Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2005, Az. IX ZR 457/00

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 5527

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 457/00
Verkündet am: 13. Januar 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

KO § 30 Nr. 2

Verschafft sich die Bank nach der Zahlungseinstellung des Gemeinschuldners durch Verrechnung eine inkongruente Befriedigung, so ist der subjektive Tatbestand er-füllt, wenn der [X.] bei Wirksamwerden der Rechtshandlung nicht die Überzeugung hatte, das Vermögen des Gemeinschuldners werde zur Befriedigung aller Gläubiger ausreichen (Anschluß an [X.] 128, 196).

[X.], Urteil vom 13. Januar 2005 - [X.] ZR 457/00 - OLG Koblenz

LG Trier

- 2 - - 3 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2005 durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 15. November 2000 aufge-hoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem Konkursverfahren über das Vermögen der als Spedition tätig gewesenen L.
KG. Er nimmt die beklagte Bank, bei deren Rechtsvorgängerin die Gemeinschuldnerin ein Girokonto [X.], unter dem Gesichtspunkt der Konkursanfechtung auf Rückzahlung ver-rechneter Gutschriften in Anspruch.

Mit Kreditvertrag vom 24. November 1994 gewährte die Beklagte der Gemeinschuldnerin einen Kontokorrentkredit bis zur Höhe von 250.000 DM. - 4 - Durch mündliche Vereinbarung wurde die Kreditlinie im Jahre 1995 auf 500.000 DM erhöht. In der [X.] vom 30. Mai 1997 bis 5. September 1997 ver-rechnete die Beklagte Gutschriften in Gesamthöhe von 342.538,95 DM mit dem [X.] des Girokontos, der durchweg den Betrag von 500.000 DM über-schritt. In welcher Höhe die Beklagte in diesem [X.]raum die Kontoüberziehung genehmigte, ist zwischen den Parteien umstritten. Eine Kreditkündigung erfolg-te bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens nicht. Von den verrechneten Be-trägen erstattete die Beklagte noch vor Klageerhebung 6.877,25 DM für die nach Zugang des allgemeinen Verfügungsverbots verrechneten Gutschriften. Der Kläger lässt sich außerdem Abzüge gefallen, soweit die Beklagte zum Aus-gleich verrechneter Gutschriften [X.] freigegeben (120.000 DM) und [X.] der Gemeinschuldnerin befriedigt hat (53.616,34 DM).

Der Kläger hat die Beklagte auf Rückzahlung des Restbetrags in Höhe von 162.045,36 DM in Anspruch genommen. Er ist der Ansicht, die Beklagte habe durch die darüber hinausgehende Verringerung des [X.]es eine in-kongruente Deckung erlangt. Die Kontoüberziehung sei zumindest stillschwei-gend genehmigt worden. Durch Schreiben vom 24. Juli 1997 habe die Beklagte zudem einen Kreditrahmen von 580.000 DM eingeräumt, der fortan eingehalten worden sei. Ohne vorangegangene Kündigung habe die Beklagte deshalb ein-gehende Gelder nicht zu ihren Gunsten verrechnen dürfen. Spätestens im Mai 1997 sei der Beklagten auch die Zahlungseinstellung der Gemeinschuldnerin bekannt gewesen.

Die Beklagte meint hingegen, die den ausdrücklich gebilligten Kredit-rahmen von 500.000 DM übersteigende Kontoüberziehung sei lediglich gedul-- 5 - det, eine Kreditkündigung deshalb nicht notwendig gewesen. Eine Zahlungs-einstellung der Gemeinschuldnerin habe im [X.] nicht vorge-legen, jedenfalls habe die Beklagte davon erst mit Zugang des allgemeinen Verfügungs- und [X.] am 1. August 1997 Kenntnis erlangt.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision ver-folgt der Kläger sein Rückzahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

[X.]

Das Berufungsgericht hat nach Beweisaufnahme angenommen, daß die Gemeinschuldnerin spätestens am 1. Juli 1997 die Zahlungen eingestellt habe. Aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe es aber keine Klarheit darüber gewonnen, ob und in welcher Höhe der [X.] durch Kreditvereinbarungen gedeckt oder von der Beklagten genehmigt worden sei. Es hat deshalb [X.], ob die Beklagte durch die angefochtenen Verrechnungen eine in-kongruente Deckung erlangt hat. Jedenfalls habe die Beklagte bewiesen, daß sie von der Zahlungseinstellung der Gemeinschuldnerin und deren etwaiger Begünstigungsabsicht keine Kenntnis gehabt habe. - 6 - I[X.]

