Bundessozialgericht, Urteil vom 29.02.2012, Az. B 12 KR 19/09 R

12. Senat | REWIS RS 2012, 8664

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - Beitragserhebung aus Renten der französischen Zusatzrentensysteme ARRCO und AGIRC - Versorgungsbezüge - Element des Beitrags(tragungs)tatbestands - Gegenstand eines feststellenden Verwaltungsakts - Auslegung des Inhalts von Verwaltungsakten - Beitragsbemessung nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz - Verfassungsmäßigkeit


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Oktober 2009 aufgehoben.

Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 19. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.

Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erhebung von [X.] aus laufenden Leistungen, die der Kläger aus den [X.] Zusatzalterssicherungssystemen [X.] und [X.] erhält.

2

Der 1940 geborene Kläger bezieht seit Oktober 2000 eine Rente der ([X.]) gesetzlichen Rentenversicherung und ist seit [X.] als Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Daneben erhält er von der [X.] eine Rente der allgemeinen [X.] Rentenversicherung sowie von den Trägerorganisationen [X.] und [X.] jeweils laufende Leistungen aus den Zusatz-Alterssicherungssystemen [X.] und [X.] (im Folgenden: [X.] [X.]). Die [X.] [X.] machten im April 2002 (ohne die [X.] Rente) etwa drei Viertel seines Gesamtalterseinkommens aus.

3

Mit Bescheid vom 27.3.2002 stellte die beklagte [X.] die Versicherungspflicht des [X.] als Rentner in der [X.] ab [X.] fest und führte [X.] aus: "Für Ihre Beitragsbelastung ab [X.] gilt Folgendes: Die [X.] von [X.] und [X.] (beide aus [X.]) unterliegen als betriebliche [X.] der Beitragspflicht." Mit Bescheid vom [X.] setzte die Beklagte [X.]sbeiträge aus diesen Leistungen ab [X.] fest und übernahm die genannten Ausführungen zu deren Beitragspflicht als "betriebliche [X.]" wortgleich aus dem vorangegangenen Schreiben. Mit dem nachfolgenden Bescheid vom [X.] setzte die Beklagte die [X.]sbeiträge wegen Änderungen in der Beitragsbemessungsgrundlage ab [X.] neu fest. Im Hinblick auf die zum 1.1.2004 wirksam werdenden, auf dem [X.] beruhenden Rechtsänderungen teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 2.12.2003 [X.] mit, dass Krankenversicherungsbeiträge aus Versorgungsbezügen ab 1.1.2004 unter Berücksichtigung des vollen allgemeinen Beitragssatzes zu berechnen seien. Unter Bezugnahme hierauf wandte sich der Kläger gegen die "Erhöhung des monatlichen Beitragssatzes um ca 100 %" für seine [X.] [X.] ab 1.1.2004 und bat die Beklagte um Bestätigung, dass für diese "nur die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes" gelte. Zur Begründung führte er [X.] aus, dass es sich bei den [X.] [X.] nicht um Betriebsrenten oder ähnliche Versorgungsbezüge handele (Schreiben des [X.] vom [X.]). Die Beklagte reagierte darauf mit Schreiben vom 2.2.2004, betonte, dass es sich bei den [X.] [X.] um Versorgungsbezüge iS des § 229 [X.] handele, und fügte hinzu, dass dies "bereits seit Jahren mehrfach besprochen" sei, sich "an dieser Rechtsauslegung" auch zum 1.1.2004 "nichts geändert" habe und es deshalb bei der Beitragsberechnung … "verbleibe". Der Kläger erhob gegen die "neue Beitragsberechnung des (vollen) Beitragssatzes für die [X.] [X.]" unter Bezugnahme auf dieses Schreiben Widerspruch und bat die Beklagte, von dieser "außerordentlich hohen Mehrbelastung (Verdoppelung des Beitrags …) Abstand zu nehmen" (Widerspruch vom [X.]). Mit Bescheid vom 3.3.2004 setzte die Klägerin die [X.]sbeiträge wegen Veränderungen der Beitragsbemessungsgrundlage ab 1.1.2003 und unter Berücksichtigung des vollen allgemeinen Beitragssatzes ab 1.1.2004 neu fest. Der Kläger wandte sich daraufhin erneut "gegen die Beitragsberechnung ab 1.1.2004" und trug [X.] vor, dass es sich bei seinen [X.] [X.] "nicht um Versorgungsbezüge ähnlich wie in [X.] die Betriebsrenten, sondern um gesetzliche Renten und gesetzliche [X.] …" handele (Widerspruch vom 15.3.2004).

