Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.05.2016, Az. B 11 AL 11/16 B

11. Senat | REWIS RS 2016, 10954

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache - Verfassungswidrigkeit des § 180 Abs 4 SGB 3 - Berufsfreiheit)


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 22. Dezember 2015 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt Leistungen zur Förderung der Umschulung zum Gesundheits- und Krankenpfleger für das dritte Ausbildungsjahr seiner am 1.10.2012 begonnenen Ausbildung. Für den Zeitraum vom 1.10.2012 bis 30.9.2014 gewährte die Beklagte dem Kläger "Leistungen für die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme" in Höhe von insgesamt 3865,62 Euro zur Deckung der Lehrgangs-, Kinderbetreuungs- und Fahrtkosten ([X.] vom 2.11.2012, zuletzt geändert mit [X.] vom 13.8.2014). Zudem erhielt der Kläger von der Ausbildungsstelle eine Ausbildungsvergütung, die nach dem Ausbildungsvertrag im dritten Ausbildungsjahr 810,47 Euro monatlich betrug. Den Antrag des [X.] auf Förderung des dritten Ausbildungsjahres lehnte die Beklagte unter Hinweis auf § 180 Abs 4 [X.] ab ([X.] vom 15.7.2014; Widerspruchsbescheid vom 2.9.2014). Klage und Berufung blieben erfolglos (Urteil des [X.] vom 7.5.2015; Beschluss des [X.] vom 22.12.2015). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das [X.] ausgeführt, für den geltend gemachten Anspruch fehle es an einer gesetzlichen Grundlage; nach § 180 Abs 4 [X.] sei nur ein Maßnahmeteil von bis zu 2/3 einer 3-jährigen Ausbildung förderungsfähig. Dies verstoße weder gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG, noch ergebe sich ein Anspruch auf staatliche Finanzierung einer Ausbildung aus Art 12 Abs 1 GG oder dem Sozialstaatsgebot.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er macht als grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, § 180 Abs 4 [X.] verstoße gegen Art 12 GG und sei deshalb nicht anwendbar. Außerdem weiche der Beschluss des [X.] von Entscheidungen des BSG ab.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Beschwerde konnte daher ohne Zuziehung [X.] verworfen werden (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG, § 169 SGG).

4

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - ggf sogar des Schrifttums - angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur [X.]-1500 § 160a [X.] mwN).

5

Die Beschwerdebegründung des [X.] wird diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Sinngemäß formuliert er zwar die Rechtsfrage, ob § 180 Abs 4 [X.] mit Art 12 GG vereinbar sei. Nach seinem Vorbringen lässt sich aber weder die Klärungsfähigkeit noch die Klärungsbedürftigkeit der Frage beurteilen. So fehlt es schon an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Art 12 GG und insbesondere seiner Ausprägung als Abwehrrecht, das keine Ansprüche auf finanzielle Unterstützung begründet (so ausdrücklich - vom Kläger auch zitiert - [X.], 275, 281 = [X.]-4100 § 56 [X.], 7; [X.], 128, 130 = [X.]-4100 § 56 [X.], 149; allgemein [X.]/[X.], Grundgesetz, 13. Aufl 2014, Art 12 RdNr 100; [X.] in Dreier, [X.], [X.], 3. Aufl 2013, Art 12 RdNr 59 ff und 167 ff). Zudem übersieht der Kläger, dass eine Weiterbildungsförderung überhaupt nur in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen des § 81 [X.], der der [X.] im Übrigen Ermessen einräumt, vorliegen, und dass § 180 [X.] nur ergänzende Anforderungen regelt. Er hätte daher - unbeschadet der verfassungsrechtlichen Beurteilung von § 180 Abs 2 [X.] - darstellen müssen, ob ein Anspruch auf zusätzliche Weiterbildungsförderung überhaupt besteht. Insoweit genügt es nicht, wenn der Kläger unter Hinweis auf die bisherige - 2-jährige - Förderung behauptet, die anderen gesetzlichen Voraussetzungen für die Förderung seien "unstreitig" gegeben. Nach den Ausführungen des [X.] lässt sich zudem nicht beurteilen, auf welche konkreten Leistungen sich der Anspruch erstrecken soll. Dies ist unklar vor dem Hintergrund, dass nach den Feststellungen des [X.] die Weiterbildung zum Zeitpunkt dessen Entscheidung bereits beendet gewesen sein dürfte.

6

Eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 [X.] SGG hat der Kläger ebenfalls nicht in der gebotenen Weise gerügt. Hierzu bedarf es der Darlegung, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des [X.] von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des [X.] oder des [X.] abweicht und dass die Entscheidung auf der Abweichung beruht (vgl nur BSG [X.] 1500 § 160a [X.]; [X.]-1500 § 160a [X.]). Vorliegend lässt sich anhand der Beschwerdebegründung schon nicht nachvollziehen, wo im Einzelnen die Widersprüche zwischen den dargestellten Ausführungen des [X.] und den zahlreichen wörtlichen Zitaten aus den beiden genannten Urteilen des BSG liegen sollen, wenn - wie bereits dargelegt - eine Ableitung von Leistungsansprüchen aus Art 12 GG auch vom BSG ausdrücklich abgelehnt wird. Mangels ausreichender Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit der genannten rechtlichen Aussagen lässt sich im Übrigen - ebenso wenig, wie im Rahmen der Prüfung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache - nicht beurteilen, ob die Entscheidung des [X.] überhaupt auf der Abweichung beruhen kann.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Meta

B 11 AL 11/16 B

25.05.2016

Bundessozialgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Oldenburg (Oldenburg), 7. Mai 2015, Az: S 41 AL 184/14, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 180 Abs 4 SGB 3, Art 12 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.05.2016, Az. B 11 AL 11/16 B (REWIS RS 2016, 10954)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10954

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