Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.10.2016, Az. II R 44/12

2. Senat | REWIS RS 2016, 3731

STEUERRECHT EUROPA- UND VÖLKERRECHT EUROPÄISCHER GERICHTSHOF (EUGH) EUROPA BERUFSFREIHEIT BUNDESFINANZHOF (BFH) BERUFS- UND STANDESRECHT STEUERBERATER

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Gegenstand

Zurückweisung einer im EU-Ausland niedergelassenen Steuerberatungsgesellschaft wegen geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige - Einordnung einer Klageart


Leitsatz

1. Eine Zurückweisung nach § 80 Abs. 5 AO ist bei einer unbefugten geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen unabhängig davon gerechtfertigt, ob die hilfeleistende Person oder Vereinigung als Bevollmächtigte oder --wegen fehlender Vollmacht-- als Beistand tätig geworden ist.

2. Steuerberatungsgesellschaften, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU niedergelassen sind, sind nach § 3a StBerG unter den im Einzelnen festgelegten Voraussetzungen zu einer vorübergehenden und gelegentlichen Hilfeleistung in Steuersachen "auf" deutschem Gebiet befugt. § 3a StBerG erfasst nicht grenzüberschreitende Dienstleistungen ohne physischen Grenzübertritt der für die Steuerberatungsgesellschaft handelnden Personen.

3. Eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige oder niedergelassene Steuerberatungsgesellschaft bedarf zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen einer Befugnis nach den nationalen Vorschriften, wenn sie auch in Deutschland niedergelassen ist. Hierfür reicht es aus, dass sie in stabiler und kontinuierlicher Weise "in" Deutschland tätig wird, indem sie sich von einem hier befindlichen Berufsdomizil aus an inländische Steuerpflichtige wendet.

4. Ist eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige oder niedergelassene Steuerberatungsgesellschaft nicht in Deutschland niedergelassen, kann sie aufgrund der unionsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige befugt sein.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 19. Juli 2012  6 [X.]/12 aufgehoben, soweit es den Bescheid des Beklagten vom 12. März 2012 über die Zurückweisung der Klägerin als Bevollmächtigte betrifft.

Die Sache wird insoweit an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kapitalgesellschaft [X.] Rechts mit [X.]itz in [X.] und Niederlassungen in den [X.] sowie in [X.]. Gegenstand des Unternehmens sind die Wirtschaftsberatung, [X.]teuerberatung und das Rechnungswesen. Gesellschafter und Geschäftsführer ("director") sind die in der [X.] ([X.]) ansässige [X.] und der in [X.] ansässige [X.] war in [X.] als [X.]teuerberater bestellt gewesen. [X.]eine Bestellung wurde im Jahr 2000 wegen Vermögensverfalls widerrufen.

2

In [X.] ist die Klägerin nicht als [X.]teuerberatungsgesellschaft nach § 32 Abs. 3, §§ 49 ff. des [X.]teuerberatungsgesetzes in der für 2012 geltenden Fassung ([X.]tBerG) anerkannt. [X.]ie berät mehrere in [X.] ansässige Mandanten in steuerlichen Angelegenheiten und tritt für diese in steuerlichen Verfahren auf.

3

Für Postsendungen benannte die Klägerin als Zustellungsbeauftragte die A-Ltd. mit [X.]itz in [X.]. Aus mehreren dem Finanzgericht ([X.]) vorliegenden Zustellungsurkunden ist ersichtlich, dass [X.] in den Büroräumen der A-Ltd. tätig war.

4

Die Klägerin wirkte bei der Anfertigung der Umsatzsteuererklärung der in [X.] niedergelassenen [X.]. für 2010 mit. Die nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck erstellte Erklärung ging Anfang 2012 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) ein. Das [X.] wies mit [X.] vom 12. März 2012 die Klägerin als Bevollmächtigte der [X.]. für das [X.] nach § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung in der bis einschließlich 2016 geltenden Fassung ([X.]) zurück. Zur Begründung war angegeben, dass die Klägerin nicht befugt sei, geschäftsmäßig Hilfe in [X.]teuersachen zu leisten.

5

Mit der am 13. April 2012 erhobenen Klage wandte sich die Klägerin u.a. gegen ihre Zurückweisung als Bevollmächtigte. Das [X.] stimmte der [X.]prungklage zu. Das [X.] behandelte die Klage insoweit als Feststellungsklage nach § 41 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O).

6

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das [X.] teilte die Auffassung des [X.], dass die Klägerin nicht befugt sei, der [X.]. geschäftsmäßig Hilfe in [X.]teuersachen zu leisten. Auch die Voraussetzungen für eine vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung in [X.]teuersachen nach § 3a [X.]tBerG lägen nicht vor. Die Klägerin habe keine schriftliche Meldung, die den Anforderungen des § 3a Abs. 2 [X.]tBerG entspreche, an die für die [X.] zuständige [X.]teuerberaterkammer [X.] gerichtet. Nach deren Mitteilung im [X.]chreiben vom 25. Oktober 2011, das dem [X.] in einem anderen Klageverfahren der Klägerin zugegangen sei, habe die Klägerin eine tatsächliche Niederlassung und eine tatsächliche befugte mehrjährige Tätigkeit in den [X.] nicht nachgewiesen. Das Urteil des [X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2012, 2174 veröffentlicht.

7

Mit der Revision rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung des § 80 [X.] und der unionsrechtlichen Bestimmungen in

-  

Art. 3 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr"), [X.] Europäischen Gemeinschaft Nr. L 178, 1, [X.] 2000/31/[X.],

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Art. 5 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. [X.]eptember 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen ([X.] Europäischen Union --[X.]-- Nr. L 255, 22), zuletzt geändert durch Beschluss der [X.] vom 13. Januar 2016 ([X.] Nr. L 134, 135) [X.] 2005/36/[X.],

-  

Art. 16 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ([X.] Nr. L 376, 36), [X.] 2006/123/[X.],

-  

Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ([X.]) i.d.[X.] zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ([X.] 2008, Nr. [X.], 47).

8

Zur Begründung trägt die Klägerin vor, einem in den [X.] ansässigen Dienstleister, der dort in zulässiger Weise steuerberatend tätig sei, könne es nicht untersagt werden, seine Dienstleistungen von den [X.] aus, also ohne die Grenze physisch zu überschreiten, an in [X.] ansässige Wirtschaftsteilnehmer zu erbringen. Das gelte unabhängig davon, dass die steuerberatende Tätigkeit in [X.] --anders als in den [X.]-- bestimmten Berufsträgern vorbehalten sei. Im [X.]treitfall sei zur Erbringung der Dienstleistung an die [X.]. kein Grenzübertritt erfolgt; sie --die [X.] habe die Umsatzsteuererklärung in ihrer Niederlassung in den [X.] angefertigt und von dort aus an das [X.] übermittelt.

