Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.02.2010, Az. KVZ 16/09

Kartellsenat | REWIS RS 2010, 9817

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[X.]BESCHLUSS K[X.]Z 16/09 vom 2. Februar 2010 in der [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja Kosmetikartikel [X.] § 72 Abs. 2; [X.]wGO § 99 Abs. 2 [X.]ersagt die Kartellbehörde in einem Beschwerdeverfahren die Zustimmung zur Einsicht in ihre [X.]erfahrensakten, kann diese Entscheidung nur in dem Zwi-schenverfahren nach § 72 Abs. 2 Satz 4 bis 6 [X.] überprüft werden. [X.], [X.]uss vom 2. Februar 2010 - K[X.]Z 16/09 - [X.]
- 2 - [X.] hat am 2. Februar 2010 durch den Präsidenten des [X.] Prof. Dr. [X.] und [X.] Raum, [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss des 1. Kartellsenats des [X.] vom 26. Februar 2009 wird als unzulässig verworfen. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem oben bezeichneten [X.]uss wird zurückgewiesen. Die Beteiligte zu 1 trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren ein-schließlich der zur zweckentsprechenden Erledigung des [X.] und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens notwen-digen Kosten des [X.]. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde und der Nichtzulas-sungsbeschwerde wird auf jeweils 500.000,00 • festgesetzt.

Gründe: [X.] [X.] AG - Beteiligte zu 1 (im Folgenden: [X.]) - beabsichtigte, sämtliche Kommanditanteile der [X.] KG - Beteiligte zu 2 (im Folgenden: [X.]) - zu erwerben. 1 - 3 - [X.] betreibt in [X.] mehr als 400 [X.]. [X.] betreibt elf Parfümerie-Filialen, davon eine in [X.]. 2 Mit [X.]uss vom 8. März 2007 hat das [X.] das Zusam-menschlussvorhaben unter der auflösenden Bedingung freigegeben, dass es [X.] unterlässt, das von [X.] in [X.] betriebene [X.] an einen unabhängigen Erwerber innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Zustellung des [X.]usses zu veräußern. Darüber hinaus hat es [X.] verpflichtet, für den Zeitraum von sechs Jahren nach erfolgter [X.]eräußerung der genannten Filiale keinen direkten oder indirekten Einfluss auf das veräußerte Parfümerie-Einzelhandelsgeschäft zu erwerben. Mit ihrer Beschwerde hat sich [X.] gegen die auflösende Bedingung und das [X.] gewandt. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde hat es nicht zugelassen. 3 [X.] hat wegen [X.]erletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs "zulassungsfreie Rechtsbeschwerde", im Übrigen Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. 4 B. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: 5 Durch den Zusammenschluss werde eine marktbeherrschende Stellung von [X.] auf dem Einzelhandelsmarkt für von Parfümerien und Parfümerie-Fachabteilungen der Kaufhäuser (im Folgenden: Parfümerien) vertriebene [X.] und Düfte der gehobenen Preisklasse einschließlich der sie er-gänzenden Körperpflegeprodukte im Raum [X.] verstärkt. 6 - 4 - Die Drogerien und Drogerie-Märkte (im Folgenden: Drogerien) seien in diesen Markt nicht einzubeziehen. Zwar bestehe zwischen den auch von den Drogerien vertriebenen Kosmetikartikeln und Düften qualitativ kein erheblicher Unterschied zu den von den Parfümerien angebotenen Waren. Die deutlichen Unterschiede in den Preislagen - Parfümerie-Artikel würden zu 2/3 im Rahmen eines Exklusivvertriebs (Depotvertrieb) zu Preisen von über 30 • bis zu 300 • und mehr angeboten, [X.] dagegen fast ausschließlich zu