Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2012, Az. VIII ZB 26/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 810

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII [X.] 25/12
VIII [X.] 26/12
vom

4. Dezember 2012

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 4. Dezember 2012
durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin [X.], [X.] Achilles und [X.] sowie die Richterin Dr. Fetzer
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin
werden die
Beschlüsse
der 3.
Zivilkammer des [X.] vom 24. Oktober 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung -
auch über die Kosten des [X.] -
an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Gründe:
I.
Die Klägerin hat gegen das Urteil des [X.] vom 29.
Juni 2011, ihr zugestellt am 19. Juli 2011, am 26. Juli 2011 Berufung einge-legt. Nachdem sie am 6. Oktober 2011 erfahren hatte, dass ihre [X.] vom 13. September 2011 nicht beim Berufungsgericht eingegangen war, hat
sie am 7. Oktober 2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
bean-tragt.
Das [X.] hat durch Beschluss vom 24. Oktober 2011 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung zurückgewie-sen, dass die Klägerin die versäumte Rechtshandlung (Berufungsbegründung) 1
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nicht innerhalb der "Antragsfrist von zwei Wochen"
nachgeholt habe. Durch Be-schluss vom gleichen Tag hat es die Berufung der Klägerin mangels [X.] als unzulässig verworfen. Gegen beide Beschlüsse wendet sich die Klägerin im Wege der Rechtsbeschwerde, mit der sie -
wie in einem weiteren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
gegen die Versäu-mung der [X.]
-
vorträgt, ihr Prozessbevollmächtigter habe die Berufungsbegründung erneut am 7. Oktober 2010 in einem gesonderten Umschlag per Post an das Berufungsgericht übersandt.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist kraft Gesetzes statthaft (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und im Übrigen auch form-
und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 575 ZPO). Sie ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2
ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert.
Die angefochtenen Beschlüsse verletzen das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht [X.] den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin nicht wegen unterbliebener Nachholung der versäumten Prozesshandlung zurückweisen und die Berufung der Klägerin nicht verwerfen dürfen, ohne sie zunächst darauf hinzuweisen, dass eine Berufungsbegründung (auch)
im Rahmen des Wiedereinsetzungsver-fahrens
nicht eingegangen war.
a) Nach ständiger Rechtsprechung ist vor der Verwerfung einer Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist
dem Berufungskläger rechtliches Gehör zu gewähren ([X.], Beschlüsse vom 29. Juni 1993 -
X [X.] 21/92, NJW 1994, 392; vom 13. Juli 2005 -
XII [X.] 80/05, NJW-RR 2006, 142 3
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unter II 1; vom 18. Juli 2007 -
XII [X.] 162/06, NJW-RR 2008, 78 Rn. 6; vom 15.
August 2007 -
XII [X.] 101/07, NJW-RR 2007, 1718 Rn. 7 f.; vom 24. Febru-ar 2010 -
XII [X.] 168/08, NJW-RR 2010, 1075 Rn. 7; Musielak/Ball, ZPO, 9.
Aufl.,
§
522 Rn. 4; [X.]/Rimmelspacher,
3. Aufl.,
§
522 Rn. 4; [X.], 4. Aufl., § 522 Rn. 3; [X.]/[X.],
ZPO, 29. Aufl., § 522 Rn.
6, 13). Diese Pflicht wird -
da eine ausdrückliche Normierung wie [X.] in § 522 Abs. 2 ZPO fehlt -
unmittelbar aus Art. 103 Abs.
1 GG hergelei-tet. Art. 103 Abs.
1 GG gibt dem Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens ein Recht darauf, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern (vgl. [X.], Beschlüsse vom 29.
Juni 1993 -
X [X.] 21/92, aaO; vom 18.
Juli 2007 -
XII [X.] 162/06, aaO; vom 15.
August 2007 -
XII [X.] 101/07, aaO
Rn. 8; vom 24.
Februar 2010 -
XII [X.] 168/08, aaO).
Der angefochtene Beschluss beruht auf dieser Verletzung des rechtli-chen Gehörs. Hätte das Berufungsgericht die Klägerin vor der
Zurückweisung des [X.] und der
Verwerfung der Berufung dazu ange-hört,
dass eine Berufungsbegründung auch im Rahmen des [X.] nicht eingegangen war, hätte diese darlegen können, die Be-rufungsbegründung in einem gesonderten Umschlag am 7. Oktober 2011 und somit rechtzeitig zur Post gegeben zu haben, wie
sie dies in ihrem zweiten [X.] auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 8. November 2011 und in ihrer Rechtsbeschwerdebegründung vorgebracht hat. Das Berufungsgericht hätte dann Gelegenheit gehabt, diesem Vorbringen nachzugehen und dessen Wahrheitsgehalt zu prüfen (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Juli 2007 -
XII [X.] 162/06, aaO Rn. 8).
b) Ungeachtet dessen hat das Berufungsgericht ferner verkannt, dass die [X.] und damit korrespondierend die Frist zur Nachholung der versäumten Prozesshandlung (§ 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO) vorliegend gemäß 6
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§ 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO einen Monat und nicht lediglich zwei Wochen betrug, da es sich um die Frist zur Begründung der Berufung handelte (vgl. Senatsbe-schluss vom 23. September 2009 -
VIII [X.] 16/08, juris
Rn. 7). Die Frist lief [X.] bis zum 7. November 2011 (§ 222 Abs. 2 ZPO). Vor diesem Datum hätte
das Berufungsgericht keine Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
(vgl. [X.], Beschluss vom 17. Februar 2011 -
V [X.] 310/10, NJW 2011, 1363 Rn. 4)
und infolgedessen auch
keine Entscheidung
über die Berufung (vgl. Musielak/Ball,
aaO, § 522 Rn. 8)
treffen dürfen.
3. Nach alledem können die angefochtenen Beschlüsse keinen Bestand haben. Sie sind daher aufzuheben, und die Sache ist zur erneuten Entschei-dung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO).
Ball
[X.]
[X.]

[X.]
Dr. Fetzer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.06.2011 -
3 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 24.10.2011 -
I-3 [X.]/11 -

8

Meta

VIII ZB 26/12

04.12.2012

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2012, Az. VIII ZB 26/12 (REWIS RS 2012, 810)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 810

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XII ZB 168/08

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