Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.11.2017, Az. 3 StR 272/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 1647

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Gegenstand

Verlesung einer Vernehmungsniederschrift


Tenor

1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 17. Oktober 2016

a) in den [X.] dahin neu gefasst, dass jeweils die Worte "gemeinschaftlichen" sowie "in einem besonders schweren Fall" entfallen, und

b) in den [X.] aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hatte den Angeklagten [X.] mit Urteil vom 28. November 2008 wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten sowie den Angeklagten [X.]mit Urteil vom 29. April 2009 wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung und einer kumulativen Geldstrafe von 250 Tagessätzen verurteilt. Der Senat hatte mit Beschluss vom 13. Januar 2010 (3 [X.]) die Verurteilung des Angeklagten [X.] unter Aufrechterhaltung der Feststellungen, mit Beschluss vom 4. März 2010 (3 [X.]) die Verurteilung des Angeklagten [X.]samt der Feststellungen aufgehoben und jeweils die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

2

Nunmehr hat das [X.] - nach Verbindung der Verfahren - den Angeklagten [X.]wegen "gemeinschaftlichen Betruges in einem besonders schweren Fall" zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, den Angeklagten [X.]wegen "Beihilfe zum gemeinschaftlichen Betrug in einem besonders schweren Fall" zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, die Vollstreckung beider Strafen zur Bewährung ausgesetzt und hiervon wegen rechtstaatswidriger Verfahrensverzögerung jeweils sechs Monate für vollstreckt erklärt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte [X.]beanstandet darüber hinaus das Verfahren.

3

Die Rechtsmittel haben den aus der [X.] unter 1. b) ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 [X.]. Außerdem besteht Anlass zu der aus der [X.] unter 1. a) ersichtlichen Schuldspruchkorrektur. Der Senat hat den [X.] neu gefasst, weil weder ein Mitwirken von Mittätern ("gemeinschaftlich" im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB) noch eine Strafzumessungsregel ("besonders schwerer Fall" gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alternative 1 StGB) zur rechtlichen Bezeichnung der Tat im Schuldspruch (§ 260 Abs. 4 [X.]) gehört (vgl. [X.], Beschlüsse vom 12. Oktober 1977 - 2 StR 410/77, [X.]St 27, 287, 289; vom 9. Dezember 1998 - 3 [X.], juris Rn. 2; vom 26. Juni 2002 - 3 [X.], [X.], 656; vom 13. Dezember 2006 - 5 [X.], [X.], 71; vom 8. November 2011 - 4 StR 468/11, [X.], 45; vom 9. Oktober 2013 - 4 StR 344/13, juris Rn. 5; vom 30. Mai 2017 - 3 [X.], juris Rn. 7).

I.

4

1. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen betrieb der Angeklagte [X.]die Firma "N.                           ", die mit der [X.] "U.                " sowie der [X.] "[X.].        " einen dreiseitigen Vertrag schloss. [X.] war, dass die Firma "N.                         " - als Verkäuferin - zehn Lkw mit [X.] zu einem Kaufpreis von 1.286.900 € liefert, welche die "U.                " - als Leasinggeberin - an die "[X.].             " - als Leasingnehmerin - verleast. Auf Initiative des früheren Mitangeklagten [X.]     und des Angeklagten [X.] hatten dieser und der Angeklagte [X.]zuvor für die Firma "N.                         " ein entsprechendes Verkaufsangebot erstellt, auf dessen Grundlage sich der sogenannte "L.    -Ausschuss" der "U.                   " und der Kreditausschuss deren Muttergesellschaft für das Geschäft entschieden hatten. Die Angeklagten beabsichtigten indes, die Lkw nicht zu liefern. Sie stellten Vertragsunterlagen und Rechnungen zur Abwicklung des Geschäfts nur zum Schein aus, um die Leasinggeberin zur Überweisung des Kaufpreises zu veranlassen. Im Vertrauen auf die Lieferbereitschaft zahlte diese zunächst 45 % des Kaufpreises an die Firma "N.                           " sowie später, nachdem ein von weiteren früheren Mitangeklagten betriebenes Unternehmen gegen Provisionszahlung an den Angeklagten [X.] in die Rechte und Pflichten der Verkäuferin aus dem dreiseitigen Vertrag eingetreten war, die restlichen 55 % an jenes. Die Lkw wurden vorgefasster Absicht entsprechend nicht geliefert.