Preisen unter 30 • als sog. Mass-Market- oder Konsumprodukte - rechtfertigten aber die Annahme, dass aus Sicht des verständigen [X.]erbrauchers beide Warengruppen nicht austauschbar seien. Die festgestellten Preislagen ergäben sich aus [X.], die das [X.] durchgeführt habe, nachdem ihm die zu klärenden Fragen vorgegeben worden seien. Einsicht in die [X.] sei nicht gewährt worden, da das [X.] seine Zustimmung im Hinblick auf darin befindliche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verweigert habe. Dennoch seien die - vorgetragenen - Ergebnisse der Nachermittlung ver-wertbar. Für das Bestehen sachlich getrennter Märkte sprächen auch die unter-schiedliche Präsentation der Produkte - hochwertige [X.]erpackung, exklusiv an-mutende Umgebung, individuelle Beratung, Möglichkeit, neue Produkte auszu-probieren - und die Einschätzung der befragten Marktteilnehmer. Aus zwei von [X.] in Auftrag gegebenen [X.]erbraucherbefragungen ergebe sich nichts Ge-genteiliges. Bei dieser Sachlage sei eine gerichtliche [X.]erbraucherbefragung nicht erforderlich, zumal sie wegen der Eilbedürftigkeit der Entscheidung ohne-hin im Allgemeinen nicht in Betracht komme. 7 Der Marktanteil von [X.] auf dem so abgegrenzten Markt, der im Endergebnis mit dem vom [X.] angenommenen, auf den selekti-ven [X.]ertrieb von [X.] abstellenden Markt weitgehend übereinstim-me, betrage –% ([X.].: = oberhalb des [X.] des § 19 Abs. 3 Satz 1 [X.]) und begründe - zusammen mit dem [X.] zum 8 - 5 - nächst großen Wettbewerber, dem besseren Zugang zu den [X.] und der relativ hohen Marktzutrittsschranke - eine marktbeherrschende Stellung von [X.], die durch den Zusammenschluss verstärkt würde. Die auflösende Bedingung für die Freigabe des Zusammenschlusses und das [X.] seien erforderlich, um dies zu verhindern. [X.] Weder die Rechtsbeschwerde noch die Nichtzulassungsbeschwerde führen zum Erfolg. [X.] Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die nach § 74 Abs. 4 Nr. 3 [X.] geltend gemachte [X.]erletzung des rechtlichen Gehörs nicht schlüssig [X.] ist (vgl. [X.], [X.]. v. 23.6.2009 - K[X.]R 57/08, [X.]/[X.] 2732 [X.]. 6 - [X.]ersicherergemeinschaft). 10 1. Das Beschwerdegericht hat nicht gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen, indem es [X.] keine Einsicht in die Nachermittlungsakten des [X.] gewährt hat. 11 a) Der [X.]erfassungsgrundsatz des rechtlichen Gehörs erfordert in seiner Ausprägung durch § 71 Abs. 1 Satz 2, § 72 Abs. 1 Satz 1 [X.], dass die Ent-scheidung des [X.] nur auf Tatsachen und Beweismittel ge-stützt wird, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten, und dass den [X.] grundsätzlich uneingeschränkt Einsicht nicht nur in die gerichtlichen [X.], sondern auch in [X.]orakten, Beiakten, Gutachten und Auskünfte, die sich bei den gerichtlichen [X.]erfahrensakten befinden, gewährt wird. [X.]on dem Einsichtsrecht des § 72 Abs. 1 Satz 1 [X.] nimmt § 72 Abs. 2 Satz 1 [X.] die-jenigen Aktenbestandteile aus, die anderen Stellen "gehören". In diese Akten-bestandteile ist eine Einsichtnahme nur dann zulässig, wenn die andere Stelle zugestimmt hat. Für die Akten und Auskünfte des [X.] bestimmt 12 - 6 - § 72 Abs. 2 Satz 2 [X.], dass die Zustimmung zu versagen ist, soweit dies aus wichtigen Gründen geboten ist. Wenn danach eine Akteneinsicht unzulässig ist, dürfen die Unterlagen gemäß § 72 Abs. 2 Satz 3 [X.] der Entscheidung nur insoweit zugrundegelegt werden, als ihr Inhalt vorgetragen worden ist. 13 Eine [X.]erweigerung der erforderlichen Zustimmung zur Akteneinsicht ist für das Beschwerdegericht grundsätzlich bindend, wie der Senat in seiner Ent-scheidung [X.]