Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2008, Az. II ZR 236/07

II. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1073

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[X.] ZR 236/07 vom 3. November 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 34 Abs. 1, 2; ZPO §§ 544 Abs. 7, 531 Abs. 2 Nr. 1; GG Art. 103 Abs. 1 a) Für die Ausübung unternehmerischen Ermessens durch den Vorstand einer [X.] ist erst dann Raum, wenn er die Entscheidungsgrundlagen sorgfältig ermittelt und das Für und Wider verschiedener Vorgehensweisen ab-gewogen hat. b) Weist das Berufungsgericht Sachvortrag, den eine [X.] zu einem in der ersten Instanz unbeachtet gebliebenen rechtlichen Gesichtspunkt hält, entgegen § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zurück, obwohl es erkennt, dass dieser Gesichtspunkt erstmals in der Berufungsinstanz von Bedeutung war, verletzt es zugleich den Anspruch der [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). [X.], [X.]uss vom 3. November 2008 - [X.]/07 - [X.] [X.] - 2 - [X.] [X.] hat am 3. November 2008 durch [X.], [X.], [X.] und [X.] gemäß § 544 Abs. 7 ZPO beschlossen: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.]n wird das Ur-teil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 25. September 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Streitwert: 623.056,06 • (Feststellungsantrag: 361.086,34 • ./. 20 %) Gründe: Die Beschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat den Anspruch des [X.]n auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in mehrfacher Hinsicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt. 1 - 3 - 1. Kreditengagement "[X.]": 2 3 Mit Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass der [X.] seine Pflichten als Vorstand einer Genossenschaft nach § 34 Abs. 1 [X.] verletzt hat, weil er es unterlassen hat, sich zeitnahe und deshalb aussa-gekräftige Informationen über die mit der Kreditvergabe vom 3. April bzw. vom 22. Juni 1998 an den Kunden [X.]

verbundenen Risiken zu verschaffen. Für die Ausübung unternehmerischen Ermessens ist erst dann Raum, wenn der Vorstand die Entscheidungsgrundlagen sorgfältig ermittelt und das Für und [X.] verschiedener Vorgehensweisen abgewogen hat ([X.].[X.]. v. 14. Juli 2008 - [X.], [X.], 1675 [X.]. 11). Da sich durch die Kreditvergabe und die Übernahme der [X.] für weitere, bei anderen [X.] bestehende Darlehen die monatlich zu leistenden Zahlungen nahezu ver-doppelten, war die künftige Kapitaldienstfähigkeit des Kunden [X.]

nicht ohne weiteres gewährleistet, auch wenn er bisher allen finanziellen [X.] nachgekommen war. a) Bei der Feststellung, dass der Klägerin aus diesem Verhalten des [X.] ein Schaden entstanden ist, hat das Berufungsgericht jedoch unter Missachtung des Anspruchs des [X.]n auf Gewährung rechtlichen Gehörs den Vortrag übergangen, dass die fristlose Kündigung des [X.] im Dezember 2002 ungerechtfertigt gewesen sei und die Klägerin den Kredit nur deshalb gekündigt habe, weil sich der Kreditnehmer [X.] , der bis zur fristlosen Kündigung den Kapitaldienst vollständig geleistet hatte, geweigert habe, einer erneuten Umschuldung des zwischenzeitlich in [X.] geführten Fremdwährungskredits in einen in [X.] Franken geführten [X.] bei Wechsel der [X.] zuzustimmen ([X.] 1115, [X.]). Der übergangene Vortrag ist entscheidungserheblich. [X.] er zu, wäre die Pflichtverletzung des [X.]n bei der Kreditvergabe für den Schaden der [X.] - gerin nicht kausal, weil die unberechtigte Kündigung der Klägerin den Zurech-nungszusammenhang unterbrochen hätte. 5 b) Weiterhin hat das Berufungsgericht bei der Feststellung der Scha-denshöhe gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen, indem es angenommen hat, der [X.] habe erstmals im Berufungsverfahren vorgetragen, dass der Klä-gerin aus den ihr zur Sicherheit abgetretenen Ansprüchen auf [X.] gegen die D.

AG Zahlungen zugeflossen seien, weshalb er mit diesem - zudem inhaltlich unsubstantiierten - Vortrag ausgeschlossen sei. Das Berufungsgericht hat bei dieser Beurteilung nicht zur Kenntnis genommen, dass sich der [X.] in der Berufungsinstanz ausdrücklich auf den - ihm als Streit-genossen zuzurechnenden (vgl. [X.]/[X.], ZPO 29. Aufl. § 61 Rdn. 11) - bereits in der ersten Instanz gehaltenen Vortrag des früheren [X.]n zu 2 bezogen hatte, dass die Sonderdividende tatsächlich ausgeschüttet worden ist ([X.]II 1385, [X.]), und dass er zur Höhe der Ausschüttung (117.556,87 •) auf die Stellungnahme der Klägerin zum Kreditbeschluss und darauf hingewiesen hatte, dass der erstinstanzliche Vortrag der [X.]n nicht bestritten worden sei ([X.]II 1385, [X.], 25). Der übergangene Vortrag ist entscheidungserheblich, weil der Kreditnehmer [X.]