5

Bei der "U.                   " und ihrer Muttergesellschaft war nicht bekannt, dass eine Lieferung nicht beabsichtigt war. Der Angeklagte [X.] nahm diese Gutgläubigkeit zumindest billigend in Kauf. Der Angeklagte [X.]ging demgegenüber - nicht ausschließbar - irrtümlich davon aus, "auf Seiten der [X.]Leasinggesellschaft handelnde Personen" wären "eingeweiht".

6

2. Das [X.] hat die [X.] des Angeklagten [X.] als Mittäterschaft und diejenigen des Angeklagten [X.]als Beihilfe beurteilt, weil Letztgenannter - anders als Erstgenannter - keine Tatherrschaft innegehabt habe. Die Rolle des Angeklagten [X.] sei nur diejenige des nach außen Auftretenden gewesen, indem er im Wesentlichen seine Firma und sein Konto zur Verfügung gestellt habe, ohne dass er maßgeblichen Einfluss auf das übrige Tatgeschehen gehabt habe. Für seinen [X.] genüge es, dass nach seiner Vorstellung die über das Vermögen der "U.                " verfügenden Personen "durch täuschende oder in sonstiger Weise strafbare Einflussnahme zur Zahlung des Kaufpreises … veranlasst" werden sollten; "selbst eine ausschließlich andere rechtliche Einordnung der Haupttat - etwa als Untreue (durch Verantwortliche der Leasinggeberin) - wäre unschädlich, sofern es sich nicht um eine grundsätzlich andere Tat" handeln würde.

II.

7

1. Revision des Angeklagten S.

8

Die auf Grund der allgemeinen Sachbeschwerde veranlasste umfassende Nachprüfung des Urteils hat hinsichtlich des Schuldspruchs und der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten [X.]ergeben.

9

Der Strafausspruch gegen den Angeklagten [X.] hat hingegen keinen Bestand. Bei der Bestimmung des Strafmaßes hat die [X.] zu seinen Lasten gewertet, dass er "sich nicht in einer echten finanziellen Notlage befand". Diese Erwägung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn die [X.] hat die Tatmotivation des Angeklagten [X.]an einem hypothetischen Sachverhalt gemessen, der zu dem zu beurteilenden keinen Bezug hat (vgl. [X.], Urteil vom 28. Mai 1980 - 3 StR 176/80, NStZ 1981, 60; Beschlüsse vom 10. April 1987 - [X.], [X.]St 34, 345, 350; vom 24. Oktober 2012 - 4 StR 392/12, [X.], 81, 82); dem Angeklagten wird das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes angelastet (vgl. [X.], Beschlüsse vom 24. September 2009 - 3 [X.], [X.], 24, 25; vom 21. Dezember 2010 - 4 [X.], juris Rn. 5; vom 13. August 2013 - 4 [X.], StraFo 2014, 28).

2. Revision des Angeklagten [X.]

a) Die vom Angeklagten [X.] erhobenen Verfahrensrügen dringen aus den in der Antragsschrift des [X.] genannten Gründen nicht durch. Der näheren Erörterung bedarf lediglich die Verfahrensbeanstandung unter Punkt [X.] der Revisionsbegründung ("Verletzung von §§ 244 Abs. 6, 244 Abs. 2 [X.] sowie 251 Abs. 1 Nr. 2, 250 [X.]"):

aa) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

Im [X.] am 18. Juli 2016 stellte der Verteidiger des Angeklagten [X.]den Beweisantrag auf Vernehmung des in [X.] wohnhaften Zeugen [X.].     zu einer Vielzahl von [X.]. Der Zeuge war im Tatzeitraum für ein Unternehmen tätig gewesen, das wegen der zu liefernden Lkw in Geschäftsbeziehung zu der "[X.].            " stand. Erklärtes [X.] war, dass die für die "U.                    " maßgeblich handelnden Personen in den [X.] "eingeweiht" gewesen seien.

