Bundessozialgericht, Beschluss vom 03.02.2010, Az. B 6 KA 22/09 B

6. Senat | REWIS RS 2010, 9763

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Kassenärztliche Vereinigung - Entfallen der Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung unter Vertrauensschutzgesichtspunkten - Vorläufigkeit eines Honorarbescheides darf sich nur auf begrenzte Teile des Bescheides bzw kleinere Teile der Honorarforderung beziehen - Rückforderung - Prozentsatz - keine generelle Festlegung bzgl Regelungscharakter des Honorarbescheides


Tatbestand

1

[X.] steht die Rechtmäßigkeit von sachlich-rechnerischen Richtigstellungen, welche die [X.]/1998 bis [X.]/2000 betreffen.

2

Die Kläger zu 1, 2 und 4 waren im streitigen Zeitraum als Fachärzte für Radiologische Diagnostik zur vertragsärztlichen Versorgung in [X.] zugelassen und in (unterschiedlich zusammengesetzter) Gemeinschaftspraxis tätig; die Klägerin zu 3 ist Witwe und Rechtsnachfolgerin eines 2002 verstorbenen weiteren Mitglieds der Gemeinschaftspraxis. Die Kläger rechneten im streitigen Zeitraum ua die [X.] 5210 und 5211 sowie die [X.] 5520 und 5521 (Computertomographie und Magnetresonanztherapie ) des [X.] für ärztliche Leistungen ([X.]) ab.

3

1999 schlossen die Kläger mit der Rechtsvorgängerin der beklagten [X.] ([X.]) einen Vergleich, welcher die Neuberechnung der Vergütung der in den [X.] bis [X.]/1998 erbrachten [X.] nach den Kapiteln [X.] [X.] und R [X.] CT- und [X.] zum Gegenstand hatte. Darin verpflichtete sich die Beklagte, die Honorare für diese Leistungen mit der Maßgabe neu zu berechnen, dass die Regelung des § 7 B 8.7.5 Abs 5 iVm § 7 B 8.2e des [X.] ([X.]) für 85 % der von den Klägern erbrachten Leistungen im [X.] Anwendung findet. Die Kläger verpflichteten sich im Gegenzug zur Rücknahme der Widersprüche bzw Klagen bezüglich des Sachverhalts "[Vergütung von [X.]] § 7 B Ziff 8.7.5 Abs 5 [X.]".

4

Mit Bescheiden vom 17.7.2002 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass in den [X.] bis [X.]I/1998 bzw [X.]/1998 bis [X.]/2000 die in den Kapiteln [X.] [X.] und R [X.] für die [X.] 5210 und 5211 bzw 5520 und 5521 [X.] geltenden [X.] nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden seien. Daher seien die Honorarabrechnungsbescheide für diese Quartale aufzuheben und durch eine Neuberechnung zu ersetzen, welche die Abstaffelungsregelung des [X.] berücksichtige; hieraus resultiere eine Rückforderung in Höhe von 584.807,23 DM für die erstgenannten bzw von 1.907.137,54 DM für die letztgenannten Quartale. Die Größenordnung der Rückforderung im Vergleich zum verbleibenden Honorarvolumen betrug nach den Feststellungen des Sozialgerichts ([X.]) zwischen 8 % und 23,47 %.

5

Die hiergegen erhobenen Widersprüche wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheide vom [X.]) . Das [X.] hat den (verbundenen) Klagen teilweise stattgegeben und den die [X.]/1998 bis [X.]I/1998 betreffenden Bescheid aufgehoben, soweit die Beklagte darin eine Neuberechnung des Honorars für die [X.]/1998 und [X.]/1998 vornahm; im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] (L[X.]) das Verfahren bezüglich des Quartals I/1998 abgetrennt. Sodann hat es das Urteil des [X.] insoweit aufgehoben, als der Bescheid der Beklagten vom 17.7.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom [X.] bezüglich der Neuberechnung des Quartals [X.]/1998 aufgehoben wurde, und die Klage auch insoweit abgewiesen. Die Berufung der Kläger hat es zurückgewiesen.

