Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.09.2009, Az. XA ZR 128/05

Xa- Zivilsenat | REWIS RS 2009, 1653

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Xa ZR 128/05Verkündet am: 17. September 2009 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der [X.] - 2 - Der [X.] des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 17. September 2009 durch [X.], [X.], die Richterin Mühlens und [X.] [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Berufung der Beklagten, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 15. Juni 2005 verkündete Urteil des 4. [X.]s ([X.]) des [X.] abgeändert: Das [X.] Patent 745 307 wird unter Abweisung der [X.] Klage dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass in den Patentansprüchen 1 und 15 jeweils vor dem Wort "includes" und in den Patentansprüchen 7, 13 und 14 jeweils vor den [X.] "the size" die Wörter "for each graphic image" eingefügt [X.]n und die Rückbeziehungen auf Patentansprüche 1 und 7 [X.] die so beschränkte Fassung dieser Patentansprüche betref-fen. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 4/5 und die Beklagte 1/5. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: Die Beklagte ist Inhaberin des unter Inanspruchnahme der Priorität der [X.]n Voranmeldung 94 203 642.7 vom 14. Dezember 1994 (Anlage [X.] zur Nichtigkeitsklage) am 12. Dezember 1995 angemeldeten, auch mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.]n Patents 745 307 (Streitpatents), das u.a. ein "Verfahren zum Übertragen codierter [X.]" betrifft und fünfzehn Patentansprüche umfasst. Patentanspruch 1 lautet in der [X.] wie folgt: 1 "A method of transmitting encoded data defining a graphic image in the form of a rectangular region for display within an [X.] an [X.], the pixels forming said region being individu-ally defined by the encoded data, [X.]." In der Übersetzung der Patentschrift lautet der Patentanspruch: 2 "Verfahren zum Übertragen codierter Daten, die ein graphisches Bild in Form eines rechteckigen [X.]es innerhalb eines aktiven Videogebietes definieren, wobei die Pixel, die das genannte [X.] bilden, durch die codierten Daten einzeln definiert werden, dadurch gekennzeichnet, dass die codierten Daten die Größe und die Lage des genannten [X.]es und eine Zeitmarke umfassen, welche die Zeit darstellt, in der das genannte [X.] [X.] werden soll." Wegen der übrigen Patentansprüche des Streitpatents wird auf die Pa-tentschrift verwiesen. 3 - 4 - Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik, wie ihn insbesondere die Veröffentlichung [X.], Oktober 1995, Abschnitt 6 ([X.]), die Zusammenfassung ("Abstract") der Veröffentlichung der [X.] Patentanmeldung [X.] A ([X.]), das US-Patent 5 208 665 ([X.]) und die [X.]/[X.] 13818-1 ([X.]), 1994, Kapitel 2.6.12, 2.4.3.7 und [X.] bis ausschließlich A.2.2 ([X.]) bildeten, nicht patentfähig. 4 Das Patentgericht hat das Streitpatent in vollem Umfang für nichtig er-klärt. 5 Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. 6 Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit mehreren Anspruchssätzen jeweils in [X.]. Nach Hilfsantrag 1 sollen in den [X.] und 15 jeweils vor dem Wort "includes" die Wörter "for each graphic image" eingefügt werden und die Rückbeziehungen auf Patentansprüche 1 und 7 jeweils die so beschränkte Fassung dieser Patentansprüche betreffen. Die [X.] hat sich damit einverstanden erklärt, dass auch in den weiteren, nicht auf Patentanspruch 1 zurückbezogenen Patentansprüchen entsprechende Ände-rungen vorgenommen werden. Wegen der weiteren Hilfsanträge wird auf die Akten Bezug genommen. 7 Die in der mündlichen Verhandlung nicht vertretene Klägerin ist dem Rechtsmittel entgegengetreten. 8 - 5 - Im Auftrag des [X.]s hat Professor [X.]