Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2017, Az. VI ZR 92/17

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 2438

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:141117BVIZR92.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS

VI ZR
92/17

vom

14. November 2017

in dem Re[X.]htsstreit

Na[X.]hs[X.]hlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7; BGB § 249 Bb

a)
Wendet si[X.]h der bei einem Unfall Verletzte einem anderen Beruf zu und beein-flusst hierdur[X.]h die S[X.]hadensentwi[X.]klung, so kann eine Ausgrenzung späterer S[X.]hadensfolgen aus dem vom S[X.]hädiger zu verantwortenden Gefahrenberei[X.]h unter der Voraussetzung in Betra[X.]ht kommen, dass die Änderung des berufli[X.]hen Lebensweges von einer eigenständigen Ents[X.]heidung des Verletzten derart ge-prägt war, dass der Unfall für diese Entwi[X.]klung nur no[X.]h den äußeren Anlass darstellte.

b)
An der geforderten klaren Zäsur dur[X.]h eine eigenverantwortli[X.]he Ents[X.]heidung des Verletzten fehlt es, wenn der Verletzte eine Aufhebungsvereinbarung s[X.]hließt, weil ihm die von seinem Arbeitgeber im Rahmen einer betriebli[X.]hen Umstrukturie-rung angebotene neue, vom bisherigen Einsatzort weit entfernte und zudem mit dem Erfordernis internationaler Dienstreisen verbundene Einsatzmögli[X.]hkeit unter Berü[X.]ksi[X.]htigung aller Umstände ni[X.]ht zumutbar ist, und na[X.]h dem Auffinden [X.] adäquaten anderen Arbeitsstelle au[X.]h im Interesse des S[X.]hädigers ein an-sonsten zu befür[X.]htender Verlust des Arbeitsplatzes dur[X.]h eine im weiteren [X.] absehbare betriebsbedingte Kündigung vermieden werden soll.

[X.])
Na[X.]h dem Grundprinzip der Beweislastverteilung hat ni[X.]ht der Ges[X.]hädigte, son-dern der S[X.]hädiger darzulegen und zu beweisen, dass die Voraussetzungen einer Zäsur vorliegen, die einen zunä[X.]hst bestehenden Zure[X.]hnungszusammenhang für die Zukunft wieder entfallen lassen.
[X.], Bes[X.]hluss vom 14. November 2017 -
VI [X.]/17 -
OLG [X.]

LG [X.] I
-
2
-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat am
14. November 2017
dur[X.]h den Vorsitzenden [X.], die
Ri[X.]hterinnen von [X.], [X.] und Dr.
Roloff
und
den Ri[X.]hter Dr. Klein

bes[X.]hlossen:
Auf die Ni[X.]htzulassungsbes[X.]hwerde des
[X.] wird der
Be-s[X.]hluss des 10. Zivilsenats des Oberlandesgeri[X.]hts [X.] vom 25. Januar 2017
aufgehoben.
Die Sa[X.]he wird zur Verhandlung und neuen Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten des Ni[X.]htzulassungsbes[X.]hwerdeverfahrens, an das Berufungsgeri[X.]ht zurü[X.]kverwiesen.
Gegenstandswert: 104.212,83

Gründe:
I.
Der Kläger ma[X.]ht gegen die Beklagte
als Re[X.]htsna[X.]hfolgerin des Haft-pfli[X.]htversi[X.]herers des unstreitig dem Grunde na[X.]h voll haftenden [X.] Ansprü[X.]he auf (weiteren) Verdienstausfall aus einem Verkehrsunfall vom 19. November 1992 geltend. Der Kläger hat zwei Kinder, er ist mit einer im Fors[X.]hungszentrum X.
tätigen promovierten Chemikerin verheiratet und lebt mit seiner Familie in A..
1
-
3
-

Im Zeitpunkt des Unfalls arbeitete er als Kommunikationselektroniker im vorbeugenden Brands[X.]hutz bei der Werksfeuerwehr der T.
AG (im folgenden au[X.]h "T."). Er hatte diese Tätigkeit am 1. Dezember 1991 begonnen,
und war vor dem Unfall ausweisli[X.]h der vom Berufungsgeri[X.]ht in Bezug genommenen Anlage [X.] mit Wirkung zum 1. Juni 1992 zum Oberfeuerwehrmann ernannt worden.

