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PDF anzeigenBUNDESGERICHTSHOFIM NAMEN DES VOLKESURTEILIX ZR 6/00Verkündet am:25. Januar 2001PreußJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem RechtsstreitNachschlagewerk:jaBGHZ:nein------------------------------------GesO § 10 Abs. 1 Nr. 4a)Erklärt ein Kreditinstitut, das den Kredit wegen einer finanziellen Krisedes Kunden gekündigt und fällig gestellt hat, es werde künftig Kontoüber-ziehungen dulden, rechtfertigt dies allein noch nicht die Annahme, dasKreditinstitut fordere den Kredit nicht mehr ernsthaft ein.b)Führt der Schuldner nach der Kündigung und Fälligstellung des Kreditsseine Gesamtverbindlichkeiten noch um etwa ein Drittel zurück, steht diesder Annahme nicht entgegen, daß er bereits mit der Kündigung und Fäl-ligstellung zahlungsunfähig geworden ist.c)Für die Bewertung der kontokorrentmäßigen Verrechnung von Soll- undHabenbuchungen als Bargeschäft ist es grundsätzlich unerheblich, ob die- 2 -Deckung früher oder später entsteht als die Forderungen des Kreditinsti-tuts aus der Ausführung von Überweisungsaufträgen oder Lastschriften(Bestätigung des Senatsurt. v. 25. Februar 1999 - IX ZR 353/98).BGH, Urteil vom 25. Januar 2001 - IX ZR 6/00 -OLG Brandenburg LG Neuruppin- 3 -Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden RichterDr. Kreft und die Richter Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Zugehör und Dr. Ganter aufdie mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2001für Recht erkannt:Auf die Rechtsmittel des Klägers werden - unter Zurückweisungim übrigen - das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Neu-ruppin vom 6. November 1997, das Teilurteil des 7. Zivilsenatsdes Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 8. Dezember1999 und das Schlußurteil desselben Gerichts vom 19. April 2000wie folgt geändert und neu gefaßt:Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 141.611,68 DM nebst4 % Zinsen seit dem 4. April 1997 zu zahlen. Im übrigen wird dieKlage abgewiesen.Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger ¾ und die Be-klagte ¼.Von Rechts wegen- 4 -Tatbestand:Der klagende Gesamtvollstreckungsverwalter nimmt die verklagte Spar-kasse im Wege der Anfechtung (§ 10 Abs. 1 GesO) auf Auskehr von Gut-schriften auf debitorisch geführten Konten der U. GmbH (nachfolgend: Schuld-nerin) in Anspruch.Die Schuldnerin unterhielt bei der Beklagten unter anderem zwei Giro-konten (Nr. ... 0069 und Nr. ... 2223), die im Kontokorrent geführt wurden. Aufbeiden Konten waren der Schuldnerin Überziehungskredite eingeräumt. Streitigist, ob es ein Gesamtkreditlimit in Höhe von 300.000 DM oder Kreditlinien von300.000 DM für das Konto mit den Endziffern 0069 und 100.000 DM für dasKonto mit den Endziffern 2223 gab.Mit Schreiben vom 21. Mai 1996 teilte die Beklagte der Schuldnerin fol-gendes mit:"Hiermit kündigen wir ... die Kreditlinien aus wichtigem Grund mitsofortiger Wirkung ...Unsere Kredit- und Darlehenskündigung möchten wir Ihnen wiefolgt erläutern: ... Auf den bei uns geführten Geschäftskonten ma-chen sich seit längerer Zeit enorme Liquiditätsprobleme bemerk-bar. Dies führte in der Vergangenheit dazu, daß wiederholt Last-schriften und Schecks mangels Deckung nicht eingelöst werdenkonnten. Zins- und Tilgungsbelastungen aus den Kreditverbindlich-keiten führten ebenfalls zu Überziehungen der vereinbarten Kredit-linien ...