9

Der [X.]enat hat mit Beschluss vom 20. Mai 2014 II R 44/12 ([X.], 278, B[X.]tBl II 2014, 907) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der [X.] ([X.]) mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, über die der [X.] mit Urteil X-[X.]teuerberatungsgesellschaft vom 17. Dezember 2015 [X.]/14 ([X.]:[X.]) entschieden hat.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung, soweit sie den [X.] vom 12. März 2012 über die Zurückweisung als Bevollmächtigte betrifft, und den [X.] vom 12. März 2012 aufzuheben.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit sie den Bescheid vom 12. März 2012 über die Zurückweisung der Klägerin als Bevollmächtigte betrifft, und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O). Das [X.] ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Zurückweisung nach nationalem Recht nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt war. Das [X.] hat aber [X.]srecht nicht richtig angewendet. Die Feststellungen des [X.] tragen nicht seine Entscheidung, dass die Klägerin beim Erlass des Bescheids vom 12. März 2012 unter die Vorschriften des Niederlassungsrechts (Art. 49 ff. A[X.]V) fiel.

1. Die Revision der Klägerin richtet sich gegen das Urteil des [X.], soweit die Klage gegen den Bescheid vom 12. März 2012 abgewiesen wurde. Die weiteren im Klageverfahren verfolgten Feststellungsbegehren sind --wie aus dem Antrag der Klägerin ersichtlich ist und wie sie in der mündlichen Verhandlung klargestellt [X.] nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

2. Die von der Klägerin erhobene Klage ist zulässig. Die Klage ist entgegen der Auffassung des [X.] nicht als Feststellungsklage i.S. des § 41 Abs. 1 [X.]O, sondern als Anfechtungsklage i.S. des § 40 Abs. 1 [X.]O zu verstehen.

a) Für die Einordnung und Würdigung einer Klageart kommt es nicht auf die Bezeichnung, sondern auf den Inhalt des Klagebegehrens an, der ggf. im Wege der Auslegung zu ermitteln ist (vgl. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 29. April 2009 [X.], [X.], 1777, m.w.N.). In der Auslegung prozessualer Willenserklärungen, die im erstinstanzlichen Klageverfahren abgegeben worden sind, ist das Revisionsgericht frei; es ist insoweit nicht an die Auslegung durch die Vorinstanz gebunden ([X.]-Urteil vom 20. September 1996 VI R 43/93, [X.] 1997, 249).

b) Die Klägerin begehrt nicht nur die Feststellung der Nichtigkeit des Bescheids vom 12. März 2012, sondern darüber hinaus die Aufhebung des Bescheids. Dieses Klagebegehren ist im Wege der Anfechtungsklage zu verfolgen, zumal dem Vorbringen der Klägerin zu entnehmen ist, dass der Bescheid auch im Falle der Rechtswidrigkeit aufgehoben werden soll.

c) Da das [X.] der Klage ohne Vorverfahren zugestimmt hat, ist sie als Sprungklage nach § 45 Abs. 1 Satz 1 [X.]O zulässig.

3. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass die Zurückweisung im Bescheid vom 12. März 2012 nicht deshalb rechtswidrig ist, weil die Klägerin als Bevollmächtigte und nicht als Beistand zurückgewiesen wurde.

a) Nach § 80 Abs. [X.] sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein. Hilfeleistung in diesem Sinne ist auch die Mitwirkung bei der Anfertigung und Abgabe von Steuererklärungen (vgl. [X.]-Urteil vom 1. März 1983 VII R 27/82, [X.], 129, [X.] 1983, 318; [X.] Nürnberg, Urteil vom 14. September 2012  4 K 1870/10).

b) Eine Zurückweisung nach § 80 Abs. [X.] ist bei einer unbefugten geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen unabhängig davon gerechtfertigt, ob die hilfeleistende Person oder Vereinigung als Bevollmächtigte oder --wegen fehlender [X.] als Beistand tätig geworden ist.

aa) Hat eine Person oder Vereinigung bei der Erstellung und Abgabe der Steuererklärung für einen Steuerpflichtigen mitgewirkt und ist diese Mitwirkung aus den Angaben in der Steuererklärung erkennbar, kann allein daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass der Steuerpflichtige der Person oder Vereinigung eine Vollmacht i.S. des § 80 Abs. 1 AO zu [X.] das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen erteilt hat. Ein mit der Anfertigung und Abgabe der Steuererklärung [X.] wird hinsichtlich der darin enthaltenen Erklärungen nicht als Bevollmächtigter, sondern lediglich als Erfüllungsgehilfe des Steuerpflichtigen tätig (vgl. [X.]-Urteile vom 3. Februar 1983 IV R 153/80, [X.], 547, [X.] 1983, 324, und vom 28. November 1990 VI R 174/87, [X.] 1991, 502). Der Steuerpflichtige kommt seiner Erklärungspflicht aufgrund der §§ 149, 150 AO in eigener Person nach. Das gilt auch für die nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugebende Umsatzsteuer-Jahreserklärung (§ 18 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes in der für 2010 maßgebenden Fassung). Liegt eine Vollmacht des Steuerpflichtigen nicht vor, scheidet auch eine Zurückweisung des [X.] als Bevollmächtigter aus.

bb) [X.] oder Vereinigung, die nicht Bevollmächtigte ist und bei der Anfertigung und Abgabe einer Steuererklärung des Steuerpflichtigen mitgewirkt hat, ist als Beistand zurückzuweisen, wenn sie ohne Befugnis geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leistet (a.A. [X.] Köln, Urteil vom 5. November 1996  8 K 4965/94, E[X.] 1997, 1144). Beistand ist eine Person oder Vereinigung, die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren unterstützt, ohne ihn zu vertreten (Koenig/Wünsch, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 80 Rz 70; [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 80 AO Rz 49). Der Begriff des Beistands i.S. des § 80 Abs. [X.] ist weit auszulegen.

cc) Ein Beistand kann auch bei der Anfertigung und Abgabe einer Steuererklärung mitwirken. Die Regelung in § 80 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AO, nach der ein Beteiligter zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen kann und das von dem Beistand [X.] als von dem Beteiligten vorgebracht gilt, soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht, steht dem nicht entgegen.