Von 1996 bis 1998 absolvierte der Kläger
eine
Ums[X.]hulung zum Indust-riekaufmann, ans[X.]hließend war er zunä[X.]hst bei zwei weiteren Unternehmen kurz bes[X.]häftigt, bis er im [X.] eine Tätigkeit bei der Firma B.
aufnahm. Na[X.]h der Fusion zwis[X.]hen dem Mobilfunkges[X.]häft von B.
und N.
war der Kläger bis eins[X.]hließli[X.]h August 2008 bei der B.
KG (im Folgenden au[X.]h: "B.") in [X.] tätig.
Die Re[X.]htsvorgängerin der Beklagten zahlte seit dem Unfall bis zum [X.] jeweils die Differenz zwis[X.]hen dem Einkommen, das der Kläger bei der Werksfeuerwehr von T.
erzielt hätte, und dem in den entspre[X.]henden Jahren tatsä[X.]hli[X.]h von dem Kläger erzielten Nettoeinkommen, wobei zusätzli[X.]h zu dem vom Kläger erzielten Nettoeinkommen jeweils au[X.]h die Einkünfte aus einer dem Kläger gewährten Erwerbsminderungsrente berü[X.]ksi[X.]htigt wurden. Ab dem [X.] war das von dem Kläger bei B.
erzielte Einkommen höher als [X.] Einkommen, das der Kläger bei T.
erzielt hätte.
[X.] erhielt der Kläger von B.
das Angebot, berufli[X.]h na[X.]h Mün-[X.]hen zu we[X.]hseln und von dem Standort [X.] aus international für das Unternehmen tätig zu sein. Der Kläger lehnte dieses Angebot ab und s[X.]hloss stattdessen mit B.
einen Auflösungsvertrag zum 31. August 2008. In der Aufhe-bungsvereinbarung heißt es:
2
3
4
5
-
4
-

"wie mit Ihnen im Vorfeld bespro[X.]hen, werden Sie unter na[X.]hfolgenden Bedin-gungen zum 31. August 2008 aus der B.
auss[X.]heiden, da Sie die dur[X.]h B.
[X.]n Einsatzmögli[X.]hkeiten ni[X.]ht mit der Betreuung Ihres Kindes vereinba-ren können und Sie das Arbeitsverhältnis beenden müssen."

Im Ans[X.]hluss
an die Tätigkeit bei B.
war der Kläger in dem [X.]poli-zeidienst des [X.] H.
tätig. Er wurde dort während der Probezeit im März 2009 entlassen. Dana[X.]h war er arbeitslos, unterbro[X.]hen von Kinderbetreuungs-zeiten.
Mit der Klage ma[X.]ht der Kläger die Differenz zwis[X.]hen dem von ihm tat-sä[X.]hli[X.]h erzielten und demjenigen Einkommen geltend, das er in den Jahren 2009 bis 2013 als Feuerwehrmann bei T.
erhalten hätte. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgeri[X.]ht hat die Berufung dur[X.]h Bes[X.]hluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurü[X.]kgewiesen. Dagegen wendet si[X.]h der
Kläger mit seiner
Ni[X.]htzulassungsbes[X.]hwerde.

II.
Die Ni[X.]htzulassungsbes[X.]hwerde hat Erfolg
und führt gemäß §
544 Abs.
7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurü[X.]kverweisung des Re[X.]htsstreits an das Berufungsgeri[X.]ht.
Das Berufungsgeri[X.]ht ist unter ent-s[X.]heidungserhebli[X.]hem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG zu der Annahme gelangt,
dass der Abs[X.]hluss der Aufhebungsvereinbarung den Zure[X.]hnungszu-sammenhang zwis[X.]hen dem Unfall und dem in den Jahren 2009 bis 2013 ent-standenen Verdienstausfall des [X.] entfallen lasse.
1. Das Berufungsgeri[X.]ht hat -
soweit hier erhebli[X.]h -
ausgeführt, die [X.] leugneten sowohl einen Zusammenhang zwi-s[X.]hen dem Auss[X.]heiden des [X.] bei B.
und dem Unfall als au[X.]h einen Zu-sammenhang zwis[X.]hen dem Auss[X.]heiden und einem ohnehin drohenden oder 6
7
8
9
-
5
-