. [X.], [X.], [X.], [X.], ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. 9 Entscheidungsgründe: Über die Klage ist trotz des [X.] der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung durch streitiges Endurteil zu entscheiden ([X.], Urt. v. 30.4.1996 - [X.], [X.], 757 - [X.]; v. 18.11.2003 - [X.], [X.]. 2004, 171, 172 - Leuchter). 10 Die Berufung der Beklagten hat Erfolg, soweit das Streitpatent zulässi-gerweise mit dem Hilfsantrag 1 verteidigt wird. Dagegen hat das Streitpatent in seiner erteilten Fassung gegenüber dem geltend gemachten [X.] fehlender Patentfähigkeit keinen Bestand (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). 11 I. Das Streitpatent betrifft u.a. ein Verfahren zum [X.], die ein graphisches Bild in Form eines rechteckigen [X.]s innerhalb eines aktiven Videogebiets definieren. 12 1. Die [X.]eibung des Streitpatents gibt an, dass ein bekanntes Ver-fahren zum Übertragen graphischer Bilder unter der Bezeichnung "Teletext" bekannt sei. Das Teletextsystem werde insbesondere zur Übertragung von [X.] bei Fernsehprogrammen verwendet. Die digitale Fernsehnorm [X.] ([X.]/[X.] 13818) werde inzwischen zum Übertragen digitaler Fernsehprogram-me zum Nutzer über verschiedene Übertragungswege weltweit angewandt. Die 13 - 6 - [X.]-Kompressions- und [X.] könne dem Nutzer eine gro-ße Programmauswahl bieten, wofür eine benutzerfreundliche "Mensch-Maschine-Schnittstelle" (man-machine interface) erforderlich sei. Bei [X.] führe der Umfang des [X.] dazu, dass Fernsehpro-gramme häufig für eine Anzahl von Sprachgebieten gesendet würden, wodurch eine mehrsprachige Ausgestaltung der Untertitel erforderlich sein könne. Das bekannte Teletextsystem sei auf die Übertragung von Schriftzeichen beschränkt ("[X.]"). In ihm erfolge die Übertragung von kodierten Daten, die definierten, welche Zeichen dargestellt werden sollten. Die Darstellung nach Schriftart, Zwischenraum, graphischen Möglichkeiten und Far-ben werde durch die Hardware festgelegt. Zudem könne das System komplexe Zeichensätze wie [X.] oder [X.] Zeichen ohne sehr teure und aufwändige Zeichengeneratoren nicht unterstützen. 2. Durch das Streitpatent soll ein gutes Textübertragungssystem zur Verfügung gestellt werden. Weiter soll eine allgemein einsetzbare Lösung für mehrsprachige Untertitelung insbesondere in einer [X.]-Umgebung bereit-gestellt werden (vgl. [X.]. S. 2 Z. 48/49), wobei die Untertitel auch [X.] von ihrem Übertragungszeitpunkt sollen wiedergegeben werden können ([X.]. S. 3 Z. 1 - 5). 14 3. Hierzu wird durch Patentanspruch 1 des Streitpatents ein Verfahren zum [X.] geschützt, 15 (1) wobei die kodierten Daten ein graphisches Bild definieren (1.1) in Form eines rechteckigen [X.]s (1.1.1) innerhalb eines aktiven Videogebiets ([X.] an [X.]), - 7 - (2) wobei die Pixel, die das (rechteckige) [X.] bilden, durch die kodierten Daten einzeln definiert werden, (3) und die kodierten Daten umfassen (3.1) die Größe und die Lage des [X.]s und (3.2) eine Zeitmarke, die die Zeit darstellt, in der das [X.] wiedergegeben werden soll. Dem entsprechen im Wesentlichen auch die weiteren unabhängigen [X.] 7 (Verfahren zum Empfangen kodierter Daten), 13 (Sender zum [X.]), 14 (Empfänger, gekoppelt mit einem Wiedergabe-schirm zum Empfangen kodierter Daten) und 15 (Bildsignal mit kodierten [X.]). 16 Demnach kann bei dem Verfahren nach Patentanspruch 1 des [X.] das Erscheinungsbild von graphischen Bildern pixelweise gesteuert [X.]n, da bitmap- statt zeichenkodierte Regionen vorgesehen sind, die das [X.] überlagern ([X.]