Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2005, Az. IV ZR 396/02

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 5437

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL IV ZR 396/02

Verkündet am:

19. Januar 2005

[X.]

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

- 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2005

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der [X.] werden das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom [X.] aufgehoben und das Urteil des [X.] vom 27. Februar 2002 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der [X.] eine höhere Zusatzrente mit Wirkung ab 1. Januar 2001.

Er ist am 8. September 1924 geboren und war wegen seiner Tätig-keit im öffentlichen Dienst bei der beklagten Versorgungsanstalt versi-chert. Seit 1. Oktober 1989 bezieht der Kläger eine Zusatzversorgungs-rente von der [X.]. Nach § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppel-- 3 -

buchst. [X.] ihrer Satzung (im folgenden: [X.]) in der für die Berechnung der Rentenhöhe des [X.] maßgebenden Fassung berücksichtigte die Beklagte für den Faktor der gesamtversorgungsfähigen [X.], von dem die Höhe ihrer Zusatzrente abhängt, außer den [X.], in denen ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes mit Umlagezahlungen an die Beklagte für die Altersversorgung des bei ihm beschäftigten [X.] bei-getragen hat, darüber hinaus andere [X.]en, die (über die Umlagemonate hinaus) der gesetzlichen Rente des [X.] zugrunde liegen, nur zur Hälfte (sog. Halbanrechnungsgrundsatz). Dementsprechend hat die [X.] von den Monaten, die der Kläger in der gesetzlichen Rentenversi-cherung zurückgelegt hat, zunächst die Monate abgezogen, in denen sein Arbeitgeber Umlagen an die Beklagte gezahlt hat; aus der Hälfte der verbleibenden Monate sowie den [X.] setzt sich danach die gesamtversorgungsfähige [X.] zusammen.

Andererseits war nach der seinerzeit geltenden Satzung bei der Berechnung der Versorgungsrente grundsätzlich von der vollen Höhe der an den Kläger gezahlten gesetzlichen Rente auszugehen; diese wurde durch die von der [X.] gewährte Zusatzversorgung lediglich inso-weit aufgestockt, wie die gesetzliche Rente hinter der nach der Satzung berechneten Gesamtversorgung zurückblieb (§ 40 Abs. 1 [X.] a.F.). Das [X.] hat in dieser vollen Berücksichtigung der gesetzlichen Rente trotz einer nur hälftigen Anrechnung von [X.] einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gesehen, der nur bis zum Ablauf des Jahres 2000 hingenommen werden könne ([X.], 835 = NJW 2000, 3341).
- 4 -

Der Kläger hat daher beantragt festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm ab 1. Januar 2001 eine Versorgungsrente für [X.] auf der Grundlage einer auch sämtliche Vordienstzeiten voll be-rücksichtigenden gesamtversorgungsfähigen [X.] zu gewähren, bis eine neue, die Regelung der Vordienstzeiten ändernde Satzung in [X.] trete.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das [X.] die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage.

1. Das Berufungsgericht stützt sich auf die zitierte Entscheidung des [X.]s und hält deshalb die in § 42 Abs. 2 [X.] a.F. vorgesehene Halbanrechnung als eine der richterlichen In-haltskontrolle unterliegende Bestimmung im Rahmen Allgemeiner Ge-schäftsbedingungen gemäß §§ 242 BGB, 9 [X.] für unwirksam. Die Beklagte sei aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung verpflichtet, die Vordienstzeiten bei der Berechnung der gesamtversorgungsfähigen [X.] in vollem Umfang zu berücksichtigen, solange die Beklagte auch die vollen Ansprüche aus der gesetzlichen Rente auf die zu zahlende [X.].
- 5 -

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, wie der Senat be-reits in seinem Urteil vom 26. November 2003 ([X.]/02 - [X.], 183) entschieden hat.

a) Am 19. September 2002 hat die Beklagte ihre Satzung mit [X.] ab 1. Januar 2001 geändert. Nach der Übergangsregelung in § 75 Abs. 2 der Neufassung werden die nach bisherigem Satzungsrecht ge-zahlten Versorgungsrenten grundsätzlich als Besitzstandsrenten weiter-gezahlt und entsprechend § 39 der [X.] an [X.] zum 1. Juli um 1% erhöht. Die vom Kläger geforderte volle Anrech-nung der Vordienstzeiten ist nach wie vor nicht vorgesehen.

