Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.09.2004, Az. IV ZR 267/02

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 1650

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL IV ZR 267/02

Verkündet am:

15. September 2004

Heinekamp

Justizobersekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

- 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 15. September 2004

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der [X.] wird das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 5. Juli 2002 aufgehoben und das Urteil des [X.] vom 5. Dezember 2001 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der [X.] eine höhere Zusatzrente mit Wirkung ab 1. Januar 2001.

Er ist 1935 geboren und war im öffentlic[X.] Dienst bei einem Dienstherrn beschäftigt, der an der beklagten [X.] ist. Seit 1. Januar 1996 bezieht der Kläger eine Zusatzversorgungs-rente von der [X.]. Nach § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppel-- 3 -

buchst. [X.] ihrer Satzung (im folgenden: [X.]) in der für die Berechnung der Rentenhöhe des [X.] maßgebenden Fassung berücksichtigte die Beklagte für den Faktor der gesamtversorgungsfähigen [X.], von dem die Höhe ihrer Zusatzrente abhängt, außer den [X.], in denen ein Arbeitgeber des öffentlic[X.] Dienstes mit Umlagezahlungen an die Beklagte für die Altersversorgung des bei ihm beschäftigten [X.] bei-getragen hat, darüber hinaus andere [X.]en, die (über die Umlagemonate hinaus) der gesetzlic[X.] Rente des [X.] zugrunde liegen, nur zur Hälfte (sog. Halbanrechnungsgrundsatz). Andererseits war nach der sei-nerzeit geltenden Satzung bei der Berechnung der Versorgungsrente grundsätzlich von der vollen Höhe der an den Kläger gezahlten gesetzli-c[X.] Rente auszuge[X.]; diese wurde durch die von der [X.] lediglich insoweit aufgestockt, wie die gesetzli-che Rente hinter der nach der Satzung berechneten Gesamtversorgung zurückblieb (§ 40 Abs. 1 [X.] a.F.). Das [X.] hat in der Halbanrechnung von Vordienstzeiten bei voller Berücksichtigung der gesetzlic[X.] Rente einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gese[X.], der nur bis zum Ablauf des Jahres 2000 hingenommen werden könne ([X.], 835 = NJW 2000, 3341). Der Kläger hat daher beantragt festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, ab 1. Januar 2001 seine vollen, nicht im öffentlic[X.] Dienst zurückgelegten [X.] zu berücksichtigen, bis eine neue, die Regelung der Vordienstzei-ten ändernde Satzung in [X.] trete, sowie die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die [X.] vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2001 eine weitere [X.] von 128,90 DM brutto monatlich zu zahlen. - 4 -

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das [X.] die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die [X.] mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage.

1. Das Berufungsgericht stützt sich auf die zitierte Entscheidung des [X.]s vom 22. März 2000 ([X.]O) und hält [X.] die in § 42 Abs. 2 [X.] a.F. vorgese[X.]e Halbanrechnung als eine der richterlic[X.] Inhaltskontrolle unterliegende Bestimmung im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen gemäß §§ 242 BGB, 9 [X.] für unwirksam. Die Beklagte sei aufgrund einer ergänzenden Vertragsausle-gung verpflichtet, die Vordienstzeiten bei der Berechnung der gesamt-versorgungsfähigen [X.] in vollem Umfang zu berücksichtigen, solange sie auch die vollen Ansprüche aus der gesetzlic[X.] Rente auf die zu zahlende [X.].

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, wie der Senat be-reits in seinem Urteil vom 26. November 2003 ([X.]/02 - VersR 2004, 183) entschieden hat.

a) Am 19. September 2002 hat die Beklagte ihre Satzung mit [X.] ab 1. Januar 2001 geändert. Nach der Übergangsregelung in § 75 Abs. 2 der Neufassung werden die nach bisherigem Satzungsrecht ge-zahlten Versorgungsrenten grundsätzlich als Besitzstandsrenten weiter-- 5 -

gezahlt und entsprec[X.]d § 39 der Neufassung jährlich um 1% vom [X.] an erhöht. Die vom Kläger geforderte volle Anrechnung der Vor-dienstzeiten ist nach wie vor nicht vorgese[X.].

