbereichs Terroranschläge. So übernahm er auch für Anschläge in [X.], etwa in [X.], [X.], [X.] und [X.], die Verantwortung.

Im [X.] gelang es dem [X.] im Jahr 2014, etwa ein Drittel des Staatsterritoriums zu besetzen. Am 10. Juni 2014 erlangte er die Kontrolle über die Millionenstadt [X.], die bis zu der Offensive der von [X.] unterstützten [X.] [X.] Ende 2016 der zentrale Ort seiner [X.] [X.] war. In den Jahren 2013 und 2014 gelang es dem [X.] zudem, weite Teile im Norden und Osten [X.]s unter seine Gewalt zu bringen.

Seit Januar 2015 wurde die [X.] schrittweise erfolgreich zurückgeschlagen. So begann am 16. Oktober 2016 die Rückeroberung von [X.], die Anfang Juni 2017 abgeschlossen war. Am 27. August 2017 wurde der [X.] aus seiner letzten nord[X.] Hochburg in [X.] verdrängt; im Frühjahr 2019 verlor er auch die von ihm zuletzt noch kontrollierten Gebiete im Norden [X.]s. Der Anführer und selbsternannte "Kalif" des [X.] [X.] wurde in der Nacht vom 26. auf den 27. Oktober 2019 im Rahmen einer [X.] Militäraktion im Nordwesten [X.]s getötet. Zu seinem Nachfolger berief der [X.] kurz darauf [X.]. Heute hat der [X.] sein ehemaliges Herrschaftsgebiet in [X.] und im [X.] verloren, ohne dass aber die [X.] als solche zerschlagen wäre.

cc) Die Angeschuldigte, die 2009 zum Islam konvertiert war, radikalisierte sich spätestens ab 2013 in ihrem Glauben, nahm eine islamistisch-salafistische Grundhaltung ein und befürwortete die [X.] "[X.]" und deren Agieren. Sie entschloss sich spätestens im Juni 2014, gemeinsam mit    [X.], den sie 2013 in [X.] nach islamischem Ritus geehelicht hatte und der sich unter ihrem bestimmenden Einfluss ebenfalls dem [X.] zugewandt hatte, nach [X.] auszureisen, sich dort dem [X.] anzuschließen, fortan im Herrschaftsgebiet des [X.] zu leben und an der Festigung der Herrschaftsstrukturen des [X.] mitzuwirken. Über die [X.] gelangten beide in der Nacht vom 25. auf den 26. Juni 2014 mit vom [X.] organisierter und bezahlter Schleuserhilfe nach [X.] und wurden dort von einem Repräsentanten des [X.] in Empfang genommen. [X.]ließ sich vom [X.] als Kämpfer registrieren und absolvierte zunächst eine mehrwöchige militärische Ausbildung. Die Angeschuldigte, die sich zunächst "        " und später "        " nannte, gliederte sich gleichfalls in den [X.] ein und lebte währenddessen gemeinsam mit anderen zum [X.] ausgereisten Frauen in Wohnungen von [X.]-Funktionären in der Ortschaft a.   . Ab Ende August 2014 war [X.]als Kämpfer an verschiedenen Orten in [X.] für den [X.] tätig, wobei er in erster Linie Wachdienste verrichtete. Die Angeschuldigte lebte fortan mit [X.] zusammen und folgte diesem an seine verschiedenen Einsatzorte.

Die Angeschuldigte betrieb gemeinsam mit anderen zum [X.] ausgereisten Frauen zwei [X.]n für [X.]-Anhängerinnen, und zwar eine [X.] mit dem Namen "                          " und eine Telegram-Gruppe "           ", in denen das Leben im "Kalifat" beschönigt wurde. Teilnehmer der letztgenannten Gruppe waren auch Frauen, die sich in [X.] aufhielten, aber sich mit dem Gedanken trugen, gleichfalls zum [X.] auszureisen. Ihnen wurden in der [X.] praktische Tipps für eine Ausreise zum [X.] gegeben.

Die Angeschuldigte war darauf bedacht, Kritik am [X.] zu unterbinden und so die [X.] zu stärken: Als die ebenfalls aus [X.] zum [X.] ausgereiste Zeugin     S.     sich in einem von ihr betriebenen Internet-Blog kritisch über den [X.] äußerte, zeigte die Angeschuldigte sie bei einem [X.]-Gericht an und initiierte damit Ermittlungen des [X.] gegen die Zeugin, die dazu führten, dass diese ihren Blog aufgab.

Die Angeschuldigte und [X.] wurden beide vom [X.] alimentiert. Sie erhielten zusammen 80 bis 100 US-Dollar monatlich, wovon die Hälfte vom [X.] ausdrücklich der Angeschuldigten als Entlohnung für ihre Tätigkeit als Ehefrau eines [X.]-Kämpfers zugedacht war; zudem wurde ihnen vom [X.] kostenlos Wohnraum zur Verfügung gestellt.