§ 80 Abs. [X.] beschränkt die Tätigkeit eines Beistands nicht auf mündliche Äußerungen im Beisein des Beteiligten (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 80 AO Rz 246; zur identischen Vorschrift des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes: [X.]/ [X.], VwVfG, Kommentar, 17. Aufl., § 14 Rz 33). Dies ergibt sich aus § 80 Abs. 6 Satz 1 AO, der zunächst die Zurückweisung eines Beistands allgemein und danach die Zurückweisung vom mündlichen Vortrag gesondert regelt. Gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 AO ist ein Beistand vom Vortrag zurückzuweisen, wenn er hierzu ungeeignet ist; vom mündlichen Vortrag kann er nur zurückgewiesen werden, wenn er zum sachgemäßen Vortrag nicht fähig ist (§ 80 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 AO). Daraus ist erkennbar, dass ein Beistand einen Beteiligten auch bei schriftlichem Vorbringen --wie bei der Erstellung und Abgabe einer [X.] unterstützen kann.

dd) Im Übrigen gibt es keine Gründe dafür, Bevollmächtigte und Beistände im Rahmen des § 80 Abs. [X.] unterschiedlich zu behandeln. Auch ein Beistand kann --nach der Mitwirkung bei der Anfertigung und Abgabe der [X.] in dem sich anschließenden Besteuerungsverfahren weiterhin bei schriftlichen Äußerungen des Steuerpflichtigen mithelfen.

c) Wird eine Person oder Vereinigung, die als Beistand bei der Anfertigung und Abgabe einer Steuererklärung mitgewirkt hat, vom Finanzamt --wie im [X.] fälschlicherweise als Bevollmächtigte zurückgewiesen, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids. Der Bescheid ist nach § 128 AO dahin umzudeuten, dass die Zurückweisung die Person oder Vereinigung als Beistand betrifft.

4. Die Klägerin war bei Ergehen des Bescheids vom 12. März 2012 nach nationalem Recht nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt.

a) Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen darf nach § 2 Satz 1 [X.] nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden, die hierzu befugt sind. § 2 Satz 1 [X.] gilt auch für Steuerberatungsgesellschaften, die --wie die [X.] ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der [X.] ([X.]) haben und von einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat ([X.]) aus Hilfe in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige leisten.

b) Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind nach § 3 Nr. 3 [X.] Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften befugt. Steuerberatungsgesellschaften bedürfen der Anerkennung (§ 32 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Die Anerkennung setzt den Nachweis voraus, dass die [X.] von Steuerberatern, die bestellt sein müssen, verantwortlich geführt wird (§ 32 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 [X.]). Die Klägerin ist keine solche [X.].

c) Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 [X.] sind Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] beruflich niedergelassen sind und dort befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des [X.]es leisten, zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen auf [X.] Gebiet befugt. Der Umfang der Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen im Inland richtet sich nach dem Umfang dieser Befugnis im [X.] (§ 3a Abs. 1 Satz 2 [X.]). Bei ihrer Tätigkeit im Inland unterliegen sie denselben Berufsregeln wie die in § 3 [X.] genannten Personen (§ 3a Abs. 1 Satz 3 [X.]). Wenn weder der Beruf noch die Ausbildung zu diesem Beruf im Staat der Niederlassung reglementiert ist, gilt die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen im Inland nur, wenn die Person den Beruf dort während der vorhergehenden [X.] mindestens zwei Jahre ausgeübt hat (§ 3a Abs. 1 Satz 4 [X.]). Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen nach § 3a Abs. 1 [X.] ist nur zulässig, wenn die Person vor der ersten Erbringung im Inland der zuständigen Stelle schriftlich Meldung erstattet (§ 3a Abs. 2 Satz 1 [X.]).

aa) § 3a [X.] erlaubt unter den im Einzelnen festgelegten Voraussetzungen eine vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung in Steuersachen "auf" [X.] Gebiet. Die Vorschrift dient der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/[X.] in Bezug auf die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen in [X.] durch Personen und Vereinigungen aus einem anderen Mitgliedstaat der [X.]. Nach Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/[X.] gelten die Bestimmungen zur Dienstleistungsfreiheit (Titel II) nur für den Fall, dass sich der Dienstleister zur vorübergehenden und gelegentlichen Ausübung des Berufs nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/[X.] in den Aufnahmemitgliedstaat begibt. Der zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/[X.] eingefügte § 3a [X.] ist deshalb nur anwendbar, wenn die Hilfeleistung in Steuersachen auf [X.] Hoheitsgebiet erbracht wird. Eine Anwendung des § 3a [X.] scheidet dagegen aus, wenn die Hilfe in Steuersachen ohne physischen Grenzübertritt des Dienstleisters oder der für ihn handelnden Personen in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] erbracht wird.

bb) Die Voraussetzungen des § 3a [X.] für eine vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung in Steuersachen "auf" [X.] Hoheitsgebiet liegen nach den Feststellungen des [X.] nicht vor.

Das [X.] hat für den [X.] nach § 118 Abs. 2 [X.]O bindend festgestellt, dass die schriftliche Meldung der Klägerin an die Steuerberaterkammer [X.] nicht den Anforderungen des § 3a Abs. 2 [X.] entsprochen hat. Die Klägerin hat weder eine Bescheinigung über eine rechtmäßige Niederlassung zur Ausübung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen in den [X.]n (§ 3a Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 [X.]) noch einen Nachweis über ihre Berufsqualifikation (§ 3a Abs. 2 Satz 3 Nr. 6 [X.]) noch einen Nachweis darüber vorgelegt, dass sie ihren Beruf im Staat ihrer Niederlassung mindestens zwei Jahre ausgeübt hat (§ 3a Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 [X.]). Zulässige und begründete [X.] hat die Klägerin insoweit nicht vorgebracht. Hierfür reicht es nicht aus, die Verletzung von § 76 [X.]O zu rügen, weil das [X.] nicht auf die Zuziehung des in einem anderen Verfahren eingegangenen Schreibens der Steuerberaterkammer [X.] vom 25. Oktober 2011 hingewiesen habe. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Angaben in diesem Schreiben fehlerhaft seien. Dazu bestand vor allem deshalb Anlass, weil das [X.] während des Klageverfahrens vorgetragen hat, dass eine vollständige Meldung gemäß § 3a Abs. 2 [X.] zu keinem Zeitpunkt vorgelegen habe.

cc) Da die Voraussetzungen des § 3a [X.] bereits wegen der unvollständigen Meldung an die Steuerberaterkammer [X.] nicht erfüllt sind, kann dahinstehen, ob eine Befugnis nach § 3a [X.] auch deshalb nicht gegeben ist, weil das [X.] von einer dauerhaften Steuerberatungstätigkeit der Klägerin "in" [X.] ausgegangen ist. Ebenso kommt es für die Anwendung des § 3a [X.] nicht darauf an, ob die Einlassung der Klägerin zutrifft, sie habe die Dienstleistung im [X.] ([X.]) erbracht. Denn in diesem Fall wäre § 3a [X.] von vornherein nicht anwendbar, weil keine Dienstleistung "auf" [X.] Hoheitsgebiet vorläge.

