Bundessozialgericht, Urteil vom 06.06.2023, Az. B 4 AS 86/21 R

4. Senat | REWIS RS 2023, 6172

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für Auszubildende bei Ausbildungsförderung - krankheitsbedingte Hinderung an der Ausbildung über einen Zeitraum von mehr als drei Kalendermonaten - rückwirkende Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung von Leistungen nach dem BAföG - Nachholung der Beantragung von Arbeitslosengeld II - Rückwirkung des Antrags - Einkommensberücksichtigung - Leistungen nach dem BAföG - Unterkunftskostenzuschuss


Leitsatz

1. Ein Ausschluss von Grundsicherungsleistungen wegen einer förderungsfähigen Ausbildung besteht nicht mehr, wenn der Auszubildende wegen Krankheit länger als drei Kalendermonate an der Ausbildung gehindert ist.

2. Der Antrag auf Arbeitslosengeld II wirkt auf einen Zeitraum zurück, für den als andere Sozialleistung zunächst Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bezogen wurden, wenn diese nach Aufhebung der Bewilligung später zu erstatten sind.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 11. November 2021 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von [X.] ([X.]) für April bis Juli 2016.

2

Der 1990 geborene [X.]läger, der zuvor bereits [X.] bezogen hatte, besuchte ab dem 31.8.2015 eine Berufsfachschule. Für die [X.] von August 2015 bis Juli 2016 bewilligte ihm die Landeshauptstadt [X.] als zuständiger Träger Leistungen nach dem [X.]. Ab September 2015 bezog der [X.]läger zusätzlich eine Halbwaisenrente iHv zunächst 141,82 Euro und ab Juli 2016 iHv 147,49 Euro. Für den [X.]raum von August 2015 bis Dezember 2015 erhielt er darüber hinaus von dem Beklagten einen Unterkunftskostenzuschuss für Auszubildende (§ 27 Abs 3 [X.] in der bis zum [X.] geltenden Fassung; im Folgenden: aF) iHv 209,50 Euro monatlich.

3

Ab dem 8.12.2015 besuchte der [X.]läger den Unterricht krankheitsbedingt nicht mehr, übersandte dem Beklagten am [X.] aber ein ausgefülltes Antragsformular für die Weitergewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ("[X.]"). Dieser bewilligte daraufhin einen Unterkunftskostenzuschuss iHv 209,50 Euro monatlich auch für die [X.] vom 1.1. bis zum 30.6.2016, allerdings zunächst nur vorläufig (Bescheid vom [X.]). Auf den erneuten, ebenfalls unter Verwendung des "[X.]"-Formulars gestellten Antrag vom 1.7.2016 gewährte der Beklagte für den [X.]raum vom 1.7. bis zum 31.12.2016 einen Unterkunftskostenzuschuss iHv 209,50 Euro endgültig und bewilligte zugleich den Zuschuss für den [X.]raum vom 1.1. bis zum 30.6.2016 ebenfalls endgültig (Bescheide vom 7.7.2016).

4

Mit einem am [X.] bei der Schule eingegangenen Schreiben meldete sich der [X.]läger vom Unterricht ab. Die Landeshauptstadt [X.] hob daraufhin die Bewilligung der [X.] rückwirkend ab dem [X.] auf und forderte die erbrachten Leistungen zurück, mit der Begründung, dass Ausbildungsförderung bei krankheitsbedingter Hinderung an der Ausbildung längstens bis zum Ende des dritten [X.]alendermonats geleistet werde (Bescheid vom 20.10.2016). Den hiergegen erhobenen Widerspruch nahm der [X.]läger am 14.11.2016 zurück.

5

Bereits am 2.11.2016 beantragte der [X.]läger unter Verweis auf § 28 [X.]B X [X.] für die [X.] von April bis Juli 2016. Diesen Antrag lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 11.11.2016; Widerspruchsbescheid vom 9.12.2016).

6

Das [X.] hat die dagegen erhobene [X.]lage abgewiesen (Urteil vom 7.2.2020), das L[X.] die Berufung des [X.]lägers zurückgewiesen (Urteil vom 11.11.2021). Der [X.]läger habe zwar ab April 2016 nicht mehr dem Leistungsausschluss als Auszubildender gemäß § 7 Abs 5 Satz 1 [X.] (in der bis zum [X.] geltenden Fassung) unterlegen, denn seine Ausbildung sei ab diesem [X.]punkt aufgrund der krankheitsbedingten Unterbrechung nicht mehr nach Maßgabe des [X.] förderungsfähig gewesen. Der Antrag vom 2.11.2016 beschränke auch nicht in Anwendung von § 37 [X.] den [X.] auf die [X.] ab November 2016, denn er wirke gemäß § 40 Abs 1 Satz 1, Abs 7 [X.] iVm § 28 [X.]B X auf den streitigen [X.]raum zurück. Der [X.]läger habe mit den im Januar und Juli 2016 vorgelegten Vordrucken allein die Weitergewährung des [X.] beantragt, von der Beantragung von [X.] dagegen wegen des Bezugs der [X.] zunächst abgesehen. Er sei jedoch nicht hilfebedürftig gewesen. Seinen monatlichen Gesamtbedarf von 745,50 Euro habe er durch das vorhandene Einkommen aus Halbwaisenrente, dem Unterkunftskostenzuschuss sowie den Leistungen nach dem [X.] - auch nach Abzug einer [X.] von 30 Euro - decken können. Die Berücksichtigung der [X.] als Einkommen sei weder durch deren spätere Rückforderung noch aufgrund des § 28 [X.]B X ausgeschlossen.