/[X.] ausgeführt hat ([X.] 178, 285 [X.]. 32, 34). Das Beschwerdegericht ist insbesondere nicht befugt, in entsprechender Anwendung des § 99 Abs. 2 [X.]wGO nachzuprüfen, ob die [X.]erweigerung der Zustimmung durch das [X.] oder die sonst zuständige Stelle rechtmäßig ist ([X.]/[X.], [X.], 6. Aufl. 1982, § 71 a.[X.] Rn. 7; a.[X.] in [X.]/Mestmäcker, [X.]recht, 4. Aufl., [X.] § 72 Rn. 7; Kollmorgen in [X.]/Bunte, [X.], 10. Aufl., § 72 Rn. 8; [X.] in [X.][X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 72 Rn. 11). Für eine analoge Anwendung des § 99 Abs. 2 [X.]wGO fehlt es an einer Regelungslücke. Zur Lösung des Konflikts zwischen dem verfassungsrechtli-chen Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG und auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG einerseits und dem als Ausfluss der Grundrechte der Art. 12 und 14 GG zu gewährenden Geheimnis-schutz, insbesondere dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen andererseits hat der Gesetzgeber des Gesetzes gegen [X.] ein anderes [X.]erfahren vorgesehen, nämlich das Zwischenverfahren nach § 72 Abs. 2 Satz 4 bis 6 [X.] ([X.], [X.], 537, 539). Danach kann das Beschwerdegericht unter bestimmten [X.]oraussetzungen die Offenle-gung der als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Tatsachen und Beweismittel anordnen. Im Rahmen dieses [X.]erfahrens wird geprüft, ob ein wichtiger Grund für die Geheimhaltung besteht. Der erforderliche Rechtsschutz gegen die Be-hördenentscheidung ist damit gewährleistet. - 7 - b) Nach diesen Grundsätzen durfte das Beschwerdegericht den [X.] keine Einsicht in die Nachermittlungsakten gewähren. Für eine Einsicht in diese Akten bedurfte es der Zustimmung des [X.]. Diese Zustimmung ist nicht erteilt worden. 14 15 [X.] sind - anders als die Rechtsbeschwerde meint - [X.]orakten des [X.] i.S. des § 72 Abs. 2 Satz 1 [X.] (vgl. [X.] 178, 285 [X.]. 32 - [X.]/[X.]). Sie betreffen ergänzen-de Ermittlungen, die das [X.] nach einer entsprechenden Auffor-derung des [X.] durchgeführt hat. Dem Beschwerdegericht ist es nicht verwehrt, an Stelle eigener Ermitt-lungen (Nach-)Ermittlungen des [X.] zu veranlassen und zu ver-werten ([X.] 155, 214, 220 f. - [X.]/[X.]; [X.] 178, 285 [X.]. 32 - [X.]/[X.]). Bei diesen Nachermittlungen handelt es sich um einen Teil des kartellbehördlichen [X.]erfahrens, für den entgegen der [X.] der Rechtsbeschwerde keine besonderen [X.]oraussetzungen - etwa ein er-heblicher Umfang der Ermittlungen - erfüllt sein müssen. Das [X.] wird dabei nicht lediglich als "Bote" des [X.] tätig. Das zeigt sich schon daran, dass es - wie auch hier - einen Auskunftsbeschluss nach § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] erlässt und auf den [X.] des § 81 Abs. 2 Nr. 6 [X.] hinweist. Es nimmt mithin Befugnisse in Anspruch, die nur ihm und nicht auch dem Beschwerdegericht zustehen. 