Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.01.2023, Az. II ZB 10/22

2. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 855

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Gegenstand

Handelsregistersache: Eintragungsfähigkeit des zwischen zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung bestehenden Gewinnabführungsvertrags


Leitsatz

Der zwischen zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung bestehende Gewinnabführungsvertrag kann nicht im Handelsregister der Obergesellschaft eingetragen werden.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des [X.] vom 11. Februar 2022 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin, eine GmbH, ist alleinige Gesellschafterin der [X.] Beide Gesellschaften schlossen im März 2020 einen Gewinnabführungsvertrag, durch den sich die [X.] verpflichtete, ihren gesamten Gewinn an die Antragstellerin abzuführen. Die Gesellschafter der Antragstellerin und der [X.] beschlossen im Mai 2020 bzw. Juni 2020 die Zustimmung zum Gewinnabführungsvertrag, der am 5. August 2020 im [X.] eingetragen wurde.

2

Mit Urkunde vom 9. Juni 2020 hat die Antragstellerin den Gewinnabführungsvertrag zur Eintragung im Handelsregister angemeldet. Das Registergericht hat den Antrag abgelehnt. Die Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Eintragungsantrag weiter.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

4

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Registergericht habe die Eintragungsfähigkeit des [X.] aus zutreffenden Gründen verneint. Der (isolierte) Gewinnabführungsvertrag überschreite auf Seiten der zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaft wegen des Eingriffs in das Gewinnbezugsrecht der Gesellschafter gemäß § 29 GmbHG und das Recht der Gesellschafterversammlung zur Entscheidung über die Gewinnverwendung die Grenze zur materiellen Satzungsänderung, mit der Folge, dass er für seine Wirksamkeit entsprechend §§ 53, 54 GmbHG bei ihr der Eintragung im Handelsregister bedürfe. Bei der berechtigten Gesellschaft habe der Gewinnabführungsvertrag jedoch keinen satzungsüberlagernden, ihre rechtliche Grundstruktur verändernden Charakter, so dass kein Grund für die entsprechende Anwendung von § 54 Abs. 3 GmbHG bestehe.

5

Für eine gesetzlich nicht vorgesehene Eintragung bestehe kein Gewohnheitsrecht, auch wenn es vereinzelt zu entsprechenden Eintragungen kommen möge. Ein erhebliches Bedürfnis für eine derartige Eintragung bestehe nicht. An ihr könnten zwar vielfältige Interessen Dritter bestehen, die sich auf einfache Weise über das Bestehen eines [X.] mit den aus den §§ 302, 303 [X.] ergebenden Risiken (Verlustübernahme, Gläubigerschutz durch Sicherheitsleistung) informieren könnten. Dabei handele es sich aber um unmittelbar rein wirtschaftliche Interessen, für die auch angesichts der [X.] kein erhebliches Bedürfnis bestehe. Die mit einem Gewinnabführungsvertrag verbundenen Risiken seien nicht anders als Risiken aus sonstigen vertraglichen Bindungen, die bis zu einer Existenzgefährdung führen könnten und deren Eintragung nach allgemeinen registerrechtlichen Grundsätzen nicht verlangt werden könne.

6

Eine Eintragung vor dem Hintergrund einer tatsächlich schon oder gerade noch nicht bestehenden wirtschaftlichen "Relevanz" lasse sich mit dem vorrangigen Grundsatz der Registerklarheit nicht in Einklang bringen und sei überdies mit einer erheblichen zusätzlichen Eintragungsfülle im Handelsregisterblatt einer GmbH verbunden. Soweit der [X.] in einem Beschluss vom 30. Januar 1992 ausgeführt habe, der aus den Besonderheiten und Gefahren derartiger Unternehmensverträge herrührende Informationsbedarf sei unabhängig von der Rechtsform der herrschenden Gesellschaft gegeben, lasse dies keine Rückschlüsse auf die Frage der Eintragungsfähigkeit bei der berechtigten Gesellschaft zu. Es komme nicht darauf an, auf welchem sonstigen Weg, etwa über die zu veröffentlichende Bilanz der GmbH, sich Dritte Kenntnis vom Bestehen eines [X.] verschaffen könnten.

7

2. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis der Antragstellerin ergibt sich bereits daraus, dass ihre Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts zurückgewiesen wurde (vgl. [X.], Beschluss vom 20. September 2011 - [X.], [X.]Z 191, 84 Rn. 5; Beschluss vom 26. Juni 2018 - [X.], [X.], 1591 Rn. 7; Beschluss vom 27. Juli 2020 - [X.], [X.], 1658 Rn. 12; Beschluss vom 17. Mai 2022 - [X.], [X.], 1594 Rn. 6).