7

Mit seiner vom L[X.] zugelassenen Revision rügt der [X.]läger eine Verletzung von § 28 [X.]B X, § 11 Abs 2 Satz 1, § 11a Abs 3 Satz 1 [X.] (in der bis zum [X.] geltenden Fassung), § 51 Abs 1 [X.], § 103 [X.]G, Art 1 Abs 1, Art 20 Abs 1 GG. Folgte man der Ansicht des L[X.], hätte die Erstattungsvariante von § 28 Abs 1 Satz 1 [X.]B X im [X.] faktisch keinen Anwendungsbereich, weil nie ein bedarfsdeckender [X.]-Anspruch zur Entstehung gelangen könnte. Die Anrechnung der [X.] verletze auch das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. Jedenfalls seien die Feststellungen des L[X.] zur Höhe der [X.] unzutreffend. Das L[X.] habe diese Feststellungen verfahrensfehlerhaft unter Verletzung seiner Amtsermittlungspflicht getroffen. Im Juli 2016 seien überhaupt keine [X.] zugeflossen, und in den Monaten April bis Juni 2016 habe der Zufluss nicht 460 Euro, sondern nur 458,34 Euro betragen. Zudem seien gemäß § 11a Abs 3 Satz 1 [X.] (in der bis zum [X.] geltenden Fassung) die Leistungen nach dem [X.] um die ausbildungsbedingten [X.]osten zu bereinigen, die mit 20 Prozent des [X.]-Satzes zu veranschlagen seien.

8

Der [X.]läger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 11. November 2021, das Urteil des Sozialgerichts [X.]iel vom 7. Februar 2020 sowie den Bescheid vom 11. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Dezember 2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm für den [X.]raum vom 1. April 2016 bis zum 31. Juli 2016 [X.] in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des [X.] kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob (und ggf in welcher Höhe) der Kläger einen Anspruch auf [X.] in dem streitbefangenen Zeitraum hat. Es fehlen ausreichende Feststellungen zum Zeitpunkt und zur Höhe des Einkommenszuflusses.

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind neben den vorinstanzlichen Urteilen der Ablehnungsbescheid vom 11.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.12.2016, wogegen sich der Kläger mit dem Ziel wendet, für April bis Juli 2016 [X.] zu erhalten. Zu Recht verfolgt er sein Begehren mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG), zulässigerweise gerichtet auf den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG).

2. a) Rechtsgrundlage des Anspruchs auf [X.] sind §§ 7 ff, §§ 19 ff [X.] (in der bis zum [X.] geltenden Fassung des [X.] <[X.]l I 974>). Nach § 19 Abs 1 Satz 1, § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte [X.]. Die Leistungen umfassen gemäß § 19 Abs 1 Satz 3 [X.] den Regelbedarf (§ 20 [X.]), Mehrbedarfe (§ 21 [X.]) und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 22 [X.]).

b) Der im Jahr 1990 geborene Kläger gehörte im streitigen Zeitraum zum leistungsberechtigten Personenkreis iS des § 7 Abs 1 Satz 1 [X.]. Er hatte das 15. Lebensjahr vollendet sowie die Altersgrenze nach § 7a [X.] noch nicht erreicht ([X.]), war erwerbsfähig ([X.]) und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der [X.] ([X.]). Er war auch nicht gemäß § 7 Abs 5 Satz 1 [X.] von [X.] ausgeschlossen. Danach haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des [X.] oder der §§ 51, 57 und 58 [X.]I dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 [X.] hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Im streitbefangenen Zeitraum stand der Kläger nicht mehr in einer nach Maßgabe des hier allein in Betracht kommenden [X.] förderungsfähigen Schulausbildung.

Anknüpfungspunkt für den Leistungsausschluss ist nach dem Wortlaut allein die konkrete Ausbildung und deren abstrakte Förderungsfähigkeit (stRspr; [X.] vom 27.9.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]6 Rd[X.]2 ff; [X.] vom 17.2.2015 - [X.] AS 25/14 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]0 Rd[X.]0 ff). Ob eine Ausbildung abstrakt förderfähig ist, bestimmt sich - unter Heranziehung der dazu ergangenen Rechtsprechung des [X.] - anhand von § 2 [X.], der den Besuch einer der dort aufgeführten Ausbildungsstätten verlangt (stRspr; [X.] vom [X.] AS 24/09 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]0 Rd[X.]6; [X.] vom [X.] [X.]97/11 R - juris Rd[X.]5, 17; zu den Voraussetzungen eines Besuchs iS von § 2 [X.] s etwa [X.] vom 21.2.2013 - 5 C 14.12 - [X.] 436.36 § 15 [X.] [X.]8 S 8 f = juris Rd[X.]1, 36 f mwN). Individuelle Versagensgründe bleiben bei der Beurteilung der abstrakten Förderungsfähigkeit dagegen außer Betracht (stRspr; [X.] vom [X.] - [X.]/7b [X.] - [X.], 67 = [X.] 4-4200 § 7 [X.], Rd[X.]5; [X.] vom [X.] - [X.] [X.]02/11 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]7 Rd[X.]4; [X.] vom [X.] [X.]97/11 R - juris Rd[X.]4). Es ist auch nicht maßgeblich, inwieweit [X.]-Leistungen tatsächlich bezogen werden (vgl für den Fall, dass [X.]-Leistungen nicht gewährt werden, [X.] vom [X.] [X.]/12 R - [X.], 184 = [X.] 4-1300 § 45 [X.]3, Rd[X.]0).