den Anspruch auf Auszahlung der Sonderdividende im Zusammenhang mit der [X.] der Darlehen vom 3. April bzw. vom 22. Juni 1998 an die Klägerin zur Sicherung ihres Rückzahlungsanspruchs abgetreten hatte und die von der Klägerin ver-einnahmten Verwertungserlöse aus Dividendenzahlungen jedenfalls scha-densmindernd zu berücksichtigen sind. - 5 - 2. Kreditengagement [X.] R. e.V.: 6 7 Es ist bereits zweifelhaft, ob die Feststellung des Berufungsgerichts, der [X.] habe im Zusammenhang mit der Kreditvergabe vom 18. Januar 1999 pflichtwidrig gehandelt hat, Bestand haben kann, obwohl der Kredit durch eine der Klägerin am Erbbaurecht des Vereins bestellte Grundschuld gesichert war. Dies braucht im derzeitigen Verfahrensstadium nicht abschließend entschieden werden. Jedenfalls verletzt die Annahme des Berufungsgerichts, der aus der Verwertung der Grundschuld erzielte Erlös von 60.000,00 • sei nicht auf den der Klägerin durch die [X.] dieses - später umgeschuldeten und erwei-terten - Kredits entstandenen Vermögensnachteil anzurechnen, den Anspruch des [X.]n auf Gewährung rechtlichen Gehörs. a) Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, es fehle an dem [X.] engen Zusammenhang zwischen [X.] und Kreditver-gabe, weil sich die Zustimmung der Stadt [X.] nicht auf diesen Kredit bezo-gen habe und sich die Klägerin dieser "schuldrechtlichen Einschränkung" ange-schlossen habe. Demgegenüber hatte der [X.] vorgetragen, dass die Stadt [X.]der [X.] am Erbbaurecht gerade deshalb zugestimmt habe, um dem [X.] R. e.V. die Erfüllung der ihr gegenüber beste-henden Verbindlichkeiten durch Aufnahme eines Kredits zu ermöglichen, und für diesen Vortrag Beweis durch Vernehmung der Zeugen [X.]

und [X.]angeboten ([X.]II 1387, 1393). Die Zurückweisung dieses Vortrags durch das Berufungsgericht verstößt nicht nur gegen § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, weil in der ersten Instanz der rechtliche Gesichtspunkt unbeachtet geblieben ist, dass eine sich aus der Bezugnahme auf den Erbbaurechtsvertrag ergebende inhaltliche Beschränkung der Zustimmung der Stadt [X.]

zur [X.] allenfalls schuldrechtliche Wirkung gegenüber dem [X.] entfalten konnte. Sie verletzt zugleich den Anspruch des [X.]n auf [X.] - 6 - währung rechtlichen Gehörs, weil sie auf einer offenkundig fehlerhaften Anwen-dung des § 531 Abs. 2 ZPO beruht ([X.].[X.]. v. 14. Juli 2008 - [X.], [X.], 1675 [X.]. 8; [X.], [X.]. v. 21. Februar 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 755; [X.]. v. 9. Juni 2005 - [X.], NJW 2005, 2624). Das Berufungsgericht geht nämlich im Zusammenhang mit der Erörterung der Pflichtwidrigkeit der Kreditausreichung selbst davon aus, dass dieser Gesichts-punkt erstmals im Berufungsverfahren von Bedeutung war. Dann aber ist es ersichtlich fehlerhaft, den in der Berufungsinstanz erstmals gehaltenen Vortrag des [X.]n, dass zwischen der Stadt [X.] und dem [X.]

R. e.V. tatsächlich Abweichendes vereinbart war, nicht zuzulassen. b) Der übergangene Vortrag ist entscheidungserheblich. Zwar hat das Berufungsgericht die Zurückweisung des beweisunterlegten Vortrags des [X.] in seiner Hilfsbegründung darauf gestützt, die "Motivation" der Stadt [X.] für die Zustimmung zur [X.] sei für das Kreditver-hältnis ohne Bedeutung. Im Widerspruch hierzu hat es jedoch den - für eine Anrechnung des aus der Grundschuld erzielten Erlöses - erforderlichen Zu-sammenhang zwischen Kreditgewährung und Grundschuld gerade deshalb [X.], weil sich die Zustimmung der Stadt [X.]

zur [X.] auf diesen, keiner Investition, sondern der Schuldenbegleichung dienenden Kredit nicht bezogen habe. Sollte sich durch die Beweisaufnahme der Vortrag des [X.]n bestätigen, dass die Stadt [X.]

der [X.] zugestimmt hat, um die [X.] dieses Kredits zu ermöglichen, kann eine Berücksichtigung des Verwertungserlöses aus der Grundschuld nicht mit der Begründung verneint werden, es fehle an dem erforderlichen engen Zusam-menhang zwischen [X.] und [X.] der hier zu beur-teilenden Kredite. 9 - 7 - 3. Die Aufhebung und Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Ge-legenheit, gegebenenfalls die weiteren vom [X.]n in der Revisionsinstanz geltend gemachten Einwendungen zu überprüfen und die hierzu etwa [X.] Feststellungen zu treffen. 10 [X.]Strohn

Reichart Drescher Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.][X.], Entscheidung vom [X.]/07 -

Meta

II ZR 236/07

03.11.2008

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2008, Az. II ZR 236/07 (REWIS RS 2008, 1073)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1073

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