16 2. Das Beschwerdegericht hat den Anspruch von [X.] auf rechtliches Gehör auch nicht dadurch verletzt, dass es kein Zwischenverfahren nach § 72 Abs. 2 Satz 4 bis 6 [X.] durchgeführt hat. 17 - 8 - a) Nach § 72 Abs. 2 Satz 4 [X.] kann das Beschwerdegericht die erfor-derliche Zustimmung der zuständigen Stelle zur Offenlegung von Tatsachen oder Beweismitteln nur dann durch eine eigene Anordnung ersetzen, wenn und soweit es für die Sachentscheidung auf diese Tatsachen oder Beweismittel an-kommt, andere Möglichkeiten der Sachaufklärung nicht bestehen und nach Ab-wägung aller Umstände des Einzelfalles die Bedeutung der Sache für die Si-cherung des [X.] das Interesse des Betroffenen an der Geheimhaltung überwiegt. Hinsichtlich der Frage, ob die als geheimhaltungsbedürftig eingestuf-ten Tatsachen oder Beweismittel - hier der Inhalt der Nachermittlungsakten des [X.] - entscheidungserheblich sind, hat sich das [X.] von den allgemeinen Grundsätzen seiner Aufklärungspflicht nach § 70 Abs. 1 [X.] leiten zu lassen. Wenn es aufgrund tatrichterlicher Würdigung zu dem Ergebnis kommt, dass der nach § 72 Abs. 2 Satz 3 [X.] vorgetragene Inhalt der Unterlagen ausreicht, um den maßgeblichen Sachverhalt aufzuklären, darf es eine Anordnung nach § 72 Abs. 2 Satz 4 [X.] nicht erlassen und muss auch kein Zwischenverfahren durchführen. [X.]erletzt es diese Regeln, liegt darin grundsätzlich kein Gehörsverstoß, sondern eine [X.]erletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht. 18 b) Danach kann im Hinblick auf die [X.]oraussetzungen einer zulassungs-freien Rechtsbeschwerde offen bleiben, ob das Beschwerdegericht seine Auf-klärungspflicht verletzt hat, indem es kein Zwischenverfahren nach § 72 Abs. 2 Satz 4 bis 6 [X.] durchgeführt hat. Jedenfalls ist [X.] dadurch nicht das rechtliche Gehör versagt worden, worauf es hier allein ankommt. 19 3. Das Beschwerdegericht hat auch keine gegen Art. 103 Abs. 1 GG ver-stoßende "Überraschungsentscheidung" erlassen. 20 - 9 - Die Rechtsbeschwerde meint, das Beschwerdegericht habe den Grund-satz des rechtlichen Gehörs verletzt, weil es seine Entscheidung widersprüch-lich und nicht nachvollziehbar begründet habe, ohne [X.] auf seine [X.]en hinzuweisen und Gelegenheit zu geben, ergänzend vorzutragen und weitere Ermittlungen anzuregen. 21 Das reicht zur Begründung eines [X.] nicht aus. 22 a) Eine gegen das Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs ver-stoßende "Überraschungsentscheidung" liegt vor, wenn sich die [X.]erfahrensbe-teiligten nicht zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt oder der maßgeblichen Rechtslage äußern konnten. Das Gericht ist jedoch grund-sätzlich nicht verpflichtet, vor der Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen. Eine solche Pflicht besteht nur dann, wenn das Gericht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und [X.] selbst unter Berücksichtigung der [X.]ielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (st. Rspr. des [X.], s. etwa [X.]. v. 7.10.2009 - 1 BvR 178/09, [X.], 441 [X.]. 8; [X.]. v. 29.5.1991 - 1 BvR 1383/90, NJW 1991, 2823 f.). Ob das Gericht dem [X.]ortrag der Beteiligten in [X.] Hinsicht die richtige Bedeutung beimisst, ist dagegen keine Frage des rechtlichen Gehörs ([X.] [X.], 441 [X.]. 5). 23 Will sich ein [X.]erfahrensbeteiligter auf einen [X.]erstoß gegen die so ver-standene Hinweispflicht berufen, muss er darlegen, welchen Hinweis das Be-schwerdegericht hätte geben müssen, mit welchem [X.]ortrag er darauf reagiert hätte und dass die Entscheidung aufgrund dieses [X.]ortrags möglicherweise für ihn günstiger ausgefallen wäre ([X.], [X.]. v. 28.6.2005 - K[X.]R 27/04, 24 - 10 - [X.]