4

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.5.2004 wies die Beklagte den wegen der "Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge aus Versorgungsbezügen mit dem vollen allgemeinen Beitragssatz ab 1.1.2004" erhobenen Widerspruch des [X.] zurück. Bei den [X.] [X.] handele es sich um Versorgungsbezüge iS des § 229 [X.]. Das sei bereits durch bestandskräftigen Bescheid festgestellt und dem Kläger mit Schreiben vom 2.2.2004 später nochmals erläutert worden. Die Krankenversicherungsbeiträge habe sie ab 1.1.2004 zutreffend nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz erhoben.

5

Der Kläger hat Klage erhoben und beantragt, den Bescheid der Beklagten vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.5.2004 aufzuheben. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte die [X.]sbeiträge mit Bescheid vom 14.4.2005 wegen Änderungen in der Beitragsbemessungsgrundlage ab 1.1.2004 neu festgesetzt. Mit Urteil vom 19.12.2005 hat das [X.] die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das L[X.] mit Urteil vom [X.] das erstinstanzliche Urteil sowie die "Bescheide" der Beklagten vom [X.], 2.2.2004 und 3.3.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.5.2005 und den Bescheid vom 14.4.2005 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Weil die Beklagte unter dem 2.2.2004 über die Beitragspflicht der [X.] [X.] als Versorgungsbezüge erneut entschieden habe, könne das im Gerichtsverfahren überprüft werden. Die [X.] unterlägen allerdings nicht der Beitragspflicht in der [X.], sodass Beiträge zu diesen [X.] für die streitige Zeit vom [X.] bis [X.] nicht hätten erhoben werden dürfen. Beitragspflicht bestehe deshalb nicht, weil [X.] [X.], wie sie der Kläger beziehe, wegen einer Notifizierung der [X.] Regierung unter Bezugnahme auf Art 1 Buchst j der [X.] 1408/71 Leistungen nach Art 4 Abs 1 Buchst c [X.] 1408/71 und damit ihrer Art nach Renten darstellten, die in der [X.] Krankenversicherung nicht verbeitragt werden dürften.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 229 Abs 1 S 1 [X.], [X.] [X.]. Bei seiner Abgrenzung der Renten von den Versorgungsbezügen habe das L[X.] Art 4 Abs 1 Buchst c [X.] 1408/71 fehlerhaft ausgelegt. Diese Vorschrift bezwecke lediglich die Festlegung des sachlichen Geltungsbereichs der Verordnung. Für die Einordnung und Bewertung der [X.] [X.] als gesetzliche Renten oder Versorgungsbezüge besage sie indessen nichts. Insoweit komme es für die Beurteilung als beitragspflichtige Einnahmen - auch auf der Grundlage der Rechtsprechung des [X.] - allein auf das nationale, hier das [X.] Sozialversicherungsrecht an. Nach [X.]m Recht seien aber alle Voraussetzungen für die Annahme erfüllt, dass es sich bei den [X.] um Versorgungsbezüge iS des § 229 [X.] handele.

7

Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des [X.] vom [X.] aufzuheben und die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 19.12.2005 zurückzuweisen.

8

Der Kläger stellt keinen Antrag und äußert sich auch in der Sache nicht.

9

Mit Schreiben vom 7.12.2011 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass Bedenken bestehen, ob über die Beitragspflicht der [X.] [X.] als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) im vorliegenden Revisionsverfahren inhaltlich (überhaupt) noch zu entscheiden ist.

Unter dem 14.2.2012 hat die Beklagte die angefochtenen Ausgangsbescheide aufgehoben, soweit darin auch Pflegeversicherungsbeiträge festgesetzt wurden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der [X.]n ist begründet, sodass das Urteil des [X.] aufzuheben und die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] zurückzuweisen war. Hierüber durfte der [X.] durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 165, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 [X.]G) entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.