Dies hält den Angriffen der Revision nicht stand. Nach dem gegenwärti-gen Sach- und Streitstand kann ein Anspruch des [X.] nach § 37 Abs. 1, § 30 Nr. 2 KO nicht ausgeschlossen werden.

1. Das Berufungsgericht ist bei der Beurteilung der [X.] von zutreffenden rechtlichen Grundsätzen ausgegangen. Ein Anspruch der Bank, Gutschriften mit dem Saldo eines debitorisch geführten Girokontos zu verrechnen und insoweit ihre eigene Forderung zu befriedigen, besteht nur dann, wenn sie zum jeweiligen [X.]punkt der Verrechnung Rückzahlung des Kredits verlangen kann. Fehlt es an einer Kündigung, so ist dies nur der Fall, wenn gar kein Kreditvertrag geschlossen worden ist. Allerdings kann auch eine Überziehung vertraglich vereinbart werden, mit der Folge, daß ein fälliger An-spruch der Bank erst nach Kündigung entsteht ([X.] 118, 126, 129 f; 138, 40, 47). Eine solche Vereinbarung kann auch konkludent zustande kommen ([X.], Urt. v. 17. Juni 1999 - [X.] ZR 62/98, [X.], 1577, 1578 m.w.[X.]). Fehlt es hingegen an einer Vereinbarung, wird die Überziehung aber dennoch nicht sogleich zurückgefordert, so liegt eine bloße Duldung vor, die dem Kunden kein Recht zur Inanspruchnahme der Kreditsumme gibt. Vielmehr kann die Bank Rückzahlung verlangen, ohne zuvor kündigen zu müssen ([X.] 73, 207, 209).

a) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht die Frage der [X.] offen gelassen. Das Berufungsgericht hat durch Vernehmung des Zeugen [X.]Beweis zu der Frage erhoben, ob die Überziehung des Girokontos im [X.] mit Genehmigung der Beklagten erfolgt oder von dieser - 7 - nur geduldet worden ist. Es hat dabei übersehen, daß die Beweisfrage sich nach dem maßgeblichen Vorbringen der Beklagten nicht gestellt hat. Denn bei vollständiger und zutreffender Würdigung musste, worauf die Revision zu Recht hinweist, dem Vorbringen der Beklagten das Geständnis (§ 288 ZPO) entnommen werden, daß jedenfalls zu Beginn des [X.]s die Gemeinschuldnerin im Einvernehmen mit der Beklagten das Girokonto bis zur Höhe von 750.000 DM in Anspruch nehmen durfte.

[X.]) Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 14. Juli 1998 erläutert, daß die im Juli 1997 gegen Zahlung von 120.000 DM erfolgte Freigabe von siche-rungsübereigneten Lastwagen keine Verwertung von Sicherheiten dargestellt habe. Zu einer solchen sei "die Beklagte wegen des nicht gekündigten Kredits auch nicht berechtigt gewesen". Dies kann nicht anders verstanden werden, als daß auch nach Ansicht der Beklagten der zu diesem [X.]punkt bestehende Kontostand genehmigt gewesen ist. Der Kläger hat unwidersprochen [X.], das Konto habe am 1. Juli 1997 einen [X.] von 768.346,47 DM und am 15. Juli 1997 einen [X.] von 702.168,92 DM aufgewiesen.

Dementsprechend hat die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung vorge-tragen: "Die vereinbarte Kreditlinie (750.000,00 DM) war vom 30.05. bis zum 06.06.1997 um rund 30.000,00 DM überzogen worden." In demselben Schrift-satz hat die Beklagte mitgeteilt, daß Anfang 1997 beabsichtigt gewesen sei, ein Darlehen über 500.000 DM zu gewähren, durch welches neue Liquidität in [X.] von 250.000 DM habe zugeführt und in derselben Höhe "die seinerzeit be-stehende Kreditlinie von 750.000,00 DM auf 500.000,00 DM" habe reduziert werden sollen.
- 8 - Der Kläger hatte zuvor in seinem Schriftsatz vom 23. Juni 1998 [X.], die Beklagte habe der Gemeinschuldnerin "einen ungekündigten Kontokor-rentkredit eingeräumt." In der Berufungsbegründung hat er dies bekräftigt und behauptet: "Die Beklagte hatte der Gemeinschuldnerin einen Kontokorrentkre-dit eingeräumt, der zu keinem [X.]punkt zwischen dem 30.05. und dem 31.07.1997 über den genehmigten Rahmen hinaus in Anspruch genommen wurde."