Eine förderungsfähige Ausbildung lag im streitigen Zeitraum nicht mehr vor, nachdem der Kläger den Schulbesuch Anfang Dezember 2015 krankheitsbedingt eingestellt hatte. Nach § 15 Abs 2a [X.] (eingeführt durch das [X.] zur Änderung des [X.] vom 13.7.1981 <[X.]l I 625>) wird Ausbildungsförderung zwar geleistet, solange die Auszubildenden infolge von Erkrankung oder Schwangerschaft gehindert sind, die Ausbildung durchzuführen, nicht jedoch über das Ende des dritten Kalendermonats hinaus. Die Zeiten des krankheitsbedingten Fernbleibens von der Schule behalten insoweit noch den Charakter förderungsfähiger Ausbildungszeiten (vgl zur zuvor geltenden inhaltsgleichen Verwaltungsvorschrift, an die § 15 Abs 2a [X.] nach der Begründung des Gesetzentwurfs anknüpft, [X.] vom 21.6.1979 - 5 C 15.78 - [X.]E 58, 132, 135 f = [X.] 436.36 § 20 [X.] [X.]1 S 29). Da dieser Zeitraum hier mit Ablauf des [X.] geendet hatte, lag ab dem [X.] keine abstrakt förderungsfähige Ausbildung mehr vor.

Soweit der 14./7b. Senat des [X.] in zwei Urteilen vom [X.] ohne Differenzierung nach der [X.] ausgeführt hat, die Unterbrechung der bereits weit fortgeschrittenen und bisher kontinuierlich betriebenen Ausbildung wegen einer Erkrankung könne abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls einen Härtefall iS des § 27 Abs 3 [X.] (damals: § 7 Abs 5 Satz 2 [X.] in der bis zum [X.] geltenden Fassung) begründen ([X.] vom [X.] - [X.]/7b [X.] - [X.] 4-4200 § 7 [X.] Rd[X.]5; [X.] vom [X.] - [X.]/7b [X.] - [X.], 67 = [X.] 4-4200 § 7 [X.], Rd[X.]4), was gedanklich den Fortbestand des [X.] nach § 7 Abs 5 Satz 1 [X.] auch im Fall einer über drei Monate hinausgehenden Erkrankung voraussetzt, liegt darin keine Divergenz iS von § 41 Abs 2 SGG. Denn diese Ausführungen waren jeweils nicht entscheidungstragend.

c) Mit dem Antrag vom 2.11.2016 liegt ein den Anforderungen des § 37 [X.] genügender Leistungsantrag auch bezogen auf den streitbefangenen Zeitraum vor.

aa) Leistungen nach dem [X.] werden nur auf Antrag (§ 37 Abs 1 [X.]) und nicht für Zeiten vor der Antragstellung (§ 37 Abs 2 Satz 1 [X.]) erbracht, wobei ein Antrag auf den ersten [X.] zurückwirkt (§ 37 Abs 2 Satz 2 [X.]).

bb) [X.] für den streitigen Zeitraum hat der Kläger erstmals am 2.11.2016 beantragt. Mit den Anträgen vom [X.] und 1.7.2016 hatte er dagegen allein die Weitergewährung des [X.] nach § 27 Abs 3 [X.] aF geltend gemacht.

Bei den Leistungen nach § 27 [X.], zu denen der [X.] zählt, handelt es sich um eine gegenüber dem [X.] eigenständige Leistung. In § 19 Abs 1 Satz 3 [X.] sind diese Leistungen nicht als Teil des [X.] aufgeführt, und gemäß § 27 Abs 1 Satz 2 [X.] gelten sie ausdrücklich nicht als [X.]. Hierdurch sollen zB die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (§ 5 Abs 1 [X.]a [X.] V, § 20 Abs 1 Satz 1 [X.]a [X.]I in der bis zum 31.12.2022 geltenden Fassung) oder die Entstehung von Anrechnungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 58 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.] VI in der bis zum 31.12.2022 geltenden Fassung) ausgeschlossen werden, die an den [X.]-Bezug anknüpfen ([X.] in [X.]/[X.]/Waltermann, 7. Aufl 2021, Komm zum Sozialrecht, § 27 [X.] Rd[X.]; Söhngen in [X.]/ Voelzke, jurisPK-[X.], 5. Aufl 2020, § 27 Rd[X.]2).