(1) Die Angeschuldigte erwarb während ihres Aufenthaltes im [X.]-Gebiet in drei Fällen die tatsächliche Gewalt über Sturmgewehre "[X.]" ([X.]):

Nach Abschluss seiner militärischen Ausbildung unterwies [X.]sie im Umgang mit einem Maschinengewehr, um sie in die Lage zu versetzen, sich gegebenenfalls zu verteidigen und gegen Gegner des [X.] mit Waffengewalt vorzugehen. Die Angeschuldigte und [X.] begaben sich hierfür Ende August 2014 auf freies Gelände in der Nähe des Ortes a.   . Dort überließ [X.]der Angeschuldigten sein Sturmgewehr "[X.]" ([X.]) für Schießübungen. Unter seiner Anleitung schoss die Angeschuldigte mit dem Sturmgewehr mehrfach auf einen Ölkanister, den sie nach einigen vergeblichen Versuchen auch traf.

Ende August oder Anfang September 2014 überließ [X.]der Angeschuldigten zur eigenen Bewaffnung in der Ortschaft [X.]       ein Sturmgewehr "[X.]" ([X.]) [X.] Bauart, das ihm vom [X.] zur Verfügung gestellt worden war. Dieses Sturmgewehr führte die Angeschuldigte zu ihrem Schutz mit sich, während [X.]in der Region von [X.]       als [X.]-Kämpfer im Einsatz war.

Im September 2014, als die Angeschuldigte und [X.] in das syrische Dorf [X.]     verzogen, schenkte [X.]der Angeschuldigten ein schwarzes Sturmgewehr "[X.]" ([X.]) [X.] Bauart, das er für sie auf dem Basar in [X.]erworben hatte, zur eigenen Verwendung. Dieses Sturmgewehr mitsamt Munition hatte die Angeschuldigte bis kurz vor ihrem Verlassen des [X.]-Gebiets im August 2016 in ihrem Besitz. Zwar lehnte die Angeschuldigte einen ihr vom [X.] angebotenen Sprengstoffgürtel für den Fall einer Erstürmung des [X.]-Gebiets durch feindliche Truppen ab; mit dem Sturmgewehr wollte sie sich jedoch die Möglichkeit verschaffen, sich und den [X.] im Falle eines Angriffs gegnerischer Kräfte zu verteidigen. Die Angeschuldigte verwahrte das Sturmgewehr zugriffsbereit in ihrem Haus und führte es regelmäßig mit sich, wenn sie ihre Unterkunft verließ.

(2) Im Tatzeitraum wohnte die Angeschuldigte mit [X.] in verschiedenen Häusern oder Wohnungen, die ihnen als Mitglieder des [X.] von der [X.] kostenfrei zur Verfügung gestellt wurden oder die sie als Angehörige des [X.] mit ausdrücklicher Billigung der [X.] in Besitz nahmen und kostenfrei bewohnten, wobei sie auch das dort vorhandene Mobiliar und Inventar nutzten. Bei den Unterkünften handelte es sich - was die Angeschuldigte jeweils wusste - um Räumlichkeiten, in denen zuvor Angehörige der einheimischen Bevölkerung gewohnt hatten, die vor dem [X.] geflohen beziehungsweise von der [X.] getötet oder vertrieben worden waren, oder aber um Räumlichkeiten, die zuvor von gegnerischen Gruppierungen erlangt und genutzt worden waren, die vom [X.] im Zuge militärischer Auseinandersetzungen aus dem betreffenden Gebiet zurückgedrängt worden waren. Die Angeschuldigte und [X.] wollten die von ihnen besetzten Räumlichkeiten jeweils langfristig wie regulär Nutzungsberechtigte bewohnen, und zwar auch, um damit den Machtanspruch des [X.] in der betreffenden Gegend zum Ausdruck zu bringen und zu festigen.

Im Einzelnen kam es zur Inbesitznahme und Nutzung folgender Häuser und Wohnungen durch die Angeschuldigte und [X.]:

Anfang September 2014, nach Abschluss der militärischen Ausbildung ihres Mannes, bezog die Angeschuldigte gemeinsam mit diesem ein Haus, bestehend aus einem offenen Hof und zwei Wohnräumen und eingerichtet mit einer Einbauküche, in dem Dorf [X.]      , wo [X.] als [X.]-Kämpfer eingesetzt war. Das Haus wurde der Angeschuldigten und [X.] vom [X.] zugewiesen; die Eigentümer waren zuvor vor dem [X.] geflohen oder von diesem vertrieben worden. Entgegen ihren Planungen mussten die Angeschuldigte und [X.] das Haus und das Dorf jedoch schon nach wenigen Tagen verlassen, weil der [X.] einen Angriff von Kampftruppen der [X.] befürchtete und daher einen Rückzug anordnete. Sie verzogen in das in der Nähe befindliche Dorf [X.]    , in dessen Umgebung [X.]nunmehr eingesetzt war, und verblieben dort bis Anfang 2015.