Der Vorsitzende schrieb daraufhin den Zeugen [X.].    mit einfachem Brief vom 2. August 2016 in [X.] Sprache an und bat - unter [X.]nnung der Erreichbarkeit des Gerichts per Telefon, Telefax oder E-Mail - um Rückmeldung, ob er bereit sei, einer Ladung als Zeuge Folge zu leisten, entweder zum erkennenden [X.] in [X.] oder für eine audiovisuelle Vernehmung zum [X.] Rechtshilfegericht in [X.]. Zugleich wandte sich der Vorsitzende mit einfachem Brief vom selben Tag an [X.] P.     des [X.] Rechtshilfegerichts, das im vorliegenden Verfahren bereits zuvor mit audiovisuellen Vernehmungen [X.] Zeugen befasst war, und bat ihn vorsorglich um Unterstützung bei der erneuten, im Wege der Videosimultanübertragung durchzuführenden Anhörung. Zugleich erbat er eine telefonische Kontaktaufnahme zu dem Zeugen, um dessen Bereitschaft zu einer Aussage in [X.] oder [X.] zu klären. Als in der Folgezeit weder der Zeuge noch das Rechtshilfegericht auf die Schreiben, die nicht in Rücklauf gekommen waren, reagierte, ließ der Vorsitzende dem Zeugen am 25. August 2016 mit einfachem Brief eine Ladung zum [X.] in [X.] für den [X.] am 15. September 2016 in [X.] Sprache übersenden.

Zu diesem Termin erschien der Zeuge [X.].     nicht, ohne dass die Ladung in Rücklauf gekommen war und er sich gemeldet hatte. Noch an demselben Hauptverhandlungstag verkündete die [X.] einen Beschluss, mit dem sie gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 2 (in der bis zum 23. August 2017 geltenden Fassung), Abs. 4 Satz 1, 2 [X.] die Verlesung eines Dokuments anordnete, das Angaben des Zeugen bei einer Vernehmung in [X.] enthielt. Es wurde anschließend verlesen.

bb) Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, das Vorgehen der [X.] sei in mehrfacher Hinsicht verfahrensfehlerhaft. Zum einen hätte die "Vernehmungszusammenfassung" nicht verlesen werden dürfen, weil es sich mangels Unterschriften und Wiedergabe der Zeugenangaben in direkter Rede nicht um eine [X.] handele und die Bemühungen des [X.]s, den Zeugen zu erreichen, nicht ausreichend gewesen seien. Zum anderen sei der Beweisantrag seines Verteidigers nicht förmlich verbeschieden worden. Schließlich habe die Aufklärungspflicht die Vernehmung des Zeugen [X.].    geboten.

cc) Die Verfahrensrüge ist unbegründet. Die [X.] hat die Aussage des Zeugen [X.].    nach § 251 Abs. 1 Nr. 2 [X.] aF durch die verfahrensrechtlich nicht zu beanstandende Verlesung der Urkunde über dessen Einvernahme in [X.] ersetzen dürfen. Mit dem die Verlesung anordnenden Beschluss hat sie zugleich die beantragte Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung abgelehnt. Gegen ihre Pflicht zur Sachaufklärung hat die [X.] nicht verstoßen. Im Einzelnen:

(1) Die [X.] hat ohne Rechtsfehler über die Aussage des Zeugen in [X.] [X.] gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 2 aF, Abs. 4 Satz 1, 2 [X.] erhoben.

(a) Bei dem verlesenen Schriftstück handelt es sich um eine "Niederschrift über eine Vernehmung" des Zeugen [X.].    im Sinne des § 251 Abs. 1 [X.] aF.