Dass die Anträge vom [X.] und 1.7.2016 ausschließlich auf einen [X.] gerichtet waren, ergibt sich aus der Auslegung der von dem [X.] festgestellten Antragsschreiben in Verbindung mit den damit zusammenhängenden Umständen (vgl zur Auslegung einer Willenserklärung durch das [X.] vom 24.4.2015 - [X.] AS 22/14 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]8 mwN).

Bei einem Antrag handelt es sich um eine einseitige, empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung, auf die - sofern das Sozialrecht keine speziellen Regelungen trifft - die Vorschriften des [X.], insbesondere §§ 133, 157 [X.], Anwendung finden. Maßgebend für die Auslegung eines Antrags ist - unter Berücksichtigung aller Umstände - der nach dem objektiven Empfängerhorizont erkennbare wirkliche Wille des Antragstellers. Danach ist, sofern eine ausdrückliche Beschränkung auf eine bestimmte Leistung nicht vorliegt, davon auszugehen, dass der Antragsteller die nach der Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommenden Leistungen begehrt, unabhängig davon, welchen Antragsvordruck er hierfür benutzt oder welchen Ausdruck er gewählt hat ([X.] vom [X.] - [X.] AS 29/13 R - [X.], 225 = [X.] 4-4200 § 37 [X.], Rd[X.]6 mwN; [X.] vom 24.4.2015 - [X.] AS 22/14 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]9; s auch [X.] vom 23.2.2017 - [X.] [X.]/15 R - [X.] 4-1300 § 44 [X.] Rd[X.]2).

Ausgehend von den gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des [X.] kamen aus Sicht des Beklagten andere Leistungen als der [X.] nach § 27 Abs 3 [X.] aF als Antragsgegenstand nicht ernsthaft in Betracht. Zwar wird das Formular "[X.]" nach den Feststellungen des [X.] eigentlich verwendet, um die Weiterbewilligung von [X.] - und nicht von Leistungen nach § 27 [X.] - zu beantragen. Hätte der Kläger anstelle oder neben dem [X.] [X.] beantragen wollen, wäre allerdings zu erwarten gewesen, dass er den für Erstanträge vorgesehenen Hauptvordruck für die Beantragung von [X.] verwendet, nachdem er während seiner Schulausbildung zunächst nicht mehr im [X.]-Bezug gestanden hatte. Dies gilt unabhängig davon, ob - was das [X.] insoweit offengelassen hat - der Beklagte dem Kläger das "[X.]"-Formular zur Verfügung gestellt oder ob der Kläger selbst entschieden hat, das Formular "[X.]" zu verwenden. Es waren für den Beklagten auch im Übrigen keine Umstände erkennbar, die darauf hindeuteten, dass der Kläger einen Anspruch auf [X.] haben könnte. Der Kläger hatte die krankheitsbedingte Abwesenheit vom Schulbetrieb, die zum Wegfall des [X.] ab dem [X.] führte, bei der Stellung der beiden Anträge jeweils nicht offengelegt.

cc) Doch wirkt vorliegend der Antrag vom 2.11.2016 gemäß § 40 Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 28 Satz 1 [X.] (im Folgenden: aF; ab dem 1.7.2020: § 28 Abs 1 Satz 1 [X.]) und § 40 Abs 7 [X.] auf den hier streitbefangenen Zeitraum zurück. Nach § 28 Satz 1 [X.] aF, der von § 40 Abs 7 [X.] nur bezogen auf den Zeitraum der nachzuholenden Antragstellung modifiziert wird, wirkt ein nachgeholter Antrag bis zu einem Jahr zurück, wenn ein Leistungsberechtigter von der Stellung eines Antrags auf eine Sozialleistung abgesehen hat, weil ein Anspruch auf eine andere Sozialleistung geltend gemacht worden ist, und diese Leistung versagt wird oder zu erstatten ist und der nachgeholte Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats gestellt wird, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist.

Der Kläger hat den Antrag vom 2.11.2016 fristgerecht gestellt. Zum Zeitpunkt der Antragstellung war der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid über die [X.]-Leistungen noch nicht bindend. Der streitbefangene Zeitraum liegt auch innerhalb eines Jahres vor Antragstellung.

Der von § 28 Satz 1 [X.] aF geforderte [X.] besteht ebenfalls. Nach dem Wortlaut ("weil") muss der Leistungsempfänger deshalb von der Stellung eines Antrags abgesehen haben, weil er sich die Gewährung einer anderen Sozialleistung versprochen hat. Dies setzt voraus, dass er bewusst von einer Antragstellung abgesehen hat und ein Kausalzusammenhang zwischen der Nichtbeantragung der einen und der Geltendmachung der anderen Sozialleistung bestand ([X.] vom 19.10.2010 - [X.] [X.]6/09 R - [X.] 4-4200 § 37 [X.] Rd[X.]7). Nach den Feststellungen des [X.] ging der Kläger zunächst davon aus, auch im streitigen Zeitraum weiterhin einen Anspruch auf [X.]-Leistungen zu haben. Gleichzeitig war ihm bekannt, dass diese Leistungen und das [X.] tatbestandlich in einem Ausschließlichkeitsverhältnis stehen; derjenige, der einerseits einen Anspruch auf Leistungen nach dem [X.] hat, unterfällt andererseits immer dem Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs 5 Satz 1 [X.]. Deshalb nahm der Kläger an, dass auch er im streitigen Zeitraum von [X.] ausgeschlossen war.