8

3. Die Entscheidung des [X.] hält der rechtlichen Prüfung stand.

9

a) Ob der zwischen zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung abgeschlossene [X.] im Handelsregister der [X.] einzutragen ist, ist umstritten.

Die Eintragung wird teilweise als verpflichtend und als Voraussetzung für die Wirksamkeit des [X.] angesehen ([X.], GmbHR 1993, 443; [X.], MittRhNotK 1994, 153 [für eine eG als [X.]]; Heckschen, [X.] 1989, 29, 31; [X.], [X.], 181, 187; [X.], [X.], 1982, S. 319 f.). Ein Teil der Rechtsprechung und des Schrifttums geht demgegenüber zwar nicht von einer Eintragung als Wirksamkeitsvoraussetzung aus, meint aber, es bestehe zumindest die Möglichkeit der Eintragung des [X.] bei der [X.] ([X.], [X.] 2001, 171; [X.], [X.] im GmbH-Recht, 1986, [X.], [X.] 2015, 623, 625; Priester, [X.] 6, 151, 175; Priester, GmbHR 2015, 169, 171; [X.], GmbHR 2014, [X.]; Beurskens in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 23. Aufl., [X.] Rn. 110 [[X.]. 350]; [X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 20. Aufl., [X.] zu § 13 Rn. 63; [X.], [X.], 16. Aufl., § 294 Rn. 1; MünchKommGmbHG/[X.], 4. Aufl., [X.]. § 13 Rn. 800 f.; [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 8 Rn. 45; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 3. Aufl., Systematische Darstellung 4 Rn. 323; [X.] GmbHG/[X.], Stand: [X.], Konzernrecht Rn. 110; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 70 Rn. 10) bzw. es bestehe jedenfalls keine Verpflichtung zur Löschung eines eingetragenen [X.] ([X.], GmbHR 2014, 1047, 1048 [das auch gute Gründe für die Vornahme der Eintragung sieht]; [X.] in [X.]/[X.], Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 10. Aufl., § 294 Rn. 5). Mitunter wird jedenfalls ein entsprechendes Informationsbedürfnis aus der Sicht künftiger Gesellschafter der [X.] hervorgehoben ([X.]/[X.], NJW 1988, 1240, 1242). Schließlich wird die Eintragungsfähigkeit eines [X.] bei der [X.] auch verneint ([X.], [X.] 1993, 2522; [X.], GmbHR 1997, 75; [X.], AG 1994, 110, 114 f.; BeckOGK [X.]/Beurskens, Stand: 1.10.2021, § 8 Rn. 172; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 8 Rn. 66; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 8 [X.] Rn. 9; [X.] in [X.]/[X.] Westphalen/[X.], [X.], 5. Aufl., § 8 Rn. 27; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, [X.], 4. Aufl., § 8 Rn. 106; Schnorbus in Rowedder/[X.], GmbHG, 7. Aufl., [X.]. § 52 Rn. 103; Verse in [X.]/Strohn, [X.], 5. Aufl., [X.]ang § 13 GmbHG Rn. 77a;Weller/[X.] in Bork/[X.], GmbHG, 5. Aufl., [X.]ang zu § 13, Rn. 27; [X.], [X.], 11. Aufl., Rn. 1111; Heckschen/[X.] in [X.], Praxis des Handels- und Gesellschaftsrechts, § 13 Rn. 47).

b) Die zuletzt genannte Auffassung ist richtig. Der zwischen zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung bestehende Gewinnabführungsvertrag kann nicht im Handelsregister der [X.] eingetragen werden.