/[X.] 1520, 1522 - Arealnetz; MünchKommWettbR/[X.], § 74 Rn. 44, § 76 Rn. 15). 25 b) Danach ist die Rüge hier schon nicht ordnungsgemäß erhoben. Zwar mag dem [X.]ortrag der Rechtsbeschwerde noch zu entnehmen sein, welche Hinweise ihrer Meinung nach hätten gegeben werden müssen. Sie trägt aber nicht vor, in welcher Weise [X.] darauf reagiert hätte, insbesondere wel-chen zusätzlichen Tatsachenvortrag sie gehalten und welche zusätzlichen Be-weisanträge sie gestellt hätte. 4. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Be-schwerdegericht habe [X.]ortrag von [X.] übergangen, etwa den [X.]ortrag, von Drogerien sowie dem Direktvertrieb gehe ein erheblicher [X.]druck aus. 26 a) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist das Gericht nicht gehalten, sich in den Entscheidungsgründen mit sämtlichem [X.]orbringen einer Prozesspartei auseinanderzusetzen und hierzu im Einzelnen Stellung zu nehmen. Eine [X.]erletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs kann nur dann angenommen werden, wenn sich aus den Umständen des Falles ergibt, dass das Gericht tatsächliches [X.]orbringen des Beschwerdeführers [X.] nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat ([X.]E 86, 133, 146; 75, 369, 381; [X.], [X.]. v. 23.11.2004 - K[X.]Z 7/03, juris [X.]. 4, insoweit nicht abgedruckt in [X.]-Report 2005, 1006). 27 b) Davon kann hier nicht ausgegangen werden. 28 - 11 - Das Beschwerdegericht hat sich im Rahmen der Feststellung des rele-vanten Marktes durchaus mit der Frage befasst, ob die Warenangebote von Drogerien und Direktvertreibern einerseits und Parfümerien andererseits aus der Sicht der [X.]erbraucher austauschbar sind, ob diese Geschäftsformen also miteinander im Wettbewerb stehen. Es hat diese Frage unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats zur Marktabgrenzung bei gelegentlichen Einzelan-geboten ([X.], [X.]. v. 28.4.1992 - K[X.]R 9/91, [X.]/[X.], 2772 f. - [X.]/[X.]) verneint und ist auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis gekommen, dass [X.] auf dem relevanten Markt einen Marktanteil von –% ([X.].: = oberhalb des [X.] des § 19 Abs. 3 Satz 1 [X.]) hat und - vor allem deshalb, aber auch aufgrund weiterer Umstände wie etwa dem Marktan-teilsabstand zu den Wettbewerbern - eine marktbeherrschende Stellung ein-nimmt. Wenn es im Rahmen dieser Abwägung nicht nochmals auf die Möglich-keit der [X.]erbraucher eingegangen ist, einen Teil des Bedarfs an Artikeln des [X.] auch bei Drogerien oder im Direktvertrieb zu decken, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass es das diesbezügliche [X.]orbringen von [X.] nicht zur Kenntnis genommen und gewürdigt hätte. 29 [X.] Die Nichtzulassungsbeschwerde von [X.] bleibt ebenfalls ohne [X.]. Die Sache wirft weder Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] (§ 74 Abs. 2 [X.]). 30 1. Das gilt zum einen für die von der Nichtzulassungsbeschwerde vorge-brachten Einwände gegen das [X.]erfahren des [X.]. 31 a) Bei den vom Beschwerdegericht veranlassten Nachermittlungen hat es sich um solche des [X.] und nicht um eine gerichtliche Beweis-32 - 12 - aufnahme gehandelt (s. oben [X.]). Die Nichtzulassungsbeschwerde zeigt nicht auf, dass insoweit eine Rechtsfrage klärungsbedürftig wäre oder dass ein sonstiger Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde vorläge. Dass dem [X.] im Rahmen des Beschwerdeverfahrens Nachermittlungen überlassen werden können und dass es dabei in eigener Zuständigkeit und nicht nur als "Bote" des Gerichts tätig wird, entspricht ständiger Senatsrecht-sprechung ([X.] 155, 214, 220 f. - [X.]