5. Die nationalen Vorschriften (§§ 2, 3 Nr. 3, 32 Abs. 3 [X.]) sind für eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerberatungsgesellschaft auch maßgebend, wenn sie in [X.] niedergelassen ist und damit in den Geltungsbereich der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 A[X.]V fällt. Das [X.] hat jedoch die Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 49 A[X.]V fehlerhaft angenommen.

a) Die Niederlassungsfreiheit umfasst gemäß Art. 49 Abs. 2 A[X.]V die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von [X.]en i.S. des Art. 54 Abs. 2 A[X.]V, nach den Bestimmungen des [X.] für seine eigenen Angehörigen. Die Vorschrift regelt den Inhalt der Niederlassungsfreiheit und legt fest, dass hierfür die Bestimmungen des [X.] für seine eigenen Angehörigen gelten. Für die Anwendung der Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten [X.]en, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der [X.] haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind (Art. 54 Abs. 1 A[X.]V).

b) Bei der Abgrenzung des jeweiligen Geltungsbereichs der Grundsätze des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit muss festgestellt werden, ob der Wirtschaftsteilnehmer in dem Mitgliedstaat, in dem er die fragliche Dienstleistung anbietet, niedergelassen ist oder nicht (vgl. [X.]-Urteil [X.] u.a. vom 10. Mai 2012 [X.]/10 bis 359/10, [X.]:[X.], Rz 30). Die Vorschriften des Kapitels über die Dienstleistungen sind gegenüber denen des Kapitels über das Niederlassungsrecht subsidiär ([X.]-Urteil [X.] vom 30. November 1995 [X.]/94, [X.]:C:1995:411, Rz 22).

Ist der Wirtschaftsteilnehmer in dem Mitgliedstaat, in dem er die Dienstleistung anbietet (Empfänger- oder Aufnahmemitgliedstaat), niedergelassen, so fällt er in den Geltungsbereich des Grundsatzes der Niederlassungsfreiheit, wie er in Art. 49 A[X.]V definiert ist ([X.] vom 29. April 2004 [X.]/02, [X.]:C:2004:270, Rz 24, und [X.] u.a., [X.]:[X.], Rz 30). Ist der Wirtschaftsteilnehmer dagegen nicht im [X.] niedergelassen, so ist er ein grenzüberschreitender Dienstleister, der unter den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 56 A[X.]V fällt (vgl. [X.], [X.]:C:2004:270, Rz 24, und [X.] u.a., [X.]:[X.], Rz 30).

Ist eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerberatungsgesellschaft auch in [X.] niedergelassen, kann sie sich auf die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 A[X.]V) berufen. Die Anwendung der Vorschriften über das Niederlassungsrecht hat nach Art. 49 Abs. 2 A[X.]V zur Folge, dass die Steuerberatungsgesellschaft mit der Niederlassung den nationalen Vorschriften (§§ 2, 3 Nr. 3, 32 Abs. 3 [X.]) unterliegt.

c) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist der Begriff der Niederlassung ein sehr weiter Begriff, der die Möglichkeit für einen [X.]sangehörigen impliziert, in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaats als seines Herkunftsstaats teilzunehmen und daraus Nutzen zu ziehen, wodurch die wirtschaftliche und [X.] Verflechtung innerhalb der [X.] im Bereich der selbständigen Tätigkeiten gefördert wird (vgl. [X.]-Urteile [X.] vom 8. September 2010 [X.], [X.]:C:2010:503, Rz 46, und Stoß vom 8. September 2010 [X.]/07, [X.]:[X.], Rz 59).

Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Bestimmungen über das Niederlassungsrecht ist jedoch, dass eine dauernde Präsenz im Aufnahmemitgliedstaat sichergestellt ist. Diese Präsenz kann eine Zweigniederlassung, eine Agentur oder ein Büro sein, das von einer Person geführt wird, die zwar unabhängig, aber beauftragt ist, auf Dauer für dieses Unternehmen wie eine Agentur zu handeln (vgl. [X.]-Urteile Centro di Musicologia [X.] vom 14. September 2006 [X.]/04, [X.]:[X.], Rz 19; [X.], [X.]:C:2010:503, Rz 46; Stoß, [X.]:[X.], [X.]). Ein [X.]sangehöriger fällt unter die Vorschriften des Kapitels über das Niederlassungsrecht, wenn er in stabiler und kontinuierlicher Weise eine Berufstätigkeit "in" einem anderen Mitgliedstaat ausübt, in dem er sich von einem dort befindlichen "Berufsdomizil" aus an die Angehörigen dieses Staates wendet (vgl. [X.]-Urteile [X.], [X.]:C:1995:411, Rz 28; [X.] vom 11. Dezember 2003 [X.]/01, [X.]:[X.], Rz 29; Kommission/[X.], [X.]:C:2004:270, Rz 25).

Ein in einem Mitgliedstaat niedergelassener Wirtschaftsteilnehmer ist jedoch nicht schon deshalb als in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen anzusehen, weil er in diesem anderen Mitgliedstaat über einen längeren Zeitraum hinweg Dienstleistungen erbringt ([X.]-Urteil Kommission/[X.], [X.]:C:2004:270, Rz 27). Art. 56 A[X.]V kann auch Dienstleistungen umfassen, deren Erbringung sich über einen längeren Zeitraum, bis hin zu mehreren Jahren, erstreckt ([X.]-Urteil Kommission/[X.] vom 18. November 2010 [X.]/08, [X.]:[X.], Rz 85, zu Dienstleistungen im Rahmen eines Großbauprojekts).

d) Nach diesen Grundsätzen reicht es entgegen der Auffassung des [X.] für die Anwendung der unionsrechtlichen Vorschriften über das Niederlassungsrecht auf eine steuerberatende Tätigkeit in [X.] nicht aus, dass ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiger bzw. niedergelassener Dienstleister --wie die [X.] in stabiler und kontinuierlicher Weise eine Berufstätigkeit in [X.] ausübt. Erforderlich ist vielmehr stets, dass der Dienstleister in [X.] auch über eine ständige Präsenz (Geschäftsräume) verfügt. Da das [X.] [X.]srecht insoweit nicht zutreffend angewendet hat, war die Vorentscheidung aufzuheben.

6. Die Sache ist nicht spruchreif. Im Streitfall fehlen ausreichende Feststellungen dazu, ob die Klägerin zum Zeitpunkt des Ergehens des Zurückweisungsbescheids vom 12. März 2012 über eine Niederlassung in [X.] verfügte.

a) Das [X.] hat festgestellt, aus mehreren Zustellungsurkunden sei ersichtlich, dass [X.] unter der Adresse der A-Ltd. tätig sei. Zudem sei dem [X.] aus einer Vielzahl von Verfahren, die eine Zurückweisung der Klägerin als Bevollmächtigte beträfen, bekannt, dass die Klägerin unter der Anschrift der A-Ltd. handele und Mandanten im räumlichen Umfeld dieses inländischen Standorts betreue. Konkrete Feststellungen dazu, ob und für welchen Zeitraum die Klägerin die rechtliche oder tatsächliche Möglichkeit hatte, die Geschäftsräume der A-Ltd. für eine steuerberatende Tätigkeit zu nutzen, fehlen aber. Dabei kann die Tätigkeit des [X.] in den Geschäftsräumen der A-Ltd., in denen er wohl zuzustellende Briefsendungen entgegengenommen hat und sonstige, vom [X.] nicht näher bezeichnete Tätigkeiten ausgeführt haben soll, der Klägerin zuzurechnen sein.