1. Im Revisionsverfahren zu überprüfen ist der Bescheid der [X.]n vom [X.], daneben das vom [X.] als Bescheid angesehene - mit Widerspruch vom [X.] angefochtene - Schreiben der [X.]n vom 2.2.2004 und der - mit Widerspruch vom 15.3.2004 angefochtene - Bescheid vom 3.3.2004, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.5.2004. Nachdem der Klageantrag das Schreiben vom 2.2.2004 und den Bescheid vom 3.3.2004 ursprünglich nicht umfasst und das [X.] hierüber auch nicht befunden hatte, hat das Berufungsgericht diese - bei Zugrundelegung des [X.] als Bescheid - zutreffend in sein Verfahren einbezogen. Der [X.] kann dabei offenlassen, ob eine Einbeziehung solcher Ausgangsbescheide im Wege einer bloßen Klarstellung des Streitgegenstands erfolgt, als Erweiterung des Klageantrags nach § 99 Abs 3 [X.] [X.]G oder als Klageänderung. Jedenfalls hat die [X.] in deren Einbeziehung eingewilligt, diese war auch sachdienlich.

Zu beurteilen ist ferner der Bescheid der [X.]n vom 14.4.2005. Dieser bereits während des Klageverfahrens ergangene, vom [X.] aber nicht berücksichtigte Bescheid ist nach § 96 Abs 1 [X.]G in seiner bis zum 31.3.2008 geltenden Fassung Verfahrensgegenstand geworden, weil er den vorangegangenen Bescheid der [X.]n vom 3.3.2004 über die Beitragsfestsetzung aus den [X.] Zusatzrenten für die [X.] ab 1.1.2004 ersetzt.

Ob die Festsetzung von Beiträgen aus den [X.] Zusatzrenten rechtmäßig ist, ist lediglich für den [X.]raum vom [X.] (Beginn der Versicherungspflicht) bis [X.] zu prüfen, nachdem sich die [X.] in einem in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren geschlossenen Teilvergleich dazu verpflichtet hat, die "ab 2006 ergangenen Beitragsbescheide" entsprechend dem Ausgang des Rechtsstreits erneut zu überprüfen, und der Kläger sein Begehren insoweit beschränkt hat. Der revisionsgerichtlichen Beurteilung unterliegt auch nur (noch) die Festsetzung der Krankenversicherungsbeiträge, nachdem die [X.] im Revisionsverfahren ihre (Beitrags)Bescheide hinsichtlich der Festsetzung der Beiträge zur [X.] Pflegeversicherung aufgehoben hat.

2. Die Revision der [X.]n hat Erfolg. Das [X.] hat die gegen die Bescheide der [X.]n erhobene Anfechtungsklage im Ergebnis zutreffend abgewiesen. Die gegen den Bescheid der [X.]n vom [X.] (dazu a) und ihr Schreiben vom 2.2.2004 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.5.2004) (dazu b) erhobene Klage ist allerdings bereits unzulässig. Zulässig, aber unbegründet ist demgegenüber die Klage gegen den Bescheid vom 3.3.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.5.2004 und den in das Gerichtsverfahren einbezogenen Bescheid vom 14.4.2005 (dazu c).

a) Die gegen den Bescheid der [X.]n vom [X.] gerichtete Anfechtungsklage ist unzulässig. Der Bescheid, der neben der (ersten) Beitragsfestsetzung für die [X.] ab [X.] auch den Passus enthält: "Wie bereits bekannt, gilt für Ihre Beitragsbelastung ab 01.04.2002 Folgendes: … Die Zusatzrenten von [X.] und [X.] (beide aus [X.]) unterliegen als betriebliche Zusatzrenten der Beitragspflicht", war im [X.]punkt der Klageerhebung bereits (formell) bestandskräftig. Gegen den Bescheid, dem eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht beigefügt war, wurden nämlich innerhalb der Jahresfrist des § 66 Abs 2 [X.]G Rechtsbehelfe nicht eingelegt.