- 5 -Aus den angesprochenen Gründen rechtfertigt sich die sofortigeKündigung der Kreditverbindung aus wichtigem Grund und die Fäl-ligstellung zum 28. Juni 1996 ...Den Sollsaldo von insgesamt DM 8.230.829,08 möchten wir Siebitten, umgehend, spätestens aber bis zum 28. Juni 1996 auszu-gleichen. Sollte der Ausgleich nicht rechtzeitig oder nicht vollstän-dig erfolgen, sehen wir uns veranlaßt, bereitgestellte Sicherheitenzu verwerten, ggf. Aufrechnungsansprüche geltend zu machenbzw. das gerichtliche Mahnverfahren gegen Sie einzuleiten."Am 21. Mai 1996 waren das Konto Nr. ... 0069 mit 263.718,09 DM unddas Konto Nr. ... 2223 mit 93.599,48 DM im Soll. In der Folgezeit buchte dieBeklagte noch Gutschriften; außerdem ließ sie - in geringerem Umfang - Bela-stungsbuchungen zu. Bis zum 29. Oktober 1996 verringerte sich der Sollstanddes Kontos Nr. ... 0069 auf 191.701,03 DM. Der Sollstand auf dem Konto Nr. ...2223 betrug am 26. September 1996 noch 52.029,11 DM. Nach den genanntenDaten fanden auf den Konten bis zum 18. November 1996 keine Bewegungenmehr statt.Am 30. Oktober 1996 wurde die Gesamtvollstreckung über das Vermö-gen der Schuldnerin beantragt. Am 15. November 1996 wurde das Verfahreneröffnet und der Kläger zum Verwalter bestellt.Dieser hat mit seiner Klage die Verrechnung von Zahlungen angefoch-ten, die nach der Kreditkündigung eingegangen waren. Betroffen sind Eingän-ge in Höhe von 102.960,56 DM auf dem Konto Nr. ... 0069 und von523.892,16 DM auf dem Konto Nr. ... 2223, insgesamt 626.852,66 DM. DasLandgericht hat der Klage in Höhe von 606,77 DM stattgegeben. In dieser Hö-he hatte die Beklagte am 18. und 27. November 1996 - nach Eröffnung der Ge-- 6 -samtvollstreckung - noch Gutschriften verrechnet. Im übrigen ist die Klage ab-gewiesen worden. Die dagegen eingelegte Berufung des Klägers hat dasOberlandesgericht durch Teilurteil vom 8. Dezember 1999 (veröffentlicht in NZI2000, 325 ff m. Anm. Tappmeier EWiR 2000, 493 f) im Umfang von488.838,92 DM und im übrigen - nach Verzicht des Klägers auf die Durchfüh-rung einer Beweisaufnahme - durch Schlußurteil vom 19. April 2000 zurückge-wiesen. Gegen diese Urteile richten sich die Revisionen des Klägers. Der Se-nat hat die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung ver-bunden.EntscheidungsgründeDie Rechtsmittel haben teilweise Erfolg.I.Das Teilurteil vom 8. Dezember 1999 hat das Berufungsgericht wie folgtbegründet: Im Umfang von 488.838,92 DM könne die Verrechnung von Gut-schriften auf dem Konto Nr. ... 2223 schon nach dem Vorbringen des Klägersnicht angefochten werden. Denn in dieser Höhe habe die Beklagte im Zeitraumvom 2. Mai bis 15. November 1996 Sollbuchungen zugelassen. Der Zeitraumvom 2. Mai 1996 bis zur Kreditkündigung dürfe mitberücksichtigt werden, weilder kontokorrentmäßige Abrechnungszeitraum maßgeblich sei, der im Streitfall- 7 -jedenfalls nicht kürzer als ein Monat sei. Wegen ab 12. September 1996 ein-gegangener Gutschriften in Höhe von 34.446,47 DM auf diesem Konto undsämtlicher von dem Kläger angefochtener Gutschriften auf dem KontoNr. ... 