b) Hat sich [X.] aufgrund einer eigenen Nutzungsmöglichkeit (z.B. als [X.]er oder Geschäftsführer der A-Ltd.) in deren Geschäftsräumen aufgehalten, kann davon auszugehen sein, dass er dort auch steuerberatende Tätigkeiten für die Klägerin erledigen konnte und damit eine Niederlassung der Klägerin bestand. War die Klägerin in [X.] niedergelassen, kann sie sich nicht darauf berufen, dass sie die konkrete Dienstleistung --die Anfertigung und Übersendung der Umsatzsteuererklärung der [X.]. für 2010-- von den [X.]n aus erbracht habe.

c) Das [X.] wird deshalb Feststellungen dazu nachzuholen haben, ob die Klägerin im März 2012 über eine ständige Präsenz in [X.] verfügte. Die Beteiligten sind bei der Erforschung des Sachverhalts heranzuziehen (§ 76 Abs. 1 Satz 2 [X.]O). Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgetragenen Tatsachen zu erklären (§ 76 Abs. 1 Satz 3 [X.]O). Die Feststellungslast (objektive Beweislast) für die Tatsachen, die die Annahme einer Niederlassung der Klägerin in [X.] rechtfertigen, trägt das [X.]. Denn eine solche Niederlassung führt dazu, dass der vom [X.] erlassene Zurückweisungsbescheid rechtmäßig ist.

7. Hatte die Klägerin zum Zeitpunkt der Zurückweisung keine Niederlassung in [X.], konnte sie möglicherweise aufgrund der unionsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 A[X.]V) zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige befugt sein.

a) Nach Art. 56 Abs. 1 A[X.]V sind Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der [X.] für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten.

Dienstleistungen im Sinne der Verträge sind Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen (Art. 57 Abs. 1 A[X.]V). Als Dienstleistungen gelten insbesondere freiberufliche Tätigkeiten (Art. 57 Abs. 2 Buchst. d A[X.]V).

Unbeschadet des Kapitels über die Niederlassungsfreiheit kann der Leistende zwecks Erbringung seiner Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Mitgliedstaat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt (Art. 57 Abs. 3 A[X.]V).

Nach Art. 62 A[X.]V finden die Bestimmungen der Art. 51 bis 54 A[X.]V auf das in Kapitel 3 geregelte Sachgebiet "Dienstleistungen" Anwendung. Gemäß Art. 54 Abs. 1 A[X.]V stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten [X.]en, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der [X.] haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind. Als [X.]en gelten gemäß Art. 54 Abs. 2 A[X.]V die [X.]en des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen.

b) Der [X.] hat mit Urteil [X.] vom 17. Dezember 2015 [X.]/14 ([X.]:[X.]) entschieden, dass Art. 56 A[X.]V dahin auszulegen ist, dass er es nicht zulässt, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats, in der die Voraussetzungen für den Zugang zur Tätigkeit der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen festgelegt sind, die Dienstleistungsfreiheit einer Steuerberatungsgesellschaft beschränkt, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats, in dem sie niedergelassen ist, gegründet wurde und in diesem Mitgliedstaat, in dem die steuerberatende Tätigkeit nicht reglementiert ist, eine Steuererklärung für einen Leistungsempfänger im erstgenannten Mitgliedstaat erstellt und an die Finanzverwaltung dieses Mitgliedstaats übermittelt, ohne dass die Qualifikation, die diese [X.] oder die natürlichen Personen, die für sie die Dienstleistung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen erbringen, in anderen Mitgliedstaaten erworben haben, ihrem Wert entsprechend anerkannt und angemessen berücksichtigt wird.

Die [X.]-Entscheidung betrifft eine Dienstleistung mit grenzüberschreitendem Charakter, die in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] für einen inländischen Steuerpflichtigen erbracht wird, ohne dass sich der Dienstleister oder die für ihn handelnden Personen auf [X.] Hoheitsgebiet begeben ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 34). Eine solche Dienstleistung fällt weder unter Art. 5 der Richtlinie 2005/36/[X.] noch unter Art. 16 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2006/123/[X.] (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 40).

Der [X.] hat darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten, solange es an einer Harmonisierung der Voraussetzungen für den Zugang zu einem Beruf fehlt, festlegen dürfen, welche Kenntnisse und Fähigkeiten zu dessen Ausübung notwendig sind ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 44 und die dort angeführte Rechtsprechung). Da die Bedingungen für den Zugang zur Tätigkeit der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen bisher nicht auf [X.]sebene harmonisiert worden sind, bleiben die Mitgliedstaaten befugt, diese Voraussetzungen festzulegen ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 45). Die Mitgliedstaaten müssen ihre Befugnisse in diesem Bereich jedoch unter Beachtung der vertraglich garantierten Grundfreiheiten ausüben ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 47).

Der freie Dienstleistungsverkehr (Art. 56 A[X.]V) verlangt die Aufhebung aller Beschränkungen, sofern sie geeignet sind, die Tätigkeit des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist und dort rechtmäßig vergleichbare Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Deshalb obliegt es den nationalen Behörden, insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die in anderen Mitgliedstaaten erworbene Qualifikation des Dienstleistenden ihrem Wert entsprechend anerkannt und angemessen berücksichtigt wird (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). Eine Verpflichtung des [X.] einer Dienstleistung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen, den Behörden des Mitgliedstaats, in dem der Zugang zur Tätigkeit der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen reglementiert ist und in dem der Dienstleister solche Leistungen zu erbringen beabsichtigt, über diese Absicht eine einfache vorherige Meldung zu erstatten, würde es den Behörden ermöglichen, die Qualifikation zu überprüfen, die der Dienstleistende oder die natürlichen Personen, die für ihn die betreffende Dienstleistung erbringen, in anderen Mitgliedstaaten --gegebenenfalls durch [X.] auf dem speziellen Gebiet des [X.] erworben haben, in dem der Dienstleistende seine Tätigkeit auszuüben beabsichtigt ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 56).

c) Fehlen --wie im [X.] nationale Regelungen, die eine Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Qualifikation einer [X.] oder der für sie handelnden Personen zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen erlauben, gebietet es nach der Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]) die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 A[X.]V, eine solche Qualifikation ihrem Wert entsprechend anzuerkennen und angemessen zu berücksichtigen. Da der [X.] hierzu keine Rechtsgrundsätze aufgestellt hat, obliegt es den nationalen Behörden und Gerichten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen eine in anderen Mitgliedstaaten erworbene Qualifikation eine Befugnis des Dienstleisters zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen durch grenzüberschreitende Dienstleistungen für inländische Steuerpflichtige begründet.