Der Vortrag der Beklagten stimmt also - zumindest bis zur Höhe von 750.000 DM - mit demjenigen des [X.] überein und muß deshalb als Ges-tändnis behandelt werden. Das Vorliegen eines Geständnisses kann auch in der Revisionsinstanz erstmalig geprüft werden ([X.], Urt. v. 20. Oktober 1999 - [X.], [X.], 479, 481; v. 13. Februar 1996 - [X.], [X.], 1153, 1154 m.w.[X.]). Der [X.] enthält hier nicht nur Tatsa-chen, wie es gesetzlich vorgesehen ist, sondern auch Rechtsbegriffe ("Kreditli-nie"). Dies ist jedoch unerheblich, weil den zitierten Äußerungen mit hinrei-chender Deutlichkeit entnommen werden kann, daß beide Parteien überein-stimmend den Sachverhalt einer genehmigten [X.] vorgetragen haben (vgl. [X.], Urt. v. 25. Juni 1974 - [X.], NJW 1974, 1865, 1866; v. 26. März 1981 - [X.], [X.], 744, 745).

bb) Erst in Reaktion auf den [X.] des Berufungsgerichts vom 28. März 2000 hat die Beklagte ihren Vortrag geändert und mit Schriftsatz vom 17. April 2000 behauptet, eine über 500.000 DM hinausgehende Kreditli-nie sei zu keiner [X.] gewährt worden. Der abweichende frühere Vortrag [X.] auf einem Irrtum. Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2000 hat die Beklagte weiter behauptet, die Überziehung bis zu 750.000 DM sei im Vorgriff auf ein beab-- 9 - sichtigtes Betriebsmitteldarlehen, das aber nicht zustande gekommen sei, [X.] worden.

Dies erfüllt indes nicht die Voraussetzungen eines Widerrufs gemäß § 290 ZPO. Der [X.] ist grundsätzlich an sein Geständnis gebunden und kann sich davon nur lösen, indem er beweist, daß das Geständnis auf ei-nem Irrtum beruht hat und die zugestandene Tatsache unwahr ist ([X.] 37, 154, 155; Musielak-Huber, ZPO 4. Aufl. § 290 Rn. 2). Ob der Irrtum verschuldet oder unverschuldet gewesen ist, ist unerheblich ([X.], 405, 408; [X.], 2. Aufl. § 290 Rn. 5).

Aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts, die für den Senat bindend sind, hat die Beklagte den Beweis der Unwahrheit des Zugestandenen nicht geführt. Das [X.] hat die Beweisaufnahme mit der Beurtei-lung abgeschlossen, daß angesichts der Unklarheiten der Aussage [X.] auch die urkundlichen Beweisstücke die klare Feststellung, daß die [X.] auf fällige oder nicht fällige Kreditschulden erfolgt sind, also kongruente oder nicht kongruente Deckungen bewirkt haben, nicht zuließen. Diese Würdi-gung ist von Seiten der Beklagten nicht angegriffen worden und begegnet kei-nen rechtlichen Bedenken.

b) Angesichts des Geständnisses ist davon auszugehen, daß die Ge-meinschuldnerin im [X.] zur Ausnutzung einer Kreditlinie von zunächst 750.000 DM befugt gewesen ist. Dem Wortlaut des Schreibens vom 24. Juli 1997 dürfte ferner zu entnehmen sein, daß spätestens seit diesem Tag ein Kreditrahmen von 580.000 DM genehmigt gewesen ist. Die [X.] hat diese Kreditlinie in der Folgezeit möglicherweise eingehalten. - 10 -

Daraus folgt allerdings - wie die Revisionserwiderung mit Recht geltend macht - noch nicht zwingend die [X.] der Verrechnungen. Führt die Bank nämlich den [X.] und die [X.] fort und gestattet sie dem Kunden im Rahmen dieser vertraglichen Vereinbarungen, den durch die Verrechnungen vergrößerten Kreditrahmen in einem engen zeitlichen Zu-sammenhang erneut für eigene Zwecke in Anspruch zu nehmen, läßt sie also weiterhin Verfügungen des Kunden zu und hält auf diese Weise die Kreditlinie offen, so handelt sie vertragsgemäß und erhält damit kongruente Deckung ([X.] 150, 122, 129; [X.], Urt. v. 25. Februar 1999 - [X.] ZR 353/98, [X.], 781, 782 f; v. 25. Januar 2001 - [X.] ZR 6/00, [X.], 689, 691; v. 17. Juni 2004 - [X.] ZR 2/01, [X.], 854, 855).