0069 sei der Rechtsstreit noch nicht zur Entscheidung reif.Zur Begründung des Schlußurteils vom 19. April 2000 hat das Beru-fungsgericht ausgeführt, für eine Anfechtung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 GesOfehle es an ausreichendem Vortrag des Klägers, daß die Schuldnerin die Be-nachteiligung ihrer Gläubiger bewußt in Kauf genommen habe. Eine Anfech-tung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO scheitere teilweise deswegen, weil auchBuchungen auf dem Konto Nr. ... 0069 als Bardeckungsgeschäfte anzusehenseien, und im übrigen deswegen, weil nicht davon ausgegangen werden kön-ne, daß die Schuldnerin im Zeitpunkt der anfechtbaren Rechtshandlungen be-reits zahlungsunfähig gewesen sei und der Beklagten das habe bekannt seinmüssen. Insofern sei der Kläger beweisfällig geblieben.II.Es kann auf sich beruhen, ob der Erlaß eines Teilurteils zulässig war.Teil- und Schlußurteil sind mit der Revision angefochten und die Verfahrensind zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden worden. Da-durch ist ein in dem Erlaß des Teilurteils liegender Verfahrensfehler geheiltworden (vgl. BGH, Urt. v. 10. Juli 1991 - XII ZR 109/90, NJW 1991, 3036).- 8 -III.Die Ausführungen des Berufungsgerichts in der Sache sind teilweisevon Rechtsfehlern beeinflußt.1. Die Ansicht, daß eine Anfechtung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 GesOausscheide, ist allerdings nicht zu beanstanden. Insoweit nimmt auch die Revi-sion das Berufungsurteil hin.2. Der vollständige Ausschluß der Anfechtung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4GesO ist demgegenüber rechtlich nicht haltbar.a) Fehlerhaft ist insbesondere die Ansicht des Berufungsgerichts, derKläger sei hinsichtlich einer Zahlungsunfähigkeit (Zahlungseinstellung) derSchuldnerin vor Eröffnung der Gesamtvollstreckung beweisfällig geblieben. DerRevision ist darin Recht zu geben, daß schon der unstreitige Sachverhalt dieAnnahme rechtfertigt, das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 21. Mai1996 habe die Zahlungseinstellung durch die Schuldnerin zur Folge gehabt.aa) "Zahlungseinstellung" ist das vom Schuldner ausgehende, nach au-ßen erkennbare Verhalten, das den beteiligten Verkehrskreisen den berech-tigten Eindruck vermittelt, der Schuldner könne einen nicht unwesentlichen Teilseiner fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten aufgrund eines objektiven,nicht nur vorübergehenden Mangels an Geldmitteln nicht bezahlen (BGH, Urt.v. 13. April 2000 - IX ZR 144/99, WM 2000, 1207, 1208 m.w.N.).- 9 -(1) Schon die Nichtbezahlung einer einzigen, für die Verhältnisse desSchuldners erheblichen Schuld kann die Zahlungseinstellung zum Ausdruckbringen. Dann muß allerdings der Gläubiger zugleich der Anfechtungsgegnersein (BGHZ 118, 171, 174; BGH, Urt. v. 27. April 1995 - IX ZR 147/94, WM1995, 1113, 1115; v. 25. September 1997 - IX ZR 231/96, WM 1997, 2134,2135). Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall erfüllt, weil nachdem eigenen Vorbringen der Beklagten die Verbindlichkeiten der Schuldnerinihr gegenüber bei Kündigung der Kredite mindestens 4,69 Mio. DM betrugen.Darauf hat die Schuldnerin bis zur Eröffnung der Gesamtvollstreckung über ihrVermögen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts höchstens ca.270.000 DM bezahlt.