Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2016, Az. IV ZR 110/15

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 10961

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[X.]:[X.]:BGH:2016:250516UIVZR110.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 110/15
Verkündet am:

25. Mai 2016

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], die Richterinnen
Dr.
[X.] und Dr. Bußmann
im schriftlichen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum
4. Mai 2016 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten
wird das Urteil des 7. Zi-vilsenats des [X.] vom 8. Januar 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt
von der
Beklagten, einem [X.] Lebens-versicherer, Schadensersatz
wegen der Verletzung von [X.] im Zusammenhang mit dem
im Jahre 2001 erfolgten
Abschluss eines
Lebensversicherungsvertrages.
Diese Versicherung war Bestand-teil eines als "[X.] (SKR)"
bezeichneten Kapital-anlagemodells.

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Weil sich der [X.] der Lebensversicherung nicht so entwi-ckelte, dass damit die im Rahmen des [X.]s vorgesehene
voll-ständige Tilgung vom Kläger aufgenommener
Darlehen zu erwarten war,
verlangt er,
so gestellt zu werden, als hätte er sich an dem [X.] nicht beteiligt. Er macht geltend, dass der Vermittler, dessen Angaben sich die Beklagte zurechnen lassen müsse, sowie die Beklagte ihn über die von ihr selbst erwarteten Renditen, das von ihr praktizierte Glät-tungsverfahren und die Verwendung
der erzielten Überschüsse nicht
oder jedenfalls unzureichend aufgeklärt hätten.

Ende
Dezember 2009
reichte
der Kläger
über seinen Anwalt bei der staatlich anerkannten Gütestelle eines
Rechtsanwalts und Mediators in F.

einen Güteantrag ein,
von dem die Beklagte durch
Schreiben der Gütestelle vom 17.
März 2010
unterrichtet wurde. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 23. März
2010, eingegangen bei der Gütestelle am 26. März 2010,
mitgeteilt hatte, dass sie an dem Güteverfahren nicht
teilnehmen werde, stellte die Gütestelle mit [X.] vom 20. April 2010, eingegangen bei den Prozessbevollmächtigten des [X.]
am 21. April 2010,
das Scheitern des Verfahrens fest. In § 7 Buchst. b
der maßgeblichen Verfahrensordnung der Gütestelle
heißt
es: "erklärt, dass sie nicht an ei-nem Mediationstermin teilnehmen wird."

Am 11.
Oktober 2012
hat der Kläger
beim
Landgericht Klage ein-gereicht, die der Beklagten
am 9.
November 2012
zugestellt worden ist.
Mit dieser
Klage hat er
Zahlung von 335.789,49

nsen, die Frei-stellung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten sowie
die Feststellung, dass die Beklagte ihm den darüber hinausgehenden
Scha-2
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den im Zusammenhang mit der
abgeschlossenen [X.]
zu ersetzen habe, verlangt.

Die Beklagte ist dem Vorbringen des [X.] entgegengetreten und hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Klage hat in den Vorinstanzen im Wesentlichen Erfolg gehabt.
Mit der Revision verfolgt die Beklagte
ihren Klageabweisungsantrag
wei-ter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

[X.] Das Berufungsgericht hat die Beklagte für verpflichtet gehalten, den Kläger so zu stellen, als hätte er den Versicherungsvertrag mit der Beklagten und die weiteren im Zusammenhang mit der Zeichnung der Anlage stehenden Verträge nicht abgeschlossen. Er sei über das Glät-tungsverfahren und die poolübergreifende Reservenbildung
nicht in der gebotenen Weise aufgeklärt worden. Der [X.] sei auch nicht
verjährt.

Insbesondere sei die kenntnisunabhängige absolute [X.] von zehn Jahren vor
Klageerhebung nicht abgelaufen, weil der Lauf der
Verjährungsfrist
mindestens vom 31.
Dezember 2009 bis zum 21.
Oktober 2010 gehemmt gewesen sei, so dass Verjährung nicht vor 5
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dem 21.
Oktober 2012 habe eintreten können. Das Güteverfahren habe eine Hemmung der Verjährung herbeigeführt; diese
Hemmung habe ge-mäß §
204 Abs.
2 BGB aber erst sechs
Monate nach dem Zeitpunkt ge-endet, in dem die Gütestelle dem Kläger mitgeteilt habe, dass die [X.] am Güteverfahren nicht teilnehmen wolle.

I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen die [X.] einer die Verjährung des geltend gemachten Schadensersatzan-spruchs
hindernden
ausreichenden
Hemmung nicht.

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die zehn-jährige Verjährungsfrist am 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat. Dies folgt aus Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB.

2. Dazu, ob mit der Einreichung des [X.], der der [X.] sodann "demnächst"
bekanntgegeben wurde, eine Hemmung der Verjährung nach §
204 Abs.
1 Nr.
4 BGB eintrat, bedarf es jedoch weite-rer Feststellungen.

a) Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass
der geltend gemachte Anspruch in dem Güteantrag
bestimmt genug
bezeichnet
war, um eine
Hemmung der Verjährung herbeizuführen.