bevorstehenden Arbeitsplatzverlust. Das Vorbringen des [X.], B.
sei bere[X.]h-tigt gewesen, aus betriebsbedingten Gründen zu kündigen,
und in dieser [X.] seien den betroffenen Mitarbeitern Aufhebungsverträge und Abfindungen angeboten worden, stehe daher in einem unvereinbaren Gegensatz zu den tat-bestandli[X.]hen Feststellungen. Ein notwendiges Tatbestandsberi[X.]htigungsver-fahren sei ni[X.]ht dur[X.]hgeführt worden. Jedenfalls aber sei der
Kläger mit seinem in der Berufung erfolgten
Vortrag zu dem drohenden Verlust seines [X.] sowie ferner dazu, er habe si[X.]h wegen seines in Gefahr geratenen Arbeits-platzes um eine adäquate Arbeitsstelle
bemüht und die Aufhebungsvereinba-rung erst abges[X.]hlossen, na[X.]hdem er eine Zusage von der [X.]polizei erhal-ten habe, präkludiert.
Im Streitfall sei zu Ungunsten des [X.] festzustellen, dass sämtli[X.]he ents[X.]heidungserhebli[X.]hen Gesi[X.]htspunkte für eine eigenverantwortli[X.]he, von den Unfallfolgen unabhängige Ents[X.]heidung des [X.] sprä[X.]hen. Der Kläger habe si[X.]h berufli[X.]h derart weiterentwi[X.]kelt, dass sein
Einkommen dasjenige vor dem Unfall überstiegen habe. Irgendwel[X.]he Umstände, na[X.]h denen der Kläger in dieser Erwerbstätigkeit ni[X.]ht zufrieden, ni[X.]ht anerkannt oder unterfordert ge-wesen wäre, oder -
au[X.]h aus eigener Si[X.]ht -
unter einem "Minderwert"
gelitten hätte, seien weder vorgebra[X.]ht no[X.]h ersi[X.]htli[X.]h. Gesundheitli[X.]he Folgewirkun-gen des Unfalls hätten
für den Auflösungsvertrag -
selbst na[X.]h dem Vorbringen des [X.] -
keine Rolle gespielt, er sei vor die glei[X.]he Wahlents[X.]heidung ge-stellt wie jeder andere Mitarbeiter, dem ein Umzug na[X.]h [X.] vorges[X.]hla-gen worden sei. Derartige Entwi[X.]klungen des damaligen Arbeitgebers seien weder für den Kläger no[X.]h allgemein absehbar gewesen. Zwar wäre der [X.] im Falle einer tatsä[X.]hli[X.]hen Kündigung ni[X.]ht unter-bro[X.]hen worden und eine Haftung der Beklagten für den Erwerbss[X.]haden hätte weiterbestanden. Der Kläger übersehe jedo[X.]h, dass das Gegenteil festgestellt 10
-
6
-

sei; er habe den vorges[X.]hlagenen Arbeitswe[X.]hsel na[X.]h [X.] aus persönli-[X.]hen und familienbezogenen Gründen ni[X.]ht mitvollzogen.
Da der Kläger das Bes[X.]häftigungsverhältnis mittels Auflösungsvertrag beendet habe, hätte er darlegen und beweisen müssen, dass dies allein [X.] ges[X.]hehen sei, um einer unvermeidli[X.]hen Kündigung zuvor zu kommen. Das sei aber dur[X.]h die gegenläufigen Feststellungen des [X.]s ausge-s[X.]hlossen.
2. Die Ni[X.]htzulassungsbes[X.]hwerde rügt mit Erfolg, das Berufungsgeri[X.]ht halte si[X.]h unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG an die -
vermeintli[X.]he -
tat-bestandli[X.]he Feststellung (§
314 ZPO) des [X.]s gebunden, wona[X.]h das Auss[X.]heiden des [X.] bei B.
auss[X.]hließli[X.]h
aus familiären Gründen er-folgt sei und keinen Zusammenhang mit einem drohenden Arbeitsplatzverlust aufweise.
a) Der Kläger hatte -
wie die Ni[X.]htzulassungsbes[X.]hwerde zutreffend auf-zeigt -
bereits erstinstanzli[X.]h vorgetragen, der Verlust des Arbeitsplatzes bei B.
habe ni[X.]ht auf einer eigenverantwortli[X.]hen Ents[X.]heidung beruht, sondern sei dur[X.]h eine betriebli[X.]he Umstrukturierung, einen Firmensitzwe[X.]hsel seines [X.] und [X.] veranlasst worden. Er habe die ihm [X.] neue und mit
internationalen Dienstreisen verbundene Einsatzmög-li[X.]hkeit in [X.] angesi[X.]hts seiner familiären Situation ni[X.]ht wahrnehmen wollen, so dass eine betriebsbedingte Kündigung bevorgestanden
habe. [X.] habe er si[X.]h na[X.]h einer Alternative umgesehen und sei auf die Stelle bei der [X.]polizei gestoßen.
Das [X.] hat dazu festgestellt, dass der Kläger im Jahr 2008 von B.
das Angebot erhalten hatte, na[X.]h [X.] zu we[X.]hseln und dort [X.] tätig zu sein, zudem die Unternehmen B.
und N.
bes[X.]hlossen hatten, ihre 11
12
13
14
-
7
-