/[X.]; [X.] 178, 285 [X.]. 32 - [X.]/[X.]). b) Dass die [X.]erweigerung der Zustimmung zur Akteneinsicht nach § 72 Abs. 2 Satz 1, 2 [X.] nicht in einem gerichtlichen Zwischenverfahren analog § 99 Abs. 2 [X.]wGO auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden kann, hat der [X.] bereits in seinem Urteil [X.] 178, 285 [X.]. 32, 34 - [X.]/Stadtwerke Esch-wege inzident entschieden. Er hat dort ausgeführt, dass die Erklärung der Be-hörde grundsätzlich für das Gericht bindend ist und dass eine Überprüfung in dem [X.]erfahren nach § 72 Abs. 4 bis 6 [X.] stattfindet. 33 Im Übrigen ist die Frage der analogen Anwendbarkeit von § 99 Abs. 2 [X.]wGO im Kartellverfahren nicht entscheidungserheblich. Denn eine Entschei-dung nach § 99 Abs. 2 [X.]wGO kommt - ebenso wie eine solche nach § 72 Abs. 2 Satz 4 [X.] - nur dann in Betracht, wenn der Sachverhalt allein durch Einsicht in die Akten aufgeklärt werden kann (B[X.]erwG, [X.]. v. 12.1.2006 - 20 F 12/04, [X.], 700 [X.]. 7). Diese [X.]oraussetzung hat das Beschwer-degericht nicht festgestellt, sondern im Gegenteil angenommen, dass der [X.]or-trag des Inhalts der Nachermittlungsakten nach § 72 Abs. 2 Satz 3 [X.] aus-reiche. 34 c) Die Frage, unter welchen [X.]oraussetzungen ein Zwischenverfahren nach § 72 Abs. 2 Satz 4 bis 6 [X.] über die Offenlegung von als geheimhal-35 - 13 - tungsbedürftig eingestuften Unterlagen stattzufinden hat, ist entgegen der [X.] der Nichtzulassungsbeschwerde nicht klärungsbedürftig. Die [X.]orausset-zungen ergeben sich aus dem Gesetz. Ob sie im Einzelfall erfüllt sind, ist [X.]. 36 d) Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde geltend macht, durch die [X.]er-weigerung der Einsicht in die Nachermittlungsakten des [X.] sei ihr Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt worden, wiederholt sie lediglich die schon im Rahmen der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde erho-bene - und für unbegründet befundene - Rüge. 2. Auch im Hinblick auf die Entscheidung in der Sache bleibt die [X.] ohne Erfolg. 37 a) Die Abgrenzung des maßgeblichen Marktes ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, der dabei die tatsächlichen Gegebenheiten des Marktes [X.] hat ([X.] 92, 223, 238 - [X.]/[X.]; [X.] 170, 299 [X.]. 15 - [X.]; [X.] 178, 285 [X.]. 14 - [X.]/[X.]). Das Rechtsbeschwerdegericht kann nur prüfen, ob der Sachverhalt umfassend und frei von [X.]erfahrensfehlern festgestellt worden ist und die der [X.] zugrunde liegenden Rechtssätze beachtet und zutreffend angewandt [X.] sind. Nur bezüglich dieser Rechtsfragen können auch die [X.]oraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 74 Abs. 2 [X.] erfüllt sein. 38 Danach genügt der [X.]ortrag der Nichtzulassungsbeschwerde nicht, um einen Zulassungsgrund darzulegen. 39 Dass die Marktabgrenzung in kartellrechtlichen Streitigkeiten im Hinblick auf ähnlich gelagerte Sachverhalte von großer Bedeutung ist, reicht für eine 40 - 14 - Zulassung entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht aus. Insbesondere gibt es keine ständige Rechtsprechung des Senats, derzufolge die Marktabgrenzung regelmäßig von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 75 Abs. 2 [X.] ist. [X.]ielmehr unterscheidet der Senat auch bei der Zulassung der Rechtsbeschwerde stets zwischen der Tatfrage der Marktabgrenzung und den zugrunde liegenden Rechts- und [X.]erfahrensfragen (s. etwa [X.], [X.]