Dies ist hier indes nicht der Fall. Der Kläger hat vorgetragen, daß die Beklagte seit 2. Juni 1997 keine Verfügungen der Gemeinschuldnerin mehr zugelassen und nur noch auf Pfändungen bezahlt habe. Die Beklagte hat dies nicht bestritten, sondern lediglich erklärt, dies sei "vorübergehend" geschehen, ohne den [X.]rahmen zu bezeichnen.

2. Auch die Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den in § 30 Nr. 2 KO vorgesehenen Gegenbeweis, daß ihr weder die [X.] noch eine etwaige Begünstigungsabsicht der Gemeinschuldnerin bekannt gewesen sei, geführt, beruht auf durchgreifenden [X.].

a) Wie die Revision zu Recht rügt, ist das Berufungsgericht in bezug auf die Kenntnis von einer Begünstigungsabsicht von einem unzutreffenden Be-weismaßstab ausgegangen. - 11 -

War der Gemeinschuldner an der angefochtenen Rechtshandlung nicht beteiligt, so ist es nicht sinnvoll, bei der Prüfung der Anfechtungsvorausset-zungen des § 30 Nr. 2 KO auf seine Begünstigungsabsicht abzustellen. Dies hat der Senat in erweiternder Auslegung der Anfechtungsnorm zunächst für die Anfechtung von Vollstreckungsmaßnahmen ausgesprochen ([X.] 128, 196, 197 f) und später auf die Anfechtung von Verrechnungen, die als einseitige Rechtshandlungen des Gläubigers regelmäßig ohne Zutun des [X.] vollzogen werden, ausgedehnt ([X.] 138, 40, 48; [X.], Urt. v. 17. Juni 1999 - [X.] ZR 62/98, [X.], 1577, 1579). Entgegen der mit der Revisions-erwiderung vorgetragenen Auffassung der Beklagten gilt dies, wie sich aus der in [X.] 138, 40 abgedruckten Senatsentscheidung ergibt, auch für Verrech-nungen auf einem im Kontokorrent geführten Girokonto. Die Anfechtung schei-det in diesem Fall nur dann aus, wenn der [X.] im [X.]punkt des Wirksamwerdens der Rechtshandlung der sicheren Überzeugung war, das Vermögen des Gemeinschuldners werde zur vollen Befriedigung aller seiner Gläubiger ausreichen oder der Gemeinschuldner werde die dafür erforderli-chen Mittel in absehbarer [X.] erhalten. Hatte der [X.] diese Überzeugung nicht, hat er vielmehr mit der Möglichkeit gerechnet, daß andere Gläubiger leer ausgehen, ist die in § 30 Nr. 2 KO vorausgesetzte Kenntnis des [X.]s vorhanden ([X.] 128, 196, 203 m.w.[X.]). Indem es den Nachweis der [X.] der Zahlungseinstellung hat ausreichen lassen, hat das Berufungsgericht den Gegenbeweis in einer dem Sinn der Norm nicht entsprechenden Weise erleichtert.

b) Das Berufungsurteil beruht auf diesem Rechtsfehler. Das Berufungs-gericht hätte bei Anwendung des richtigen Bewertungsmaßstabs auf der - 12 - Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen den [X.] nicht als geführt ansehen dürfen.

Das Berufungsgericht hat sich maßgeblich auf den Umstand gestützt, daß die Beklagte noch am 24. Juli 1997 den zur Sicherheit übereigneten Fuhr-park der Gemeinschuldnerin gegen Zahlung von 120.000 DM rückübereignet hat. Ferner hat es sich auf den Zeugen [X.] berufen, der bekundet hat, daß die im Juni 1997 erfolgten Pfändungen der [X.] und der Finanzbehörden keine Veranlassung gegeben hätten, eine Zahlungseinstellung anzunehmen; hieraus hat das Berufungsgericht geschlossen, daß der Beklagten das wahre Ausmaß der Verschuldung [X.] unbekannt gewesen sein könne.