Netzwerkaktivitäten in einem Gemeins[X.]haftsunternehmen zu bündeln und mit diesem Gemeins[X.]haftsunternehmen international tätig zu werden, dass dieses Gemeins[X.]haftsunternehmen in [X.] ansässig wurde,
und der Kläger in diesem Gemeins[X.]haftsunternehmen daher nur tätig sein konnte, wenn er na[X.]h [X.] umzog und von dort internationale Dienstreisen dur[X.]hführte.
In der Berufung hat der Kläger vorgetragen,
er
sei ni[X.]ht zur [X.]poli-zei gewe[X.]hselt, weil er davon unabhängig die Zielsetzung verfolgt habe, einen Berufswe[X.]hsel vorzunehmen. Umgekehrt seien die Umstrukturierung, der [X.], dass sein bisheriger Arbeitsplatz in Gefahr und die Einsatzänderung ihm ni[X.]ht zumutbar gewesen sei, der Anlass dafür gewesen, dass er eine neue Stel-le gesu[X.]ht
und angetreten habe. Für die Abteilung des [X.] sei infolge der Umstrukturierung der einzige Kunde weggefallen. B.
sei bere[X.]htigt gewesen, aus betriebsbedingten Gründen zu kündigen. In dieser Situation seien den be-troffenen Mitarbeitern Aufhebungsverträge und Abfindungen angeboten [X.]. Er habe si[X.]h daher na[X.]h einer adäquaten anderen Stelle umgesehen und, na[X.]hdem er eine sol[X.]he gefunden habe, die Aufhebungsvereinbarung abge-s[X.]hlossen.
b) Vor dem Hintergrund des erstinstanzli[X.]hen Vortrags des [X.] und der genannten Feststellungen des [X.]s hätte si[X.]h das Berufungsgeri[X.]ht ni[X.]ht an eine vermeintli[X.]he tatbestandli[X.]he Feststellung des [X.]s, zwi-s[X.]hen dem Abs[X.]hluss der Aufhebungsvereinbarung und einem drohenden [X.] bestehe
kein Zusammenhang, gebunden sehen dürfen,
§
314 ZPO. Eine sol[X.]he Feststellung enthält das Urteil des [X.]s s[X.]hon ni[X.]ht. Das [X.] hat vielmehr umgekehrt festgestellt, dass der Kläger bei B.
nur weiter tätig sein konnte, wenn er na[X.]h [X.] umzog und von dort aus inter-nationale Dienstreisen dur[X.]hführte. Dass es si[X.]h dabei um das allgemeine Le-bensrisiko des [X.] gehandelt habe, das ni[X.]ht dem Gefahrenberei[X.]h des 15
16
-
8
-

S[X.]hädigers zuzure[X.]hnen sei, stellt erkennbar ledigli[X.]h eine re[X.]htli[X.]he Wertung des [X.]s dar, die in der Berufung zu überprüfen gewesen wäre. Dadur[X.]h, dass das Berufungsgeri[X.]ht si[X.]h offenkundig fehlerhaft an eine tat-sä[X.]hli[X.]h ni[X.]ht getroffene tatbestandli[X.]he Feststellung des [X.]s gebun-den gesehen hat, hat es den genannten
Vortrag des [X.] vollständig über-gangen, Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 3. März 2015 -
VI [X.], [X.], 1313 Rn. 7 mwN zur offenkundig fehlerhaften Anwendung einer Präklusionsvors[X.]hrift).
Es hat ferner den in der Berufung erfolgten Vortrag des [X.] dazu, dass eine betriebsbedingte Kündigung bevorgestanden habe
und dies der Grund für den Stellenwe[X.]hsel gewesen sei,
zu Unre[X.]ht als verspätet zurü[X.]kge-wiesen, §
531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO
in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG. Neues Vorbringen im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO liegt ni[X.]ht vor, wenn ein bereits s[X.]hlüssiges Vorbringen aus erster Instanz dur[X.]h weitere Tatsa[X.]henbehauptun-gen zusätzli[X.]h konkretisiert, verdeutli[X.]ht oder erläutert wird
([X.], Urteile
vom 8. Juni 2004 -
VI [X.], [X.]Z 159, 245, 251
mwN, und vom 1. Dezember 2009 -
VI [X.], [X.], 642 Rn. 22). Zu Re[X.]ht rügt die Ni[X.]htzulas-sungsbes[X.]hwerde, dass der in der Berufung gehaltene Vortrag des [X.] le-digli[X.]h eine sol[X.]he Konkretisierung seines erstinstanzli[X.]hen Vorbringens dar-stellt und mithin ni[X.]ht im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO als neu angesehen wer-den kann.