b) Das [X.] hat in seinem Beschluß vom 22. März 2000, auf den sich der Kläger stützt, die Verfassungsbeschwer-de einer 1921 geborenen Rentnerin, die seit Anfang 1983 Leistungen von der [X.] erhielt und im Ausgangsverfahren erfolglos deren Er-höhung wegen Unwirksamkeit von Satzungsbestimmungen verlangt [X.], nicht zur Entscheidung angenommen. Soweit sich die Beschwerde-führerin gegen die volle Berücksichtigung ihrer Sozialversicherungsrente bei der Bestimmung der Höhe der Zusatzversorgung einerseits, aber die nur halbe Berücksichtigung von [X.]en vor Aufnahme ihrer Tätigkeit im öffentlic[X.] Dienst bei der Bemessung der gesamtversorgungsfähigen [X.] andererseits gewandt hatte, hat das [X.] die Regelung in § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] [X.] a.F. zwar im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG beanstandet, eine Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin aber "(noch) nicht" festgestellt. Die Ungleichbehandlung sei zwar gravierend, halte sich derzeit jedoch noch im Rahmen einer zulässigen Generalisierung. Der [X.] sei wegen der hochkomplizierten Materie zu gewissen Vereinfachungen gezwungen. Dabei dürfe er Ungleichbehandlungen in Kauf nehmen, [X.] davon nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv sei. Das treffe auf die Rentnergeneration der Beschwerdeführerin zu, wie das [X.] feststellt. Für die jüngeren Versichertengene-rationen sei ein bruchloser Verlauf der [X.] im öffentlic[X.] Dienst angesichts stark gestiegener Teilzeitarbeit und einer stärkeren - 6 -

Diskontinuität des Erwerbslebens allerdings nicht mehr in hinreic[X.]der Weise typisch. Angesichts dieser Entwicklung könne die Benachteiligung der Rentner durch volle Anrechnung der in Vordienstzeiten erworbenen Rentenansprüche bei nur hälftiger Berücksichtigung dieses Teils ihrer Lebensarbeitszeit im Rahmen der Berechnung der gesamtversorgungs-fähigen Dienstzeit nicht länger als bis zum Ablauf des Jahres 2000 hin-genommen werden. Zu diesem [X.]punkt sei die Beklagte durch die Ent-scheidung [X.] 98, 365 = [X.], 600 ohnehin zu einer grund-legenden Änderung ihrer Satzung gezwungen.

c) Dieser Beschluß des [X.]s mag bei den Rentenempfängern der [X.] die Erwartung geweckt haben, ihnen stehe vom [X.] an eine höhere Rente zu, wie sie sich bei voller Be-rücksichtigung der Vordienstzeiten aus der früher geltenden Fassung der [X.] ergeben würde. Der Kläger des vorliegenden Verfahrens gehört jedoch nicht zu jenen jüngeren Versichertengenerationen, für die die [X.] Halbanrechnung nach Auffassung des Bundesverfassungsge-richts nicht mehr hinnehmbar ist. Das [X.] hat die Halbanrechnung trotz verfassungsrechtlicher Bedenken noch als zuläs-sige Typisierung und Generalisierung im Rahmen einer komplizierten Materie angese[X.], weil ein bruchloser Verlauf der [X.] im öffentlic[X.] Dienst erst für die jüngeren Versichertengenerationen nicht mehr hinreic[X.]d typisch sei. Bis zum Ablauf des Jahres 2000 kön-ne die Halbanrechnung aber noch hingenommen werden. Mithin ist das [X.] davon ausgegangen, daß alle Versicherten, die vor Ablauf des Jahres 2000 Rentner bei der [X.] geworden sind, noch zu denjenigen Generationen zählen, für die ein bruchloser Verlauf der (bei Rentenbeginn abgeschlossenen) [X.] als - 7 -

typisch angese[X.] werden kann. Soweit die Versicherten im Revisions-verfahren diese Annahme des [X.]s mittels stati-stisc[X.] Materials und unter Berufung auf ein einzuholendes Sachver-ständigengutachten in Zweifel gezogen haben, ist dies in bezug auf die rein wertende Abgrenzung der Versichertengenerationen durch das [X.] unerheblich. Der Kläger bezieht bereits seit 1. Ja-nuar 1996 eine Zusatzrente von der [X.]. Für ihn und für die [X.], der er angehört, ist die Halbanrechnung der Vordienstzeiten also noch hinzunehmen.