6

Das L[X.] hat ausgeführt, die Beklagte sei zu einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung berechtigt gewesen, ohne dass die Voraussetzungen des § 45 [X.]B X zu prüfen gewesen seien. Keiner der vom [X.] (B[X.]) herausgearbeiteten Anwendungsfälle für Vertrauensschutz liege vor. Einer sachlich-rechnerischen Überprüfung stehe auch nicht der im Jahre 1999 geschlossene Vergleich entgegen, da die hier streitigen [X.] nicht zu dessen Gegenstand gehört hätten; entsprechend habe sich auch die "Erledigungserklärung" unter Ziffer 3 des Vergleiches allein auf den dortigen Gegenstand - die Vergütung von [X.] - bezogen. Zu Recht habe das [X.] die Größenordnung der Rückforderungen im Vergleich zum verbleibenden Honoraranteil (zwischen 8 % und 23,47 %) noch als "kleineren Anteil" im Sinne der B[X.]-Rechtsprechung angesehen (Urteil vom [X.]) .

7

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil machen die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend ([X.] gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 [X.]G) .

Entscheidungsgründe

8

[X.] hat keinen Erfolg. Soweit sie nicht bereits unzulässig ist, ist sie jedenfalls unbegründet.

9

Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss gemäß den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden [X.] in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet (vgl [X.] 91, 93, 107 = [X.] 3-5870 § 10 [X.]; BSG [X.] 3-1500 § 160a [X.] f) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich (klärungsfähig) sowie klärungsbedürftig ist. Es muss ersichtlich sein, dass sich die Antwort nicht ohne Weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt. Bei einer [X.] ist es Aufgabe des Prozessbevollmächtigten, die einschlägige Rechtsprechung aufzuführen und sich damit zu befassen; eine Beschwerdebegründung, die es dem Gericht überlässt, die relevanten Entscheidungen zusammenzusuchen, wird den Darlegungserfordernissen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht gerecht. Lediglich kursorische Hinweise ohne Durchdringung des Prozessstoffs reichen nicht aus (vgl [X.] - [X.] - , DVBl 1995, 35). Diesen - verfassungsrechtlich unbedenklichen - Anforderungen (s die zitierte [X.]-Rspr und zB [X.] , [X.] 3-1500 § 160a [X.]; [X.] , [X.] 4-1500 § 160a [X.]) entspricht die Beschwerde nur teilweise.

Aber auch soweit die [X.] den [X.] entsprechen, ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet, denn nicht alle Erfordernisse für die Revisionszulassung sind erfüllt. Diese setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl [X.] , [X.] 3-1500 § 160a [X.]; s auch BSG [X.] 3-1500 § 160a [X.] 34 f; [X.] f mwN) . Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, falls die Rechtsfrage schon beantwortet ist, ebenso dann, wenn Rechtsprechung zu dieser Konstellation zwar noch nicht vorliegt, sich aber die Antwort auf die Rechtsfrage ohne Weiteres ergibt (zur Verneinung der Klärungsbedürftigkeit im Falle klarer Antwort s zB BSG [X.] 3-1500 § 146 [X.]; BSG [X.] 3-2500 § 75 [X.]; BSG [X.] 3-1500 § 160a [X.]; vgl auch BSG [X.] 3-4100 § 111 [X.] f) . Auch diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl zB [X.] , Beschluss vom 29.5.2001 - 1 BvR 791/01 -, und früher schon [X.] , [X.] 3-1500 § 160a [X.] f; [X.]; s auch [X.] , DVBl 1995, 35) .