Im Januar oder Februar 2015 bezogen die Angeschuldigte und [X.] zunächst ohne Einbeziehung der [X.]-Wohnungsverwaltung ein Haus in der unter der [X.] [X.] stehenden [X.]. Das Wohnhaus, in dem sich unter anderem eine Heizung und diverse Einrichtungsgegenstände befanden und das vor der Einnahme des Ortes durch den [X.] von einer gegnerischen Rebellengruppe als Verwaltungsgebäude genutzt worden war, war ihnen von dem [X.]-Mitglied "        " und seiner Ehefrau überlassen worden, die es bis dahin bewohnt hatten und nun in den [X.] Teil des [X.]-Herrschaftsgebiet übersiedelten. Die Angeschuldigte und [X.] zahlten den Vorbesitzern für die Überlassung des Hauses einen Betrag in Höhe von 500 US-Dollar als "Ablöse" und lebten mit nachträglicher Genehmigung der Inbesitznahme durch den [X.] über ein Jahr in dem Anwesen.

Als sich Truppen der [X.] der [X.] näherten, flohen die Angeschuldigte und [X.] im April 2016 in die [X.] M.     . Dort teilte ihnen die für [X.]-Kämpfer und ihre Familienangehörigen zuständige [X.]-Wohnungsverwaltung eine Ein-Zimmer-Wohnung zu. In dieser Wohnung lebten beide, bis kurdische Truppen auf die [X.] vorrückten und sie im Juni 2016 erneut fliehen mussten.

Die Angeschuldigte und [X.] kehrten nach a.    zurück, das zwischenzeitlich vom [X.] zurückerobert worden war. Da ihr altes Haus durch [X.] zerstört worden war, wies ihnen die örtliche [X.]-Administration eine andere Wohnung in der [X.] zu, in der beide einige Wochen lebten. Diese Wohnung befand sich in der ehemaligen Grundschule von a.   , welche vor der Einnahme des Ortes durch den [X.] von Truppen der [X.] als Verwaltungsgebäude genutzt worden war.

Wegen eines Beschusses von a.    durch die anrückende türkische [X.] und Kräfte der [X.] verließen die Angeschuldigte und [X.] Anfang Juli 2016 die [X.] erneut und gelangten in den vom [X.] gehaltenen [X.] Ort [X.].       . Dort zogen sie ohne Vermittlung der [X.]-Administration in ein Haus mit offenem, mauerlosen Hof. Die Angeschuldigte wohnte in diesen Räumlichkeiten bis August 2016.

Als die Situation für die Angeschuldigte im [X.]-Gebiet im Frühjahr 2016 wegen des Vordringens gegnerischer Kräfte zunehmend gefährlich wurde, entschloss sie sich, das Herrschaftsgebiet des [X.] zu verlassen. Nachdem [X.] im Juli 2016 wegen des Verdachts verhaftet worden war, er wolle sich vom [X.] lossagen, gelangte sie unter Vermittlung des [X.] Journalisten     [X.]    mit Hilfe von Schleusern Mitte August 2016 in ein seinerzeit von der [X.] gehaltenes syrisches Territorium, wo sie Unterkunft bei einer der [X.] nahestehenden [X.] Familie fand. Im [X.] 2020 floh sie mit erneuter Schleuserhilfe aus [X.] in die [X.] und kehrte am 2. Oktober 2010 nach [X.] zurück, wo sie bei ihrer Ankunft am Flughafen [X.] verhaftet wurde.

b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich in Bezug auf den Konflikt in [X.] und die außereuropäische terroristische [X.] "[X.]", wie dem Senat auch aus anderen Verfahren bekannt ist, insbesondere aus Gutachten des Sachverständigen Dr. [X.].    , umfangreichen Auswertevermerken des [X.] und Behördenerklärungen des Bundesnachrichtendienstes.

Hinsichtlich des dringenden Tatverdachts in Bezug auf die gegen die Angeschuldigte erhobenen Vorwürfe gilt:

Die Angeschuldigte hat sich im Rahmen von mehreren Beschuldigtenvernehmungen nach ihrer Rückkehr nach [X.] teilgeständig eingelassen. Sie hat dabei ihre Radikalisierung, ihre Ausreise zum [X.] im Juni 2014, ihre Alimentation durch den [X.], die Erlangung der Schusswaffen und das kostenfreie Wohnen in vom [X.] zur Verfügung gestellten oder mit Billigung des [X.] bezogenen Wohnungen weitgehend eingestanden.

Zwar hat die Angeschuldigte bestritten, die Zeugin S.     gegenüber dem [X.] denunziert zu haben. Ferner hat sie bestritten, [X.] habe ihr die schwarze [X.] [X.] Bauart geschenkt; es habe sich vielmehr um dessen Zweitwaffe gehandelt, die er gelegentlich zu Hause gelassen habe, die sie selbst aber nie geführt habe. Insofern aber ergibt sich der dringende Tatverdacht aus Bekundungen unter anderem der Zeugen     [X.]    ,      [X.],    Ö.    und     S.     sowie aus Angaben in dem Buch "[X.] - eine [X.] [X.]-Aussteigerin erzählt", das die Angeschuldigte nach eigenen Angaben und nach Bekundungen des Zeugen      [X.] gemeinsam mit diesem unter dem Pseudonym "[X.]" während ihres Aufenthaltes im Gebiet der [X.] nach Verlassen des [X.] verfasste und das im November 2017 erschien. In dem Buch schildert die Angeschuldigte die Schießübungen mit einer [X.] in der Nähe des Ortes a.    Ende August 2014 und die spätere Erlangung von zwei Sturmgewehren "[X.]", wobei sie die schwarze [X.] [X.] Bauart als ihre Waffe bezeichnet. Zudem beschreibt sie dort detailreich und den obigen Ausführungen entsprechend die Inbesitznahme der verschiedenen Wohnungen.