. S. 56 - 58). Die Kodierung umfasst dabei (zwin-gend) Lage und Größe des durch die Pixel gebildeten [X.]s und die [X.] (einen "Zeitstempel", "[X.]", [X.]); weitere Kodie-rungen (z.B. nach der darzustellenden Farbe) sind nicht ausgeschlossen. Die Daten können dabei in sog. Packetized-Elementary-Streams-Paketen mit einem Anfangsetikett ("header") und einer Nutzinformation ("payload") innerhalb eines freien Transportstroms (private data stream) übermittelt werden (vgl. die [X.] des Ausführungsbeispiels, auf das der durch den allgemeiner ge-fassten Patentanspruch 1 geschützte Gegenstand allerdings nicht beschränkt ist). Das graphische Bild ("graphic image") umfasst Darstellungen beliebiger Art und - begrenzt durch die Bildschirmgröße - auch Größe (vgl. [X.]. S. 2 Z. 58 17 - 8 - - S. 3 Z. 1). Das rechteckige [X.] kann durch die Koordinate eines Eckpunkts und die Angabe der Höhe und der Breite festgelegt werden. Das Streitpatent beschreibt damit eine Möglichkeit zur Übertragung "gra-phischer Bilder" definierter Größe, deren Inhalte am Empfänger an definierter Stelle in einem Rechteck des aktiven Videogebiets zeitsynchronisiert für eine definierte Zeitdauer dargestellt werden können (Merkmalsgruppe 1). Als An-wendung steht - ohne wiederum hierauf beschränkt zu sein - die Übertragung von Untertiteln im Vordergrund, die am Empfänger synchron zu einem Film dar-gestellt werden. Die notwendigen Informationen über Größe, Lage im aktiven Videogebiet und [X.] werden in kodierter Form mitübertragen ([X.]), wobei Patentanspruch 1 entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf beschränkt ist, die Übertragung für jedes Bild mit der Nutzinformation ("payload") vorzunehmen; erfasst wird vielmehr auch eine Übertragung im Anfangsetikett ("header") einer Sequenz. Da die [X.] im Datenstrom einzeln definiert werden (Merkmal 2), kann der Inhalt des graphi-schen Bilds, z.B. des Untertitels, beliebig definiert werden; es bedarf daher [X.] auf Empfängerseite. 18 Nach dem zusätzlichen Merkmal nach Hilfsantrag 1 sollen 19 (3™) die Angaben zur Größe und Lage jeweils für jedes graphische Bild kodiert sein. [X.] Die Begründung des angefochtenen Urteils hält der Nachprüfung nicht stand. 20 1. Das Patentgericht hat ausgeführt, der Gegenstand des [X.] beruhe gegenüber der vor dem Prioritätszeitpunkt 21 - 9 - veröffentlichten [X.] 5 208 665 ([X.]) nicht auf erfinderischer Tätig-keit. Aus dieser Entgegenhaltung sei ein Verfahren zum [X.] bekannt, die ein graphisches Bild definierten (Merkmal 1). Das durch das graphische Bild definierte [X.] befinde sich innerhalb eines aktiven Videoge-biets (Merkmal 1.1.1). Da als Beispiel Fotografien erwähnt seien und diese übli-cherweise pixelorientiert in digitaler Form gespeichert und übertragen würden, seien die Pixel durch die kodierten Daten (im Sinn des Merkmals 2) einzeln ko-diert. Die kodierten Daten würden als sog. Datenobjektive ("data objects") in einem Transportstrom übertragen. Zu ihnen gehörten auch sog. Scripts, die eine die Wiedergabezeit des genannten [X.]s festlegende Zeitmarke enthiel-ten; außerdem umfassten sie die zur Strukturierung der Präsentation durch Größe und Lage notwendigen Informationen ([X.]). Nicht zu ent-nehmen sei der [X.], welche Form das [X.] habe, in dem die Graphik dargestellt werde (Merkmal 1.1). Für den Fachmann, einen Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik mit Berufserfahrung und mehrjähriger Entwicklertä-tigkeit auf dem [X.] der Fernseh- und Videotechnik, habe sich die [X.] in naheliegender Weise als besonders vorteilhaft angeboten, u.a. weil sie aus dem zeilenförmig aufgebauten Fernsehbild durch besonders wenige Anga-ben, nämlich der Adresse eines Eckpunkts, der Zahl der Zeilen in vertikaler Richtung und der Bildpunkte in horizontaler Richtung, festlegen lasse. Zwar betreffe die Entgegenhaltung ein interaktives Multimediasystem. Da aber [X.] nicht auf die Darstellung von Untertiteln beschränkt sei, könne hierin ein patentbegründender Unterschied nicht liegen. Auch die in der [X.] vorgesehene zusätzliche Übertragung von Daten in [X.] Form führe nicht zur Schutzfähigkeit, da sie auch im Streitpatent nicht ausge-schlossen sei. 2. Dieser Begründung vermag der [X.] nicht beizutreten. 