Der [X.] kann offenlassen, ob die [X.] mit diesem oder bereits dem früheren - hier nicht angefochtenen - Bescheid vom 27.3.2002 oder mit beiden Bescheiden (auch) über die Beitragspflicht der [X.] Zusatzrenten entschieden hat, was zur Folge hätte, dass der Bescheid vom [X.] jenen nur wiederholte oder eine weitere neue Sachentscheidung darstellte. Denn auch der Bescheid vom 27.3.2002 war - mangels fristgerechter Einlegung eines Rechtsbehelfs - (formell) bestandskräftig. Die weiteren vom Kläger angefochtenen Bescheide der [X.]n vom 3.3.2004 und 14.4.2005 enthielten demgegenüber nur noch Beitrags(neu)festsetzungen infolge veränderter [X.] bzw veränderten Beitragssatzes.

Die [X.] hat damit dem Kläger gegenüber eigenständig und mit bindender Wirkung (§ 77 [X.]G) festgestellt, dass die [X.] Zusatzrenten als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) iS des § 229 Abs 1 [X.]B V anzusehen sind und deshalb der Beitragspflicht zur Krankenversicherung unterliegen. Zwar hat sie sich bei dieser Feststellung insoweit auf ein einzelnes Element des Beitrags(tragungs)tatbestandes beschränkt. Das ist jedoch nicht zu beanstanden. Grundsätzlich dürfen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung eine einzelne Größe zur Bemessung des Krankenversicherungsbeitrags nicht für sich zum Gegenstand eines feststellenden Verwaltungsakts machen (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] KR 5/05 R, juris Rd[X.] 9). Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s (vgl B[X.]E 70, 105, 106 f = [X.] 3-2500 § 229 [X.] f; ferner B[X.]E 58, 10 = [X.] 2200 § 180 [X.]5 und [X.] aaO, [X.]) ist jedoch - in Abweichung hiervon - die Beitragspflicht von Einnahmen als Element des Beitrags(tragungs)tatbestandes gesondert feststellungsfähig.

Die gegen den bestandskräftigen feststellenden Verwaltungsakt über die Beitragspflicht der [X.] Zusatzrenten erhobene Klage ist nicht deshalb (gleichwohl) zulässig, weil die [X.] über einen hiergegen gerichteten Widerspruch des [X.] mit Widerspruchsbescheid vom 17.5.2004 in der Sache entschieden hätte, dadurch eine "Heilung" der Fristversäumung eingetreten und ein (Rechtsbehelfs)Verfahren zur Überprüfung der Beitragspflicht (wieder) "eröffnet" worden wäre. Ein solches - als verfristeter Widerspruch auszulegendes - Überprüfungsbegehren des [X.] ist nicht erkennbar. Es könnte allenfalls in seinem Schreiben vom [X.] gesehen werden. Mit diesem hat sich der Kläger jedoch - wenn auch unter Hinweis auf das Fehlen der Beitragspflicht als einer der (Grund)Voraussetzungen der Beitragserhebung - (explizit) nur zu der Mitteilung der [X.]n vom 2.12.2003 geäußert, dass Beiträge aus Versorgungsbezügen ab Januar 2004 nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz zu berechnen seien. Dieses Verständnis liegt auch dem Widerspruchsbescheid vom 17.5.2004 zugrunde. Denn mit ihm hat die [X.] vom Standpunkt des [X.] aus unter Berücksichtigung seines objektiven Erklärungswerts keine Überprüfung ihrer Feststellungen zur Beitragspflicht der [X.] Zusatzrenten im Rechtsbehelfsverfahren vorgenommen, sondern sich allein auf den Hinweis zur Bestandskraft (ihres Bescheides vom [X.]) beschränkt.