b) Das [X.] hat in seinem Beschluß vom 22. März 2000, auf den sich der Kläger stützt, die Verfassungsbeschwer-de einer 1921 geborenen Rentnerin, die seit Anfang 1983 Leistungen von der [X.] erhielt und im Ausgangsverfahren erfolglos deren Er-höhung wegen Unwirksamkeit von Satzungsbestimmungen verlangt [X.], nicht zur Entscheidung angenommen. Soweit sich die Beschwerde-führerin gegen die volle Berücksichtigung ihrer Sozialversicherungsrente bei der Bestimmung der Höhe der Zusatzversorgung einerseits, aber die nur halbe Berücksichtigung von [X.]en vor Aufnahme ihrer Tätigkeit im öffentlichen Dienst andererseits gewandt hatte, hat das Bundesverfas-sungsgericht die Regelung in § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppel-buchst. [X.] [X.] a.F. zwar im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG beanstandet, eine Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin aber "(noch) nicht" festgestellt. Die Ungleichbehandlung sei zwar gravierend, halte sich derzeit jedoch noch im Rahmen einer zulässigen Generalisierung. Der [X.] sei wegen der hochkomplizierten Materie zu gewis-- 6 -

sen Vereinfachungen gezwungen. Dabei dürfe er Ungleichbehandlungen in Kauf nehmen, solange davon nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen sei. Das treffe auf die Rentnergeneration der Be-schwerdeführerin zu, wie das [X.] feststellt.

Für die jüngeren Versichertengenerationen sei ein bruchloser Ver-lauf der [X.] im öffentlichen Dienst angesichts stark [X.] Teilzeitarbeit und einer stärkeren Diskontinuität des [X.] allerdings nicht mehr in hinreichender Weise typisch. Angesichts dieser Entwicklung könne die Benachteiligung der Rentner durch volle Anrechnung der in Vordienstzeiten erworbenen Rentenansprüche bei nur hälftiger Berücksichtigung dieses Teils ihrer Lebensarbeitszeit im Rah-men der Berechnung der gesamtversorgungsfähigen Dienstzeit nicht länger als bis zum Ablauf des Jahres 2000 hingenommen werden. Zu diesem [X.]punkt sei die Beklagte durch die Entscheidung [X.] 98, 365 = [X.], 600 ohnehin zu einer grundlegenden Änderung ihrer Satzung gezwungen.

c) Dieser Beschluß des [X.]s mag bei den Rentenempfängern der [X.] die Erwartung geweckt haben, ihnen stehe vom [X.] an eine höhere Rente zu, wie sie sich bei voller Be-rücksichtigung der Vordienstzeiten aus der früher geltenden Fassung der [X.] ergeben würde. Der Kläger des vorliegenden Verfahrens gehört jedoch nicht zu jenen jüngeren Versichertengenerationen, für die die [X.] Halbanrechnung nach Auffassung des Bundesverfassungsge-richts nicht mehr hinnehmbar ist. Das [X.] hat die Halbanrechnung trotz verfassungsrechtlicher Bedenken noch als zuläs-sige Typisierung und Generalisierung im Rahmen einer komplizierten - 7 -

Materie angesehen, weil ein bruchloser Verlauf der [X.] im öffentlichen Dienst erst für die jüngeren Versichertengenerationen nicht mehr hinreichend typisch sei. Bis zum Ablauf des Jahres 2000 kön-ne die Halbanrechnung aber noch hingenommen werden. Mithin ist das [X.] davon ausgegangen, daß alle Versicherten, die vor Ablauf des Jahres 2000 Rentner bei der [X.] geworden sind, noch zu denjenigen Generationen zählen, für die ein bruchloser Verlauf der (bei Rentenbeginn abgeschlossenen) [X.] als typisch angesehen werden kann. Soweit die Versicherten im Revisions-verfahren diese Annahme des [X.]s mittels stati-stischen Materials und unter Berufung auf ein einzuholendes Sachver-ständigengutachten in Zweifel gezogen haben, ist dies in Bezug auf die rein wertende Abgrenzung der Versichertengenerationen durch das [X.] unerheblich. Der Kläger bezieht bereits seit 1. Oktober 1989 eine Zusatzrente von der [X.]. Für ihn und für die Generation, der er angehört, ist die Halbanrechnung der Vordienstzeiten also noch hinzunehmen.