Nach Sinn und Zweck von § 28 [X.] genügt dies, um den [X.] zu bejahen. Der Anwendungsbereich von § 28 [X.] ist nicht auf Fallgestaltungen beschränkt, in denen die zunächst geltend gemachte und die vorerst nicht beantragte Leistung in einem Vor-/Nachrangverhältnis stehen, zB weil die zuerst geltend gemachte Leistung auf die vorerst nicht beantragte als Einkommen anzurechnen wäre - wenngleich diese den häufigsten Anwendungsfall darstellen mögen (vgl die der Einfügung von § 28 [X.] vorausgegangene Stellungnahme des [X.] zum Gesetzentwurf der Bundesregierung - Entwurf eines [X.] <[X.]> - Verwaltungsverfahren, BT-Drucks 8/2034 [X.]). § 28 [X.] soll [X.] vermeiden, wenn ein Berechtigter in Erwartung eines positiven Bescheids einen Antrag auf eine andere Leistung nicht gestellt hat (Beschlussempfehlung des [X.] zu dem Entwurf eines [X.] - Verwaltungsverfahren, BT-Drucks 8/4022 [X.] f). Zugleich soll die Regelung des § 28 [X.] verhindern, dass ein Betroffener zeitgleich mehrere Anträge auf verschiedene Leistungen stellen muss, um keinen Rechtsnachteil zu erleiden. Die Sozialverwaltung soll so von der Prüfung (unnötiger) Doppelanträge verschont werden ([X.] vom 19.10.2010 - [X.] [X.]6/09 R - [X.] 4-4200 § 37 [X.] Rd[X.]0; [X.] vom [X.] - [X.] AS 29/13 R - [X.], 225 = [X.] 4-4200 § 37 [X.], Rd[X.]6).

d) Nicht abschließend beurteilen lässt sich jedoch, ob und in welcher Höhe der Kläger im streitigen Zeitraum hilfebedürftig war.

aa) [X.] ist gemäß § 9 Abs 1 [X.], wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Gemäß § 11 Abs 1 Satz 1 [X.] sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b [X.] abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a [X.] genannten Einnahmen als Einkommen zu berücksichtigen. Einkommen iS des § 11 Abs 1 Satz 1 [X.] ist grundsätzlich alles, was eine leistungsberechtigte Person von dem Tag an, auf den die Antragstellung zurückwirkt, wertmäßig zusätzlich erhält. Es ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (modifizierte Zuflusstheorie; stRspr; s nur [X.] vom 23.8.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.]2 Rd[X.]0; [X.] vom [X.] - [X.] [X.]/18 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.]6 Rd[X.]4).

bb) Zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, dass die Leistungen nach dem [X.] dem Grunde nach als Einkommen iS von § 11 [X.] anzurechnen sind. Die spätere Aufhebung der Leistungsbewilligung hat keinen Einfluss auf die Anrechenbarkeit der [X.]-Leistungen als Einkommen. Es sind zwar nur solche Einnahmen als Einkommen iS des § 11 Abs 1 [X.] anzusehen, die dem [X.]en zur endgültigen Verwendung verbleiben (stRspr; s etwa [X.] vom 8.12.2020 - [X.] [X.]/20 R - [X.], 123 = [X.] 4-4200 § 11 [X.]9, Rd[X.]5). Jedenfalls, sofern eine Verpflichtung zur Rückzahlung der laufenden Einnahme erst nach dem Monat begründet wird, für den sie berücksichtigt werden soll (zum Monatsprinzip s etwa [X.] vom [X.] - [X.] [X.]/18 R - [X.] 4-4200 § 41a [X.] Rd[X.]0 mwN), steht dem [X.]en die Leistung aber als "bereites Mittel" in dem Monat des Zuflusses zur Verfügung ([X.] vom 23.8.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.]3 Rd[X.]3 f; vgl auch [X.] [X.] [X.]/13 R - [X.], 136 = [X.] 4-4200 § 11 [X.]4, Rd[X.]4). So wie der Sozialleistungsträger an die Zuerkennung des Leistungsanspruchs gebunden war, solange der Bewilligungsbescheid Bestand hatte, stand auch dem Kläger in dieser Zeit ein Rechtsgrund für das Behalten der Leistung zur Seite.