b) Die Anfechtungsklage ist auch unzulässig, soweit sie sich gegen das vom [X.] als Bescheid angesehene Schreiben der [X.]n vom 2.2.2004 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.5.2004) richtet. Weil das Schreiben keinen Verwaltungsakt enthält und der Kläger aufgrund der Begleitumstände dieses Schreibens auch nicht davon ausgehen musste - und wie sich aus seinen Widersprüchen vom [X.] und 15.3.2004 ergibt (dazu unten) - tatsächlich auch nicht davon ausgegangen ist, dass hiermit von der [X.]n einseitige und konkrete, verbindliche, der Rechtsbeständigkeit fähige Feststellungen gewollt waren (zur [X.] in solchen Fällen vgl B[X.] [X.] 4-2600 § 2 [X.] Rd[X.]6; Urteil des [X.]s vom [X.] - [X.] KR 5/05 R, juris Rd[X.] 9), ist die Anfechtungsklage nicht statthaft. Weder handelt es sich bei dem Schreiben vom 2.2.2004 nämlich um eine weitere neue Sachentscheidung der [X.]n über die Feststellung der Beitragspflicht, die ein Verfahren zur Überprüfung der Beitragspflicht insoweit (neu) "eröffnete", noch hat die [X.] unter dem 2.2.2004 auf einen nach § 44 [X.]B X gestellten Antrag des [X.] die Aufnahme eines entsprechenden Überprüfungsverfahrens abgelehnt oder nach Aufnahme und erneuter Sachentscheidung einen für den Kläger negativen Zweitbescheid erlassen. In diesen Fällen fehlte für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage im Zweifel auch das Vorverfahren (dazu unten).

Der vom Berufungsgericht hierzu vertretenen Auffassung folgt der [X.] nicht, weil die Bewertung des Schriftverkehrs zwischen dem Kläger und der [X.]n insoweit zu einem anderen Ergebnis führt. Zum einen wollte der Kläger mit seinem Schreiben vom [X.] keine Überprüfung - und zwar auch keine solche nach § 44 [X.]B X - erreichen (dazu oben a). Zum anderen befand die [X.] mit ihrem Schreiben vom 2.2.2004 vom Standpunkt des [X.] aus unter Berücksichtigung des objektiven Erklärungswerts dieses Schreibens nicht über einen solchen Überprüfungsantrag und traf auch keine neue Sachentscheidung über die Beitragspflicht der [X.] Zusatzrenten. Sie teilte vielmehr (nur) - unter Hinweis auf zurückliegende Korrespondenz - mit, dass sich an ihrer Auslegung "nichts geändert" habe und es deshalb bei der Beitragserhebung "verbleibe". Der [X.] ist im Revisionsverfahren befugt, den Inhalt von Verwaltungsakten (und Schreiben) selbstständig - und damit auch abweichend von den Vorinstanzen - auszulegen, dh, die sich aus ihnen ergebenden Rechtsfolgen selbstständig zu bestimmen, etwa soweit es um die vollständige Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände und die Beachtung der gesetzlichen Auslegungsregeln geht (stRspr des B[X.], vgl zB [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 10. Aufl 2012, § 162 Rd[X.]b [X.]; B[X.]E 48, 56, 58 f = [X.] 2200 § 368a [X.]).

Ebenso wenig hat die [X.] in ihrem Widerspruchsbescheid vom 17.5.2004 - was abschließend zu prüfen ist - in der Sache über die Beitragspflicht der [X.] Zusatzrenten entschieden. Sie hat also auch insoweit das Verfahren nicht (wieder) "eröffnet". Vom Standpunkt des [X.] aus unter Berücksichtigung seines objektiven Erklärungswerts ist im Widerspruchsbescheid (selbst) weder eine weitere neue Sachentscheidung über die Beitragspflicht getroffen worden noch enthält dieser (selbst) eine Entscheidung im Überprüfungsverfahren nach § 44 [X.]B X. Abgesehen davon, dass sich die [X.] in ihrem Widerspruchsbescheid darauf beschränkt hat, die Beitragspflicht der [X.] Zusatzrenten als bestandskräftig festgestellt zu bezeichnen, und ihr Schreiben vom 2.2.2004 als (bloßes) Erläuterungsschreiben vorgestellt hat (und solche Entscheidungen von ihr als Widerspruchsbehörde auch gar nicht getroffen werden dürften), hat sich der Kläger mit seinen Widersprüchen vom [X.] und 15.3.2004 gegen die Beitragspflicht dieser Einnahmen auch (gar) nicht gewandt. Weil er sich dort jedenfalls mit der Anwendung des halben allgemeinen Beitragssatzes auf diese Einnahmen einverstanden erklärt hat, hat er deren Beitragspflicht akzeptiert.