Die Unterscheidung, die das [X.] zwisc[X.] der Rentnergeneration der dortigen Beschwerdeführerin einerseits und den jüngeren Versichertengenerationen andererseits trifft, verlöre ihren Sinn, wenn auch Personen, die vor dem Stichtag schon Rentner bei der [X.] waren, nach dem Stichtag als Angehörige der jüngeren Versi-chertengeneration hätten gelten sollen. Daß auch die Beschwerdeführe-rin (und nicht nur die am Verfahren vor dem [X.] nicht beteiligten jüngeren Versichertengenerationen) vom Stichtag an ei-nen Anspruch auf Änderung der sie benachteiligenden, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Satzungsbestimmungen gehabt hätte, ist nicht ersichtlich.

d) Der Senat folgt dem [X.] darin, daß die Anwendung des § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] [X.] a.F. bei der Berechnung der Versorgungsrente für solche Versicherte, die - wie der Kläger - bis zum 31. Dezember 2000 versorgungsberechtigt geworden sind, nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Damit liegt auch kein Verstoß gegen §§ 9 [X.], 307 BGB vor. Dabei kann auf sich beru-- 8 -

[X.], ob den Erwägungen des [X.]s zur Ungleich-behandlung der von der Halbanrechnung betroffenen Versichertengruppe trotz der Kritik der [X.] in jedem Punkte zu folgen ist (vgl. auch Hebler, [X.], 337 ff.). Denn mit dem [X.] ist der Senat der Auffassung, daß - ist mit der Halbanrechnung eine Un-gleichbehandlung gegenüber denjenigen Versicherten verbunden, die ihr ganzes Berufsleben im öffentlic[X.] Dienst verbracht haben - sich die Ungleichbehandlung jedenfalls im Rahmen einer zulässigen Typisierung und Generalisierung einer komplizierten, eine sehr große Gruppe von Versicherten betreffenden Materie hielt. Diese Ungleichbehandlung hat ein Versicherter, der bis zum Ablauf des Jahres 2000 Zusatzrentenemp-fänger geworden ist, nicht zuletzt auch im Interesse der Erhaltung der [X.] Leistungsfähigkeit des Versorgungsträgers hinzunehmen, selbst wenn für die Zukunft eine andere, eine die Ungleichbehandlung für zukünftige Rentenempfänger vermeidende Regelung zu treffen ist.

e) Der Kläger wird auch gegenüber Versicherten, deren Rente sich nach der ab 1. Januar 2001 geltenden Neufassung der [X.] richtet, nicht in rechtlich erheblicher Weise benachteiligt. Nach unwidersproche-nem Vortrag der [X.] ist das Niveau der von ihr in Zukunft aufgrund ihrer neuen Satzung zu leistenden Versorgungsrenten generell niedriger als bisher; den Berechtigten wird daneben eine ergänzende Altersvor-sorge angeboten, die aus eigenen Beiträgen aufgebaut werden muß. Daß der Kläger trotz der dynamisierten Besitzstandsrente, die er nach § 75 Abs. 2 [X.] n.F. erhält, wirtschaftlich im Ergebnis schlechter stehe als Berechtigte, deren Versorgungsrente nach neuem Satzungsrecht oh-ne Rücksicht auf Vordienstzeiten außerhalb des öffentlic[X.] Dienstes berechnet wird, ist von ihm weder dargetan noch ersichtlich. Der in der - 9 -

Halbanrechnung von Vordienstzeiten vom [X.] ge-se[X.]e Verstoß gegen den Gleichheitssatz ist für die Zukunft ausge-räumt. Im Hinblick darauf ste[X.] Rentenempfängern alten Rechts wie dem Kläger über die Wahrung ihres Besitzstandes hinaus auch nach dem 31. Dezember 2000 keine weiterge[X.]den Ansprüche aus Gründen der Gleichbehandlung zu.

Terno [X.] [X.]

Dr. [X.]

[X.]

Meta

IV ZR 267/02

15.09.2004

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.09.2004, Az. IV ZR 267/02 (REWIS RS 2004, 1650)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1650

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