Ob die gegen die Beweiswürdigung gerichteten [X.] der Revision [X.] sind, kann dahinstehen. Jedenfalls lassen die genannten Beweistatsa-chen den Schluß auf die Zahlungsfähigkeit der Gemeinschuldnerin nicht zu, zumal verschiedene Indizien dafür sprechen, daß die Beklagte zumindest damit gerechnet hat, daß die Mittel der Gemeinschuldnerin nicht für alle Gläubiger ausreichen. So hat sie es zu Beginn des Jahres 1997 abgelehnt, den Kredit der Gemeinschuldnerin auszuweiten. Aus diesem Vorgang war ihr also sowohl der Liquiditätsbedarf als auch das Fehlen weiterer Sicherheiten bekannt. Nach dem Vortrag des [X.] ließ sie wegen [X.] außerdem bereits seit 2. Juni 1997 zumindest vorübergehend keine Verfügungen der Gemein-schuldnerin über das Girokonto mehr zu. Schließlich wußte sie von den be-trächtlichen Forderungen der [X.] und der Finanzbehörden, die im Juni 1997 zu Pfändungen geführt hatten und die die Gemeinschuldnerin nur zu einem geringen Teil hatte begleichen können. Zwar hat die Beklagte auf der anderen Seite im Juli 1997 das zur Sicherung übertragene Eigentum an den [X.] - gen gegen Zahlung von 120.000 DM an die Gemeinschuldnerin [X.]. Dies läßt aber in Anbetracht der anderen Umstände nicht darauf schlie-ßen, daß die Beklagte von der Zahlungsfähigkeit der Gemeinschuldnerin über-zeugt gewesen ist. Tatsachen, die es gleichwohl möglich erscheinen ließen, daß die Gemeinschuldnerin alle Gläubiger befriedigen könne, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

II[X.]

Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 564 Abs. 1, § 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).

1. Der Senat ist an einer eigenen Sachentscheidung schon deshalb ge-hindert, weil die zur Berechnung des - nach dem gegenwärtigen [X.] bestehenden - anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs notwendi-gen Daten nicht vorliegen. Weder dem Berufungsurteil noch der Akte können die genauen Kontostände entnommen werden, die zum [X.]punkt der im [X.] erfolgten Verrechnungen bestanden haben. Eine Kontover-dichtung fehlt ebenso wie detaillierter Parteivortrag. Die vom Kläger als Anlage zum Schriftsatz vom 31. Mai 2000 vorgelegte Kontoübersicht läßt nur die grobe Kontoentwicklung erkennen, nicht aber die jeweiligen Kontostände zum [X.]-punkt der angefochtenen Verrechnungen. Aus der Übersicht ist zu ersehen, daß zu Beginn des [X.]s die von der Beklagten zugestandene Kreditlinie überschritten war. Dies hätte zur Folge, daß Verrechnungen in die-ser Phase eine kongruente Deckung bewirkt hätten. Auf welche der in der [X.] - lage zur Klageschrift genannten Verrechnungen dies zutrifft, kann der [X.] allerdings nicht entnommen werden.

2. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung fehlt es auch nicht an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung, soweit die Gemeinschuldnerin gegen Bareinzahlung von 120.000 DM auf das Konto die Freigabe der der [X.] sicherungsübereigneten Lastwagen erwirkt hat. Zwar scheidet eine Gläubigerbenachteiligung aus, wenn der Schuldner ein Absonderungsrecht durch Zahlung ablöst, soweit deren Höhe den Erlös nicht überschreitet, den der [X.] bei einer Verwertung des mit dem Absonderungs-recht belasteten Gegenstands hätte erzielen können ([X.], Urt. v. 17. Juni 2004 - [X.] ZR 124/03, [X.], 1509, 1511). Die den Verkehrswert des Siche-rungsguts jedenfalls nicht übersteigende Zahlung hat der Kläger jedoch bereits bei der Berechnung der Klagesumme in Abzug gebracht. Die Beklagte hat auch nicht behauptet, daß sie mit der Schuldnerin die Freigabe nur deshalb [X.] habe, damit sie im Gegenzug die Gutschriften verrechnen könne. Freigabe und Verrechnung wurden nicht zu einer rechtlichen Einheit verknüpft, so daß sie nicht zusammen gesehen werden können, sondern getrennt zu beurteilen sind.

3. Aus dem Berufungsurteil geht nicht klar hervor, ob das Berufungsge-richt als [X.] den 1. Juni 1997 oder den 1. Juli 1997 festgestellt hat. Dies wird gegebenenfalls klarzustellen sein. Außerdem gibt die Zurückverweisung Gelegenheit, sich mit den Gegenrügen der [X.] zur Zahlungseinstellung zu befassen.

[X.]

[X.]

[X.] - 15 -

[X.]

[X.]

Meta

IX ZR 457/00

13.01.2005

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2005, Az. IX ZR 457/00 (REWIS RS 2005, 5527)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5527

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