Wie der Senat mit Urteil vom 28.
Oktober 2015 ([X.], [X.], 1545) entschieden und im Einzelnen ausgeführt hat, genügt es in Fällen der vorliegenden Art, in denen es um einen [X.] wegen Aufklärungsmängeln infolge ungenügender Aufklä-10
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rung über Besonderheiten des von der Beklagten angebotenen Versiche-rungsprodukts geht, wenn [X.], Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruches bezeichnet werden (aaO Rn.
19); dabei reicht es jedenfalls dann aus, dass sich diese Angaben lediglich in vorprozessualen Anspruchsschreiben befinden, wenn es sich um ein ein-zelnes Schreiben handelt, mit dem die Erkennbarkeit des Begehrens des Antragstellers gewährleistet wird, auf dessen Inhalt in dem Antrag aus-drücklich Bezug genommen ist und
das dem Antrag beigefügt wurde (aaO Rn.
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f.). Diesen Anforderungen
ist im Streitfall Genüge getan.

b) Nicht ausreichend geprüft hat das Berufungsgericht dagegen, ob im Streitfall
eine
rechtsmissbräuchliche Einleitung des Güteverfah-rens
vorlag, die einer Berufung des [X.]
auf die Hemmung der [X.] nach §
242 BGB entgegenstehen könnte.

aa) Zwar stellt es, wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils ebenfalls entschieden und näher begründet hat, keine
rechtsmissbräuch-liche Inanspruchnahme
des Güteverfahrens dar, dass die Prozessbe-vollmächtigen des [X.]
insgesamt 904 gegen die Beklagte gerichtete [X.] gleichzeitig bei der Gütestelle eingereicht haben, und ist es auch grundsätzlich legitim und begründet im Regelfall keinen [X.], wenn ein Antragsteller eine Gütestelle ausschließlich zum Zwecke der Verjährungshemmung anruft (Senatsurteile
vom 28.
Oktober 2015 -
[X.], [X.], 1545 Rn.
24 f. und [X.], [X.], 1548 Rn.
32
f.).

bb) Hiervon ist aber dann eine Ausnahme zu machen, wenn
schon vor der Einreichung des [X.] feststeht, dass der Antragsgegner 15
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nicht bereit ist, an einem Güteverfahren mitzuwirken und sich auf eine außergerichtliche Einigung einzulassen, und er dies dem Antragsteller schon im Vorfeld in eindeutiger Weise mitgeteilt hat. Als Rechtsfolge ei-ner derartigen missbräuchlichen Inanspruchnahme des Verfahrens ist es dem Gläubiger dann gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf eine Hem-mung der Verjährung durch Bekanntgabe des [X.]
zu berufen (Senatsurteil vom 28.
Oktober 2015 -
[X.] aaO Rn.
34).

Die Voraussetzungen dieses [X.] hat die [X.] unter Beweisantritt schlüssig vorgetragen. Sie hat behauptet, den Prozessbevollmächtigten des [X.] sei schon vor Einleitung des [X.] bekannt gewesen, dass die Beklagte zu einer gütlichen Eini-gung nicht bereit ist. Sowohl im Rahmen eines Gesprächs zwischen der Anwaltskanzlei des [X.], der Beklagten und den Anwälten und Vertre-tern
der Beklagten im Herbst
2008 als auch bereits im Vorfeld dieser Be-sprechung habe die Beklagte deutlich gemacht, dass eine gütliche Eini-gung nicht in Betracht komme und angesichts der Vielzahl von Verfahren keine außergerichtlichen Lösungsmöglichkeiten bestünden. Dies sei den Prozessbevollmächtigten des [X.] somit bekannt gewesen.

Ob damit die Voraussetzungen des [X.] erfüllt sind, lässt sich ohne die Vernehmung der hierzu benannten Zeugen nicht abschließend beurteilen. Insoweit fehlt es bislang an tragfähigen Fest-stellungen.

3. Sofern das Berufungsgericht kein rechtsmissbräuchliches [X.] feststellen sollte, wird es im Weiteren zu beachten haben, dass die Nachlauffrist des § 204 Abs. 2 Satz
1 BGB nicht
erst, wie von ihm angenommen, mit dem Zugang der Mitteilung der Gütestelle über das 18
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Scheitern des Verfahrens an die Prozessbevollmächtigten des [X.]
zu laufen begann, sondern bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem die Güte-stelle die Mitteilung dieser Bekanntgabe veranlasst hat
(Senatsurteil vom
28.
Oktober 2015 -
[X.], [X.], 1545 Rn.
30 ff.). Auch diesen Zeitpunkt wird es deshalb gegebenenfalls festzustellen haben.

[X.] [X.] [X.]

Dr. [X.] Dr. Bußmann

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.08.2013 -
2-23 O 400/12 -

O[X.], Entscheidung vom 08.01.2015 -
7 [X.] -

Meta

IV ZR 110/15

25.05.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2016, Az. IV ZR 110/15 (REWIS RS 2016, 10961)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10961

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