Die Berücksichtigung der Leistungen nach dem [X.] als Einkommen verstößt auch nicht gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum (zu diesem zuletzt [X.] vom 19.10.2022 - 1 BvL 3/21 - NJW 2023, 37 Rd[X.] 53 ff mwN). Dieses Grundrecht greift dann ein, wenn und soweit andere Mittel zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht zur Verfügung stehen ([X.] vom [X.] - 1 BvR 2556/09 - [X.]K 17, 375, 377 f = [X.] 4-4200 § 11 [X.]3, Rd[X.]3 f, auch zum Folgenden). Es ist nicht wegen Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG erforderlich, dass solche Einnahmen von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen sind, auf die der [X.]e zur Deckung seines Existenzminimums tatsächlich zurückgreifen kann. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist es notwendig, aber auch ausreichend, dass das Existenzminimum gedeckt werden kann, ohne dass es auf den Rechtsgrund der Einnahme oder die subjektive Verwendungsabsicht des [X.]en ankäme. Dem Kläger standen in den streitigen Monaten die Leistungen nach dem [X.] zur Verfügung, um seinen tatsächlichen Lebensbedarf zu decken. Ein Anspruch, die Entstehung von Schulden zu vermeiden, die sich aus der späteren Rückforderung der [X.]-Leistungen letztlich ergaben, lässt sich aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG nicht herleiten. Ob ein Erlass der Rückforderung in Betracht kommt, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung.

§ 28 [X.] aF steht einer Berücksichtigung als Einkommen ebenfalls nicht entgegen. Die Vorschrift ersetzt nicht die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen eines Leistungsanspruchs, wozu - bezogen auf das vom Kläger begehrte [X.] - auch die [X.]keit iS von § 9 [X.] zählt ([X.] vom 19.10.2010 - [X.] [X.]6/09 R - [X.] 4-4200 § 37 [X.] Rd[X.]9 unter Verweis auf [X.] vom 19.3.1986 - 7 [X.] - [X.] 1300 § 28 [X.] - juris Rd[X.]6; [X.] vom 10.10.2002 - [X.] U 10/02 R - juris Rd[X.]2). Dies gilt nicht nur, wenn der Antrag auf die zuerst geltend gemachte Leistung abgelehnt worden ist (vgl dazu [X.] vom 19.10.2010 - [X.] [X.]6/09 R - [X.] 4-4200 § 37 [X.] Rd[X.]9), sondern auch, wenn - wie hier - die zuerst geltend gemachte Leistung zunächst gewährt wurde, nunmehr aber zu erstatten ist (dieses Verständnis liegt im Übrigen auch der zum [X.] nach Ende des streitigen Zeitraums in [X.] getretenen Vorschrift des § 11 Abs 5 [X.] zugrunde, vgl die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks 18/8041 S 66).

Schon nach dem Wortlaut bestimmt § 28 [X.] als Rechtsfolge allein eine Antragsrückwirkung, verhält sich aber zur Berechnung der nachträglich beantragten Leistung nicht.

Systematische Erwägungen stützen dieses Ergebnis. § 28 [X.] enthält keine Regelung dazu, ob die zuerst beantragte Leistung als Einkommen auf den [X.]-Anspruch anzurechnen ist. Denn als Teil des [X.], das grundsätzlich für sämtliche Besonderen Teile des [X.] in gleicher Weise gilt (§ 37 Abs 1 Satz 1 [X.] I, § 1 Abs 1 Satz 1 [X.]), ist die Vorschrift losgelöst von den Eigengesetzlichkeiten der einzelnen Besonderen Teile auszulegen. Es handelt sich um eine bloß verwaltungsverfahrensrechtliche Regelung, die das materielle Recht unberührt lässt. Das in § 40 Abs 7 [X.] für Leistungen nach dem [X.] zusätzlich vorgeschriebene Erfordernis einer unverzüglichen Antragstellung hat allein den Zweck, dass der Zeitraum, für den gegebenenfalls rückwirkend Leistungen nach dem [X.] erbracht werden, überschaubar bleibt (vgl BT-Drucks 16/1410 S 27).

Die entstehungsgeschichtliche Auslegung ist entgegen der Auffassung des [X.] unergiebig. Die Vorgängerregelung des § 9 Abs 4 [X.] (in der vom 1.1.1964 bis zum 31.12.1980 geltenden Fassung, eingefügt durch die Bekanntmachung vom 31.1.1975 <[X.]l 1975 I 412, 415, 420>) erfasste nur Fälle, in denen die zunächst beantragte Leistung abgelehnt wurde. Für diejenigen Fallgestaltungen, in denen die zunächst beantragte Leistung zu erstatten ist, lassen sich aus der Entstehungsgeschichte keine Schlüsse ziehen.

Auch nach seinem Sinn und Zweck schließt § 28 [X.] die Anrechnung der zu erstattenden Leistung als Einkommen nicht aus. Die Vorschrift soll [X.] vermeiden, die dadurch entstehen, dass die zunächst beantragte Leistung zu erstatten ist und die Leistung von einem anderen Leistungsträger, die stattdessen hätte in Anspruch genommen werden können, wegen des Verstreichens der Antragsfrist oder des fehlenden Antrags nicht für einen abgelaufenen Zeitraum gewährt werden kann. § 28 [X.] regelt insoweit zwei Spezialfälle der Wiedereinsetzung bei verspäteter Antragstellung auf eine Sozialleistung (vgl [X.] vom [X.] - [X.] AS 29/13 R - [X.], 225 = [X.] 4-4200 § 37 [X.], Rd[X.]5 mwN). Würden die [X.]-Leistungen nicht als Einkommen angerechnet, würde der Kläger indessen besser gestellt, als wenn er unmittelbar im April 2016 einen Antrag auf [X.] gestellt hätte. In diesem Fall wären die Leistungen, die als bereite Mittel zur Verfügung standen, ohne Weiteres als Einkommen anzurechnen gewesen (vgl [X.], NZS 2022, 396).