c) Die gegen den Bescheid der [X.]n vom 3.3.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.5.2004 und den in das Gerichtsverfahren einbezogenen Bescheid vom 14.4.2005 erhobene Anfechtungsklage ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

In diesen Bescheiden hat die [X.], ohne sich mit der Beitragspflicht der [X.] Zusatzrenten als (Grund)Voraussetzung der Beitragserhebung [X.] - im Wege einer neuer Sachentscheidung oder in einem Überprüfungsverfahren - zu befassen, über (die) weitere(n) Elemente des Beitrags(tragungs)tatbestandes entschieden und die Krankenversicherungsbeiträge für die [X.] ab 1.3.2003 bzw 1.1.2004 wegen Veränderungen in der Beitragsbemessungsgrundlage und unter Berücksichtigung des vollen allgemeinen Beitragssatzes neu festgesetzt. Die Erhebung von [X.] ab 1.1.2004 in Anwendung des vollen allgemeinen Beitragssatzes, die der Kläger im Rahmen seines um die Höhe der Beiträge geführten Rechtsstreits allein beanstandet, ist indessen rechtmäßig. Zutreffend hat die [X.] mit dem angefochtenen Bescheid vom 3.3.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.5.2004 und dem Bescheid vom 14.4.2005 die aus den [X.] Zusatzrenten vom Kläger zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge unter Berücksichtigung der auf (beitragspflichtige) Versorgungsbezüge ab 1.1.2004 anzuwendenden Vorschrift des § 248 [X.]B V ermittelt. - Soweit es die Erhebung von [X.] für den vorangegangenen [X.]raum - vom [X.] bis 31.12.2002 - betrifft, ist die Beitragsfestsetzung vom Kläger (allerdings) schon deshalb hinzunehmen, weil der (Beitrags)Bescheid vom [X.] und der - hier nicht angefochtene - (Beitrags)Bescheid vom [X.] - wie bereits erörtert (dazu oben a) - (formell) bestandskräftig geworden sind.

Nach § 248 S 1 [X.]B V in der im streitigen [X.]raum maßgebenden, unverändert geltenden Fassung des Art 1 [X.] Buchst a des [X.] der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 ([X.] 2190) gilt bei [X.] - und damit auch bei Rentnern (§ 237 [X.]B V iVm § 226 Abs 1 S 1 [X.] und § 229 [X.]B V) - für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen der jeweils am 1. Juli geltende allgemeine Beitragssatz ihrer Krankenkasse für das folgende Kalenderjahr. Gegen die Berechnung des Betrags aus den [X.] Zusatzrenten in Anwendung dieser Vorschrift und unter Beachtung des satzungsmäßigen allgemeinen Beitragssatzes hat der Kläger Einwendungen nicht erhoben. Die Erhebung von [X.] aus Versorgungsbezügen nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz ist auch in Ansehung des vom Kläger behaupteten "drastischen" und "unvorhergesehenen" Eingriffs in seine Alterssicherung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

§ 248 S 1 [X.]B V hat faktisch eine Verdoppelung der bei versicherungspflichtigen Rentnern aus den Versorgungsbezügen zu zahlenden Beiträge gegenüber dem bis zum 31.12.2003 geltenden Recht bewirkt, denn nach § 248 [X.]B V in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung galt bei [X.] für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen nur die Hälfte des jeweils am 1. Juli geltenden allgemeinen Beitragssatzes ihrer Krankenkasse. Weil nach § 250 Abs 1 [X.] [X.]B V in seiner unveränderten Fassung die Beiträge weiterhin allein vom Mitglied zu tragen sind, trifft die Erhöhung im wirtschaftlichen Ergebnis allein das Mitglied und verdoppelt dessen [X.] aus Versorgungsbezügen.

