Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.07.2012, Az. 8 B 48/12, 8 B 48/12 (8 B 15/12)

8. Senat | REWIS RS 2012, 4923

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Gegenstand

Zur Durchbrechung das allgemeinen Enteignungsverbots im Wege einer singulären Enteignungsanweisung


Gründe

1

Die Anhörungsrüge der Klägerin mit dem Antrag, das Verfahren in die Lage vor Erlass des [X.]eschlusses des Senats vom 7. Mai 2012 - [X.]VerwG 8 [X.] 15.12 - zurückzuversetzen und die Revision zuzulassen, ist unbegründet. Der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt.

2

Dieser Anspruch verpflichtet das Gericht, die Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, soweit sie entscheidungserheblich sind ([X.]VerfG, [X.]eschluss vom 17. November 1992 - 1 [X.]vR 168/89 u.a. - [X.]VerfGE 87, 363 <392 f.> m.w.N.; [X.]VerwG, Urteile vom 29. November 1985 - [X.]VerwG 9 [X.] 49.85 - [X.]uchholz 310 § 108 VwGO Nr. 177 m.w.N. und vom 20. November 1995 - [X.]VerwG 4 [X.] 10.95 - [X.]uchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267). Eine Verletzung des Anspruchs ist allerdings nur dann dargetan, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene [X.] auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben ([X.]VerfG, [X.]eschluss vom 10. Juni 1975 - 2 [X.]vR 1086/74 - [X.]VerfGE 40, 101 <104 f.>). Dazu muss das Gericht nicht auf sämtliches Tatsachenvorbringen und alle Rechtsauffassungen eingehen, die im Verfahren von der einen oder anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind ([X.]VerfG, [X.]eschluss vom 5. Oktober 1976 - 2 [X.]vR 558/75 - [X.]VerfGE 42, 364 <373>). [X.] des Tatsachenvorbringens einer Partei, der nach der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts von zentraler [X.]edeutung für den Ausgang des Verfahrens ist, muss in den Gründen der Entscheidung behandelt werden (Urteil vom 20. November 1995 a.a.[X.]). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist dann festzustellen und gegeben, wenn auf den Einzelfall bezogene Umstände deutlich ergeben, dass das Vorbringen eines [X.]eteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist ([X.]VerfG, [X.]eschlüsse vom 1. Februar 1978 - 1 [X.]vR 426/77 - [X.]VerfGE 47, 182 <187 f.> und vom 19. Mai 1992 - 1 [X.]vR 986/91 - [X.]VerfGE 86, 133 <146>). Solche Umstände sind vorliegend nicht erkennbar.

3

Die Klägerin meint, der Senat habe den Kernvortrag der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung nicht zur Kenntnis genommen und/oder nicht in Erwägung gezogen, weil er sich in seinem [X.]eschluss mit der zentralen Argumentation der [X.]eschwerde zu den Voraussetzungen, wann ein [X.] der [X.] [X.]esatzungsmacht als aufgehoben anzusehen sei ([X.]efehlsform im förmlichen Sinne, verbindliche Enteignungsanweisung durch maßgebliche Organe oder zumindest maßgebliche Angehörige der [X.] [X.]esatzungsmacht), nicht konkret auseinander gesetzt habe. Dazu habe insbesondere deshalb Veranlassung bestanden, weil dem Urteil des [X.]undesverwaltungsgerichts vom 7. März 2007 ([X.]VerwG 8 [X.] 28.05 - [X.]uchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 36) zu entnehmen sei, dass die [X.]esonderheiten des Falles einer Rückgabeanordnung der [X.]esatzungsmacht "nur ausnahmsweise" den [X.]harakter eines den besatzungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang unterbrechenden [X.] nehmen könnten.

4

Der Senat hat diesen Vortrag durchaus zur Kenntnis genommen. Er hat darauf hingewiesen, dass die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen durchweg die Voraussetzungen betreffen, unter denen angenommen werden kann, dass die [X.] ([X.]) das in Ziff. 5 ihres [X.]efehls Nr. 64 vom 18. April 1948 allgemein verfügte [X.] im Einzelfall wieder außer [X.] gesetzt oder durchbrochen hat mit der Wirkung, dass eine daraufhin von [X.] Stellen verfügte Enteignung im Sinne des § 1 Abs. 8 [X.]uchst. a VermG auf besatzungshoheitlicher Grundlage erfolgte. Er hat klargestellt, dass eine solche Durchbrechung auf eine nach außen erkennbare Willensäußerung oder ein sonstiges aktives Handeln der [X.]esatzungsmacht zurückgehen muss, hat der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin jedoch nichts dafür entnehmen können, dass der vorliegende Einzelfall Veranlassung zu weiterer grundsätzlicher Klärung bietet.