Die Unterscheidung, die das [X.] zwischen der Rentnergeneration der dortigen Beschwerdeführerin einerseits und den jüngeren Versichertengenerationen andererseits trifft, verlöre ihren Sinn, wenn auch Personen, die vor dem Stichtag schon Rentner bei der [X.] waren, nach dem Stichtag als Angehörige der jüngeren [X.]ngenerationen hätten gelten sollen. Daß auch die Beschwerdefüh-rerin (und nicht nur die am Verfahren vor dem [X.] nicht beteiligten jüngeren Versichertengenerationen) vom Stichtag an ei-nen Anspruch auf Änderung der sie benachteiligenden, gegen Art. 3 - 8 -

Abs. 1 GG verstoßenden Satzungsbestimmungen gehabt hätte, ist nicht ersichtlich.

d) Der Senat folgt dem [X.] darin, daß die Anwendung des § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] [X.] a.F. bei der Berechnung der Versorgungsrente für solche Versicherte, die - wie der Kläger - bis zum 31. Dezember 2000 rentenberechtigt ge-worden sind, nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Auch ein Verstoß gegen §§ 9 [X.], 307 BGB liegt nicht vor. Dabei kann auf sich beru-hen, ob den Erwägungen des [X.]s zur Ungleich-behandlung der von der Halbanrechnung betroffenen Versichertengruppe trotz der Kritik der [X.] in jedem Punkt zu folgen ist (vgl. auch Heb-ler, [X.], 337 ff. und [X.], [X.], 1226, 1230 ff.). Denn mit dem [X.] ist der Senat der Auffassung, daß - ist mit der Halbanrechnung eine Ungleichbehandlung gegenüber denje-nigen Versicherten verbunden, die ihr ganzes Berufsleben im öffentli-chen Dienst verbracht haben - sich die Ungleichbehandlung jedenfalls im Rahmen einer zulässigen Typisierung und Generalisierung einer kompli-zierten, eine sehr große Gruppe von Versicherten betreffenden Materie hielt. Diese Ungleichbehandlung hat ein Versicherter, der bis zum Ablauf des Jahres 2000 [X.] geworden ist, nicht zuletzt auch im Interesse der Erhaltung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Versorgungsträgers hinzunehmen, selbst wenn für die Zukunft eine an-dere, die Ungleichbehandlung für zukünftige Rentenempfänger vermei-dende Regelung zu treffen ist.

e) Der Kläger wird auch gegenüber Versicherten, deren Rente sich nach der ab 1. Januar 2001 geltenden Neufassung der [X.] richtet, - 9 -

nicht in rechtlich erheblicher Weise benachteiligt. Das Niveau der von der [X.] in Zukunft aufgrund ihrer neuen Satzung zu leistenden Renten ist generell niedriger als bisher; den Berechtigten wird daneben eine ergänzende Altersvorsorge angeboten, die aus eigenen Beiträgen aufgebaut werden muß. Daß der Kläger trotz der dynamisierten Besitz-standsrente, die er nach § 75 Abs. 2 [X.] n.F. erhält, wirtschaftlich im Ergebnis schlechter stehe als Berechtigte, deren Rente nach neuem Sat-zungsrecht ohne Rücksicht auf Vordienstzeiten außerhalb des öffentli-chen Dienstes berechnet wird, ist von ihm weder dargetan noch ersicht-lich. Der in der Halbanrechnung von Vordienstzeiten vom Bundesverfas-sungsgericht gesehene Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz ist für die Zukunft ausgeräumt. Im Hinblick darauf stehen Rentenempfängern alten Rechts wie etwa dem Kläger über die Wahrung ihres Besitzstandes hinaus auch in der Übergangszeit nach dem 31. Dezember 2000 keine weitergehenden Ansprüche aus Gründen der Gleichbehandlung zu.

f) Schließlich haben sich die Tarifvertragsparteien auch nicht durch die Vereinbarung, eine bundesgerichtliche Entscheidung zugunsten einer - 10 -

höheren als der in der Übergangsregelung der neuen Satzung [X.] zugunsten aller davon Betroffenen umzusetzen, darauf ver-ständigt, die Entscheidung über Halb- oder Vollanrechnung den Gerich-ten vorzubehalten. Damit wird lediglich zum Ausdruck gebracht, daß [X.] solchen Entscheidung sogar rückwirkend Folge geleistet werden soll.

[X.] [X.] [X.]

Dr. [X.]

[X.]

Meta

IV ZR 396/02

19.01.2005

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2005, Az. IV ZR 396/02 (REWIS RS 2005, 5437)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5437

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.