Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2016, Az. IV ZR 197/15

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 10959

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[X.]:[X.]:BGH:2016:250516U[X.]197.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 197/15
Verkündet am:

25. Mai 2016

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], die Richterinnen
Dr.
[X.] und Dr. Bußmann
im schriftlichen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum
4.
Mai 2016 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.]
wird das Urteil des Ober-landesgerichts München
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21.
Zivilsenat
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vom 9.
März 2015
aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 142.752,73

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt
von der
Beklagten, einem [X.] Lebens-versicherer, Schadensersatz
wegen der Verletzung von [X.] im Zusammenhang mit einem im Jahr
2000 zustande gekom-menen Abschluss eines
Lebensversicherungsvertrages
"Wealthmaster Noble".
Diese Versicherung war Bestandteil eines als "Geared Invest-ment Pack" bezeichneten Kapitalanlagemodells, nach dessen Konzept 1
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der Ertrag der Lebensversicherung dazu ausreichen sollte, ein für diese Anlage aufgenommenes endfälliges Darlehen nach circa
zehn Jahren vollständig zu tilgen, während ein darüber hinausgehender Ertrag dem Kläger als Altersvorsorge zur Verfügung stehen sollte.

Der Kläger macht
geltend, dass ihm
bei Abschluss des Vertrages unzutreffende Angaben
über die zu erwartende Rendite gemacht worden seien und er über die Einlagenverwaltung durch die Beklagte falsch und nicht ausreichend aufgeklärt
worden sei.
Er verlangt deshalb,
so gestellt zu werden, als hätte er sich an dem [X.] nicht beteiligt.

Ende
Dezember 2009
reichte
der Kläger
über seinen Anwalt bei der staatlich anerkannten Gütestelle eines
Rechtsanwalts und Mediators in F.

einen Güteantrag
ein,
von dem die Beklagte mit Schreiben der Gütestelle vom 17.
März 2010
unterrichtet wurde. [X.] die Beklagte mit Schreiben vom 23.
März
2010, eingegangen bei der Gütestelle am 26.
März 2010,
mitgeteilt hatte, dass sie an dem Güte-verfahren nicht
teilnehmen werde, stellte die Gütestelle mit Schreiben vom
20.
April 2010, eingegangen bei den Prozessbevollmächtigten des [X.]
am 21.
April 2010,
das Scheitern des Verfahrens fest. In §
7 Buchst. b
der maßgeblichen Verfahrensordnung der Gütestelle
heißt
es: "erklärt, dass sie nicht an ei-nem Mediationstermin teilnehmen wird."

Am 16.
Oktober 2012
hat der Kläger
beim
Landgericht Klage ein-gereicht, die der Beklagten
am 30.
Oktober
2012
zugestellt worden ist.
Mit dieser
Klage hat er
die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 137.752,73

n-denen Rechtsanwaltskosten sowie die Feststellung, dass die Beklagte 2
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ihm den darüber hinausgehenden Schaden im Zusammenhang mit dem abgeschlossenen Altersvorsorgemodell zu ersetzen habe, verlangt.

Die Beklagte ist dem Vorbringen des [X.] entgegengetreten und hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Klage hat
in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren
weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

[X.] Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit des
Feststellungsan-trags
offen gelassen und im Übrigen angenommen, dass etwaige Scha-densersatzansprüche des [X.] nach §
199 Abs.
3 Nr. 1 BGB verjährt seien. Die Hemmung der Verjährung nach §
204 Abs.
1 Nr.
4 BGB durch Einreichung des [X.] habe sechs Monate nach Eingang des ab-lehnenden Schreibens der Beklagten
vom 23.
März 2010
bei der [X.] am 25.
März 2010 (bzw. am 26.
März 2010) geendet, so dass [X.] noch vor Einreichung der Klage eingetreten sei.

I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen die [X.] einer Verjährung der geltend gemachten Ansprüche
nicht.
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1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die zehn-jährige Verjährungsfrist am 1.
Januar 2002 zu laufen begonnen hat. Dies folgt aus Art.
229 §
6 Abs.
4 Satz
1 EGBGB.

2. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Annahme des Berufungsge-richts, dass eine etwaige Hemmung der Verjährung durch den einge-reichten Güteantrag bereits im September 2012 endete, weil die Nach-lauffrist des §
204 Abs. 2 Satz 1 BGB bereits mit dem Zugang der Erklä-rung der Beklagten, am Güteverfahren nicht teilzunehmen, bei der [X.] begonnen habe.

Wie der Senat mit Urteil vom 28.
Oktober 2015 (IV
ZR 405/14, [X.], 1545) entschieden und näher begründet hat, endet die Hemmung der Verjährung, wenn das Güteverfahren durch eine Mitteilung des Schuldners endet, dass er am Verfahren nicht teilnehme, erst sechs Monate nach dem Zeitpunkt, in dem die Gütestelle die Bekanntgabe die-ser Mitteilung an den Gläubiger veranlasst (aaO Rn.
30 ff.). Da das [X.] zu dem danach maßgeblichen Zeitpunkt keine Feststellun-gen getroffen hat, ist es offen, ob eine durch den Güteantrag etwa einge-tretene Verjährungshemmung ausreichend lange gedauert hat, um den [X.] vor Klageerhebung zu hindern.