aa) Im Handelsregister werden grundsätzlich nur Tatsachen und Rechtsverhältnisse eingetragen, deren Eintragung gesetzlich - entweder als eintragungspflichtig oder als eintragungsfähig - vorgesehen ist. Aufgrund der dem Handelsregister zukommenden Publizitätsfunktion, der Öffentlichkeit zu ermöglichen, sich über die Rechtsverhältnisse von Kaufleuten und Gesellschaften zu unterrichten, und Umstände zu verlautbaren, die für den Rechtsverkehr von erheblicher Bedeutung sind, lässt die Rechtsprechung außerdem auch gesetzlich nicht vorgesehene Eintragungen zu, wenn ein erhebliches Bedürfnis an der entsprechenden Information besteht. Mit Rücksicht auf die strenge Formalisierung des [X.]s ist aber mit gesetzlich nicht vorgesehenen Eintragungen Zurückhaltung geboten ([X.], Beschluss vom 30. Januar 1992 - [X.], [X.], 395, 397; Beschluss vom 10. November 1997 - [X.], [X.], 152; Beschluss vom 14. Februar 2012 - [X.], [X.], 623 Rn. 16; Beschluss vom 4. April 2017 - [X.], [X.], 1067 Rn. 14). Dem kann dadurch Rechnung getragen werden, dass derartige Eintragungen auf die Fälle der Auslegung gesetzlicher Vorschriften, der Analogiebildung sowie der richterlichen Rechtsfortbildung beschränkt werden ([X.], Beschluss vom 30. Januar 1992 - [X.], [X.], 395, 397). Das Handelsregister darf allerdings nicht unübersichtlich werden oder zu Missverständnissen Anlass geben ([X.], Beschluss vom 10. November 1997 - [X.], [X.], 152). Die Eintragungsfähigkeit kann auch gewohnheitsrechtlich begründet werden. Gewohnheitsrecht steht als Rechtsquelle gleichwertig neben dem Gesetzesrecht, so dass es auch Grundlage einer registerrechtlichen Eintragung sein kann ([X.], Beschluss vom 4. April 2017 - [X.], [X.], 1067 Rn. 22 mwN).

bb) Der Gewinnabführungsvertrag zwischen der Antragstellerin und der [X.] ist auf Seiten der Antragstellerin, wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat, weder eine eintragungspflichtige noch eine eintragungsfähige Tatsache.

(1) Die Wirksamkeit des [X.] ist nicht von der Eintragung im Handelsregister der [X.] abhängig. Gegenteiliges macht die Rechtsbeschwerde auch nicht geltend.

Der Gewinnabführungsvertrag als [X.] im Sinne des § 291 Abs. 1 Fall 2 [X.] hat nur für den Fall der Verpflichtung einer Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien eine gesetzliche Regelung erfahren. Wird ein solcher Vertrag mit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Untergesellschaft abgeschlossen, sind die bei einer Änderung des Gesellschaftsvertrags geltenden Formvorschriften (§§ 53, 54 GmbHG) entsprechend anzuwenden, weil der durch einen [X.] bewirkte Eingriff in den Gesellschaftszweck, die Zuständigkeitskompetenz der Gesellschafter und ihr Gewinnbezugsrecht satzungsgleich die rechtliche Grundstruktur der sich der Beherrschung unterstellenden GmbH ändert und ihm auch eine einer Satzungsänderung entsprechende Bedeutung zukommt ([X.], Beschluss vom 24. Oktober 1988 - [X.], [X.]Z 105, 324, 338; Beschluss vom 30. Januar 1992 - [X.], [X.], 395, 397; Urteil vom 16. Juli 2019 - [X.]/18, [X.]Z 223, 13 Rn. 22; vgl. auch Urteil vom 31. Mai 2011 - [X.], [X.]Z 190, 45 Rn. 19).

Unter Berücksichtigung der Eigenart des [X.] folgt daraus, dass die materielle Wirksamkeit des Vertrags von der Einhaltung der Schriftform für den [X.], der notariellen Beurkundung des [X.] entsprechend § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG und der Eintragung von Zustimmungsbeschluss und [X.] in das Handelsregister entsprechend § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 GmbHG abhängig ist ([X.], Beschluss vom 24. Oktober 1988 - [X.], [X.]Z 105, 324, 341 f.; Urteil vom 5. November 2001 - II ZR 119/00, [X.], 35, 36; Urteil vom 16. Juli 2019 - [X.]/18, [X.]Z 223, 13 Rn. 17). Auf der Seite der [X.] bedarf es zur Wirksamkeit des Vertrags entsprechend § 293 Abs. 2 Satz 1 [X.] der Zustimmung der Gesellschafterversammlung ([X.], Beschluss vom 24. Oktober 1988 - [X.], [X.]Z 105, 324, 335 f.). Die Niederschrift der Beschlussfassung und der Vertrag sind entsprechend § 293g Abs. 2 Satz 2, § 294 Abs. 1 Satz 2 [X.] der Anmeldung der Untergesellschaft beizufügen (vgl. [X.], Beschluss vom 30. Januar 1992 - [X.], [X.], 395, 396 f.; [X.], [X.], 11. Aufl., Rn. 1111).