22 - 10 - Wie der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten zutreffend ausgeführt hat, lässt die Entgegenhaltung an keiner Stelle erkennen, dass sie hinsichtlich der Erzeugung und Darstellung der graphischen Einblen-dungen ("graphic overlays"), auf die das Patentgericht maßgeblich abgestellt hat, über den im Streitpatent erörterten Stand der Technik hinausgeht. Weder an den vom Patentgericht angeführten Stellen noch sonst findet sich in der [X.] ein Hinweis darauf, dass die graphischen Einblendungen wie Pho-tographien kodiert werden, d.h. durch einzeln definierte Pixel (Merkmal 2). Die vom Patentgericht nicht näher erörterten Kurzzitate aus der Entgegenhaltung beziehen sich auf die Bildelemente (Einzelbilder) der Präsentation, nicht auf die graphischen Einblendungen. Der Fachmann hat daher, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, keinen Anlass zu der Annahme, dass es sich bei den graphischen Einblendungen um etwas anderes handelt als die im Prioritätszeitpunkt übliche Übertragung von Zeichenketten oder allenfalls Liniengraphiken. Ebenso fehlt es an einem Hinweis darauf, dass Lage und Grö-ße der graphischen Einblendungen im Datenstrom signalisiert werden ([X.] 3.1). Soweit ein Skript übertragen wird, das die Darstellung der [X.] beschreibt, fehlt es an einem Anhalt für die Annahme, das mit diesem Skript auch die Dauer der Darstellung einer graphischen Einblendung übertragen [X.] (Merkmal 3.2); wie der gerichtliche Sachverständige erläutert hat, ist dies jedenfalls nicht zwingend. Somit ist nicht erkennbar, wie die Entgegenhaltung [X.] den Gegenstand des Streitpatents nahelegen könnte. 23 I[X.] Die Beurteilung der Schutzfähigkeit des Gegenstands des [X.] erweist sich indessen aus anderen Gründen als im Ergebnis zutref-fend. 24 1. Die Klägerin stützt sich in zweiter Instanz in erster Linie auf die im Prioritätsintervall veröffentlichte Dokumentation [X.] - 11 - [X.] ([X.]) und die ebenfalls im Prioritätsintervall veröffentlichte Zu-sammenfassung der [X.] Patentanmeldung [X.] ([X.]). Bei-de Entgegenhaltungen können indessen nicht herangezogen werden, weil das Streitpatent die Priorität der [X.]n Voranmeldung 94 203 642.7 ([X.]) vom 14. Dezember 1994 wirksam in Anspruch nimmt. Dem auf dem [X.] der digitalen Fernsehtechnik erfahrenen Fachmann, einem Hochschul- oder Fach-hochschulabsolventen der Fachrichtungen Mathematik, Informatik, Technische Informatik oder Elektrotechnik, waren, wie der gerichtliche Sachverständige ü-berzeugend ausgeführt hat, die im [X.] verwendeten Begriffe run-length coding, region is a rectangle within the active video area, flexible re-gion size of p panels and n lines, horizontal and vertical positioning of region (alle auf [X.]), [X.] ([X.]) und visibility_flag ([X.]) bekannt oder jedenfalls mit Bedeutung besetzt. Im [X.] wird zur Motivation für die Erfindung ausgeführt, dass Untertitel und andere Graphik-Bitmaps (z.B. das Senderlogo) zum Empfänger übertragen werden sollen. Das Dokument sieht dazu vor, dass die Graphiken kodiert [X.]n und dass die Übertragung nach dem [X.]-Standard innerhalb der [X.]