1. Bezüglich der Rechtsfragen,

        

-       

ob eine sachlich-rechnerische Richtigstellung von [X.]en auch dann noch erfolgen könne, wenn sie von der KÄV erneut nachträglich geprüft worden sei und in einem Vergleich mit Abgeltungsklauseln einzelne strittige Punkte einvernehmlich erledigt worden seien, oder ob in diesem Fall wie bei einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung das Recht zur erneuten Überprüfung außerhalb des § 45 [X.] verbraucht sei,

        

-       

ob die vom BSG zum Verbrauch des Richtigstellungsrechts aufgestellten Grundsätze nicht auch gälten, wenn - wie hier - statt einer förmlichen sachlich-rechnerischen Richtigstellung eine Überprüfung einzelner Punkte des [X.] mit dem Abschluss des Vergleichs erfolgt sei,

        

-       

ob nicht auch vergleichbar mit dem vom BSG im Verfahren [X.] KA 3/01 R entschiedenen Fall eine KÄV bei dem hier gewählten Verfahren ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung verbraucht habe,

        

-       

ob nicht zumindest dann kein Recht zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung mehr bestehe, wenn die KÄV auch noch in einem Vergleich eine Erledigungsklausel aufgenommen habe,

sind die Rügen zulässig, jedoch unbegründet, denn die aufgeworfenen Fragen sind weder klärungsbedürftig noch klärungsfähig. Zutreffend ist, dass nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s (vgl BSG [X.] 4-2500 § 106a [X.] Rd[X.]6; [X.], 1 = [X.] 4-2500 § 85 [X.], jeweils Rd[X.]5; [X.], 69 = [X.] 4-2500 § 85 [X.]1, jeweils Rd[X.]5) die Befugnis einer KÄV zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung unter [X.] dann entfallen ist, wenn sie diese bereits "verbraucht" hat. Dies ist der Fall, wenn eine KÄV die Honorarforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit geprüft und vorbehaltlos bestätigt hat (BSG [X.] 4-2500 § 106a [X.] Rd[X.]6; [X.], 1 = [X.] 4-2500 § 85 [X.], jeweils Rd[X.]5; [X.], 69 = [X.] 4-2500 § 85 [X.]1, jeweils Rd[X.]5) . In diesem Fall wird die jedem [X.] innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt insoweit aufgehoben, und die KÄV kann einen [X.] wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 [X.] zurücknehmen ([X.], 1 = [X.] 4-2500 § 85 [X.], jeweils Rd[X.]5; [X.], 69 = [X.] 4-2500 § 85 [X.]1, jeweils Rd[X.]5) . Die Frage, ob einem Vergleichsschluss grundsätzlich dieselbe Bedeutung zukommt wie einer (isolierten) Entscheidung der Beklagten zugunsten des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren, kann daher anhand der vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden. Sie ist grundsätzlich zu bejahen, denn es macht im Hinblick auf den Vertrauensschutz eines Vertragsarztes keinen Unterschied, ob die Beklagte eine Honorarabrechnung einseitig oder im Rahmen eines Vergleiches bestätigt.

[X.] ist jedoch auch im Übrigen nicht klärungsbedürftig. Denn es ist in der Rechtsprechung des [X.]s bereits geklärt (vgl BSG [X.] 4-2500 § 106a [X.] Rd[X.]9) , dass nicht jede beliebige, von der [X.] zugunsten des Vertragsarztes verfügte Rückgängigmachung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung dazu führt, dass weitere Korrekturen, deren Voraussetzungen möglicherweise erst später offenbar werden, künftig ausgeschlossen oder nur nach Maßgabe des § 45 [X.] durchführbar sind. Die Aufhebung einer zuvor von der [X.] vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellung kann vielmehr bei dem betroffenen Vertragsarzt spezifisches Vertrauen nur insoweit hervorrufen, als dabei erkennbar eine Prüfung der zugrunde liegenden Streitfrage vorgenommen wurde ([X.]) . Der in Rede stehende Vergleich betraf zwar die Abrechnung von [X.] und [X.], jedoch nicht die hier maßgebliche Frage einer ordnungsgemäßen Umsetzung der den [X.] 5210, 5211 bzw 5520, 5521 vorangestellten Abstaffelungsregelungen des [X.] Vielmehr ging es allein um die Anwendung spezifischer, eindeutig bezeichneter Regelungen im [X.] der Beklagten. Angesichts des klar umgrenzten [X.] dieses Vergleiches konnte ein Vertrauen der Kläger dergestalt, dass damit die Abrechnung der strittigen Leistungen unter jedem rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkt geklärt war, nicht entstehen.