. v. 4.4.2006 - K[X.]Z 33/05, juris). Auch bedarf es keiner höchstrichterlichen Klärung der Frage, ob von dem Angebot anderer [X.]ertriebsschienen - wie den Drogerien - erheblicher Wettbe-werbsdruck auf die Parfümerien ausgeht und die entsprechenden Sortimente deshalb in den relevanten Markt einzubeziehen sind. Das ist eine Tatfrage. [X.] ist nicht dargelegt, dass sie sich voraussichtlich in einer [X.]ielzahl anderer Fälle stellen wird (vgl. [X.], [X.]. v. 8.5.2001 - K[X.]Z 23/00, [X.]/[X.] 703, 704). 41 Die in anderem Zusammenhang erhobene Rüge, das Beschwerdegericht habe bei der Marktabgrenzung nicht auf die [X.]erbrauchersicht abgestellt und insbesondere keine - erforderliche - [X.]erbraucherumfrage durchgeführt oder ver-anlasst, geht ebenfalls fehl. Das Beschwerdegericht hat den relevanten Markt nach dem dafür in erster Linie heranzuziehenden Bedarfsmarktkonzept abge-grenzt und dabei untersucht, ob die von Drogerien und Parfümerien vertriebe-nen Erzeugnisse aus der Sicht eines verständigen [X.]erbrauchers als aus-tauschbar anzusehen sind (vgl. [X.] 170, 299 [X.]. 14 - [X.]; [X.] 178, 285 [X.]. 15 - [X.]/[X.]). Dass es sich nach [X.] der ihm vorliegenden Erkenntnisse nicht veranlasst gesehen hat, zu-sätzlich eine - repräsentative - Befragung des maßgeblichen [X.]erbraucherkrei-ses durchzuführen oder durch das [X.] durchführen zu lassen, begegnet schon grundsätzlich keinen Bedenken und kann erst Recht nicht die 42 - 15 - Zulassung der Rechtsbeschwerde gebieten. Zum einen gehören die Mitglieder des [X.] selbst zu dem angesprochenen [X.]. Zum anderen hat das Beschwerdegericht zu Recht angenommen, dass im Rahmen der Fusionskontrolle [X.]erkehrsbefragungen im Allgemeinen nicht in Betracht kommen. Es befindet sich damit in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, wonach die sich aus der Fristgebundenheit des [X.] erklärende Beschränkung der [X.] auch für das ge-richtliche Beschwerdeverfahren gilt ([X.] 170, 299 [X.]. 15 - [X.]). b) Auch die Frage, welche Bedeutung von einem Beteiligten vorgelegte [X.]erbraucherumfragen haben und welche Anforderungen an die Würdigung sol-cher Umfragen zu stellen sind, ist nicht geeignet, einen Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde darzulegen. 43 Es fehlt schon an der Entscheidungserheblichkeit. Das [X.] hat die von [X.] vorgelegten Umfragen der [X.] umfassend berücksichtigt und aus dem Umstand, dass sie von [X.] in Auftrag gegeben worden waren, keine für den Auftraggeber nachteiligen Schlüsse gezogen. Dass es die Befragungen inhaltlich anders gewürdigt hat als [X.], kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Frage gestellt werden. 44 - 16 - D. Der Senat entscheidet über die Rechtsbeschwerde (vgl. [X.], [X.]/[X.] 2732 [X.]. 36 - [X.]ersicherergemeinschaft) sowie über die Nichtzulassungs-beschwerde (§ 75 Abs. 2 Satz 2 [X.]) ohne mündliche [X.]erhandlung. 45 [X.] Raum Strohn
Kirchhoff Bacher [X.]orinstanz: [X.], Entscheidung vom 26.02.2009 - [X.] ([X.]) -

Meta

KVZ 16/09

02.02.2010

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.02.2010, Az. KVZ 16/09 (REWIS RS 2010, 9817)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9817

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