cc) Es fehlt jedoch an konkreten Feststellungen, zu welchem genauen Zeitpunkt und in welcher Höhe dem Kläger die Leistungen nach dem [X.] tatsächlich zugeflossen sind. Aufgrund des im [X.] geltenden Monats- sowie Zuflussprinzips ist Einkommen grundsätzlich in dem Monat anzurechnen, in dem es tatsächlich zugeflossen ist. Allein daraus, dass das [X.] von dem monatlichen [X.]-Anspruch jeweils für diesen Monat bewilligte [X.]-Leistungen in Abzug gebracht hat, kann - auch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der weiteren Feststellungen - nicht gefolgert werden, dass und in welcher konkreten Höhe die [X.]-Leistungen in den einzelnen Monaten zugeflossen sind. Entsprechende Feststellungen wird das [X.] im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben, sodass ein weiteres Eingehen auf die hierauf gerichtete Verfahrensrüge des [X.] entbehrlich ist.

3. Bei seiner erneuten Entscheidung wird das [X.] zu berücksichtigen haben, dass Leistungen nach dem [X.] gemäß § 11a Abs 3 Satz 1 [X.] in der bis zum [X.] geltenden Fassung iHv 20 % des [X.] eines Auszubildenden in entsprechender Ausbildungsform, der nicht bei seinen Eltern wohnt, wegen seiner Zweckbestimmung nicht als Einkommen anrechenbar waren (vgl zu § 11 Abs 3 [X.] Buchst a [X.] in der bis zum [X.] geltenden Fassung [X.] vom 17.3.2009 - [X.] [X.]/07 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.]1 Rd[X.]8 ff). Dieser Anteil der [X.]-Leistungen diente nicht der Sicherung des Lebensunterhalts, sondern der Deckung der Ausbildungskosten (zu den Zwecken des [X.] s § 1 [X.]).

Der Anwendung von § 11a Abs 3 Satz 1 [X.] steht nicht entgegen, dass der Kläger im konkreten Fall den auf die Deckung der Ausbildungskosten entfallenden Anteil nicht zweckgerecht verwenden konnte, weil er die Schule nicht mehr besuchte. Nur eine pauschale Betrachtungsweise bei der Anwendung von § 11a Abs 3 Satz 1 [X.] auf Leistungen nach dem [X.] wird den Anforderungen einer Massenverwaltung gerecht (vgl [X.] vom 17.3.2009 - [X.] [X.]/07 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.]1 Rd[X.]8).

4. Weiterhin wird das [X.] zu berücksichtigen haben, dass sich der vom Beklagten für den streitigen Zeitraum bereits gewährte [X.] (§ 27 Abs 3 [X.] in der bis zum [X.] geltenden Fassung) nicht mindernd auf den [X.]-Anspruch auswirkt.

a) Die Auszahlung des Zuschusses hat nicht zur teilweisen Erfüllung (§ 362 [X.]) des [X.]-Anspruchs geführt, da es sich bei den Leistungen nach § 27 [X.] einerseits und dem [X.] andererseits nach dem oben Gesagten um unterschiedliche Leistungen handelt (s oben 2. c> bb>).

b) Die Gewährung des [X.] hat zudem nicht zu einer Minderung des berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft (KdU)-Bedarfs (§ 22 Abs 1 [X.] I) als solchem geführt. Zur Bestimmung des anzuerkennenden Bedarfs für die Unterkunft ist von den tatsächlichen Aufwendungen auszugehen (stRspr; s nur [X.] vom 5.8.2021 - [X.] [X.]/20 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.]19 Rd[X.]7). Soweit demgegenüber etwa empfangener Untermietzins unmittelbar zu einer Bedarfsminderung führt, folgt dies daraus, dass die Untervermietung in § 22 Abs 1 Satz 3 [X.] ausdrücklich als Maßnahme zur Kostensenkung aufgeführt ist (s [X.] vom 6.8.2014 - [X.] [X.]/13 R - juris Rd[X.]1 ff).

c) Auch ansonsten besteht keine Grundlage dafür, dass der empfangene [X.] den bei der Berechnung des [X.] zugrunde zu legenden Bedarf für Unterkunft und Heizung mindert. Die gesetzlichen Regelungen nehmen in Kauf, dass Konstellationen wie die vorliegende auftreten können, in denen ein [X.] gewährt wird, obwohl dessen Empfänger für diesen Zeitraum an sich Anspruch auf [X.] hätte.