Dass der Vergleich eine Erledigungsklausel enthalten hat, ändert daran vorliegend schon deswegen nichts, weil sich diese Klausel ausdrücklich auf die "oben genannten Sachverhalte" bezog.

2. Hinsichtlich der Rechtsfragen,

        

-       

welche "quantitätsmäßigen Grenzen" für eine Rückforderung bei der Korrektur von [X.]en im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung bestünden,

        

-       

ob nicht eine Rückforderung über 15 % rechtswidrig und allenfalls nach § 45 [X.] unter Beachtung von Vertrauensschutzmaßstäben rechtmäßig sei, vor allem dann, wenn die gesamte Rückforderung bei weit über einer [X.] Euro liege und damit existenzvernichtend sei,

        

-       

ob die Einschränkung der sachlich-rechnerischen Richtigstellung auf nur "kleinere Anteile" unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes einfach entfallen könne, weil unterstellt werde, der Arzt hätte den Fehler erkennen können,

        

-       

ob allein wegen der Höhe der zu viel geleisteten Zahlungen ein Vertrauensschutz entfalle,

sind die Rügen ebenfalls zulässig, aber - mangels Klärungsbedürftigkeit - unbegründet.

Der [X.] hat in zwei Entscheidungen, in denen ein Vorläufigkeitsvorbehalt zu beurteilen war, mit dem die [X.] unter Berufung auf umstrittene Regelungen des [X.] alle [X.]e versehen hatte, ausgeführt, dass sich die Vorläufigkeit des [X.] ihrem Gegenstand nach nur auf begrenzte Teile des [X.] bzw - wirtschaftlich betrachtet - kleinere Anteile der Honorarforderung des Vertragsarztes beziehen darf ([X.], 62, 72 = [X.] 3-2500 § 85 [X.]; BSG, Urteil vom [X.], [X.] KA 26/01 R - juris, dort RdNr 20). Eine Vorläufigkeit, die es ermöglichen würde, das vertragsärztliche Honorar für ein bestimmtes Quartal auf die Hälfte des Betrages zu reduzieren, der sich aus dem [X.] zunächst ergibt, nähme diesem Bescheid den Charakter als Regelung des Honoraranspruchs des Vertragsarztes für ein Kalendervierteljahr, weil dem Arzt in der Sache lediglich eine Abschlagzahlung zugebilligt würde ([X.], 62, 72 = [X.] 3-2500 § 85 [X.]; BSG, Urteil vom [X.] aaO) . Diese Auslegung der [X.] bietet einen angemessenen Ausgleich zwischen der Notwendigkeit vorläufiger Regelungen bei der Honorarverteilung auf Seiten der [X.] einerseits und dem berechtigten Interesse des Vertragsarztes an einer möglichst umfassenden Bestandskraft eines einmal erlassenen [X.] andererseits ([X.], 62, 73 = [X.] 3-2500 § 85 [X.]) .

Ob diese Aussagen überhaupt für alle Fälle sachlich-rechnerischer Richtigstellungen Geltung beanspruchen oder allein auf pauschale Richtigstellungsvorbehalte bezogen sind (zur möglichen Begrenzung des Geltungsbereiches vgl [X.], 69 = [X.] 4-2500 § 85 [X.]1, jeweils Rd[X.]3; [X.], 62, 72 = [X.] 3-2500 § 85 [X.]; [X.], 1 = [X.] 4-2500 § 85 [X.], jeweils RdNr 21) , kann offenbleiben. Denn selbst wenn Ersteres der Fall wäre, lassen sich die von den Klägern aufgeworfenen Fragen nach den "quantitätsmäßigen Grenzen" anhand der Rechtsprechung des [X.]s beantworten.