(2) Die Kreditforderung war mit Schreiben vom 21. Mai 1996 gekündigtund zum 28. Juni 1996 fälliggestellt worden. Sie war damit - ab diesem Zeit-punkt (vgl. unten IV 4) - ernsthaft eingefordert (vgl. BGH, Urt. v. 9. Januar 1997- IX ZR 1/96, WM 1997, 432, 435).Allerdings hat die Beklagte geltend gemacht, sie habe zu keinem Zeit-punkt den bestehenden Debetsaldo ernsthaft eingefordert, weil mit der Kündi-gung lediglich "ein Warnschuß (habe) abgegeben" werden sollen. Das wider-spricht dem eindeutigen Wortlaut des Kündigungsschreibens. Im übrigen hatdie Beklagte eingeräumt, die Kündigung habe der Schuldnerin "die Ernsthaftig-keit der Forderung der Beklagten verdeutlichen" sollen.Weiter hat die Beklagte vorgetragen, ihr Mitarbeiter W. - Leiter derRechtsabteilung - habe "einige Tage nach dem Ausspruch der Kündigung de-ren Wirkung mündlich zurück-"genommen. Später hat die Beklagte ihren Vor-- 10 -trag dahin erläutert, W. habe der Schuldnerin mitgeteilt, daß Verfügungen"selbstverständlich auch weiterhin zugelassen" werden würden. Abgesehen da-von, daß nicht vorgetragen worden ist, W. habe die Beklagte rechtsgeschäftlichvertreten dürfen, rechtfertigt dieser Vortrag weder die Annahme einer Zurück-nahme der Kündigung noch einer Stundung der Rückzahlungspflicht (vgl. zuletzterem BGH, Urt. v. 9. Januar 1997 - IX ZR 47/96, WM 1997, 436, 438; v.25. September 1997 - IX ZR 231/96, WM 1997, 2134, 2135; v. 8. Oktober 1998- IX ZR 337/97, WM 1998, 2345, 2346). Wenn ein Kreditinstitut nach einerKreditkündigung erklärt, es werde künftig Kontoüberziehungen zulassen, be-deutet dies im allgemeinen nur, daß es im Einzelfall nach vorheriger Überprü-fung - freibleibend - Verfügungen duldet. Dadurch erhält der Kontoinhabernoch keine geschützte Rechtsposition. Insbesondere nimmt das Kreditinstitutvon dem - in der Fälligstellung liegenden - ernsthaften Einfordern noch nichtAbstand, sondern behält sich vor, jederzeit Rückzahlung der Kredite zu verlan-gen.(3) Schließlich ist auch unerheblich die Behauptung der Beklagten, dieSchuldnerin habe in der Zeit vom 31. Mai bis 15. November 1996 auf fälligeVerbindlichkeiten bei der Beklagten und Dritten noch ca. 2,2 Mio. DM bezahlt.Da die Beklagte in diesem Zeitraum höchstens 270.000 DM erhalten hat (sieheoben (1) a.E.), müssen 1,93 Mio. DM an andere Gläubiger geflossen sein.Dann müssen nach dem eigenen Vortrag der Beklagten die Gesamtverbind-lichkeiten der Schuldnerin wenigstens (4,69 Mio. + 1,93 Mio. =) 6,62 Mio. DMbetragen haben. Die behaupteten Zahlungen deckten somit allenfalls ca. einDrittel der Verbindlichkeiten. Bei einem derartigen Mißverhältnis zwischen demerfüllten und dem nicht erfüllten Teil der Schulden kann von einer - für dieZahlungseinstellung vorausgesetzten - Zahlungsunfähigkeit ausgegangen- 11 -werden (vgl. Kirchhof, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung 2. Aufl. S. 285,290 Rdnr. 16 m.w.N.).b) Die Zahlungsunfähigkeit war der Schuldnerin bekannt. Zumindestmußte sie ihr "den Umständen nach" bekannt sein. Dieses Merkmal ist regel-mäßig schon dann zu bejahen, wenn der Anfechtungsgegner die Umständekennt, auf denen die Zahlungsunfähigkeit beruht (BGH, Urt. v. 8. Oktober 1998- IX ZR 337/97, WM 1998, 2345, 2347). Die Kündigung der Kreditlinien, auf derdie Zahlungsunfähigkeit (Zahlungseinstellung) beruhte, war