Versorgungsbezüge sind in der Krankenversicherung bei [X.] wie bei freiwillig Versicherten seit 1983 beitragspflichtige Einnahmen (vgl § 180 Abs 5 bis 8 RVO idF des [X.] 1982 vom 1.12.1981, [X.] 1205). Wie der [X.] bereits in früheren Entscheidungen (vgl Urteile des [X.]s vom [X.] - [X.] KR 29/04 R - [X.] 4-2500 § 248 [X.], vom [X.], [X.] KR 5/05 R - USK 2006-25, [X.] KR 7/05 R - [X.] 2007, 155 - und [X.] KR 21/05 R - [X.] 2007, 155, sowie vom 13.6.2007 - [X.] KR 18/06 R - USK 2007-12) - an denen er festhält - ausgeführt hat, ist er nicht davon überzeugt, dass § 248 [X.]B V verfassungswidrig ist. Insbesondere hat er dargelegt, dass sich an der Zumutbarkeit der jetzigen [X.] auf Versorgungsbezüge nichts ändert, wenn die Belastung von [X.] im Einzelfall - wie hier - aufgrund eines höheren Anteils der Versorgung am individuellen Arbeitseinkommen höher ist. Er hat auch weder eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu freiwillig versicherten Rentenbeziehern gesehen noch einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG angenommen, soweit nach § 248 S 2 [X.]B V für Versorgungsbezüge iS von § 229 Abs 1 S 1 [X.] 4 [X.]B V, dh Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte, weiterhin nur der halbe allgemeine Beitragssatz gilt. Weiter hat der [X.] weder die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 GG als verletzt angesehen noch die Verdoppelung der [X.] auf Versorgungsbezüge als Verletzung des Art 2 Abs 1 GG iVm dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes bewertet. Das [X.] hat in seinem Beschluss vom 28.2.2008 (1 [X.] - [X.] 4-2500 § 248 [X.]) die Verfassungsbeschwerden gegen die Entscheidungen des [X.]s vom [X.] ([X.] KR 3/05 R - [X.] 2007, 154, [X.] KR 5/05 R - aaO, [X.] KR 7/05 R - aaO, [X.] KR 9/05 R - [X.] 2007, 153 und [X.] KR 13/05 R - [X.] 2007, 153) nicht zur Entscheidung angenommen. Im Zusammenhang mit der Verdoppelung der [X.] einer pflichtversicherten Rentnerin mit einer Witwenrente nach dem Soldatenversorgungsgesetz (Urteil des [X.]s vom 13.6.2007 - [X.] KR 18/06 R - USK 2007-12) hat das [X.] § 248 [X.]B V ebenfalls nicht beanstandet (Beschluss vom 7.4.2008 - 1 BvR 2325/07 - [X.] 4-2500 § 248 [X.] 4; vgl außerdem [X.] Beschluss vom 28.5.2008 - 1 BvR 2257/06 - [X.] 4-2500 § 240 [X.]1: Verdoppelung der [X.] für beamtenrechtliche Versorgungsbezüge durch Aufhebung von § 240 Abs 3a [X.]B V). In diesen Entscheidungen hat das [X.] § 248 S 1 [X.]B V als mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG vereinbar angesehen. Einen Verstoß gegen Art 2 Abs 1 GG hat es verneint und ua ausgeführt, die Belastung mit dem vollen allgemeinen Beitragssatz sei auch dann hinzunehmen, wenn die Versorgungsbezüge - wie hier - ausnahmsweise einen hohen Anteil der Alterseinkünfte ausmachten. Es ist weder ersichtlich noch macht der Kläger geltend, dass in seinem Fall Besonderheiten vorliegen, die Anlass zu einer abweichenden verfassungsrechtlichen Beurteilung geben könnten.

3. [X.] folgt aus § 193 [X.]G.

Meta

B 12 KR 19/09 R

29.02.2012

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Stuttgart, 19. Dezember 2005, Az: S 8 KR 3328/04, Urteil

§ 226 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 5, § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB 5, § 229 Abs 1 S 2 SGB 5, § 237 S 1 Nr 2 SGB 5, § 248 S 1 SGB 5 vom 14.11.2003, § 77 SGG, § 96 Abs 1 SGG, § 99 Abs 3 Nr 2 SGG, Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 29.02.2012, Az. B 12 KR 19/09 R (REWIS RS 2012, 8664)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8664

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