Einer Eintragung des [X.] im Handelsregister der [X.] bedarf es für die Wirksamkeit des Vertrags dagegen nicht ([X.], AG 1994, 110, 113; [X.], GmbHG, 10. Aufl., [X.]. § 13 Rn. 45; [X.] in [X.]/[X.], Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 10. Aufl., § 293 Rn. 46; Maul in [X.], GmbHG, 5. Aufl., [X.]ang 2 Rn. 18; MünchKommGmbHG/[X.], 4. Aufl., § 53 Rn. 159; [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], GmbHG, 3. Aufl., [X.]ang nach § 77 Rn. 179). Ein [X.] kann insoweit weder aus § 54 Abs. 1 Satz 1 GmbHG abgeleitet werden, weil der Abschluss des Beherrschungsvertrags auf Seiten der [X.] nicht einer Änderung der Satzung entspricht (Beurskens in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 23. Aufl., [X.] Rn. 110), noch aus § 294 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 [X.], weil diese Norm ihrem Wortlaut entsprechend nur auf die Untergesellschaft anzuwenden ist (MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 294 Rn. 12; [X.], [X.], 16. Aufl., § 294 Rn. 1; [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 294 Abs. 1; KK-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 294 Rn. 5; Langenbucher in [X.], [X.], 4. Aufl., § 294 Rn. 2; Großkomm. [X.]/[X.], 4. Aufl., § 294 Rn. 12; [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 294 Rn. 2; [X.] in [X.]/Strohn, [X.], 5. Aufl., § 294 [X.] Rn. 2; [X.] in Bürgers/[X.]/Lieder, [X.], 5. Aufl., § 294 Rn. 2; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 294 Rn. 3; BeckOGK [X.]/[X.]/[X.], Stand: 1.10.2022, § 294 Rn. 3; MünchHdb[X.] IV/Krieger, 5. Aufl., § 71 Rn. 56). Es wäre auch der Rechtssicherheit abträglich, das Zustandekommen des [X.] von Eintragungen in verschiedene Handelsregister abhängig zu machen (KK-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 294 Rn. 5). Richtig ist zwar, dass das Gesetz auch in anderen Fällen die Eintragung in verschiedene Register vorsieht, wie beispielsweise in § 16 Abs. 1 [X.] (vgl. [X.], [X.], 181, 187). Das Gesetz enthält in diesem Fall aber ausdrückliche Regelungen zur Reihenfolge und Wirkung der Eintragungen, um die gebotene Rechtssicherheit zu gewährleisten (vgl. §§ 19, 130 [X.]). Der Gesetzgeber hat im Übrigen mit dem Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts vom 28. Oktober 1994 (BGBl. 1994, S. 3210) die Vorschriften über den Abschluss, die Änderung und die Beendigung von Unternehmensverträgen um die §§ 293a ff. [X.], teilweise in Anlehnung an [X.] ergänzt (BT-Drucks. 12/6699, [X.] ff.), ohne hinsichtlich des [X.]ses in § 294 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 [X.] Änderungs- oder Ergänzungsbedarf zu sehen.

(2) Das Beschwerdegericht hat ein gewohnheitsrechtlich begründetes [X.] mit Recht verneint. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ebenfalls nicht, weder mit der Rüge einer verfahrensfehlerhaften Ermittlung des [X.] (§ 293 Satz 2 ZPO) noch macht sie geltend, das Beschwerdegericht habe den Begriff des [X.] verkannt. Das Gewohnheitsrecht entsteht durch längere tatsächliche Übung, die eine dauernde und ständige, gleichmäßige und allgemeine ist und von den Beteiligten als verbindliche Rechtsnorm anerkannt wird ([X.], Urteil vom 16. Februar 2001-V ZR 422/99,NJW-RR 2001, 1208, 1209; Urteil vom 21. November 2008-V [X.], 311 Rn. 12; Urteil vom 19. März 2013- VI ZR 56/12, [X.]Z 197, 1 Rn. 29; Urteil vom 18. November 2016 - [X.]/14,[X.]Z 213, 30 Rn. 23; Beschluss vom 4. April 2017-[X.], [X.], 1067 Rn. 24). Es fehlt im Hinblick auf die Eintragungspraxis der Registergerichte schon an einer ständigen, gleichmäßigen und allgemeinen Übung (Priester, [X.] Sonderheft 6, 151, 175; [X.], [X.], 181, 187). Im handelsrechtlichen Schrifttum ist ebenfalls nicht von einer gewohnheitsrechtlichen Anerkennung die Rede.