-Transportstromsyntax erfolgt, wobei die Packetized-Elementary-Stream-Struktur genutzt werden soll (S. 18/19). Wie der gerichtliche Sachver-ständige hierzu überzeugend ausgeführt hat, sind im [X.] alle Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents vollständig offenbart. Dem tritt der [X.] bei. Gleiches gilt für die Patentansprüche 7, 13 und 15. Auch das Merkmal in Patentanspruch 14, das auf einen mit einem Wiedergabeschirm ge-koppelten Empfänger abstellt, ist im [X.] offenbart, weil der [X.] im [X.] schematisch dargestellt ist (vgl. S. 24, 26) und daher als Teil der empfängerseitigen Einrichtungen mitbeansprucht werden konnte, denn der wirksamen Prioritätsinanspruchnahme steht es nicht entge-gen, dass in der Nachanmeldung eine technische Wirkung beansprucht ist, die in der [X.] nicht angegeben ist, wenn die Erzielung der Wirkung - 12 - aus der Sicht des Fachmanns bei der Nacharbeitung der offenbarten Erfindung selbstverständlich erscheint (vgl. [X.], Urt. v. 30.1.2008 - [X.], [X.], 597, 599 - [X.]). Dies ist auch hier der Fall. 2. [X.] hat ferner im Einzelnen zutreffend dargelegt, dass auch die Entgegenhaltung van der Meer, [X.] ([X.]), den Gegenstand der Erfindung nicht vorwegnimmt. Anhaltspunkte dafür, dass sie ihn für sich oder in Verbindung mit einer anderen Entgegenhaltung [X.] haben könnte, sind nicht hervorgetreten. 26 3. Der Entwurf der [X.]/[X.] 13818-1 ("Information Technology - Generic Coding of Moving Pictures and Assiciated Audio: Systems, [X.]"; [X.]) war jedenfalls am 13. November 1994 und damit vor dem [X.] der Fachöffentlichkeit allgemein zugänglich. Dies hat die Be-fragung des gerichtlichen Sachverständigen, der selbst an der Entwicklung die-ses Standards beteiligt war, zur Überzeugung des [X.]s ergeben. Demnach war die Erarbeitung des Standards der gesamten interessierten Fachöffentlich-keit ohne Einschränkungen zugänglich und innerhalb der interessierten Kreise bestand freier Zugang zu allen Dokumenten, darunter auch solchen wie der [X.]. 27 Der Entwurf beschreibt Details des [X.]-Systemstandards. Es wird spezifiziert, wie Audio- und Video-Bitströme für die Übertragung zu einem Bit-strom gebündelt werden können. Dieser Standard sieht insbesondere eine Ko-dierung von Videobildsequenzen vor. In einem [X.]-Systems-Bitstrom [X.] auch mehrere [X.]-Videobitströme transportiert werden ([X.] S. X: "[X.], [X.], [X.]", d.h.: 28 - 13 - Der Systemteil dieser Empfehlung – spricht die Vereinigung eines oder mehre-rer Video- und Audio-Elementarströme sowie anderer Daten zu einem einzigen oder mehrfachen Strömen an, die zur Speicherung oder Übermittlung geeignet sind). Dabei ist es wesentliches Ziel, eine zeitliche Synchronisation der [X.] Video- und Audioinformationen zwecks synchroner Darstellung am [X.] zu erreichen. Video- und Audiodaten werden kodiert und somit in [X.] umgewandelt. Die Bilder der Videosequenzen sind rechteckig, und es kann auch die Lage der beiden Bildsequenzen auf dem Bildschirm festgelegt werden. Dabei kann auch nur ein Einzelbild kodiert werden. Die Pixel, die das [X.] eines Bilds bilden, werden einzeln kodiert. Die im Bitstrom kodierten Zeitstempel erlauben es dem Empfänger, eine auf alle Bitströme bezogene Zeitbasis zu berechnen, die eine synchrone Darstellung erlaubt. Die kodierten Dateien definieren dabei jedenfalls potenziell auch ein gra-phisches Bild. Das ergibt sich daraus, dass das Bild (der [X.]-Standard hat in erster Linie bewegte Bilder im Auge) aus einzelnen Pixeln zusammengesetzt wird. Diese Art der Darstellung ermöglicht neben der Darstellung von photogra-phischen Bildern auch die Darstellung von graphischen Bildern, selbst wenn man darunter - im Wesentlichen im Sinn der Ausführungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung - nicht die regellose Anordnung von Pixeln, sondern nur - wie etwa bei Raster- oder Vektorengraphiken - einem bestimmten Algo-rithmus folgende Darstellungen verstehen will, denn auch diese Graphiken [X.] sich nicht anders als photographische Abbildungen durch einzelne Pixel darstellen. 