[X.]) Die Gehörsverletzung ist au[X.]h erhebli[X.]h. Es ist ni[X.]ht ausges[X.]hlossen, dass das Berufungsgeri[X.]ht zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, wenn es sowohl die erstinstanzli[X.]hen Feststellungen als au[X.]h den Vortrag des
Klä-gers
zu dem Grund des Stellenwe[X.]hsels in
der gebotenen Weise berü[X.]ksi[X.]htigt hätte.
17
18
-
9
-

III.
Bei der Verhandlung und neuen Ents[X.]heidung wird das Berufungsgeri[X.]ht Gelegenheit haben, auf eine sorgfältige Aufklärung des Sa[X.]hverhalts hinzuwir-ken. Es wird in den Bli[X.]k zu nehmen haben, dass die Re[X.]htsvorgängerin der Beklagten dem Kläger seinen Verdienstausfall bis zum [X.] ersetzt hat. Es wird ferner folgendes zu berü[X.]ksi[X.]htigen haben:
1. Na[X.]h der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.]s (Urteile vom 26. Februar 1991 -
VI [X.], NJW-RR 1991, 854
und vom 17. September 1991 -
VI ZR 2/91, NJW 1991, 3275) kann es zwar an dem für die Einstandspfli[X.]ht erforderli[X.]hen haftungsre[X.]htli[X.]hen Zusammenhang mit dem Gefahrenberei[X.]h, den der S[X.]hä-diger dur[X.]h die S[X.]hutzgutverletzung für den Ges[X.]hädigten eröffnet hat, fehlen, wenn der Ges[X.]hädigte aufgrund eines eigenen Willensents[X.]hlusses selbst in den Ges[X.]hehensablauf eingegriffen und dadur[X.]h die eigentli[X.]he Ursa[X.]he für die von ihm geltend gema[X.]hte S[X.]hadensfolge gesetzt hat. Bei einer sol[X.]hen Fall-gestaltung kann eine wertende Betra[X.]htung zu dem Ergebnis führen, dass der hierdur[X.]h geprägte S[X.]haden auss[X.]hließli[X.]h dem eigenen Lebensrisiko des Ge-s[X.]hädigten zuzuordnen ist. Mit dieser Begründung hat der [X.] für die au[X.]h hier zu beurteilende Fallgestaltung, dass si[X.]h der bei einem Unfall Verletzte einem anderen Beruf zuwendet und hierdur[X.]h die S[X.]hadensentwi[X.]klung beein-flusst, eine Ausgrenzung späterer S[X.]hadensfolgen aus dem vom S[X.]hädiger zu verantwortenden Gefahrenberei[X.]h unter der Voraussetzung bejaht, dass die Änderung des berufli[X.]hen Lebensweges von einer eigenständigen Ents[X.]hei-dung des Verletzten derart geprägt war, dass der Unfall für diese Entwi[X.]klung nur no[X.]h den äußeren Anlass darstellte ([X.]surteile
vom 26. Februar 1991, aaO, unter II 2
und vom 17. September 1991, aaO, unter II 2 a).
Der [X.] hat aber ausgespro[X.]hen, dass an die Annahme eines sol[X.]hen Ausnahmefalles strenge Anforderungen zu stellen sind. Der
Grundsatz der im 19
20
21
-
10
-