(3) Das Beschwerdegericht hat auch die Eintragungsfähigkeit der Tatsache auf Grund eines erheblichen Bedürfnisses im Ergebnis zutreffend verneint, weil diese geeignet wäre, zu Missverständnissen Anlass zu geben.

Gläubiger und auch künftige Gesellschafter der [X.] haben zwar ein Interesse an der Information über den Abschluss eines [X.], weil insbesondere die Verlustübernahmepflicht entsprechend § 302 Abs. 1 [X.] und die Pflicht zur Sicherheitsleistung entsprechend § 303 Abs. 1 Satz 1 [X.] für sie möglicherweise von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sind (Priester, [X.] Sonderheft 6, 151, 175; [X.], [X.], 181, 187; KK-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 294 Rn. 5), und bei der berechtigten Gesellschaft eine Änderung in der Organisationsstruktur insofern eintritt, als die Geschäftsrisiken der Untergesellschaft nicht ihrer unmittelbaren Leitung unterliegen (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Oktober 1988 - [X.], [X.]Z 105, 324, 336). Eine Eintragung im Handelsregister der [X.] mag auch Vorteile gegenüber anderweitigen Informationsmöglichkeiten haben, die der Rechtsverkehr insbesondere durch Angaben im Jahresabschluss, [X.]ang, Konzernabschluss und Konzernanhang (dazu Vetter, AG 1994, 110, 112) erlangen kann (Priester, GmbHR 2015, 169, 171; [X.], [X.], 181, 187).

Eine fakultative Eintragung des [X.] (MünchKommGmbHG/[X.], 4. Aufl., [X.]. § 13 Rn. 800) wäre aber geeignet, bei Gläubigern oder künftigen Gesellschaftern der [X.] Missverständnisse über den Bestand eines solchen Vertrags zu verursachen. Ihre Gestattung hätte zur Folge, dass die Einsichtnahme in das Handelsregister nicht zuverlässig über das Bestehen eines wirksamen [X.] informieren würde. Das Gesetz sieht eintragungsfähige, nicht erzwingbar anmeldepflichtige Tatsachen insbesondere in Fällen vor, in denen an die Eintragung bestimmte Rechtsfolgen geknüpft werden (§ 2 Satz 1, § 3 Abs. 2, § 25 Abs. 2, § 28 Abs. 2 [X.]). Entsprechend erhält auch die Eintragung des [X.] im Handelsregister der verpflichteten Gesellschaft ihre Verbindlichkeit für den Rechtsverkehr dadurch, dass der Vertrag entsprechend § 54 Abs. 3 GmbHG mit der Eintragung wirksam wird ([X.], Beschluss vom 24. Oktober 1988 - [X.], [X.]Z 105, 324, 338; Urteil vom 5. November 2001 - II ZR 119/00, [X.], 35, 36; Urteil vom 16. Juli 2019 - [X.]/18, [X.]Z 223, 13 Rn. 17; vgl. auch MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 8 Rn. 43). Die Verlautbarung eines unabhängig von der Eintragung bei der [X.] wirksamen [X.] könnte ihre Informationsfunktion gegenüber Gläubigern und künftigen Gesellschaftern nur dann effektiv erfüllen, wenn diese nicht nur durch die Eintragung auf das Bestehen des [X.] hingewiesen würden, sondern im Fall der Nichteintragung auch ihr Vertrauen auf das Nichtbestehen eines [X.] geschützt wäre ([X.], [X.], 11. Aufl., Rn. 1596; BeckOGK [X.]/Beurskens, Stand: 1.10.2021, § 8 Rn. 172). Dies wäre bei einer für die Wirksamkeit des Vertrags nicht erforderlichen fakultativen Eintragung aber gerade nicht der Fall. Eine zuverlässige Information wäre nicht gewährleistet, weil Gläubiger oder künftige Gesellschafter bei fehlender Eintragung nicht darauf vertrauen könnten, dass keine Verpflichtungen aus einem Gewinnabführungsvertrag drohen.

[X.]     

      

B. Grüneberg     

      

V. Sander

      

von Selle     

      

Adams     

      

Meta

II ZB 10/22

31.01.2023

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 11. Februar 2022, Az: 20 W 47/21

§ 53 Abs 1 GmbHG, § 54 Abs 1 S 1 GmbHG, § 54 Abs 3 GmbHG, § 294 Abs 1 S 1 Halbs 1 AktG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.01.2023, Az. II ZB 10/22 (REWIS RS 2023, 855)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 855 WM 2023, 516 REWIS RS 2023, 855

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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