29 Die kodierten Daten definieren auch ein graphisches Bild "innerhalb ei-nes aktiven Videogebiets" (Merkmal 1.1.1). Dies folgt daraus, dass in Abschnitt 2.6.12 ([X.]4 = S. 15 f. der Teilübersetzung) ein Hintergrundrasterdeskriptor ("target background grid descriptor") beschrieben wird, der für den Fall gedacht 30 - 14 - ist, dass der oder die dekodierten Videoströme nicht dazu bestimmt sind, den vollständigen [X.] zu belegen. Der Hintergrundrasterdeskriptor wird verwendet, um ein Netz von Einheitspixeln ("grid of unit pixels") zu be-schreiben, die auf den [X.] projiziert werden. [X.]els des Fensterdeskriptors ("[X.] descriptor") wird sodann der Ort auf diesem Netz definiert, an dem das linke obere Pixel des Wiedergabefensters (-recht-ecks) wiedergegeben werden soll. [X.] leitet hieraus zu Recht ab, dass zwei Videosequenzen kodiert und mittels des [X.]-Bitstroms über-tragen werden können, von denen einer eine im Hintergrund dargestellte Film-sequenz und der andere ein im Vordergrund dargestelltes Bild, das auch eine Graphik sein kann, kodieren könne. Entgegen der Auffassung der Beklagten offenbart der [X.]-Systemstandard auch das Merkmal 3.1. Der Beklagten kann nämlich nicht darin beigetreten werden, dass - worauf die Beklagte indessen ihre diesbezügliche Argumentation aufgebaut hat - nach diesem Merkmal die Größen- und [X.] nur zusammen mit einer Nutzinformation ("payload") innerhalb eines freien Transportstroms (private data stream) übermittelt werden darf (s. oben unter [X.]). Der [X.]-Systemstandard lehrt indessen bereits, dass mittels des Fensterdeskriptors Lage und Größe des [X.] definiert werden können. Er bietet mithin auch die Möglichkeit, kodierte Daten zu übertragen, die Größe und Lage des ein graphisches Bild wiedergebenden zweiten Fensters und damit Größe und Lage des graphischen Bilds selbst definieren. 31 Damit waren alle Merkmale des Patentanspruchs 1 in seiner erteilten Fassung aus der [X.] bekannt. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist [X.] nicht neu (Art. 54 Abs. 1, 2 EPÜ). 32 - 15 - IV. Mit den in der mündlichen Verhandlung verteidigten Patentansprü-chen hat das Streitpatent hingegen Bestand. 33 1. Die Beklagte verteidigt die Patentansprüche 1 und 15 sowie alle auf Patentansprüche 1 zurückbezogenen Patentansprüche in erster Linie hilfsweise mit der Einfügung, dass die Angaben zu Größe und Lage jeweils für jedes gra-phische Bild kodiert sein sollen. Der [X.] hat eine entsprechende Einfügung mit Einverständnis der Beklagten auch in den nebengeordneten Ansprüchen 7, 13 und 14 vorgenommen. Dieses zusätzlich eingefügte Merkmal ist in der Pa-tentbeschreibung unter [X.]. 23, [X.] (horizontal_address_flag; verti-cal_address_flag; [X.]; [X.]) als Bestandteil der Nutzinformation ("payload") des "[X.]" ([X.]) enthalten, ebenso in den ursprünglich eingereichten Unterlagen der [X.] Anmeldung (S. 5) und durch [X.] des [X.]s gedeckt, so dass auch insoweit die Priorität und der Zeitrang der Voranmeldung in [X.] genommen werden können (Art. 87 Abs. 3 EPÜ). 34 2. Mit dem zusätzlichen Merkmal kann dem Gegenstand des [X.] nicht abgesprochen werden, dass er neu ist und auf erfinderischer Tätigkeit beruht (Art. 56 EPÜ). 35 Die modifizierte [X.], nach der die kodierten Daten für je-des graphische Bild Größe und Lage des [X.]s umfassen, ist aus dem [X.]-Systemstandard nicht bekannt. Denn Größe und Lage des Fensters, das auch ein graphisches Bild aufnehmen kann, werden nicht durch die [X.], sondern durch die Systemdaten bestimmt, indem mittels des [X.] die Merkmale des Fensters, in dem die Filmsequenz oder das Bild gezeigt werden sollen, neu definiert werden. Nach Patentanspruch 1 in der ver-teidigten Fassung wird hingegen der betreffende Code für jedes Bild mit den 36 - 16 - dessen Pixel kodierenden Daten übertragen. Die Übertragung muss, da der [X.] des [X.]