Einer Konkretisierung des "kleineren Anteils" in einem Revisionsverfahren bedarf es vorliegend schon deswegen nicht, weil durch die Tatsacheninstanzen nicht festgestellt worden ist, dass die Höhe der Rückforderungen eine nach der [X.]srechtsprechung bedenkliche Größenordnung erreichen könnte. Nach den - nicht durch Verfahrensrügen angegriffenen - Feststellungen der Vorinstanzen lag die Größenordnung "zwischen" 8 % und 23,47 %. In der Rechtsprechung des [X.]s ist eine Größenordnung von 15 % noch als "kleinerer Anteil" gewertet worden (vgl [X.], 1 = [X.] 4-2500 § 85 [X.], jeweils RdNr 21 mwN) . Es ist schon nicht erkennbar - und auch nicht vorgetragen -, dass der Wert von 15 % regelhaft überschritten wurde; vielmehr liegt die Annahme nahe, dass sich die Größenordnung der Rückforderungen im Mittel um diesen Wert bewegen dürfte und der von den Vorinstanzen erwähnte Wert von 23,47 % einen "Ausreißer" darstellt.

Zudem entzieht sich die Frage, ab welchem Prozentsatz eine Rückforderung dem [X.] seinen Regelungscharakter nimmt, einer generellen Festlegung, weil insoweit die näheren Umstände in die Beurteilung einzubeziehen sind. Wenn - wie vorliegend - eine Rückforderung wegen desselben Sachverhalts mehrere Quartale umfasst, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Beurteilung nicht die einzelne Überschreitung im Quartal, sondern der gemittelte Umfang der Überschreitung über die betroffenen Quartale hinweg zugrunde gelegt wird. Jedenfalls käme in derartigen Fällen die Zugrundelegung eines höheren Toleranzwertes in Betracht.

Im Übrigen ließe sich selbst dann, wenn die Höhe der Rückforderungen vorliegend in der Regel über dem Wert von 15 % liegen sollten, anhand der vorliegenden [X.]srechtsprechung klären, dass dieser Umstand nicht dazu nötigt, die Richtigstellungen den Anforderungen des § 45 [X.] zu unterwerfen. In der Rechtsprechung des [X.]s ist eine Größenordnung von 15 % noch als "kleinerer Anteil" gewertet worden (vgl [X.], 1 = [X.] 4-2500 § 85 [X.], jeweils RdNr 21 mwN) , ohne dass dieser Wert ausdrücklich als Obergrenze bezeichnet worden ist. Auch diesen Wert maßvoll überschreitende Rückforderungsanteile liegen jedenfalls noch deutlich unter der in der [X.]srechtsprechung als inakzeptabel genannten "Hälfte" des sich aus dem [X.] ergebenden Betrages.

Angesichts dessen bedarf es keiner Beantwortung der weiteren Frage, ob die Einschränkung der Richtigstellung des Honorars auf "kleinere Anteile" dann entfällt, wenn der Vertragsarzt die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung unschwer hätte erkennen können.

3. [X.],

        

-       

ob bei einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung für mehrere Jahre mit einer Rückforderung eines Gesamtbetrages von über 1,2 [X.] Euro Vertrauensschutz zu gewähren sei bzw unmittelbar § 45 [X.] Anwendung zu finden habe über die bisher von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle, wenn der Arzt - wie hier die Kläger - die Fehlerhaftigkeit nicht gekannt habe,

ist - bei angenommener Zulässigkeit der Rüge - nicht klärungsbedürftig. Wie der [X.] bereits entschieden hat ([X.], 99 = [X.] 4-5520 § 33 [X.], jeweils RdNr 28) , setzt die Rechtmäßigkeit sachlich-rechnerischer Richtigstellungen grundsätzlich kein Verschulden des Vertragsarztes voraus; etwas anderes gilt nur dann, wenn die KÄV den gesamten [X.] für ein Quartal allein wegen der Unrichtigkeit der Abrechnungssammelerklärung aufhebt ([X.]) .