Wegen weiterer Umstände, die den dringenden Tatverdacht begründen, wird auf die Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen in der Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft [X.] vom 15. März 2021 Bezug genommen.

2. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus, dass sich die Angeschuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen [X.] in neun Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit dem Erwerb der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe ohne Genehmigung und in fünf weiteren Fällen in Tateinheit mit einem Kriegsverbrechen gegen Eigentum oder sonstige Rechte gemäß §§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB, § 22a Abs. 1 Nr. 2 [X.] in Verbindung mit Teil B Nr. 29 Buchst. c der Anlage zu § 1 Abs. 1 [X.], § 9 Abs. 1 Variante 3 [X.], §§ 52, 53 StGB, strafbar gemacht hat.

Soweit die Anklageschrift der Angeschuldigten einen weiteren Fall der Inbesitznahme von Wohnraum und damit ein weiteres Kriegsverbrechen nach § 9 Abs. 1 [X.] in Tateinheit mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer ausländischen terroristischen [X.] zur Last legt (Fall III. 6. der Anklageschrift; Inbesitznahme einer Wohnung in der Ortschaft [X.]     im [X.]raum September 2014 bis Januar 2015), hat dieser Tatvorwurf im Rahmen der vom Senat zu treffenden Haftfortdauerentscheidung außer Betracht zu bleiben, weil er nicht Gegenstand des Haftbefehls ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 6. Dezember 2017 - [X.], NStZ-RR 2018, 53, 54; vom 20. Oktober 2016 - AK 53/16, juris Rn. 6 ff.; [X.], 8. Aufl., § 121 Rn. 24).

a) Die Angeschuldigte ist der mitgliedschaftlichen Beteiligung am [X.] dringend verdächtig (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB).

Das gilt sowohl unter Zugrundelegung des früher nach der Rechtsprechung des [X.] maßgeblichen [X.]sbegriffs (vgl. dazu etwa [X.], Urteile vom 20. März 1963 - 3 StR 5/63, [X.]St 18, 296, 299 f.; vom 14. August 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 69 Rn. 123) als auch auf der Grundlage der Legaldefinition des § 129 Abs. 2 in Verbindung mit § 129a Abs. 1 StGB in der seit dem 22. Juli 2017 gültigen Fassung (vgl. § 2 Abs. 1, 3 StGB; [X.], Beschlüsse vom 9. Juni 2020 - AK 12/20, juris Rn. 24; vom 17. Oktober 2019 - AK 56/19, juris Rn. 27), die im Hinblick auf die Organisationsstruktur und die Willensbildung geringere Anforderungen stellt und den Begriff dadurch ausgeweitet hat.

Nach beiden Varianten setzt die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen [X.] nach § 129a Abs. 1 StGB eine gewisse formale Eingliederung des [X.] in die Organisation voraus. Sie kommt nur in Betracht, wenn der Täter die [X.] von innen und nicht lediglich von außen her fördert. Insoweit bedarf es zwar keiner förmlichen Beitrittserklärung oder einer förmlichen Mitgliedschaft. Notwendig ist aber, dass der Täter eine [X.]llung innerhalb der [X.] einnimmt, die ihn als zum Kreis der Mitglieder gehörend kennzeichnet und von den Nichtmitgliedern unterscheidbar macht. Dafür reicht allein eine Tätigkeit für die [X.], mag sie auch besonders intensiv sein, nicht aus; denn ein Außenstehender wird nicht allein durch eine Förderung der [X.] zu deren Mitglied. Die Mitgliedschaft setzt ihrer Natur nach eine Beziehung voraus, die einer [X.] nicht aufgedrängt werden kann, sondern ihre Zustimmung erfordert. Ein auf lediglich einseitigem Willensentschluss beruhendes Unterordnen und Tätigwerden genügt nicht, selbst wenn der Betreffende bestrebt ist, die [X.] und ihre kriminellen Ziele zu fördern. Die Annahme einer mitgliedschaftlichen Beteiligung scheidet daher aus, wenn die Unterstützungshandlungen nicht von einem einvernehmlichen Willen zu einer fortdauernden Teilnahme am [X.] getragen sind (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Juni 2019 - AK 27/19, juris Rn. 20; Urteil vom 14. August 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 69 Rn. 128).

Eine Beteiligungshandlung des Mitglieds kann darin bestehen, unmittelbar zur Durchsetzung der Ziele der [X.] beizutragen; sie kann auch darauf gerichtet sein, lediglich die Grundlagen für die Aktivitäten der [X.] zu schaffen oder zu erhalten. Ausreichend ist deshalb die Förderung von Aufbau, Zusammenhalt oder Tätigkeit der Organisation. In Betracht kommt etwa ein organisationsförderndes oder ansonsten vereinigungstypisches Verhalten von entsprechendem Gewicht. In Abgrenzung hierzu fehlt es in Fällen einer bloß formalen oder passiven, für das Wirken der [X.] bedeutungslosen Mitgliedschaft grundsätzlich an einem aktiven mitgliedschaftlichen Beteiligungsakt (vgl. [X.], Beschluss vom 15. Mai 2019 - AK 22/19, NJW 2019, 2552 Rn. 24 mwN).