Vermerke von Polizeibeamten, in denen Angaben eines einvernommenen Zeugen niedergelegt sind, können solche [X.]en darstellen, auch wenn es sich um Zusammenfassungen von Zeugenaussagen handelt (vgl. [X.], Urteil vom 30. Juli 1998 - 5 StR 574/97, [X.]R [X.] § 251 Abs. 2 Erklärung 2). Anderes gilt für polizeiliche [X.], die keine Vernehmungen zum Gegenstand haben; sie sind lediglich schriftliche Erklärungen des betreffenden Polizeibeamten (vgl. [X.], Beschluss vom 25. September 1991 - 2 StR 415/91, [X.]R [X.] § 251 Abs. 2 Erklärung 1). Von bestimmten Formerfordernissen - etwa Unterschriften - hängt die Verlesbarkeit einer Urkunde nach § 251 Abs. 1 [X.] aF nicht ab (vgl. [X.], Urteile vom 8. Dezember 1953 - 5 [X.], [X.]St 5, 214, 216 f.; vom 5. Dezember 1984 - 2 StR 526/84, [X.]St 33, 83, 88; zum Ganzen MüKo[X.]/[X.], § 251 Rn. 18, 20; [X.]/[X.]/Cirener, [X.], 26. Aufl., § 251 Rn. 8).

Dass es sich hier bei dem verlesenen Schriftstück der Sache nach um eine Niederschrift über eine in [X.] durchgeführte Vernehmung handelt, ergibt sich sowohl aus dessen Inhalt als auch den Umständen, wie das Dokument Eingang in die Verfahrensakten gefunden hatte. [X.]ben den vorab aufgeführten vollständigen Personalien des Zeugen (einschließlich "Personenidentitätscode") enthält es dessen Bekundungen zu dem gegenständlichen Geschehen, die eingeleitet werden mit "Bei der Vernehmung am 11.09.2007 gab er an, dass ...". Die nachfolgenden Angaben nehmen ersichtlich auch auf konkrete Fragen Bezug, die in Zusammenhang mit dem Geschehen standen. Das Dokument war der Kriminalpolizei [X.] von [X.] Ermittlungsbehörden anlässlich eines [X.] zum Zweck der bilateralen Rechtshilfe übergeben worden. Fehlende Unterschriften und die Wiedergabe der Angaben in indirekter Rede führen nach dem oben [X.] - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht dazu, dass keine [X.] im Sinne des § 251 Abs. 1 [X.] aF vorgelegen hätte.

(b) Die Wertung der [X.], der Zeuge [X.].    könne im Sinne des § 251 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 2 [X.] aF in absehbarer [X.] gerichtlich nicht vernommen werden, begegnet ebenso wenig durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Wohnt ein Zeuge im Ausland, so gilt, dass das Erfordernis, dort eine Ladung zu bewirken, für sich gesehen nicht die Verlesung einer [X.] nach § 251 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 2 [X.] aF ermöglicht. Vielmehr muss das Gericht regelmäßig versuchen, ihn zu laden und zu einem Erscheinen in der Hauptverhandlung zu veranlassen. Für den Umfang der hierbei gebotenen Bemühungen gibt es keinen für alle Fälle gültigen Maßstab. Die gerichtliche Entscheidung erfordert vielmehr eine Abwägung der Bedeutung der Sache und der Wichtigkeit der Zeugenaussage für die Wahrheitsfindung einerseits gegen das Interesse an einer beschleunigten Durchführung des Verfahrens unter Berücksichtigung der Aufklärungspflicht andererseits (§ 244 Abs. 2 [X.]). Die Bemühungen, die Vernehmung eines Zeugen trotz erheblicher Schwierigkeiten zu ermöglichen, müssen der Bedeutung der Aussage angemessen sein (vgl. [X.], Urteil vom 8. März 1968 - 4 [X.], [X.]St 22, 118, 120; Beschluss vom 6. Mai 1997 - 1 StR 169/97, [X.]R [X.] § 251 Bemühungen 1; [X.], [X.], 7. Aufl., § 251 Rn. 13).