Gemäß § 27 Abs 3 Satz 1 Halbsatz 1 [X.] aF war für die Gewährung eines [X.] allein erforderlich, dass Auszubildende [X.] nach Maßgabe des [X.] oder des [X.]I "erhalten". Dieses Tatbestandsmerkmal ist jedenfalls dann erfüllt, wenn die genannten Leistungen tatsächlich gezahlt werden ([X.] in [X.], Handbuch der Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2014, 208 - [X.] für Auszubildende, Rd[X.] 5; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl 2011, § 27 Rd[X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 27 Rd[X.]7, Stand Februar 2017). Dagegen erforderte die Gewährung eines [X.] nicht, dass ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 [X.] bestand.

Dass der Anspruch auf einen [X.] nicht an das Bestehen eines [X.] nach § 7 Abs 5 [X.] geknüpft war, diente der Verwaltungsvereinfachung. Die Jobcenter sollten von der Prüfung entlastet werden, ob die Ausbildung derjenigen Personen, die einen [X.] geltend machten, nach Maßgabe von § 2 [X.] abstrakt förderungsfähig war (vgl die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks 17/3404 [X.]; aA insoweit die in der Literatur vorherrschende Ansicht, die diese Passage auf § 27 Abs 3 Halbsatz 2 [X.] aF bezog, wonach ein Zuschuss auch dann gewährt wurde, wenn [X.] nur wegen der Anrechnung von Einkommen nicht geleistet wird: [X.] in [X.], aaO Rd[X.]; [X.] in BeckOK [X.], Stand April 2016, § 27 [X.] Rd[X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl 2011, § 27 Rd[X.]; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/Waltermann, 4. Aufl 2015, § 27 [X.] Rd[X.] 5; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 27 Rd[X.]8, Stand Februar 2017). Soweit eine Bewilligungsentscheidung nach dem [X.] existierte, war zumindest typischerweise davon auszugehen, dass der Antragsteller eine abstrakt förderungsfähige Ausbildung absolvierte und damit dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 Satz 1 [X.] unterfiel.

d) Als Einkommen iS von § 11 [X.] ist der Zuschuss ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Dem steht § 11a Abs 1 [X.] [X.] entgegen, wonach die Berücksichtigung von Leistungen nach dem [X.] - und damit auch des [X.] - als Einkommen ausgeschlossen ist. Anders als § 19 Abs 1 [X.] aF, der lediglich das [X.] definiert (siehe oben), erfasst § 11a Abs 1 [X.] [X.] unterschiedslos alle Leistungen nach dem [X.]. Eine teleologische Reduktion in der Weise, dass der [X.] von diesem Verbot auszunehmen ist, kommt nicht in Betracht (zu den Voraussetzungen der teleologischen Reduktion [X.] vom [X.] - B 5 RS 1/19 R - [X.] 4-8570 § 6 [X.]0 Rd[X.]0 mwN), schon weil sich den entstehungsgeschichtlichen Materialien nicht entnehmen lässt, dass der weite Wortlaut der Norm nicht von einem entsprechenden Willen des Gesetzgebers getragen wäre.

e) Schließlich kommt eine Anrechnung des Zuschusses auf den [X.] auch nach § 22 Abs 3 [X.] - der die Behandlung von den Bedarfen für Unterkunft und Heizung zurechenbaren Rückzahlungen und Guthaben regelt - nicht in Betracht. Die Vorschrift trifft lediglich eine von § 19 Abs 3 Satz 2 [X.] abweichende [X.] und modifiziert den Zeitpunkt des Zuflusses des Einkommens (zuletzt [X.] vom 24.6.2020 - [X.] AS 7/20 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.]07 Rd[X.]3 ff). So soll erreicht werden, dass diese Einnahmen auf den [X.] angerechnet werden und dadurch die Last des kommunalen Trägers mindern. Eine Anrechnung nach § 22 Abs 3 [X.] setzt aber gerade eine - hier nicht gegebene - grundsätzliche Berücksichtigungsfähigkeit der betreffenden Einnahmen als Einkommen iS von § 11 [X.] voraus.

f) Inwieweit der Beklagte die beiden jeweils vom [X.] datierenden Bewilligungen des [X.] für den streitigen Zeitraum wegen Rechtswidrigkeit aufheben und Leistungen zurückfordern kann, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

5. Die Kostenentscheidung bleibt dem [X.] vorbehalten.

        

Burkiczak

B. Schmidt

Söhngen

Meta

B 4 AS 86/21 R

06.06.2023

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Kiel, 7. Februar 2020, Az: S 36 AS 1011/16, Urteil

§ 7 Abs 5 S 1 SGB 2, § 11 Abs 1 S 1 SGB 2, § 11a Abs 1 Nr 1 SGB 2, § 11a Abs 3 S 1 SGB 2 vom 13.05.2011, § 22 Abs 1 SGB 2, § 22 Abs 3 SGB 2, § 27 Abs 3 S 1 SGB 2 vom 20.12.2011, § 37 Abs 1 SGB 2, § 37 Abs 2 S 1 SGB 2, § 37 Abs 2 S 2 SGB 2, § 40 Abs 1 S 1 SGB 2, § 40 Abs 7 SGB 2, § 28 S 1 SGB 10 vom 18.01.2001, § 15 Abs 2a BAföG, § 362 BGB, Art 1 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 06.06.2023, Az. B 4 AS 86/21 R (REWIS RS 2023, 6172)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6172

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