4. Bezüglich der Rechtsfrage,

        

-       

ob allein wegen der angeblichen Besonderheiten des Vergütungssystems der KÄVen die grundgesetzlichen Schranken außer Betracht bleiben könnten und Vertrauensschutz nur in den bisher von der Rechtsprechung anerkannten Fällen zu gewähren sei,

entspricht die Rüge nicht der [X.] des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG, da sie weder eine Auseinandersetzung mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des [X.]s enthält noch erkennen lässt, welche "grundgesetzlichen Schranken" der [X.]srechtsprechung entgegenstehen könnten. Im Übrigen wäre die Rechtsfrage auch nicht klärungsbedürftig, da sie sich aus der bisherigen Rechtsprechung des [X.]s beantwortet. Insbesondere in seinem Urteil vom [X.]([X.], 99 = [X.] 4-5520 § 33 [X.]) hat der [X.] ausführlich die Gründe dargelegt, auf denen die umfassende Richtigstellungsbefugnis der KÄVen beruht ([X.], jeweils Rd[X.]1 f) .

5. Auch zu der Rechtsfrage,

        

-       

ob es verfassungsrechtlich nicht geboten ist, über die bisher anerkannten Fälle hinaus Vertrauensschutz zu gewähren, wenn wie hier derart exorbitante Beträge zurückgefordert werden und der Arzt keine Kenntnis hatte,

entspricht die Rüge nicht den [X.], da sie schon nicht erkennen lässt, welche verfassungsrechtlichen Erwägungen weitergehenden Vertrauensschutz erfordern könnten. Im Übrigen besteht ohnehin das Erfordernis - wie unter 2. ausgeführt -, dass die Höhe der Rückforderung in Relation zum Gesamthonorar der Kläger in den streitbefangenen Quartalen die Verhältnismäßigkeit wahren muss.

[X.] beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Als unterlegene Beteiligte haben die Kläger auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO) .

Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Festsetzung der Vorinstanz vom [X.] (in der berichtigten Fassung vom 11.5.2009), die von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 Gerichtskostengesetz).

Meta

B 6 KA 22/09 B

03.02.2010

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Stuttgart, 18. Juni 2008, Az: S 5 KA 2211/05, Urteil

§ 82 Abs 1 SGB 5, § 106a Abs 2 SGB 5, § 45 Abs 2 S 1 BMV-Ä, § 34 Abs 4 S 1 EKV-Ä, § 34 Abs 4 S 2 EKV-Ä, § 45 SGB 10

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 03.02.2010, Az. B 6 KA 22/09 B (REWIS RS 2010, 9763)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9763

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 6 KA 33/22 B (Bundessozialgericht)

Vertragsärztliche Vergütung - Abrechnungsprüfung für die Quartale 1/2011 bis 2/2015 - sachlich-rechnerische Richtigstellung - Bemessung …


B 6 KA 37/13 B (Bundessozialgericht)

Vertragsärztliche Versorgung - einheitlicher Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen - Überprüfung der Kombination einer Gesprächsleistung und …


B 6 KA 10/22 B (Bundessozialgericht)

Vertragsärztliche Vergütung - Abrechnungsprüfung - Bescheid über die Aufhebung von Honorarbescheiden - Zulässigkeit des bloßen …


B 6 KA 11/22 B (Bundessozialgericht)


B 6 KA 8/21 R (Bundessozialgericht)

Vertragsärztliche Versorgung - Abrechenbarkeit von Zuschlägen für Simultaneingriffe mit Haupteingriff der Kategorie 7 nach dem …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.