aa) Für die Festlegung, welche in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Qualifikationen für eine Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen maßgeblich sind, geben die nationalen Regelungen in § 3a Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 Nrn. 6 und 7 [X.] einen Anhaltspunkt. Die dort für die vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung auf [X.] Hoheitsgebiet genannten Voraussetzungen stellen auf die berufliche Qualifikation eines Dienstleisters ab und sind deshalb auch als sachgerechte Anforderungen für den Fall geeignet, dass ein Dienstleister von einem anderen Mitgliedstaat aus ohne Grenzübertritt eine dauerhafte geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige ausüben will. Die berufliche Qualifikation kann sich aufgrund einer abgeschlossenen Berufsausbildung, die Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung einer steuerberatenden Tätigkeit in dem anderen Mitgliedstaat vermittelt, oder --falls eine solche in dem anderen Mitgliedstaat nicht erforderlich ist-- aufgrund der dort im Zusammenhang mit der Steuerberatung gewonnenen Berufserfahrung ergeben.

bb) Ist weder der Beruf noch die Ausbildung zu diesem Beruf in dem anderen Mitgliedstaat reglementiert, genügt in Anlehnung an § 3a Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 [X.], dass die Person den Beruf im Staat der Niederlassung während der vorhergehenden [X.] mindestens zwei Jahre ausgeübt hat. Die Berufsausübung in dem anderen Mitgliedstaat darf sich in diesem Fall aber nicht von vornherein darauf beschränken, ausschließlich grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige zu erbringen. Die aufgrund der Berufserfahrung erworbene Qualifikation eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleisters ist nur anzuerkennen, wenn sie auf einer Beratungstätigkeit beruht, die ihn unionsrechtlich dazu befugt, für inländische Steuerpflichtige tätig zu werden. Da in [X.] die steuerberatende Tätigkeit reglementiert ist, liegt eine unionsrechtlich zulässige Beratungstätigkeit nicht vor, wenn der Dienstleister ausschließlich grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige erbringt, ohne vorher eine berufliche Qualifikation in dem anderen Mitgliedstaat erworben zu haben. Denn erst die in dem anderen Mitgliedstaat erworbene berufliche Qualifikation berechtigt den Dienstleister --aus [X.] zu den grenzüberschreitenden Dienstleistungen für inländische Steuerpflichtige (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 54). Insoweit reicht es nicht aus, dass der Dienstleister über Berufserfahrung aus einer in [X.] ausgeübten steuerberatenden Tätigkeit verfügt.

cc) Diesem Verständnis einer unionsrechtlich zu beachtenden Qualifikation zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen steht § 12 Satz 1 [X.] nicht entgegen. Danach sind Personen und Vereinigungen i.S. des § 3 Nrn. 1 bis 3 [X.] in Angelegenheiten, die das Recht fremder [X.] betreffen, zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen befugt. Die Vorschrift erweitert die nach nationalem Recht erforderliche Befugnis der in § 3 Nrn. 1 bis 3 [X.] genannten Personen und [X.]en zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen. § 12 Satz 1 [X.] kann aber nicht eine nach dem Recht eines fremden Staates notwendige Befugnis begründen.

d) Ist der Dienstleister eine in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene [X.], ist sie zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen in Form grenzüberschreitender Dienstleistungen befugt, wenn der verantwortliche Geschäftsführer über die erforderliche Qualifikation verfügt und ihm die steuerberatende Tätigkeit obliegt. Sind bei einer Steuerberatungsgesellschaft mehrere Geschäftsführer bestellt, ist die [X.] nur zu grenzüberschreitenden Dienstleistungen in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige befugt, wenn der die Dienstleistung erbringende Geschäftsführer die in dem anderen Mitgliedstaat erworbene Qualifikation besitzt. Insoweit kann bei einer in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen [X.] nicht auf die formellen Voraussetzungen von § 32 Abs. 3 und § 50 [X.] abgestellt werden. Die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 A[X.]V) erfordert vielmehr nur die Berücksichtigung der Qualifikation der [X.] oder der natürlichen Personen, die für sie die Dienstleistung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen erbringen (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]). Entscheidend ist danach die Qualifikation der jeweils für die Steuerberatungsgesellschaft verantwortlich handelnden Person, die die konkrete Steuerberatungsleistung erbringt.

e) Eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige, nicht in [X.] niedergelassene Steuerberatungsgesellschaft kann unter Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 A[X.]V) grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige nur erbringen, wenn sie über eine Berufshaftpflichtversicherung oder einen anderen individuellen oder kollektiven Schutz in Bezug auf die Berufshaftpflicht verfügt (vgl. [X.]-Urteil vom 21. Juli 2011 II R 6/10, [X.]E 234, 474, [X.] 2011, 906).

Hat die [X.] eine nach [X.] Recht erforderliche Berufshaftpflichtversicherung für die steuerberatende Tätigkeit abgeschlossen, muss der Versicherungsschutz Beratungsleistungen umfassen, die die [X.] von einem anderen Mitgliedstaat aus für inländische Steuerpflichtige erbringt, ohne dass die handelnden Personen physisch die Grenze zu [X.] überschreiten. Ein Versicherungsschutz für Beratungsleistungen i.S. des § 3a [X.] reicht nicht aus. Denn diese Beratungsleistungen werden auf [X.] Hoheitsgebiet erbracht.

f) Die für die Anwendung der Dienstleistungsfreiheit notwendigen Voraussetzungen (Niederlassung und geschäftliche Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat, Erbringung der Dienstleistung von der ausländischen Niederlassung aus, im anderen Mitgliedstaat erworbene berufliche Qualifikation, Versicherungsschutz) sind von dem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleister in geeigneter Weise darzulegen und nachzuweisen. Das Gericht erforscht zwar den Sachverhalt von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O). Da aber ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen ist, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, bestehen erhöhte Mitwirkungspflichten der Beteiligten (§ 76 Abs. 1 Satz 4 [X.]O i.V.m. § 90 Abs. 2 AO). Der Dienstleister, der sich auf die Dienstleistungsfreiheit beruft, trägt insoweit die Feststellungslast für alle Tatsachen, die für eine Anwendung der Dienstleistungsfreiheit erforderlich sind.

Allerdings sind an den vom Dienstleister zu erbringenden Nachweis in formeller Hinsicht keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Insbesondere kann die Befugnis eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleisters zu grenzüberschreitenden [X.] nicht deshalb abgelehnt werden, weil er nicht die Nachweise i.S. des § 3a Abs. 2 Satz 3 Nrn. 5 bis 7 [X.] für eine vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung in Steuersachen auf [X.] Hoheitsgebiet erbracht hat. Denn diese Regelungen gelten nicht für eine von einem anderen Mitgliedstaat aus erbrachte Steuerberatungsdienstleistung ohne physischen Grenzübertritt der handelnden Personen, auch wenn der Inhalt der Regelungen zum Teil bei der Berücksichtigung der in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Qualifikationen herangezogen wird. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet es, dass Rechtsvorschriften --vor allem dann, wenn sie nachteilige Folgen für Einzelne und Unternehmen haben [X.] klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen voraussehbar sein müssen ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 58).

g) Im Streitfall hat das [X.] --ausgehend von seiner Auffassung zu [X.] noch nicht geprüft, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass sich die Klägerin in Bezug auf die Anfertigung und Übersendung der Umsatzsteuererklärung der [X.]. für 2010 auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 A[X.]V berufen kann und der Zurückweisungsbescheid von 12. März 2012 deshalb rechtswidrig ist. Für den Fall, dass die Klägerin nicht in [X.] niedergelassen ist und damit nicht in den Geltungsbereich der Niederlassungsfreiheit fällt, sind diese Prüfung und die für die Anwendung der Dienstleistungsfreiheit erforderlichen Feststellungen nachzuholen.

