Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2016, Az. IV ZR 1/15

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 10967

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:BGH:2016:250516UIVZR1.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 1/15
Verkündet am:

25. Mai 2016

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], die Richterinnen
Dr.
[X.] und Dr. Bußmann
im schriftlichen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum
4.
Mai 2016 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.]
wird das Urteil des Ober-landesgerichts München
-
21.
Zivilsenat -
vom 24.
No-vember 2014
aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 230

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt
von der
Beklagten, einem [X.] Lebens-versicherer, Schadensersatz
wegen der Verletzung von [X.] im Zusammenhang mit dem im November 1999 beantragten und im März 2000 zustande gekommenen Abschluss eines
Lebensversi-cherungsvertrages.
Diese Versicherung war Bestandteil eines als "Si-cherheits-Kompakt-Rente (SKR)"
bezeichneten Kapitalanlagemodells.
1
-
3
-

Der Kläger macht
geltend, dass er bei Abschluss des Vertrages unzutreffend über die zu erwartende Rendite und die Bildung von stillen Reserven, die Einlagenverwaltung durch die Beklagte und hier insbeson-dere über Einzelheiten des von ihr praktizierten Glättungsverfahrens
un-terrichtet worden sei.
Er verlangt deshalb,
so gestellt zu werden, als [X.] er sich an dem [X.] nicht beteiligt.

Ende
Dezember 2009
reichte
der Kläger
über seinen Anwalt bei der staatlich anerkannten Gütestelle eines
Rechtsanwalts und Mediators in F.

einen Güteantrag
ein,
von dem die Beklagte durch
Schreiben der Gütestelle im
März 2010
unterrichtet wurde. [X.] die Beklagte mit Schreiben vom 23. März
2010, eingegangen bei der Gütestelle am 25. März 2010,
mitgeteilt hatte, dass sie an dem Güte-verfahren nicht
teilnehmen werde, stellte die Gütestelle mit Schreiben vom 20. April 2010, eingegangen bei den Prozessbevollmächtigten des [X.]
am 21. April 2010,
das Scheitern des Verfahrens fest. In § 7 Buchst. b
der maßgeblichen Verfahrensordnung der Gütestelle
heißt
es: "erklärt, dass sie nicht an ei-nem Mediationstermin teilnehmen wird."

Am 4.
Oktober 2012
hat der Kläger
beim
Landgericht Klage einge-reicht, die der Beklagten
am 22.
Oktober
2012
zugestellt worden ist.
Mit dieser
Klage hat er
die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihm den entstandenen und noch entstehenden Schaden im Zusammenhang mit der abgeschlossenen [X.] zu ersetzen habe; [X.] hat er die Klage dahingehend geändert, dass er Zahlung von 252.708,92

n-denen Rechtsanwaltskosten sowie
die Feststellung, dass die Beklagte ihm den darüber hinausgehenden
Schaden im Zusammenhang mit der
2
3
4
-
4
-

abgeschlossenen [X.]
zu ersetzen habe, [X.].

Die Beklagte ist dem Vorbringen des [X.] entgegengetreten und hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Klage hat
beim Landgericht
lediglich in Höhe von 22.586,31

nebst Zinsen Erfolg gehabt.
Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Be-gehren
weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, dass etwaige Scha-densersatzansprüche des [X.] nach §
199 Abs.
3 Nr. 1 BGB verjährt seien. Eine Hemmung der Verjährung wegen schwebender Verhandlun-gen nach §
203 BGB sei nicht erfolgt.
Die Hemmung der Verjährung nach §
204 Abs.
1 Nr.
4 BGB durch Einreichung des [X.] habe spätestens am 26.
September 2012 geendet, weil das eingeleitete [X.] bereits mit Eingang des ablehnenden Schreibens der Beklagten bei der Gütestelle am 25.
März 2010 beendet gewesen sei, so dass [X.] noch vor Einreichung der Klage eingetreten sei.

5
6
7
8
-
5
-

I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen die [X.] einer Verjährung der geltend gemachten Ansprüche
nicht.

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die zehn-jährige Verjährungsfrist am 1.
Januar 2002 zu laufen begonnen hat. Dies folgt aus Art.
229 §
6 Abs.
4 Satz
1 EGBGB.

2. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Annahme des Berufungsge-richts, dass eine etwaige Hemmung der Verjährung
durch den einge-reichten Güteantrag bereits am 26.
September 2012 endete, weil die Nachlauffrist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB bereits mit dem Zugang der Erklärung der Beklagten, am Güteverfahren nicht teilzunehmen, bei der Gütestelle begonnen habe.

Wie
der Senat mit Urteil vom 28.
Oktober 2015 ([X.], [X.], 1545) entschieden und näher begründet hat, endet die Hemmung der Verjährung, wenn das Güteverfahren durch eine Mitteilung des Schuldners endet, dass er am Verfahren nicht teilnehme, erst
sechs Monate nach dem Zeitpunkt, in dem die Gütestelle die Bekanntgabe die-ser Mitteilung an den Gläubiger veranlasst (aaO Rn.
30 ff.). Da das [X.] zu dem danach maßgeblichen Zeitpunkt keine Feststellun-gen getroffen hat, ist es offen, ob eine durch den Güteantrag etwa einge-tretene Verjährungshemmung ausreichend lange gedauert hat, um den [X.] vor Klageerhebung zu hindern.

II[X.] Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus einem anderen Grunde als richtig (§
561 ZPO).