Dem Vorsitzenden der [X.] war es rechtlich nicht verwehrt, den Zeugen mit einfachem Brief zu laden. [X.], die für im [X.] Hoheitsgebiet aufhältige Personen bestimmt sind, sind diesen grundsätzlich unmittelbar durch die Post zu übersenden. Das folgt aus Art. 5 Abs. 1 des Rechtshilfeübereinkommens der Mitgliedstaaten der [X.] vom 29. Mai 2000 ([X.]), das im Rechtshilfeverkehr mit [X.] Anwendung findet. Der Begriff der Verfahrensurkunde umfasst auch [X.] (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/Hackner, [X.], 5. Aufl., Art. 5 [X.] Rn. 3). Eine spezifische Art der Versendung sieht Art. 5 [X.] nicht vor. Dem in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 [X.] geregelten Erfordernis einer Übersetzung des [X.]s in die [X.] hatte der Vorsitzende Genüge getan. Auch das nationale Strafverfahrensrecht (s. § 48 Abs. 2 [X.]) sieht für die Ladung eines - in- oder ausländischen - Zeugen keine bestimmte Form vor (vgl. [X.], Urteil vom 13. Juli 1989 - 4 [X.], bei [X.], [X.] 1989, 1039). Einfacher Brief genügt, wenngleich es sich für die Hauptverhandlung empfiehlt, dem Zeugen die Ladung zum Zweck des Nachweises förmlich zuzustellen (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 27. Aufl., § 48 Rn. 6; s. auch Nr. 117 Abs. 1 [X.]); im Rechtshilfeverkehr mit [X.] erfordert die Zustellung nach § 37 Abs. 1 [X.], § 183 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO mindestens ein Einschreiben mit Rückschein, wobei dieser für den Nachweis ausreichend ist (§ 37 Abs. 1 [X.], § 183 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 ZPO).

Zwar wird eine Ladung mit einfachem Brief im Allgemeinen nicht ausreichend sein, um die Unmöglichkeit der Vernehmung des Zeugen auf absehbare [X.] feststellen zu können, weil der Zugang des [X.]s ungewiss ist (zum Ablehnungsgrund der Unerreichbarkeit nach § 244 Abs. 3 Satz 2 [X.], für den gleiche Gesichtspunkte maßgebend sind, vgl. [X.], Urteil vom 11. Februar 1993 - 1 StR 419/92, [X.], 294, 295; Beschluss vom 2. Oktober 1984 - 1 [X.], [X.] 1985, 48; [X.]/[X.], [X.], 26. Aufl., § 244 Rn. 253). Im hiesigen Fall ist das Unterbleiben einer förmlichen Zustellung indes auf Grund folgender Erwägungen unschädlich:

Um eine Vernehmung des Zeugen auch in der Hauptverhandlung zu ermöglichen, hatte der Vorsitzende zusätzliche Tätigkeiten für eine Kontaktaufnahme entfaltet, sowohl unmittelbar als auch mittelbar über das Rechtshilfegericht, das bereits in erheblichem Umfang mit der Durchführung audiovisueller Vernehmungen gemäß § 247a [X.] befasst war. In Anbetracht dessen hat die [X.] in dem die Verlesung anordnenden Beschluss ersichtlich unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes sowie mit ausdrücklichem Hinweis auf die Aufklärungspflicht von weiteren Bemühungen abgesehen. Die [X.] hatte bereits seit 2011 Rechtshilfe mit den [X.] Behörden betrieben, um zu ermitteln, inwieweit auf der Seite der [X.] Gesellschaften beteiligte Personen in die Machenschaften der - diesbezüglich geständigen - Angeklagten sowie früherer Mitangeklagter involviert waren. So hatte sie wiederholt auf Antrag der Verteidigung umfangreiche [X.] Ermittlungsakten und Gerichtsentscheidungen beigezogen und die Unterlagen bis in das [X.] hinein in die [X.] übersetzen lassen ([X.] S. 85 f.). In der Hauptverhandlung waren unter anderem 15 Zeugen aus [X.] einvernommen worden, davon neun aus den Reihen der Leasinggeberin und deren Muttergesellschaft. Die Beweisaufnahme hatte aus Sicht der [X.] keinen Anhalt dafür erbracht, dass für die Geschädigte verantwortlich Handelnde Kenntnis von der fehlenden Lieferbereitschaft der Firma "[X.]" hatten ([X.] S. 30, 57). Die [X.] hatte dies, ohne dass dagegen sachlich etwas zu erinnern wäre, in [X.] mehrfach zum Ausdruck gebracht. Da die das Vermögen der Leasinggeberin [X.] ihre Grundlage in zwei Gremienentscheidungen hatten, lag eine die Betrugsstrafbarkeit ausschließende Bösgläubigkeit der [X.] umso ferner; selbst der frühere Mitangeklagte [X.]      hatte nur von einem "involvierten Bankdirektor" gesprochen ([X.] S. 12). Hinzu kam, dass die Angaben, die der Zeuge [X.].    bei seiner Vernehmung in [X.] gemacht hatte, den für das [X.] wesentlichen [X.] des Beweisantrags im [X.] widersprachen.

