Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.12.2015, Az. B 6 KA 23/15 B

6. Senat | REWIS RS 2015, 972

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Gegenstand

Vertragsärztliche Versorgung - einheitlicher Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (juris: EBM-Ä 2005) - keine ausdehnende Auslegung bzw analoge Anwendung


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 25. Februar 2015 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über die Honorierung der Leistungen des [X.] für das Quartal I/2006, die dieser in der [X.] Notfallpraxis am [X.] (im Folgenden: [X.]) erbracht hat. Bei der [X.] handelt es sich um eine Einrichtung niedergelassener Hausärzte in Zusammenarbeit mit dem [X.], die die allgemeine Notfallbehandlung sichern und die Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus und Hausarzt verbessern soll. Die Praxis hat an Wochenenden und Feiertagen von 9:00 bis 21:00 Uhr geöffnet. Die Leistungen erbringt der Kläger dort neben seiner regulären vertragsärztlichen Tätigkeit und neben der Teilnahme an dem von der beklagten [X.] in Wahrnehmung ihres Sicherstellungsauftrages organisierten Notdienst.

2

Mit [X.] vom [X.] setzte die Beklagte das Honorar des [X.] für das Quartal I/2006 fest und nahm mit [X.] vom 29.8.2006 eine sachlich-rechnerische Richtigstellung ua dahingehend vor, dass die vom Kläger für seine Tätigkeit in der [X.] abgerechneten Leistungen nach den [X.], 01101, 03313, 03351 und 01821 des für das Quartal I/2006 geltenden Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen ([X.] aF) nicht vergütet wurden. Auf den Widerspruch des [X.] nahm die Beklagte mit [X.] vom 30.1.2008 eine Korrektur zugunsten des [X.] vor und vergütete ua mehrere Leistungen nach der [X.] 01102 [X.] aF. Mit [X.] vom 19.8.2008 erfolgte eine teilweise Abhilfe bezüglich der [X.] 03120 [X.] aF. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.9.2008 wies die Beklagte den Widerspruch im Übrigen zurück. Das [X.] verurteilte die Beklagte hinsichtlich zwölf Leistungen nach [X.] 01821 [X.] aF und wies die Klage im Übrigen ab (Urteil des [X.] vom 13.4.2011). Auf die Berufung des [X.] hat das L[X.] das Urteil des [X.] abgeändert und die Beklagte unter Abänderung der streitgegenständlichen [X.]e verurteilt, über die Honorarabrechnung des [X.] für das Quartal I/2006 mit der Maßgabe erneut zu entscheiden, dass sieben Leistungen nach der [X.] 03313 [X.] aF zu vergüten sind. Im Übrigen wurde die Berufung zurückgewiesen (Urteil des L[X.] vom 25.2.2015). Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die hilfsweise begehrte Neubescheidung unter Berücksichtigung von Leistungen, die nach den [X.] und 01101 [X.] aF anzusetzen gewesen seien. Hierzu sei auf die Entscheidung des B[X.] zur Abrechnung der sog "[X.]" für die Leistungen im Krankenhaus zur Notfallversorgung (B[X.] [X.] 4-2500 § 76 [X.] 2 Rd[X.] 12) und auf die Entscheidung des 1. Senats des L[X.] Hamburg (L[X.] Hamburg Urteil vom 7.6.2012 - L 1 KA 59/09) zu verweisen.

3

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 [X.] 1 [X.]G) geltend.

4

II. Die Beschwerde des [X.] ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs 2 [X.] 1 [X.]G ist nicht ausreichend dargelegt.

5

1. Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss nach den aus § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G abzuleitenden Darlegungsanforderungen in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet (vgl B[X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.] 21 S 37 f; B[X.]E 40, 158 = [X.] 1500 § 160a [X.] 11 S 14) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl B[X.] [X.] 4-1500 § 153 [X.] 3 Rd[X.] 13 mwN). Den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G wird bei der Grundsatzrüge nur genügt, wenn der Beschwerdeführer eine Frage formuliert, deren Beantwortung nicht von den Umständen des Einzelfalles abhängt, sondern mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden könnte (zu dieser Anforderung vgl B[X.] [X.] 1500 § 160a [X.] 7 S 10).

6

Der Kläger hat in seiner Begründung bereits keine konkrete Rechtsfrage formuliert. Einleitend macht er lediglich geltend, dass die "sich auf materielles Recht beziehende Rechtssache (Honorierung der Tätigkeit des [X.] in der '[X.] Notfallpraxis am [X.] )" grundsätzliche Bedeutung habe. Zum Ende der Begründung bezieht er sich allgemein auf die "Rechtsfrage betreffend die Honorierung dieser [X.]-Leistungen". Damit ist jedoch noch keine Rechtsfrage dargelegt, da allein durch den Verweis auf die Honorierung der [X.]-Leistungen das konkrete Rechtsproblem nicht hinreichend umrissen ist. In der weiteren Begründung beschränkt sich der Kläger auf Feststellungen dahingehend, dass die Beklagte die "[X.]-Leistungen so zu honorieren hat, wie sie die Leistungen der von ihr selbst organisierten [X.] [X.] am Krankenhaus honoriert". Auch dies beinhaltet keine Rechtsfrage. In seiner Begründung, dass die [X.]-Leistungen und die von den - durch die Beklagte organisierten - [X.] [X.] am Krankenhaus erbrachten Leistungen strukturell identisch seien und deshalb eine unterschiedliche Honorierung gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoße, legt er lediglich seine vom L[X.] abweichende Rechtsauffassung dar, ohne eine konkrete Frage zu formulieren.