Daran gemessen besteht bei einer Gesamtwürdigung der bislang ermittelten Umstände der dringende Tatverdacht, dass sich die Angeschuldigte zum einen einvernehmlich in den [X.] eingliederte und zum anderen nicht lediglich passives Mitglied des [X.] war, sondern vereinigungstypische Tätigkeiten für dessen Zwecke entfaltete.

Hierbei ist im Rahmen einer Gesamtschau insbesondere Folgendes von Bedeutung: Die Angeschuldigte begab sich nach dem derzeitigen Ermittlungsstand freiwillig und aus eigenem Antrieb in das syrische [X.]-Gebiet, um sich dort der von ihr gutgeheißenen [X.] [X.] anzuschließen und am Aufbau eines [X.] Staates mitzuwirken. Ihre Einreise in das [X.]-Gebiet gemeinsam mit [X.], die maßgeblich auf ihre Initiative zurückging, wurde vom [X.] organisatorisch unterstützt, der auch die Schleuser bezahlte. Während [X.], der sich erst unter dem bestimmenden Einfluss der Angeschuldigten dem [X.] zugewandt hatte, von der [X.] militärisch ausgebildet wurde, wurde die Angeschuldigte vom [X.] in Wohnungen von [X.]-Funktionären untergebracht. Nicht nur [X.], sondern auch die Angeschuldigte wurde vom [X.] alimentiert; der [X.] leistete regelmäßige Geldzahlungen für beide und stellte beiden kostenlosen Wohnraum zur Verfügung. Soweit die Angeschuldigte und [X.] eigenständig Wohnraum in Besitz nahmen, gestattete der [X.] ihnen dies, und zwar auch, um damit die Gebietsansprüche des [X.] zu festigen und die Rückeroberung der Gebiete zu erschweren. Die einvernehmliche Eingliederung der Angeschuldigten in den [X.] manifestiert sich ferner darin, dass die Angeschuldigte nach Angaben in ihrem Buch die Möglichkeit hatte, an einem "Patrouillendienst von [X.]-Frauen" mitzuwirken, dass sie gemeinsam mit [X.] ihre Wohnorte nach Vorgaben der [X.] wechselte, dass ihr vom [X.] ein Sprengstoffgürtel angeboten wurde und dass sie von [X.] mit Sturmgewehren ausgestattet wurde, die sie von ihm unabhängig in Besitz hatte und führte. Hinzu kommt, dass sie sich an [X.]n beteiligte, in denen die Vorzüge eines Lebens unter der [X.] [X.] propagiert wurden, und dass sie Aktivitäten der gleichfalls zum [X.] ausgereisten [X.] Staatsangehörigen     S.    , die sie als für den [X.] nachteilig erachtete, gegenüber der [X.] zur Anzeige brachte und damit ein Vorgehen des [X.] gegen die Zeugin initiierte. Zudem hielt sich die Angeschuldigte über einen [X.]raum von zwei Jahren aus eigenem Antrieb im Herrschaftsgebiet des [X.] auf und verließ dieses nur, weil die [X.] militärisch zurückgedrängt wurde und die Angeschuldigte den mit den militärischen Auseinandersetzungen verbundenen zunehmenden Gefahren für sich entkommen wollte. In Anbetracht dessen ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts davon auszugehen, dass die Angeschuldigte einvernehmlich in die [X.] aufgenommen wurde.

Angesichts dieser Gesamtumstände stellen sich die der Angeschuldigten zur Last gelegten Aktivitäten im [X.]-Herrschaftsgebiet als aktive mitgliedschaftliche Beteiligungsakte dar; mit ihren Aktivitäten im [X.]-Herrschaftsgebiet förderte die Angeschuldigte bewusst und gewollt die Ziele der [X.]. Aufgrund ihrer Schulung im Umgang mit einem Sturmgewehr und ihres längeren Besitzes zweier dieser Waffen war die Angeschuldigte in der Lage, nicht nur sich selbst, sondern auch den von ihr vertretenen Herrschaftsanspruch der [X.] gegen Angriffe gegnerischer Kräfte zu verteidigen. Indem die Angeschuldigte gemeinsam mit [X.] als (ausländische) [X.]-Angehörige erkennbar Wohnraum im [X.]-Gebiet bezog, manifestierte und festigte sie die Gebietshoheit des [X.], so dass auch diese Aktivitäten mitgliedschaftliche Beteiligungshandlungen waren (vgl. [X.], Beschlüsse vom 9. Juni 2020 - AK 12/20, juris Rn. 26; vom 15. Mai 2019 - AK 22/19, NJW 2019, 2552 Rn. 27). Auch das Führen des gemeinsamen Haushalts für ihren als Kämpfer tätigen Mann stellt sich angesichts der aus den dargelegten weiteren Umständen folgenden mitgliedschaftlichen Einbindung der Angeschuldigten in den [X.] und ihres Zieles, im Rahmen der ihr vom [X.] zugedachten Rolle als Ehefrau die [X.] zu fördern, nicht lediglich als bloße alltägliche Verrichtung ohne Organisationsbezug dar (vgl. [X.], Beschlüsse vom 17. Februar 2021 - AK 7/21, juris Rn. 22; vom 9. Februar 2021 - AK 5/21, juris Rn. 25; vom 30. Juni 2020 - AK 14/20, juris Rn. 25 f.; vom 9. Juni 2020 - AK 12/20, juris Rn. 26; vom 13. Juni 2019 - AK 27/19, juris Rn. 21 f.; vom 15. Mai 2019 - AK 22/19, NJW 2019, 2552 Rn. 26). Die Angeschuldigte erfüllte damit nicht lediglich die "häuslichen Pflichten", die sich aus dem Zusammenleben mit ihrem Ehemann nach islamischem Ritus ergaben (vgl. zu dieser Konstellation [X.], Beschlüsse vom 23. Juni 2020 - StB 20/20; vom 23. Juni 2020 - StB 19/20; vom 22. März 2018 - StB 32/17, NStZ-RR 2018, 206, 207).

Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2 und 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von Mitgliedern des [X.] hat das [X.] am 13. Oktober 2015 erteilt.

b) Die Angeschuldigte erwarb in den drei dargestellten Fällen die Gewalt über Sturmgewehre "[X.]" ([X.]) von [X.]. Es ist daher im Sinne eines dringenden Tatverdachts von einem Erwerb der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen ohne Genehmigung nach dem [X.] (§ 22a Abs. 1 Nr. 2 [X.]) in drei Fällen und nicht - wie im Beschluss des [X.] vom 19. Februar 2021 angenommen - von der Ausübung der tatsächlichen Gewalt über solche (§ 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a [X.]) auszugehen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 3. Dezember 2014 - 4 StR 335/14, juris; vom 22. Juli 2009 - 2 [X.], juris; MüKoStGB/[X.], 3. Aufl., § 22a [X.] Rn. 71). Sturmgewehre des Typs "[X.]" ([X.]) sind Kriegswaffen im Sinne von Teil B Nr. 29 Buchst. c der Anlage zu § 1 Abs. 1 [X.].

c) Die Angeschuldigte hat sich in fünf weiteren Fällen mit hoher Wahrscheinlichkeit eines Kriegsverbrechens gegen Eigentum und sonstige Rechte nach § 9 Abs. 1 Variante 3 [X.] schuldig gemacht. Gemeinschaftlich mit [X.] (§ 2 [X.] i.V.m. § 25 Abs. 2 StGB) eignete sie sich Häuser und Wohnungen an, die - wie sie wusste - zuvor vertriebene oder getötete Angehörige der gegnerischen Zivilbevölkerung bewohnt hatten oder die von gegnerischen Gruppierungen genutzt worden waren. Es handelte sich hierbei jeweils um Sachen der gegnerischen Konfliktpartei, die der Gewalt der eigenen Partei, des [X.], unterlagen; dieser ist im Verhältnis zur Zivilbevölkerung der von ihm okkupierten Gebiete und im Verhältnis zu vom [X.] bekämpften anderen Konfliktparteien als Gegner anzusehen. Dem dringenden Tatverdacht steht nicht entgegen, dass es sich bei dem von der Angeschuldigten während ihres zweiten Aufenthaltes in a.    bewohnten Objekt ursprünglich um eine (syrische) Grundschule - und damit möglicherweise syrisches Staatseigentum - handelte und dieses Objekt sowie das Wohnhaus, das die Angeschuldigte bei ihrem ersten Aufenthalt in diesem Ort bewohnte, vor der (erneuten) Einnahme des Ortes durch den [X.] von einer anderen nichtstaatlichen Konfliktpartei als Verwaltungsgebäude genutzt worden waren. § 9 Abs. 1 [X.] erfasst grundsätzlich auch gegnerisches staatliches Eigentum (vgl. MüKoStGB/[X.], 3. Aufl., § 9 [X.] Rn. 1, 10; [X.], Völkerstrafrecht, 5. Aufl., Rn. 1373); zudem ist die Vorschrift nicht auf eine erstmalige Aneignung beschränkt ([X.], Beschluss vom 4. April 2019 - AK 12/19, NStZ-RR 2019, 229, 230). Die Aneignungen durch die Angeschuldigte und [X.] hatten nicht nur einen erheblichen Umfang, sondern waren auch darauf angelegt, die Sachen den rechtmäßigen bisherigen Bewohnern oder jedenfalls ursprünglichen rechtmäßigen Nutzern ohne deren Willen dauerhaft zu entziehen. Schließlich standen die [X.] der Häuser und Wohnungen mit dem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt in dem für die Tatbestandsverwirklichung erforderlichen funktionalen Zusammenhang, waren völkerrechtlich nicht gerechtfertigt und auch nicht durch die Erfordernisse des bewaffneten Konflikts geboten (vgl. zum Ganzen [X.], Beschlüsse vom 9. Februar 2021 - AK 5/21, juris Rn. 27; vom 9. Juni 2020 - AK 12/20, juris Rn. 28; vom 15. Mai 2019 - AK 22/19, NJW 2019, 2552 Rn. 28 f.; vom 4. April 2019 - AK 12/19, NStZ-RR 2019, 229, 230 f. mwN).