II[X.] Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus einem anderen Grunde als richtig (§
561 ZPO).

1. Zu der Frage, ob mit der Einreichung des [X.], der der Beklagten sodann "demnächst"
bekanntgegeben wurde, eine Hemmung der Verjährung nach §
204 Abs.
1 Nr.
4 BGB eintrat, bedarf es ebenfalls
weiterer Feststellungen.
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a) Der
geltend gemachte Anspruch war in dem Güteantrag
aller-dings bestimmt genug
bezeichnet, um eine
Hemmung der Verjährung herbeizuführen.

Wie der Senat mit Urteil vom 28.
Oktober 2015 (IV
ZR 405/14, [X.], 1545) entschieden und im Einzelnen ausgeführt hat, genügt es in Fällen der vorliegenden Art, in denen es um einen [X.] wegen Aufklärungsmängeln infolge ungenügender Aufklä-rung über Besonderheiten des von der Beklagten angebotenen Versiche-rungsprodukts geht, wenn [X.], Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruches bezeichnet werden (aaO Rn.
19); dabei reicht es jedenfalls dann aus, dass sich diese Angaben lediglich in vorprozessualen Anspruchsschreiben befinden, wenn es sich um ein ein-zelnes Schreiben handelt, mit dem die Erkennbarkeit des Begehrens des Antragstellers gewährleistet wird, auf dessen Inhalt in dem Antrag aus-drücklich Bezug genommen ist und das dem Antrag beigefügt wurde (aaO Rn.
15
f.). Diesen Anforderungen ist im Streitfall Genüge getan.

b) Weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf jedoch die Frage, ob im Streitfall
eine
rechtsmissbräuchliche Einleitung des Güteverfah-rens
vorlag, die einer Berufung des [X.]
auf die Hemmung der [X.] nach §
242 BGB entgegenstehen könnte.

aa) Zwar stellt es, wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils ebenfalls entschieden und näher begründet
hat, keine
rechtsmissbräuch-liche Inanspruchnahme
des Güteverfahrens dar, dass die Prozessbe-vollmächtigen des [X.]
insgesamt 904 gegen die Beklagte gerichtete [X.] gleichzeitig bei der Gütestelle eingereicht haben, und ist es auch grundsätzlich legitim und begründet im Regelfall keinen Rechts-15
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missbrauch, wenn ein Antragsteller eine Gütestelle ausschließlich zum Zwecke der Verjährungshemmung anruft (Senatsurteile
vom 28.
Oktober 2015

IV
ZR 405/14, [X.], 1545 Rn.
24 f. und IV
ZR 526/14, VersR
2015, 1548 Rn.
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f.).

bb) Hiervon ist aber dann eine Ausnahme zu machen, wenn
schon vor der Einreichung des [X.] feststeht, dass der Antragsgegner nicht bereit ist, an einem Güteverfahren mitzuwirken und sich auf eine außergerichtliche Einigung einzulassen, und er dies dem Antragsteller schon im Vorfeld in eindeutiger Weise mitgeteilt hat. Als Rechtsfolge ei-ner derartigen missbräuchlichen Inanspruchnahme des Verfahrens ist es dem Gläubiger dann gemäß §
242 BGB verwehrt, sich auf eine Hem-mung der Verjährung durch Bekanntgabe des [X.] zu berufen (Senatsurteil vom 28.
Oktober 2015

IV
ZR 526/14 aaO Rn.
34).

Die Voraussetzungen dieses Ausnahmetatbestands hat die [X.] unter Beweisantritt schlüssig vorgetragen. Sie hat behauptet, den
Prozessbevollmächtigten des [X.] sei schon vor Einleitung des [X.] bekannt gewesen, dass die Beklagte zu einer gütlichen Eini-gung nicht bereit ist. Sowohl im Rahmen eines Gesprächs zwischen der Anwaltskanzlei des [X.], der Beklagten und den Anwälten und Vertre-tern
der Beklagten im Herbst
2008 als auch bereits im Vorfeld dieser Be-sprechung habe die Beklagte deutlich gemacht, dass eine gütliche Eini-gung nicht in Betracht komme und angesichts der Vielzahl von Verfahren keine außergerichtlichen
Lösungsmöglichkeiten bestünden. Dies sei den Prozessbevollmächtigten des [X.] somit bekannt gewesen.

Hierzu hat das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen ge-troffen.
Das wird es nachzuholen haben; ein rechtsmissbräuchliches Stellen des [X.] lässt sich mit dem in der Revisionserwiderung 19
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weiter aufgeführten Schreiben vom 30.
Dezember 2009 schon deshalb nicht begründen, weil dessen Zugang vor Einreichung des [X.] nicht ersichtlich ist.

2. Ebenso fehlt es noch an Feststellungen zum Grund des vom Kläger erhobenen Schadensersatzanspruchs.

[X.] [X.] [X.]

Dr. [X.] Dr. Bußmann

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.03.2014 -
10 O 4858/12 Ver -

OLG München, Entscheidung vom 09.03.2015 -
21 [X.] -

22

Meta

IV ZR 197/15

25.05.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2016, Az. IV ZR 197/15 (REWIS RS 2016, 10959)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10959

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