Das [X.] hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin zum Zeitpunkt des Ergehens des Zurückweisungsbescheids vom 12. März 2012 in ihrer [X.] Niederlassung geschäftlich tätig war, die konkrete Dienstleistung an die [X.]. von dieser Niederlassung aus erbracht hat und welche in den [X.]n erworbenen beruflichen Qualifikationen die Klägerin bzw. der die konkrete Dienstleistung erbringende Geschäftsführer zur Ausübung einer steuerberatenden Tätigkeit im [X.] aufweisen konnte.

Das [X.] hat in diesem Fall weiter zu ermitteln, ob die von der Klägerin abgeschlossene Berufshaftpflichtversicherung Versicherungsschutz für Beratungsleistungen bietet, die die Klägerin von einem anderen Mitgliedstaat aus für inländische Steuerpflichtige erbringt, ohne dass die handelnden Personen physisch die Grenze zu [X.] überschreiten. Dem Versicherungsschein vom 6. Oktober 2011 kann nicht eindeutig entnommen werden, ob Versicherungsschutz für die von den [X.]n aus erbrachten Dienstleistungen bestand. Der Versicherungsschein enthält zwar die besondere Vereinbarung, dass die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers für Vermögensschäden aus der Hilfeleistung in Steuersachen gemäß § 3a [X.] versichert ist. Allerdings ist als versichertes Risiko die "Hilfeleistung in Steuersachen gem. § 3a [X.] (vom Ausland aus)" bezeichnet. Da § 3a [X.] die Erbringung von Dienstleistungen auf dem Hoheitsgebiet von [X.] betrifft, sind zwar die Dienstleistungen abgesichert, die in [X.] erbracht werden. Dienstleistungen, die für inländische Steuerpflichtige in den [X.]n erbracht werden, könnten aber ebenso versichert sein. Darauf deutet die Bezeichnung des versicherten Risikos "Hilfeleistung in Steuersachen vom Ausland aus" hin. Der Umfang des Versicherungsschutzes ist nicht eindeutig und deshalb unter Heranziehung der Versicherungsbedingungen sowie ggf. durch eine schriftliche oder mündliche Bestätigung des Versicherers zu klären.

8. Sollten die vom [X.] nachzuholenden Feststellungen ergeben, dass sich die Klägerin auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 A[X.]V berufen kann, so steht dem der Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs nicht entgegen.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] darf sich niemand in betrügerischer oder missbräuchlicher Weise auf die Rechtsvorschriften der [X.] berufen (vgl. [X.]-Urteil Kratzer vom 28. Juli 2016 [X.]/15, [X.]:C:2016:604, Rz 37, m.w.N.).

Die Feststellung eines missbräuchlichen Verhaltens verlangt das Vorliegen eines objektiven und eines subjektiven Tatbestandsmerkmals (vgl. [X.]-Urteil [X.] u.a. vom 13. März 2014 [X.]/13, [X.]:[X.], Rz 31).

Das objektive Tatbestandsmerkmal ist erfüllt, wenn sich aus einer Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergibt, dass trotz formaler Einhaltung der von der [X.]sregelung vorgesehenen Bedingungen das Ziel dieser Regelung nicht erreicht wurde (vgl. [X.]-Urteil Kratzer, [X.]:C:2016:604, Rz 39). Das subjektive Tatbestandsmerkmal liegt vor, wenn aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich ist, dass wesentlicher Zweck der fraglichen Handlungen die Erlangung eines ungerechtfertigten Vorteils ist (vgl. [X.]-Urteil Kratzer, [X.]:C:2016:604, Rz 40). Denn das Missbrauchsverbot greift nicht, wenn die fraglichen Handlungen eine andere Erklärung haben können als nur die Erlangung eines Vorteils (vgl. [X.]-Urteile [X.] u.a. vom 21. Februar 2006 [X.]/02, [X.]:C:2006:121, Rz 75; [X.] vom 22. Dezember 2010 [X.]/09, [X.]:[X.], Rz 30; [X.] u.a., [X.]:[X.], Rz 33).

Zum Beweis für das Vorliegen des subjektiven Tatbestandsmerkmals, das auf die Absicht der Handelnden abstellt, kann u.a. der rein künstliche Charakter der fraglichen Handlungen berücksichtigt werden (vgl. [X.]-Urteile Emsland-Stärke vom 14. Dezember 2000 [X.]/99, [X.]:C:2000:695, Rz 53 und 58; [X.] u.a., [X.]:C:2006:121, Rz 81; Part Service vom 21. Februar 2008 [X.]/06, [X.]:[X.], Rz 62; [X.] u.a., [X.]:[X.], Rz 33).

Es ist Sache des nationalen Gerichts, gemäß den Beweisregeln des nationalen Rechts --soweit dadurch die Wirksamkeit des [X.]srechts nicht beeinträchtigt wird-- festzustellen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen eines missbräuchlichen Verhaltens im Ausgangsverfahren erfüllt sind (vgl. [X.]-Urteil Kratzer, [X.]:C:2016:604, Rz 42, m.w.N.).

b) Der Umstand, dass eine [X.] in einem Mitgliedstaat nur gegründet wurde, um in den Genuss vorteilhafterer Rechtsvorschriften zu kommen, stellt keinen Missbrauch dar, und zwar auch dann nicht, wenn die betreffende [X.] ihre Tätigkeiten hauptsächlich oder ausschließlich in diesem zweiten Staat (mit den strengeren Rechtsvorschriften) ausübt (vgl. [X.]-Urteile Centros vom 9. März 1999 [X.]/97, [X.]:C:1999:126, Rz 27, 29, und [X.] vom 30. September 2003 C-167/01, [X.]:[X.], Rz 96). Nach diesen Entscheidungen kann es für sich allein keine missbräuchliche Ausnutzung des Niederlassungsrechts darstellen, wenn eine [X.] in einem Mitgliedstaat nur errichtet wurde, um sich in einem zweiten Mitgliedstaat niederzulassen, in dem die Geschäftstätigkeit im Wesentlichen oder ausschließlich ausgeübt werden soll. Auch der Umstand, dass sich ein Angehöriger eines Mitgliedstaats entschlossen hat, eine Berufsqualifikation in einem anderen Mitgliedstaat als seinem Wohnmitgliedstaat zu erwerben, um dort in den Genuss vorteilhafterer Rechtsvorschriften zu kommen, reicht für sich genommen nicht aus, um von einem Rechtsmissbrauch auszugehen ([X.]-Urteil [X.] vom 17. Juli 2014 [X.]/13, [X.], [X.]:[X.], Rz 50, zu Art. 3 der Richtlinie 98/5/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des [X.] in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde). Diesen Entscheidungen ist zu entnehmen, dass der [X.] die Nutzung vorteilhafterer Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nicht als Rechtsmissbrauch ansieht.