d) Für die konkurrenzrechtliche Beurteilung der verschiedenen verwirklichten Straftatbestände gilt:

Die mitgliedschaftlichen Beteiligungsakte, die auch den Tatbestand einer anderen Strafvorschrift erfüllen und der Zwecksetzung der [X.] oder ihren sonstigen Interessen dienen, stehen gemäß § 52 Abs. 1 Alternative 1 StGB in Tateinheit mit der jeweils gleichzeitig verwirklichten mitgliedschaftlichen Beteiligung, jedoch - soweit sich nach allgemeinen Grundsätzen nichts anderes ergibt - sowohl untereinander als auch zu der Gesamtheit der sonstigen mitgliedschaftlichen [X.] ([X.], Beschluss vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, [X.]St 60, 308 Rn. 23 ff.).

Die Kriegswaffendelikte und die unabhängig davon verwirklichten Kriegsverbrechen stehen zueinander in [X.] (vgl. [X.], Beschlüsse vom 9. Februar 2021 - AK 5/21, juris Rn. 48; vom 9. Juni 2020 - AK 12/20, juris Rn. 31; vom 17. Oktober 2019 - StB 26/19, juris Rn. 32; vom 10. August 2017 - AK 35/17 u.a., juris Rn. 37 mwN). Sowohl der Waffenbesitz als auch der Einzug in die verschiedenen Wohnungen lagen - wie bereits dargetan - im Interesse des [X.]. Die Kriegswaffendelikte und die Kriegsverbrechen stellen damit zugleich mitgliedschaftliche Beteiligungsakte im Sinne der § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB dar und sind daher für sich jeweils in Tateinheit im Sinne des § 52 StGB zur Mitgliedschaft verwirklicht (vgl. [X.], Beschlüsse vom 9. Februar 2021 - AK 5/21, juris Rn. 48; vom 9. Juni 2020 - AK 12/20, juris Rn. 31; vom 4. März 2020 - StB 7/20, Rn. 45; vom 15. Mai 2019 - AK 22/19, NJW 2019, 2552 Rn. 30).

In [X.] (§ 53 StGB) dazu treten die fortdauernden, keinen weiteren Straftatbestand erfüllenden mitgliedschaftlichen Beteiligungsakte (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Oktober 2019 - StB 26/19, juris Rn. 30 ff. mwN).

e) [X.] Strafrecht ist nach gegenwärtigem Stand der Ermittlungen anwendbar. Dies folgt für die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer ausländischen terroristischen [X.] entweder unmittelbar aus § 129b Abs. 1 Satz 2 Variante 2 StGB (vgl. [X.], Beschluss vom 31. Juli 2009 - StB 34/09, [X.]R StGB § 129b Anwendbarkeit 1) oder - ebenso wie für die Verstöße gegen das [X.] - aus § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB, weil die Angeschuldigte [X.] ist und das Gebiet, in dem sie sich als Mitglied des [X.] beteiligte, im Tatzeitraum keiner effektiven staatlichen Strafgewalt unterlag (vgl. näher [X.], Beschlüsse vom 9. Juni 2020 - AK 12/20, juris Rn. 32; vom 17. Oktober 2019 - AK 56/19, juris Rn. 55; vom 17. Oktober 2019 - StB 26/19, juris Rn. 28; vom 6. Oktober 2016 - AK 52/16, juris Rn. 33 ff.). Im Übrigen ist der [X.] an eine terroristische Organisation gemäß Art. 1 und 3 des [X.] Anti-Terror-Gesetzes Nr. 19 vom 28. Juni 2012, das die zuvor geltenden Vorschriften über die Strafbarkeit einer Mitgliedschaft in einer terroristischen [X.] nach Art. 304 bis 306 des [X.] Strafgesetzbuchs ersetzt hat, auch in [X.] mit Strafe bedroht ([X.], Beschlüsse vom 30. Juni 2020 - AK 14/20, juris Rn. 27; vom 13. Juni 2019 - AK 27/19, juris Rn. 23). Gleiches gilt hinsichtlich der Verstöße gegen das [X.] im Hinblick auf §§ 39, 41 des [X.] [X.] [X.] vom 24. September 2001 ([X.], Beschluss vom 30. Juni 2020 - AK 14/20, juris Rn. 27). Die Kriegsverbrechen nach § 9 Abs. 1 [X.] unterfallen nach § 1 [X.] dem Weltrechtsprinzip ([X.], Beschlüsse vom 9. Juni 2020 - AK 12/20, juris Rn. 33; vom 15. Mai 2019 - AK 22/19, NJW 2019, 2552 Rn. 31).