der Beklagten be-kannt. Denn sie hatte sie selbst ausgesprochen.IV.Nicht frei von Rechtsfehlern sind ferner die Ausführungen des Beru-fungsgerichts im Teilurteil, denen zufolge die Anfechtung gemäß § 10 Abs. 1Nr. 4 GesO auch deswegen scheitern soll, weil ein Bargeschäft vorliege.1. Entgegen der Ansicht der Revision ist es allerdings nicht zu bean-standen, daß das Berufungsgericht die Gutschriften nicht isoliert, sondern inder Zusammenschau mit den zeitlich zusammenhängenden Sollbuchungenbewertet hat. Insofern hat es sich im Einklang mit der Senatsrechtsprechungbefunden (vgl. BGH, Urt. v. 25. Februar 1999 - IX ZR 353/98, WM 1999, 781,784 m. Anm. Tappmeier EWiR 1999, 789; Obermüller LM GesO Nr. 50; SmidWuB VI G. § 2 GesO 2.99). Der Meinung der Revision, die Kündigung der Be-klagten vom 21. Mai 1996 habe auch die Kontokorrentvereinbarung beendet,kann nicht gefolgt werden. In dem bezeichneten Schreiben ist nur von einer- 12 -Kündigung der Kreditlinien und Darlehen die Rede, nicht von einer Beendigungder Kontokorrentvereinbarungen oder gar der Geschäftsbeziehung. Dafür, daßdie Schuldnerin den Inhalt des Schreibens in weitergehendem Sinne habe ver-stehen müssen, ist nichts vorgetragen.2. Fehl geht außerdem die Ansicht der Revision, die kontokorrentmäßigeVerrechnung von Soll- und Habenbuchungen könne nur dann als Bargeschäftgewertet werden, wenn zunächst eine Gutschrift auf dem Schuldnerkonto ein-gehe und erst danach - im engen zeitlichen Zusammenhang - eine Belastunggebucht werde. Im Urteil vom 25. Februar 1999 (aaO S. 784) hat es der Senatals unerheblich bezeichnet, ob die Deckung früher oder später entsteht als dieForderung des Kreditinstituts aus der Ausführung einer Überweisung oderLastschrift. Dem ist das Schrifttum gefolgt (vgl. Steinhoff ZIP 2000, 1141, 1150;Lwowski, Festschrift für Wilhelm Uhlenbruck zum 70. Geburtstag 2000 S. 299,312). Die Argumente der Revision geben dem Senat zu einer abweichendenBeurteilung keinen Anlaß.3. Berechtigt ist hingegen die Rüge, das Berufungsgericht habe den Be-griff des "engen zeitlichen Zusammenhangs" verkannt. Der - für ein Barge-schäft vorausgesetzte (vgl. BGHZ 70, 177, 185; 118, 171, 173; BGH, Urt. v. 25.Februar 1999, aaO S. 783) - zeitliche Zusammenhang zwischen Leistung undGegenleistung muß so eng sein, daß noch von einem "unmittelbaren" Lei-stungsaustausch gesprochen werden kann (vgl. § 142 InsO). Das ist fraglosder Fall, wenn zwischen den kontokorrentmäßig zu verrechnenden Soll- undHabenbuchungen weniger als eine Woche vergeht (Senatsurt. v. 25. Februar1999, aaO). Die Abrechnungsperiode des Kontokorrents ist insofern kein ge-eigneter Maßstab (a.A. Tappmeier EWiR 2000, 493, 494). Wenn sie "nicht kür-- 13 -zer als ein Monat" ist, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, kann sie auchlänger sein. Schon eine quartalsmäßige Abrechnungsperiode wäre aber beiweitem zu lang. Ob bei monatlicher Abrechnung der "enge zeitliche Zusam-menhang" noch gewahrt wäre, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Dennim vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht die Buchungen von Anfang Maibis Ende Oktober - also aus dem Zeitraum von einem halben Jahr - zu einerRechnungseinheit zusammengefaßt. Dies war nicht zulässig.Es kommt hinzu, daß das