-Standards hierfür nicht geeignet ist, mit einem freien Datenstrom erfolgen, der nach dem Standard in den [X.]-Systems-Bitstrom eingebunden werden kann. [X.] Anhaltspunkte dafür, dass eine solche technische Lehre für den Fachmann nahegelegen hat, sind bei der eingehenden Erörterung mit dem gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung nicht hervorge-treten. Da bei der erfindungsgemäßen Ausgestaltung Lage und Größe des gra-phischen Bildes für jedes Bild neu definiert werden, ist es etwa möglich, bei der Untertitelung eines Films die im Untertitel wiedergegebene Wortfolge dem [X.] Sprechenden räumlich zuzuordnen, oder Untertitel zu erzeugen, die kon-tinuierlich über den Bildschirm wandern. Um ausgehend von dem [X.]-Standard zu einer solchen Lösung zu gelangen, hätte der Fachmann den Fensterdeskriptor als geeignete Grundlage zur Darstellung von filmbegleitenden Graphiken wie Untertiteln und dergleichen ins Auge fassen und sodann den weiteren Schritt tun müssen, den Code für die Größen- und Lagedefinition des Fensters vom Systemstrom in den freien Datenstrom zu verlagern. Dazu ist ei-ne Anregung nicht erkennbar. Es ist bereits fraglich, ob der Fachmann Veran-lassung hatte, den Fensterdeskriptor überhaupt zur Darstellung von Untertiteln und dergleichen heranzuziehen. Der [X.]-Standard, der zur Kodierung, Übertragung und Dekodierung bewegter Bilder bestimmt war, war zwar, wie dargelegt, auch zur Darstellung von Untertiteln, Grafiken und dergleichen [X.]. Die von den [X.] ermöglichte Umstellung auf eine digitali-sierte Datenübertragung mag es grundsätzlich nahegelegt haben, auch Unterti-tel und dergleichen als ohne weiteres pixelbasiert definierbare Bilder ins Auge zu fassen. Jedoch erforderte ein weiteres Fenster auf dem Wiedergabeschirm, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, grundsätzlich auch einen zweiten Dekoder auf der Empfängerseite und damit einen gewissen Aufwand, 37 - 17 - der dagegen sprechen konnte, die Nutzbarmachung der zur Verfügung stehen-den "[X.]" für Untertitel in den Blick zu nehmen. [X.] war die "[X.]" aber nicht für springende Untertitel ausgelegt, wie sie das Streitpatent in seiner verteidigten Fassung ermöglicht. Eine derartige wechselnde räumliche Zuordnung des Untertitelfensters kann mit dem Fensterdeskriptor zwar theoretisch auch realisiert werden. Die [X.] ist jedoch grundsätzlich auf eine gewisse Dauer ausge-legt, weshalb sie auch durch den Systemstrom und nicht durch den Videoda-tenstrom erfolgt. Von dieser Vorgabe musste sich der Fachmann lösen, um zu der erfindungsgemäßen Lehre zu gelangen, mit den das graphische Bild [X.] Daten auch die Kodierung von Lage und Größe des Bilds zu übertra-gen. 3. Für die nebengeordneten, beschränkten Patentansprüche 7, 13, 14 und 15 kann nichts anderes gelten. Die Patentanspruch 1 nachgeordneten [X.] 2 bis 6 und die Patentanspruch 7 nachgeordneten [X.] bis 11 werden, nachdem keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass ihrer Patentfähigkeit andere Gesichtspunkte entgegenstehen könnten, durch ihre Rückbeziehung getragen. 38 - 18 - V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 [X.] i.V.m. §§ 91, 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO. 39 Meier-Beck [X.] Mühlens

[X.] Bacher Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 15.06.2005 - 4 Ni 38/03 ([X.]) -

Meta

XA ZR 128/05

17.09.2009

Bundesgerichtshof Xa- Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.09.2009, Az. XA ZR 128/05 (REWIS RS 2009, 1653)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 1653

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