3. Es sind die Haftgründe der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sowie - bei der gebotenen restriktiven Auslegung des § 112 Abs. 3 [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Januar 2019 - AK 57/18, juris Rn. 30 ff.; [X.]/[X.], [X.], 63. Aufl., § 112 Rn. 37 mwN) - der [X.] gegeben. Es ist wahrscheinlicher, dass sich die Angeschuldigte - sollte sie auf freien Fuß gelangen - dem Strafverfahren entziehen, als dass sie sich ihm stellen wird.

Die Angeschuldigte hat angesichts der gegen sie erhobenen schwerwiegenden Tatvorwürfe im Falle ihrer Verurteilung mit einer erheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen, zumal es sich bei dem [X.] um eine jedenfalls im Tatzeitraum besonders gefährliche und grausam vorgehende terroristische [X.] handelte. Dem davon ausgehenden Fluchtanreiz stehen keine hinreichenden fluchthemmenden Umstände entgegen.

Zwar ist die Angeschuldigte freiwillig nach [X.] zurückgekehrt und hat sich im Rahmen mehrerer Beschuldigtenvernehmungen teilgeständig eingelassen. Doch verfügt sie in der [X.] über keine nennenswerten familiären oder sonstigen [X.] Bindungen. Von ihrem afghanischen Ehemann, mit dem sie weiterhin standesamtlich verheiratet ist, trennte sie sich bereits kurz nach der Vermählung und lange vor ihrer Ausreise zum [X.]. Vor ihrer Ausreise aus [X.] 2014 hatte sie kaum Kontakt zu Familienangehörigen; ihre wesentliche Bezugsperson war ihr Ehemann nach islamischem Ritus    [X.], der nicht nach [X.] zurückgekehrt ist. Von dessen Familie wurde sie wegen ihrer radikal-islamistischen Haltung abgelehnt. Zwar hat ihre Mutter sich bereiterklärt, die Angeschuldigte im Falle einer Freilassung vorübergehend bei sich aufzunehmen, doch dies erst nach längerem Zögern und reiflicher Überlegung, was eine fehlende Einbindung der Angeschuldigten in ihre Herkunftsfamilie, die fluchthemmend wirken könnte, nur unterstreicht. Dies gilt auch deshalb, weil es bislang keine Besuchskontakte zwischen der inhaftierten Angeschuldigten und Familienangehörigen gegeben hat. Die Angeschuldigte lebte vor ihrer Ausreise zum [X.] ohne festen Wohnsitz in einem Frauenhaus. Sie verfügt zudem über keine berufliche Verankerung, denn sie hat weder einen Schulabschluss erlangt noch eine Ausbildung absolviert und war vor ihrer Ausreise erwerbslos.

Der Zweck der Untersuchungshaft kann unter den gegebenen Umständen nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 Abs. 1 [X.] - die bei verfassungskonformer Auslegung auch im Rahmen des § 112 Abs. 3 [X.] möglich sind - erreicht werden.

4. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 [X.]) sind gegeben. Der Umfang der Ermittlungen hat ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigt den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft. Das Verfahren ist bislang mit der in Haftsachen gebotenen besonderen Beschleunigung geführt worden.

Die nach der Rückkehr der Angeschuldigten nach [X.] und ihrer Inhaftierung am 2. Oktober 2020 veranlassten Ermittlungen waren besonders umfangreich und zeitintensiv; die Akten umfassen derzeit 21 [X.]hordner. Seit der Invollzugsetzung des Haftbefehls sind mehrere Beschuldigtenvernehmungen der Angeschuldigten erfolgt, die sich umfassend zu den gegen sie erhobenen Tatvorwürfen eingelassen hat, und acht Zeugen vernommen worden. Es sind zudem mehrere Mobiltelefone ausgewertet, diverse Medienberichte gesichert, Finanzermittlungen durchgeführt und verschiedene islamwissenschaftliche Vermerke gefertigt worden. Die polizeilichen Ermittlungen sind mit Vorlage eines polizeilichen Abschlussberichts am 3. März 2021 beendet worden. Die 70 Seiten umfassende Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft [X.] ist am 15. März 2021 fertiggestellt worden und am 19. März 2021 beim zuständigen [X.] eingegangen. Der Vorsitzende des zuständigen 5. Strafsenats des [X.] hat der Angeschuldigten und ihren Verteidigern mit der Anordnung der Zustellung der Anklageschrift am 22. März 2021 eine Erklärungsfrist bis zum 30. April 2021 gesetzt und zugleich für den Fall der Eröffnung des Hauptverfahrens einen Beginn der Hauptverhandlung am 7. Juni 2021 und weitere elf Hauptverhandlungstage zunächst bis Mitte August 2021 in Aussicht gestellt.

5. Schließlich steht die Untersuchungshaft nach Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht der Angeschuldigten einerseits sowie dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit andererseits nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 [X.]).

Schäfer                    [X.]

Meta

AK 30/21

20.04.2021

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

§ 129a Abs 1 Nr 1 StGB, § 129b Abs 1 S 1 StGB, § 129b Abs 1 S 2 StGB, § 22a Abs 1 Nr 2 KrWaffKontrG, § 9 Abs 1 Alt 3 VStGB, § 112 StPO, § 117 StPO, § 120 StPO, § 121 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.04.2021, Az. AK 30/21 (REWIS RS 2021, 6771)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 6771

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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