Bundessozialgericht, Beschluss vom 23.07.2015, Az. B 8 SO 36/15 B

8. Senat | REWIS RS 2015, 7684

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Zulässigkeit der Berufung - Rechtsschutzbedürfnis - Sozialhilfe - Hilfe zum Lebensunterhalt in Sonderfällen - Schuldenübernahme - Auszahlung an den Vermieter


Tenor

Auf die Beschwerde des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 1. Oktober 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Im Streit ist die Zahlung von Sozialhilfeleistungen (Übernahme von bestehenden [X.]) an die Vermieterin des [X.] (Bescheid vom 18.12.2009; Widerspruchsbescheid vom [X.]). Klage und Berufung, gerichtet auf die Abänderung dieses Bescheids bzw Feststellung seiner Rechtswidrigkeit, soweit die Zahlung an die Vermieterin erfolgt ist, sind ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts <[X.]> Hamburg vom 7.11.2013; Urteil des Landessozialgerichts <[X.]> Hamburg vom 1.10.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das [X.] ausgeführt, dem Kläger fehle das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage, weil weder die Abänderung des Bescheids noch die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit die Stellung des [X.] verbessern würde.

2

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er macht [X.] sinngemäß geltend, das [X.] und das [X.] hätten eine Sachentscheidung treffen müssen.

3

II. Die zulässige Beschwerde des [X.] ist begründet. Das [X.]-Urteil beruht auf einem Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 [X.] Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>), den der Kläger den Anforderungen des § 160 Abs 2 Satz 3 [X.]G entsprechend bezeichnet hat. Das [X.] hat zu Unrecht durch Prozessurteil statt durch Sachurteil entschieden (vgl dazu: B[X.]E 34, 236, 237 = [X.] zu § 51 [X.]G; B[X.]E 35, 267, 271 = [X.] zu § 551 [X.]; [X.], [X.], 2. Aufl 2010, RdNr 658 ff mwN). Da der gerügte Verfahrensfehler auch vorliegt, hat der Senat das angefochtene Urteil gemäß § 160a Abs 5 [X.]G aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Ob sich die Entscheidung des [X.] aus anderen Gründen als richtig erweist, was dem Senat unter Umständen eine Entscheidung in der Sache hätte ermöglichen können (vgl dazu nur [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 11. Aufl 2014, § 160a [X.] mwN), kann nicht abschließend beurteilt werden, weil für eine Entscheidung in der Sache erforderliche tatsächliche Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) fehlen bzw (erstmals) Rechtsfragen zu entscheiden wären, zu denen die Beteiligten keine Möglichkeit hatten, Stellung zu nehmen.

4

Der Kläger rügt zu Recht, das [X.] hätte in der Sache entscheiden müssen und kein Prozessurteil erlassen dürfen. Zwar hat das [X.] die Berufung des [X.] gegen den Gerichtsbescheid des [X.] als unbegründet zurückgewiesen, sich in seiner Begründung jedoch die Ausführungen des [X.] zur Klageabweisung wegen fehlenden [X.] zu eigen gemacht (§ 153 Abs 2 [X.]G). Der in der Entscheidung des [X.] liegende Verfahrensfehler hat sich damit in der angefochtenen Entscheidung des [X.] fortgesetzt (vgl insoweit: B[X.], Beschluss vom [X.] KR 18/15 B -; [X.] 3-1500 § 73 [X.]; B[X.]E 4, 200, 201; vgl auch BVerwG [X.] 310 § 132 VwGO Nr 216).

5

Wegen fehlenden [X.] kann eine Klage - soweit hier einschlägig - allenfalls abgewiesen werden, wenn die Gerichte unnütz in Anspruch genommen werden, weil die begehrte Entscheidung die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des [X.] nicht verbessern kann (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], aaO, Vor § 51 RdNr 16a mwN). Dies ist hier allerdings nicht der Fall; dem Kläger stand ein Rechtsschutzbedürfnis für seine Klage zu, die unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes nur auf Abänderung, nicht, wie [X.] und [X.] dies gesehen haben, auf Aufhebung des begünstigenden Teils des Bescheids vom 18.12.2009 bzw des Widerspruchsbescheids gerichtet sein konnte, soweit es die Auszahlung der Leistungen unmittelbar an den Vermieter anbelangt.

6

Nach § 34 Abs 1 Satz 1 [X.]B XII in der bis 31.12.2010 geltenden Fassung (jetzt: § 36 Abs 1 Satz 1 [X.]B XII) können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen nach Satz 2 übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Ob es im Rahmen des § 34 [X.]B XII überhaupt erlaubt ist, Leistungen an Dritte auszuzahlen und ggf unter welchen Bedingungen (vgl dazu nur Streichsbier in [X.]/[X.], [X.]B XII, 5. Aufl 2014, § 36 [X.]B XII RdNr 9, und § 362 Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch), ist allerdings regelmäßig keine Frage des [X.] für eine Klage auf Zahlung an sich selbst, sondern der Begründetheit. Dies gilt insbesondere, wenn der Kläger - wie hier - geltend macht, durch die Zahlung direkt an den Vermieter in seinen Rechten diesem gegenüber eingeschränkt zu werden und nur unter nicht eingetretenen Bedingungen zugestimmt zu haben. Ob der Sozialhilfeträger deshalb berechtigt war, Zahlungen an den Vermieter zu leisten, ist durch das [X.] in der Sache zu prüfen.

7

Das [X.] wird ggf auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 8 SO 36/15 B

23.07.2015

Bundessozialgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Hamburg, 7. November 2013, Az: S 20 SO 300/10, Gerichtsbescheid

§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG, § 34 Abs 1 S 1 SGB 12 vom 27.12.2003, § 36 Abs 1 S 1 SGB 12 vom 24.03.2011

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 23.07.2015, Az. B 8 SO 36/15 B (REWIS RS 2015, 7684)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7684

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