Unter den gegebenen Umständen durfte die [X.] ausnahmsweise die [X.] auch ohne vorherige förmliche Zustellung des [X.]s verlesen. In Anbetracht der oben (unter [X.]) aa)) dargestellten Bemühungen des Vorsitzenden schien es ausgeschlossen, dass der Zeuge, sollte er noch an der [X.] wohnhaft gewesen sein, von seiner beabsichtigen Einvernahme keine Kenntnis hatte. Wäre er indes - worauf der Beschwerdeführer hinweist - zuvor verzogen gewesen, so wäre er für die [X.] unbekannten Aufenthalts und eine Aufenthaltsermittlung im Ausland - gemäß den oben dargelegten Maßstäben - nach Maßgabe des Beschleunigungsgebots und der Pflicht zur Sachaufklärung nicht veranlasst gewesen.

(2) Die Verlesung der [X.] hat die mit dem Beweisantrag vom 18. Juli 2016 begehrte Vernehmung des Zeugen [X.].     in der Hauptverhandlung ersetzt. Mit dem den [X.] anordnenden Beschluss hat die [X.] eine solche persönliche Vernehmung abgelehnt und damit der Sache nach den Beweisantrag beschieden.

Das Gericht muss das vom Beweisantragsteller benannte Beweismittel nicht verwenden, wenn ihm das Gesetz die Befugnis einräumt, es durch ein anderes Beweismittel zu ersetzen. Darf das Gericht nach § 251 [X.] Urkunds- statt Zeugenbeweis erheben und deckt das vernehmungsersetzende Schriftstück die behaupteten [X.] ab, so ist über die Anhörung des Zeugen nur noch nach dem Maßstab der Aufklärungspflicht zu befinden (vgl. [X.], Urteil vom 24. April 1979 - 5 [X.], bei [X.], NStZ 1981, 95 [für eine Behördenauskunft nach § 256 Abs. 1 Nr. 1 [X.]]; [X.]/[X.], [X.], 26. Aufl., § 244 Rn. 145; [X.], [X.], 7. Aufl., § 244 Rn. 116; ferner [X.], Beschluss vom 15. April 2003 - 1 [X.], [X.]St 48, 268, 273 [für die Vorführung einer [X.] nach § 255a Abs. 2 Satz 1 [X.]]).

Zwar neigt der Senat (entgegen [X.], Beschluss vom 30. April 2008 - 2 [X.], [X.], 529) zu der Ansicht, dass es in diesen Fällen gleichwohl eines das Beweisbegehren zurückweisenden Beschlusses bedarf; denn der Antragsteller muss sich darauf einstellen können, dass und aus welchen Gründen das Gericht den gewünschten Beweis nicht erheben wird. Das Beweisbegehren ist daher als Aufklärungsantrag zu bescheiden (vgl. [X.]/[X.], [X.], 26. Aufl., § 244 Rn. 177). Eine solche ablehnende Entscheidung liegt hier jedoch vor. In den Gründen des Beschlusses, mit dem die Verlesung der den Zeugen [X.].    betreffenden [X.] angeordnet worden ist, hat die [X.] unmissverständlich und unbedingt dargetan, dass sie unter Berücksichtigung der ihr obliegenden Aufklärungspflicht keine weiteren Bemühungen entfalten wird, den Zeugen beizubringen, und ihn somit in der Hauptverhandlung nicht vernehmen wird. Weitere Darlegungen waren nicht geboten.