9
10
11
12
13
-
6
-

1. Zu der vom Berufungsgericht offen gelassenen Frage, ob mit der Einreichung des [X.], der der Beklagten sodann "[X.]"
bekanntgegeben wurde, eine Hemmung der Verjährung nach §
204 Abs.
1 Nr.
4 BGB eintrat, bedarf es ebenfalls
weiterer Feststellun-gen.

a) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war der
gel-tend gemachte Anspruch in dem Güteantrag
allerdings bestimmt genug
bezeichnet, um eine
Hemmung der Verjährung herbeizuführen.

Wie der Senat mit Urteil vom 28.
Oktober 2015 ([X.], [X.], 1545) entschieden und im Einzelnen ausgeführt hat, genügt es in Fällen der vorliegenden Art, in denen es um einen [X.] wegen Aufklärungsmängeln infolge ungenügender Aufklä-rung über Besonderheiten des von der Beklagten angebotenen Versiche-rungsprodukts geht, wenn [X.], Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruches bezeichnet werden (aaO Rn.
19); dabei reicht es jedenfalls dann
aus, dass sich diese Angaben lediglich in vorprozessualen Anspruchsschreiben befinden, wenn es sich um ein ein-zelnes Schreiben handelt, mit dem die Erkennbarkeit des Begehrens des Antragstellers gewährleistet wird, auf dessen Inhalt in dem Antrag aus-drücklich Bezug genommen ist und das dem Antrag beigefügt wurde (aaO Rn.
15
f.). Diesen Anforderungen ist im Streitfall Genüge getan.

b) Weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf jedoch die Frage, ob im Streitfall
eine
rechtsmissbräuchliche Einleitung des Güteverfah-rens
vorlag, die einer Berufung des [X.]
auf die Hemmung der [X.] nach §
242 BGB entgegenstehen könnte.

14
15
16
17
-
7
-

aa) Zwar stellt es, wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils ebenfalls entschieden und näher begründet hat, keine
rechtsmissbräuch-liche Inanspruchnahme
des Güteverfahrens dar, dass die Prozessbe-vollmächtigen des [X.]
insgesamt 904 gegen die Beklagte gerichtete [X.] gleichzeitig bei der Gütestelle eingereicht haben, und ist es auch grundsätzlich legitim und begründet im Regelfall keinen [X.], wenn ein Antragsteller eine Gütestelle ausschließlich zum Zwecke der Verjährungshemmung anruft (Senatsurteile
vom 28.
Oktober 2015 -
[X.], [X.], 1545 Rn.
24 f. und [X.], [X.], 1548 Rn.
32
f.).

bb) Hiervon ist aber dann eine Ausnahme zu machen, wenn
schon vor der Einreichung des [X.] feststeht, dass der Antragsgegner nicht bereit ist, an einem Güteverfahren mitzuwirken und sich auf eine außergerichtliche Einigung einzulassen, und er dies dem Antragsteller schon im Vorfeld in eindeutiger Weise mitgeteilt hat. Als Rechtsfolge ei-ner derartigen missbräuchlichen Inanspruchnahme des Verfahrens ist es dem Gläubiger dann gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf eine Hem-mung der Verjährung durch Bekanntgabe des [X.] zu berufen (Senatsurteil vom 28.
Oktober 2015 -
[X.] aaO Rn.
34).

Die Voraussetzungen dieses Ausnahmetatbestands hat die [X.] unter Beweisantritt schlüssig vorgetragen. Sie hat behauptet, den Prozessbevollmächtigten des [X.] sei schon vor Einleitung des [X.] bekannt gewesen, dass die Beklagte zu einer gütlichen Eini-gung nicht bereit ist. Sowohl im Rahmen eines Gesprächs zwischen der Anwaltskanzlei des [X.], der Beklagten und den Anwälten und Vertre-tern
der Beklagten im Herbst
2008 als auch bereits im Vorfeld dieser Be-sprechung habe die Beklagte deutlich gemacht, dass eine gütliche Eini-gung nicht in Betracht komme und angesichts der Vielzahl von Verfahren 18
19
20
-
8
-

keine außergerichtlichen Lösungsmöglichkeiten bestünden. Dies sei den Prozessbevollmächtigten des [X.] somit bekannt gewesen.

Hierzu hat das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen ge-troffen.
Sollte es eine rechtsmissbräuchliche Antragstellung verneinen, so wird es auch die von ihm bislang ebenfalls offen gelassene Frage, ob die Hemmung der Verjährung durch den Güteantrag von der sofortigen Beifügung einer Vollmachtsurkunde abhängig war (vgl. dazu die Rege-lung in §
3 Abs.
2 der Verfahrensordnung), abschließend zu entscheiden haben.

2. Ebenso fehlt es noch an Feststellungen zum Grund des vom Kläger erhobenen Schadensersatzanspruchs.

[X.] [X.]

[X.]

Dr. [X.] Dr. Bußmann

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.11.2013 -
12 O 20538/12 -

OLG München, Entscheidung vom 24.11.2014 -
21 [X.] -

21
22

Meta

IV ZR 1/15

25.05.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2016, Az. IV ZR 1/15 (REWIS RS 2016, 10967)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10967

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 110/15 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 197/15 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 374/14 (Bundesgerichtshof)

Einleitung eines Güteverfahrens zur Verjährungshemmung: Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit


IV ZR 211/15 (Bundesgerichtshof)

Verjährungshemmende Wirkung eines Güteverfahrens: Ausreichende Individualisierung der geltend gemachten Ansprüche; Anrufung der Gütestelle nur zum …


IV ZR 374/14 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IV ZR 405/14

IV ZR 526/14

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.