c) Dieser vom [X.] aufgestellte Grundsatz gilt auch im Bereich der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 A[X.]V. Errichtet eine in einem Mitgliedstaat ansässige Steuerberatungsgesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat, in dem die Steuerberatungstätigkeit nicht reglementiert ist, eine Zweigniederlassung, von der aus sie [X.] erbringt, ist weder die Errichtung der Zweigniederlassung noch die Erbringung der Beratungsleistungen in dem Staat der Zweigniederlassung noch die Erbringung grenzüberschreitender Beratungsleistungen für Staatsangehörige in einem Mitgliedstaat, in dem die Steuerberatung zu den reglementierten Berufen zählt, rechtsmissbräuchlich. Denn die [X.] nimmt insoweit nur die unionsrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten wahr. Ein ungerechtfertigter Vorteil wird dadurch nicht erlangt. Auch der [X.] hat in der den Streitfall betreffenden Entscheidung ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]) einen Rechtsmissbrauch nicht angesprochen, sondern nur verlangt, dass für die Erbringung grenzüberschreitender [X.] an Steuerpflichtige in einem anderen Mitgliedstaat, in dem die Steuerberatung reglementiert ist, die Qualifikation, die der Dienstleister im [X.] erworben hat, ihrem Wert entsprechend anzuerkennen und angemessen zu berücksichtigen ist.

d) Ein Missbrauch liegt auch dann nicht vor, wenn einer der [X.]er und Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist und dort keiner Reglementierung unterliegt, früher Steuerberater in [X.] gewesen ist und seine Bestellung bestandskräftig widerrufen worden war. Das gilt jedenfalls dann, wenn die [X.] einen weiteren [X.]er und Geschäftsführer hat, bei dem dies nicht zutrifft. Denn die [X.] erfüllt in dieser Konstellation als solche --unabhängig von dem früher als Steuerberater bestellten [X.] alle Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit. Die Dienstleistungsfreiheit erfasst auch grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige, wenn der weitere Geschäftsführer hierfür über eine im [X.] erworbene Qualifikation verfügt.

Die Mitwirkung eines Geschäftsführers, der wegen des Widerrufs der Bestellung selbst nicht mehr in [X.] als Steuerberater tätig sein kann, ist auch hinsichtlich der grenzüberschreitenden Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige kein Rechtsmissbrauch. Dieser Geschäftsführer erlangt zwar aufgrund seiner Stellung bei der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Steuerberatungsgesellschaft die Möglichkeit, grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige zu erbringen. Dieser Vorteil ist aber nicht ungerechtfertigt. Denn er wird nur gewährt, wenn der Geschäftsführer vor der Erbringung der grenzüberschreitenden Dienstleistungen im [X.] Qualifikationen erworben hat, die ihm eine Befugnis zu diesen grenzüberschreitenden [X.] verschaffen. Der vormals als Steuerberater in [X.] tätige Geschäftsführer kann also nicht ohne Weiteres über eine in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Steuerberatungsgesellschaft Hilfe in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige leisten. Zudem kann der Widerruf der Bestellung als Steuerberater in [X.] nicht dazu führen, dass damit zugleich eine Ausübung der steuerberatenden Tätigkeit in anderen Mitgliedstaaten verhindert wird.

e) Die Errichtung der Klägerin in [X.], die Eröffnung einer Niederlassung in den [X.]n und die Erbringung grenzüberschreitender [X.] an inländische Steuerpflichtige aufgrund einer in den [X.]n erworbenen Qualifikation sind nicht missbräuchlich. Das gilt auch, wenn sie letztendlich zum Ziel haben, von der Niederlassung in den [X.]n aus geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige zu leisten, und sich die Klägerin dadurch dem Anwendungsbereich der nationalen Vorschriften der §§ 2, 3 Nr. 3, 32 Abs. 3 [X.] entzieht. Die Klägerin ist berechtigt, möglicherweise günstigere Rechtsvorschriften der [X.] für ihre geschäftliche Tätigkeit zu nutzen. [X.] ist, dass [X.], dessen Bestellung als Steuerberater in [X.] widerrufen wurde, [X.]er und Geschäftsführer der Klägerin ist.

9. Die Richtlinie 2000/31/[X.] ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht einschlägig.

Diese Richtlinie soll einen Beitrag zum einwandfreien Funktionieren des Binnenmarktes leisten, indem sie den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft zwischen den Mitgliedstaaten sicherstellt (Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/[X.]). Sie findet keine Anwendung auf den Bereich der Besteuerung (Art. 1 Abs. 5 Buchst. a der Richtlinie 2000/31/[X.]).

Die Mitwirkung einer [X.] bei der Erstellung und Abgabe der Steuererklärung eines Steuerpflichtigen nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck fällt deshalb nicht unter die Richtlinie 2000/31/[X.]. Zudem liegt insoweit auch kein Dienst der [X.]. 3 Abs. 2, Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/31/[X.] i.V.m. Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/48/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 zur Änderung der [X.]/[X.] über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften in der bis 6. Oktober 2015 geltenden Fassung (Richtlinie 98/48/[X.]) vor. Ein Dienst ist nach Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der [X.]/[X.] eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft, d.h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung. Die Erstellung einer Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck und die Übersendung des ausgefüllten Vordrucks an das Finanzamt ist keine derartige Dienstleistung.

10. Die Übertragung der Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens auf das [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

II R 44/12

19.10.2016

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 19. Juli 2012, Az: 6 K 152/12, Urteil

§ 80 Abs 4 AO, § 2 StBerG, § 3 StBerG, § 3a Abs 1 StBerG, § 32 StBerG, § 49 StBerG, Art 49 AEUV, Art 54 AEUV, Art 56 AEUV, Art 57 AEUV, Art 62 AEUV, Art 1 EGRL 32/2000, Art 2 EGRL 31/2000, Art 3 EGRL 31/2000, Art 5 EGRL 36/2005, Art 16 EGRL 123/2006, § 40 FGO, § 41 FGO, § 3a Abs 2 StBerG, § 80 Abs 5 AO, § 128 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.10.2016, Az. II R 44/12 (REWIS RS 2016, 3731)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3731

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 79/15

I-20 U 241/13

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