(3) Wie sich aus den obigen Ausführungen (s. [X.]) cc) (1) (b)) ergibt, liegt ein vom Beschwerdeführer geltend gemachter Verstoß gegen die Aufklärungspflicht nicht vor.

b) Hinsichtlich des Schuldspruchs und der [X.] hat die Nachprüfung des Urteils anhand der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten [X.] ergeben. Insbesondere hat die [X.] rechtsfehlerfrei angenommen, der Angeklagte habe seine als Beihilfehandlungen beurteilten [X.] vorsätzlich in Bezug auf die gemeinschaftlich von dem Angeklagten [X.] und dessen Mittätern begangene [X.] erbracht:

aa) An den Vorsatz des Gehilfen sind geringere Anforderungen als an denjenigen des [X.] zu stellen. Derjenige, der lediglich eine fremde Tat fördert, braucht Einzelheiten dieser Tat nicht zu kennen und keine bestimmten Vorstellungen von ihr zu haben. Allerdings ist ein Mindestmaß an Konkretisierung erforderlich. Der Hilfeleistende muss die zentralen Merkmale der Haupttat, namentlich den wesentlichen Unrechtsgehalt und die wesentliche Angriffsrichtung, im Sinne bedingten Vorsatzes zumindest für möglich halten und billigen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. Mai 1990 - 3 [X.], [X.]R StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 6; vom 20. Januar 2011 - 3 [X.], [X.], 399, 400; vom 8. November 2011 - 3 [X.], [X.], 264; vom 28. Februar 2012 - 3 [X.], [X.], 302).

Hat der Gehilfe bestimmte Vorstellungen, so ist es unschädlich, wenn diese in den Einzelheiten unzutreffend sind, sofern der Unrechtsgehalt und die Angriffsrichtung der vorgestellten und der begangenen fremden Tat im Wesentlichen übereinstimmen. Dabei kommt es nicht notwendig darauf an, ob die tatsächlich verwirklichte Haupttat ihrer rechtlichen Beurteilung nach dieselbe ist, auf die sich die Vorstellung des [X.] bezieht (vgl. [X.], Urteil vom 12. November 1957 - 5 StR 505/57, [X.]St 11, 66). Der [X.] wird nicht allein durch eine solche unterschiedliche rechtliche Einordnung in Frage gestellt, soweit es sich nicht um gänzlich verschiedene Taten im beschriebenen Sinne handelt; das gilt insbesondere auch für das Verhältnis von Beihilfe zum Betrug und zur Untreue (vgl. [X.], Beschlüsse vom 20. Januar 2011 - 3 [X.], [X.], 399, 400; vom 28. Februar 2012 - 3 [X.], [X.], 302; ferner Fischer, StGB, 65. Aufl., § 27 Rn. 22; [X.] StGB/[X.], § 27 Rn. 18).

bb) Gemessen daran handelte der Angeklagte [X.] mit [X.] in Bezug auf die gegenständliche [X.] zum Nachteil der "U.                  ". Er wusste, dass die Lieferung der zehn Lkw nicht beabsichtigt war und somit das Verkaufsangebot der Firma "N.                   " ebenso wie die Vertragsunterlagen und Rechnungen zur Abwicklung des Geschäfts nur zum Schein erstellt wurden. Überdies hatte er Kenntnis vom alleinigen Zweck des [X.], ohne Gegenleistung eine Zahlung des vereinbarten Kaufpreises durch die "U.                   " zu erlangen; dementsprechend umfasste sein Vorsatz den Vermögensschaden, den diese Gesellschaft erlitt. Außerdem war dem Angeklagten [X.] bekannt, dass die vorgespiegelten Verkaufsaktivitäten seiner Firma von entscheidender Bedeutung für den zumindest vom früheren Mitangeklagten [X.]     und dem Angeklagten [X.] entwickelten [X.] waren. Einzig der Umstand, dass der Angeklagte [X.] - nicht ausschließbar - dachte, über das Vermögen der "U.                    " verfügende Personen wären "eingeweiht", bewirkt nicht, dass sich die von ihm angenommene Tat im Unrechtsgehalt und in der Angriffsrichtung wesentlich von der festgestellten unterscheidet. Die abweichende rechtliche Beurteilung einer solchen Haupttat als Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) schadet daher nicht.

c) Der Strafausspruch gegen den Angeklagten [X.]hält hingegen sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die [X.] hat [X.] den unzutreffenden Strafrahmen des § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren) zugrunde gelegt und dabei die vertypten [X.] des § 27 StGB und des § 28 Abs. 1 StGB analog übersehen.