5

Das gilt namentlich für die Auffassung der Klägerin, es bedürfe grundsätzlicher Klärung, ob eine Durchbrechung des allgemeinen [X.]s im Wege einer singulären Enteignungsanweisung nur unter erhöhten [X.]eweisanforderungen angenommen werden könne. Der Senat hat in seinem [X.]eschluss vom 7. Mai 2012 darauf verwiesen, dass in der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts geklärt ist, dass insofern kein rechtlicher Grund für vom Üblichen abweichende - verschärfte oder ermäßigte - Anforderungen vorliegt. Richtig ist, dass dies in den zum [X.]eleg angeführten Urteilen vom 24. September 2003 - [X.]VerwG 8 [X.] 27.02 - ([X.]VerwGE 119, 82 <86 f.> = [X.]uchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 25) und vom 8. Oktober 2003 - [X.]VerwG 8 [X.] 28.02 - ([X.] 2004, 38) nur für den Fall eines (singulären) [X.] [X.]s ausgesprochen wurde. Es ist aber nicht ersichtlich, weshalb für den umgekehrten Fall einer (singulären) [X.] Enteignungsanweisung anderes gelten sollte. Auch die Nichtzulassungsbeschwerde und die Anhörungsrüge lassen insofern keinen zusätzlichen Klärungsbedarf erkennen.

6

Hierfür ergibt sich insbesondere nichts aus dem Urteil des Senats vom 7. März 2007 a.a.[X.] In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall war von einer Rückgabeanordnung der [X.] [X.]esatzungsmacht (in Gestalt einer von ihr bestätigten oder selbst erstellten "Liste [X.]") auszugehen, die der Senat als [X.] gewürdigt hatte. Dabei hatte der Senat Zweifel der Vorinstanz an der Wirksamkeit dieses [X.]s, die mit noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen der [X.] Stellen zur Person des Enteigneten begründet waren, für unerheblich gehalten, weil es allein auf den Willen der [X.] und nicht auf [X.]edenken der [X.] Stellen ankomme. In diesem Zusammenhang hatte der Senat ausgeführt, dass [X.]esonderheiten des Falles "nur ausnahmsweise" einer Rückgabeanordnung der [X.] [X.]esatzungsmacht den [X.]harakter eines [X.]s nehmen könnten ([X.]eschluss vom 7. März 2007 a.a.[X.] ). Richtig ist, dass der Senat diese Passage in seinem [X.]eschluss vom 7. Mai 2012 unvollständig und missverständlich wiedergegeben hat. Das ändert aber nichts daran, dass sich dem Urteil vom 7. März 2007 keine Aussage über - verschärfte oder ermäßigte - Anforderungen an den Nachweis einer singulären Enteignungsanweisung der [X.] [X.]esatzungsmacht entnehmen lässt. Im Übrigen verhält sich das Urteil nicht zu der im vorliegenden Rechtsstreit als maßgeblich dargestellten Frage, unter welchen Voraussetzungen angenommen werden kann, dass ein [X.] [X.] von einer singulären Enteignungsanweisung der [X.] Stellen durchbrochen wurde; dort hatte sich der Senat vielmehr mit der Annahme der Vorinstanz auseinanderzusetzen, dass ein [X.] [X.] (bzw. Rückgabegebot) infolge von [X.]edenken und fortdauernden Ermittlungen der [X.] Stellen seiner Wirksamkeit beraubt worden sei.

Meta

8 B 48/12, 8 B 48/12 (8 B 15/12)

09.07.2012

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

nachgehend BVerfG, 16. Februar 2016, Az: 1 BvR 1739/12, Nichtannahmebeschluss

§ 1 Abs 8 VermG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.07.2012, Az. 8 B 48/12, 8 B 48/12 (8 B 15/12) (REWIS RS 2012, 4923)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4923


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 BvR 1739/12

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 1739/12, 16.02.2016.


Az. 8 B 48/12, 8 B 48/12 (8 B 15/12)

Bundesverwaltungsgericht, 8 B 48/12, 8 B 48/12 (8 B 15/12), 09.07.2012.


Az. 8 B 15/12

Bundesverwaltungsgericht, 8 B 15/12, 07.05.2012.


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