S[X.]hadensre[X.]ht geltenden Totalrestitution gebietet
es, eine dahingehende Be-wertung nur in außergewöhnli[X.]h gelagerten Fällen vorzunehmen. Erforderli[X.]h sind klare Zäsuren, die au[X.]h na[X.]h außen erkennen lassen, dass der Verletzte dur[X.]h seine Ents[X.]heidung für ein geändertes Berufsziel die berufli[X.]he Entwi[X.]k-lung eigenverantwortli[X.]h zu seinem persönli[X.]hen Lebensrisiko hat werden [X.] ([X.]surteile, ebenda).
2. Na[X.]h diesen Grundsätzen fehlt es an der geforderten klaren Zäsur dur[X.]h eine eigenverantwortli[X.]he Ents[X.]heidung des Verletzten, wenn der
Ver-letzte eine Aufhebungsvereinbarung s[X.]hließt, weil ihm die von seinem [X.] im Rahmen einer betriebli[X.]hen Umstrukturierung angebotene neue, vom bisherigen Einsatzort weit entfernte und zudem mit dem Erfordernis [X.]er Dienstreisen verbundene Einsatzmögli[X.]hkeit unter Berü[X.]ksi[X.]htigung aller Umstände ni[X.]ht zumutbar ist, und na[X.]h dem Auffinden einer adäquaten ande-ren Arbeitsstelle au[X.]h im Interesse des S[X.]hädigers ein ansonsten zu befür[X.]h-tender Verlust des Arbeitsplatzes dur[X.]h eine im weiteren Verlauf absehbare betriebsbedingte Kündigung vermieden werden soll.
So liegt es unter Zugrundelegung des Vortrags des [X.] hier. Für eine Unterbre[X.]hung des Zure[X.]hnungszusammenhangs rei[X.]ht es dagegen ni[X.]ht aus, dass der
Verletzte, der
aufgrund der dur[X.]h den Unfall erlittenen Beeinträ[X.]hti-gungen
seine Stellung (hier: als [X.])
ni[X.]ht mehr ausüben kann
und na[X.]h einer Ums[X.]hulung eine (finanziell)
glei[X.]hwertige Stellung (hier: als Servi[X.]e Ingenieur) wieder errei[X.]ht, sodann im weiteren Verlauf dem glei[X.]hen Lebensrisiko ausgesetzt ist
wie jeder andere am neuen Einsatzort Bes[X.]häftigte. Das wird dem Umstand, dass der Verletzte dur[X.]h den dem Grunde na[X.]h voll haftenden Unfallverursa[X.]her aus dem
von ihm einges[X.]hlagenen Lebens-
und Berufsweg herausgerissen worden ist, ni[X.]ht gere[X.]ht.

22
23
-
11
-

3. Na[X.]h dem Grundprinzip der Beweislastverteilung (vgl. [X.], Urteil vom 13. November 1998 -
V [X.], [X.], 351) hat entgegen der Ansi[X.]ht des Berufungsgeri[X.]hts im Übrigen ni[X.]ht der Kläger, sondern die Beklagte darzu-legen und zu beweisen, dass die Voraussetzungen einer Zäsur vorliegen, die einen zunä[X.]hst bestehenden Zure[X.]hnungszusammenhang für die Zukunft [X.] entfallen lassen. Den Kläger trifft insoweit allenfalls eine sekundäre Darle-gungslast (vgl. [X.], Urteil vom 28. Juni 2016 -
VI [X.], [X.], 630 Rn. 18 mwN).
Galke
von [X.]
Oehler

Roloff
Klein

Vorinstanzen:
LG [X.] I, Ents[X.]heidung vom 02.02.2016 -
26 O 2152/14 -

OLG [X.], Ents[X.]heidung vom 25.01.2017 -
10 [X.] -

24

Meta

VI ZR 92/17

14.11.2017

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2017, Az. VI ZR 92/17 (REWIS RS 2017, 2438)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2438

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI ZR 92/17 (Bundesgerichtshof)

Schadensersatz bei Verletzung durch einen Verkehrsunfall: Ausgrenzung späterer Schadensfolgen aus dem vom Schädiger zu verantwortenden …


2 BvR 906/09 (Bundesverfassungsgericht)

Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung von Art 3 Abs 1 GG in seiner Ausprägung als Verbot willkürlicher …


VI ZR 364/00 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 17/06 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 155/11 (Bundesgerichtshof)

Rechtanwaltshaftung: Pflichten bei gerichtlicher Geltendmachung eines Verkehrsunfallschadens mit möglicher psychischer Schädigung des Mandanten


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VI ZR 92/17

VI ZR 490/13

VI ZR 559/14

10 U 1006/16

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.