7

2. Wenn man aus den Ausführungen des [X.] die sinngemäße Rechtsfrage herauslesen würde, ob die [X.]-Leistungen genauso zu vergüten sind, wie die Leistungen, die in den von der [X.] organisierten hausärztlichen [X.] am Krankenhaus vergütet werden, fehlte es jedenfalls an der Darlegung der Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) und der Klärungsbedürftigkeit.

8

a. Sofern es dem Kläger darum geht, dass die [X.]-Leistungen über die "Notfallziffern" [X.] 01210 (Notfallpauschale im organisierten Not(fall)dienst und Notfallpauschale für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser), 01100 (unvorhergesehene Inanspruchnahme des Vertragsarztes durch einen Patienten zwischen 19:00 und 22:00 Uhr, an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen, am 24.12. und 31.12. zwischen 7:00 und 19:00 Uhr) und 01101 (unvorhergesehene Inanspruchnahme des Vertragsarztes durch einen Patienten zwischen 22:00 und 7:00 Uhr, an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen, am 24.12. und 31.12. zwischen 19:00 und 7:00 Uhr) [X.] aF abgerechnet werden können, fehlt es an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Der Vortrag des [X.], die [X.]-Leistungen seien einerseits strukturell identisch mit den Leistungen im organisierten Notdienst am Krankenhaus und andererseits als Fortsetzung der hausärztlichen Praxis am Wochenende zu verstehen, ist bereits widersprüchlich. Soweit der Kläger meint, es komme eine analoge Anwendung der Gebührenziffer in Betracht, fehlt es an einer Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Senats, wonach Leistungsbeschreibungen des [X.] aF weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden dürfen (vgl zB B[X.] [X.] 4-2500 § 87 [X.] 5 Rd[X.] 11 mwN; B[X.] [X.] 4-5531 [X.] 7120 [X.] 1 Rd[X.] 11). Wenn der Kläger insoweit "Regelungsbedarf" sieht, ist nicht dargetan, was er mit dem angestrebten Revisionsverfahren erreichen könnte.

9

b. Soweit es dem Kläger darum geht, abweichend von § 10 Abs 1 des zum maßgeblichen Zeitraum gültigen Honorarverteilungsvertrages die [X.]-Leistungen mit einem höheren Punktwert vergütet zu erhalten, fehlt es an der erforderlichen Darlegung der Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit). Das L[X.] verneint den Anspruch auf eine Vergütung zu einem höheren Punktwert schon deshalb, weil es den [X.] weitgehend als bestandskräftig ansieht. Der Kläger hat nicht dargelegt, inwieweit seine Ausführungen zum Gleichheitsgebot nach Art 3 Abs 1 GG vor diesem Hintergrund zu einer anderen Entscheidung führen könnten.

Darüber hinaus fehlt es an der erforderlichen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Wenn sich der Kläger darauf beruft, aus der Entscheidung des Senats vom [X.] (B[X.] [X.] 4-2500 § 76 [X.] 2) sei abzuleiten, dass auch die [X.]-Leistungen nicht schlechter vergütet werden dürften als die vertragsärztlichen Leistungen in organisierten Notfalldiensten (vgl ua auch B[X.] [X.] 4-2500 § 75 [X.] 13 Rd[X.] 31), lässt dies eine ausreichende Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen nicht erkennen. Die Beschwerdebegründung verhält sich insofern auch weder zu den Ausführungen in den vom L[X.] erlassenen Urteilen noch zu der besonderen Fallkonstellation, dass der Kläger hier einen vertragsärztlichen Status inne hat, die streitgegenständlichen Leistungen aber außerhalb seiner Praxis und außerhalb des von der [X.] organisierten Notdienstes erbracht hat.

3. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des von ihm ohne Erfolg durchgeführten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Festsetzung der Vorinstanz und ist von keinem Beteiligten in Frage gestellt worden (§ 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 und 3 GKG).

Meta

B 6 KA 23/15 B

09.12.2015

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Hamburg, 13. April 2011, Az: S 3 KA 153/08, Urteil

§ 87 Abs 1 SGB 5, § 87 Abs 2 SGB 5, EBM-Ä 2005

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.12.2015, Az. B 6 KA 23/15 B (REWIS RS 2015, 972)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 972

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