Berufungsgericht ohnehin nicht solche Vor-gänge in die Betrachtung mit einbeziehen durfte, die außerhalb des von derAnfechtung erfaßten Zeitraums liegen. Da nach der Behauptung des Klägers(erst) das Kündigungsschreiben vom 21. Mai 1996 die Zahlungseinstellung derSchuldnerin ausgelöst hat, und dies auch erst ab 28. Juni 1998, war es ver-fehlt, den "Verrechnungszeitraum" bis auf den 2. Mai 1996 vorzuverlegen. Vorder Zahlungseinstellung liegende Vorgänge sind bei einer Prüfung nach § 10Abs. 1 Nr. 4 GesO nicht zu berücksichtigen.4. Da die Beklagte mit dem Kündigungsschreiben vom 21. Mai 1996 dieKreditforderungen erst zum 28. Juni 1996 fälliggestellt hat, kann nur die Ver-rechnung mit nach diesem Zeitpunkt erfolgten Gutschriften anfechtbar sein.Nur insoweit kann deshalb auch der Frage des Bargeschäfts Bedeutung zu-kommen. Dabei ist zu prüfen, ob und in welchem Umfange im engen zeitlichenZusammenhang mit den Gutschriften Sollbuchungen erfolgt sind. Gegebenen-falls ist allein wegen des Überschusses der Habenbuchungen, der zu einerVerminderung des Sollsaldos geführt hat, eine Anfechtung möglich. Falls mitGutschriften lediglich vorherige Belastungen zurückgebucht wurden, ist dies- 14 -bei der Differenzrechnung unerheblich, weil sich auch hier Gutschriften undBelastungen gegenseitig aufheben.Danach ergibt sich für die einzelnen Konten folgendes Bild:a) Konto Nr. ... 0069Für die Zeit nach dem 28. Juni 1996 hat der Kläger die KontoauszügeNr. 124 bis 179 vorgelegt und die Kontobewegungen mit Schriftsatz vom17. Januar 2000 übersichtlich dargestellt. Die Richtigkeit dieser Übersicht hatdie Beklagte nicht bestritten. Daraus ergibt sich, daß der Sollsaldo am 28. Juni1996 254.010,45 DM und am 29. Oktober 1996 191.701,03 DM betrug. DerSchuldenstand wurde also um (254.010,45 DM - 191.701,03 DM =)62.309,42 DM abgebaut. In dem fraglichen Zeitraum wurden mehr als 100 Ein-zelbuchungen vorgenommen. Sie erfolgten entweder an denselben Tagen oderliegen nur wenige Tage auseinander. Um den Betrag von 62.309,42 DM wur-den die Gläubiger benachteiligt.b) Konto Nr. ... 2223Nach der mit Schriftsatz der Beklagten vom 17. Juni 1998 vorgelegtenKontoübersicht und den vom Kläger eingereichten Kontoauszügen, von derenRichtigkeit beide Seiten ausgehen, betrug der Sollsaldo am 28. Juni 1996130.724,60 DM und am 26. September 1996 52.029,11 DM. Die insgesamt45 Sollbuchungen und Gutschriften erfolgten wiederum an denselben Tagenoder im Abstand weniger Tage. Stellt man zusätzlich auf die Größenordnungder jeweiligen Buchungen ab, ist der Abstand zwar größer - höchstens zwei- 15 -Wochen -; damit ist die Grenze des "engen zeitlichen Zusammenhangs" abernoch nicht überschritten. In Höhe des Betrages, um den im Anfechtungszeit-raum der Sollsaldo verringert wurde - 78.695,49 DM -, wurden wiederum dieGläubiger benachteiligt.V.Die Berufungsurteile sind somit teilweise aufzuheben (§ 564 Abs. 1ZPO). Da weitere Feststellungen nicht in Frage kommen, kann der Senat in derSache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).KreftKirchhofFischerZugehörGanter
Meta
25.01.2001
Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2001, Az. IX ZR 6/00 (REWIS RS 2001, 3753)
Papierfundstellen: REWIS RS 2001, 3753
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