Die entsprechende Anwendung des § 28 Abs. 1 i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB ergibt sich daraus, dass sich der [X.] des Angeklagten [X.]- nicht ausschließbar - allein auf eine Untreue bezog und diesem keine Vermögensbetreuungspflicht hinsichtlich der Geschädigten oblag. Infolge einer solchen Fehlvorstellung darf der Angeklagte nach Auffassung des Senats nicht schlechter gestellt werden, als wenn sein Vorstellungsbild den Tatsachen entsprochen hätte (zur Anwendbarkeit des § 28 Abs. 1 StGB neben § 27 Abs. 2 StGB, falls die Beihilfestrafbarkeit nicht allein auf dem Fehlen eines strafbegründenden persönlichen Merkmals beruht, s. [X.], Beschlüsse vom 25. Oktober 2011 - 3 [X.], [X.], 630; vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12, [X.]St 58, 115, 118; MüKoStGB/[X.], 3. Aufl., § 28 Rn. 54 mwN).

Zwar stellt es hier keinen Erörterungsmangel dar, dass sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten, ob auf Grund allgemeiner (nicht vertypter) [X.] trotz des Regelbeispiels des Vermögensverlusts großen Ausmaßes (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alternative 1 StGB) ein besonders schweren Fall (§ 263 Abs. 3 Satz 1 StGB) zu verneinen und daher vom Strafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB auszugehen war; denn dies lag fern. Die [X.] hätte aber prüfen müssen, ob unter Berücksichtigung eines oder beider vertypten Milderungsgründe Anlass bestand, den [X.], gegebenenfalls nach nochmaliger Strafrahmenverschiebung gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB bzw. entsprechend § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB, zugrunde zu legen (vgl. [X.], Beschluss vom 12. November 2015 - 2 StR 369/15, [X.] 2016, 565; [X.]/[X.]/[X.], Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 1143 f. mwN). Hätte die [X.] gleichwohl nicht von der Regelwirkung abgesehen, so wäre zumindest der in § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB normierte Sonderstrafrahmen zweifach gemäß § 49 Abs. 1 StGB zu mildern gewesen.

III.

Infolgedessen ist das Urteil in den Strafaussprüchen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Die von der [X.] in dem angefochtenen Urteil zur Strafrahmenwahl und Strafzumessung getroffenen Feststellungen sind von dem Rechtsfehler, der lediglich in einer rechtsfehlerhaften Wertung der festgestellten Tatsachen besteht, nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 [X.]). Hinsichtlich des Angeklagten [X.]haben die Feststellungen ohnehin auf Grund der Senatsentscheidung vom 13. Januar 2010 insoweit, als sie nicht über diejenigen des ersten Urteils vom 28. November 2008 hinausgehen, weiter Bestand. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen. Die [X.] wird von der [X.] nicht erfasst (vgl. [X.], Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, [X.], 531, 532; Beschluss vom 23. Juli 2015 - 3 StR 518/14, [X.], 341, 343).

Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 [X.] Gebrauch gemacht und die Sache an das [X.] Osnabrück zurückverwiesen.

[X.]     

      

Schäfer     

      

Spaniol

      

Berg     

      

Hoch     

      

Meta

3 StR 272/17

28.11.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Oldenburg (Oldenburg), 17. Oktober 2016, Az: 3 KLs 40/10

§ 25 Abs 2 StGB, § 263 Abs 3 S 2 Nr 2 Alt 1 StGB, § 244 Abs 2 StPO, § 244 Abs 6 StPO, § 250 StPO, § 251 Abs 1 Nr 2 Alt 2 StPO vom 25.07.2015, § 251 Abs 4 S 1 StPO, § 251 Abs 4 S 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.11.2017, Az. 3 StR 272/17 (REWIS RS 2017, 1647)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1647

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