Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.07.2010, Az. VIII ZR 180/09

8. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 5115

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Gegenstand

Wohnraummiete: Aufklärungspflicht des Vermieters über alsbaldigen Eigenbedarf


Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] vom 8. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Streitwert: 4.440,93 €

Gründe

1

Die Revision ist gemäß § 552a Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht vorliegen und das Rechtsmittel auch keine Aussicht auf Erfolg hat. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des [X.]s vom  13. April 2010 Bezug genommen (§ 552a Satz 2, § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO). Die im [X.] an den Hinweis des [X.]s erfolgten Ausführungen der Revision im Schriftsatz vom 17. Mai 2010 geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Der [X.] hat sämtliche in dieser Stellungnahme angeführten Gesichtspunkte bei Erlass des [X.] berücksichtigt.

2

1. Soweit die Revision meint, die im [X.]surteil vom 21. Januar 2009 ([X.], [X.], 1139, [X.]. 19) offen gelassene Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Vermieter den Mieter bei Abschluss des Mietvertrags auch auf einen nur möglichen Eigenbedarf hinweisen müsse, würde durch die vom [X.] für den vorliegenden Fall angekündigte Entscheidung nicht offen gelassen, sondern als grundsätzliche Rechtsfrage für diesen und vergleichbare Fälle entschieden, was nicht Aufgabe des Verfahrens nach § 552a ZPO sei, trifft dies nicht zu.

3

Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob der Anwendungsbereich des § 552a ZPO so eng zu verstehen ist, wie die Revision meint, oder ob das Revisionsgericht nicht vielmehr im Interesse der vom Gesetzgeber verfolgten Zielsetzung (vgl. [X.]. 15/3482, S. 18 f.) von dieser Vorschrift auch dann Gebrauch machen darf, wenn die Maßstäbe für die Beantwortung der [X.] höchstrichterlich so weitgehend geklärt sind, dass hierdurch die rechtliche Beurteilung der [X.] vorgezeichnet ist und das Berufungsgericht insoweit und auch im Übrigen richtig entschieden hat. Denn auf die oben genannte Rechtsfrage kommt es für die Entscheidung nicht an. Wie im Hinweisbeschluss ausgeführt, ist angesichts der Gesamtumstände des vorliegenden Falles, namentlich der kurzen Zeitspanne von nur knapp drei Monaten zwischen dem Abschluss des Mietvertrags und der Eigenbedarfskündigung sowie der Wohn- und Lebenssituation des Beklagten, bereits auf der Grundlage der vorhandenen [X.]srechtsprechung von dem Bestehen einer Hinweispflicht des Beklagten in Bezug auf den Eigenbedarf auszugehen. Der [X.] hat in dem oben genannten Urteil vom 21. Januar 2009 im [X.] an die Rechtsprechung des [X.] entschieden, dass sich der Vermieter zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch setzt, wenn er eine Wohnung auf unbestimmte Zeit vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, sie alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen. Er darf dem Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet, die mit jedem Umzug verbundenen Belastungen dann nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter Mietdauer nicht aufklärt.

4

Das Berufungsgericht ist hinsichtlich der Frage der [X.] des Eigenbedarfs letztlich zu der Beurteilung gelangt, der Beklagte könne nicht ernsthaft behaupten, dass er und seine jetzige Ehefrau zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses ein Zusammenziehen noch nicht in Erwägung gezogen hätten, zumal er selbst eingeräumt habe, vor dem Ausspruch der Kündigung und damit weniger als drei Monate nach Abschluss des Mietvertrags sei in Erwägung gezogen worden, eine andere Wohnung als Familienwohnung anzumieten. Unter Zugrundelegung dieser revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung (vgl. Ziffer 2 b des [X.]) ist bereits nach der vorstehend genannten [X.]srechtsprechung unter dem Gesichtspunkt des Erwägens eines alsbaldigen Eigengebrauchs und der damit verbundenen Aussicht einer nur begrenzten Mietdauer von einer Aufklärungspflicht des Beklagten auszugehen.

5

2. Soweit die Revision meint, den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung aus der vom Beklagten vorgetragenen, nach Auffassung der Revision durch das Berufungsgericht nicht ausreichend berücksichtigten Kenntnis der Klägerin von der Beziehung des Beklagten zu seiner damaligen Lebensgefährtin herleiten zu können, geht diese Annahme fehl. Entgegen der Ansicht der Revision, lässt sich aus dem [X.]surteil vom 21. Januar 2009 nicht der Grundsatz ableiten, dass der Mieter, wenn er Kenntnis vom Vorhandensein zum Beispiel von Kindern oder Lebensgefährten des Vermieters hat, stets auch mit der Möglichkeit eines Eigenbedarfs rechnen und sich beim Vermieter deshalb erkundigen muss. Maßgeblich sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls. Diese liegen hier gänzlich anders als in dem der Entscheidung des [X.]s vom 21. Januar 2009 zugrunde liegenden Fall. Anders als die Revision meint, erfordert das genannte Vorbringen aus den bereits in Ziffer 2 a des [X.] genannten Gründen auch keine Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).

6

3. Anhaltspunkte für eine Erfolgsaussicht der Revision bestehen nach wie vor nicht. Die in der Stellungnahme hierzu aufgeführten Gesichtspunkte sind vom [X.] bei Erlass des [X.] bedacht worden.

7

a) Mit dem bereits in Ziffer 2 b des [X.] behandelten Einwand, es sei für den Beklagten nicht absehbar gewesen, dass sich die Beziehung zu seiner damaligen Freundin nicht nur so rasch, sondern überhaupt in einer Weise entwickeln werde, dass beide Partner zusammenziehen, will die Revision ihre Würdigung an die Stelle der gegenteiligen [X.] Beurteilung des Berufungsgerichts setzen. Hiermit kann sie nicht durchdringen.

8

b) Letzteres gilt auch für den in Bezug auf die Frage einer einvernehmlichen Aufhebung des Mietvertrags wiederholten Angriff gegen die tatrichterliche Würdigung des Inhalts der Erklärungen der Parteien (vgl. Ziffer 2 c des [X.]). Aus dem Berufungsurteil ergeben sich keine greifbaren Anhaltspunkte für die Annahme der Revision, das Berufungsgericht habe bei der Prüfung einer möglichen Vertragsaufhebung den vorhandenen Auslegungsstoff, insbesondere die in der Stellungnahme genannten Schreiben der Parteien, nicht vollständig berücksichtigt.

9

c) Auch der oben bereits erwähnte Gesichtspunkt der vom Beklagten vorgetragenen Kenntnis der Klägerin von dessen Beziehung zu seiner damaligen Lebensgefährtin begründet keine Erfolgsaussicht der Revision. Angesichts der festgestellten Umstände des vorliegenden Falles war das Berufungsgericht aus Rechtsgründen nicht gehalten, von einer Erkundigungspflicht der Klägerin hinsichtlich eines möglichen Eigenbedarfs des Beklagten auszugehen.

d) Zu dem Einwand fehlender eigener Vertragstreue der Klägerin hat der [X.] unter Ziffer 2 d des [X.] bereits Ausführungen gemacht. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Ball                                            Dr. Hessel                                       [X.]

                  Dr. Schneider                                      Dr. Bünger

Meta

VIII ZR 180/09

06.07.2010

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Göttingen, 8. Juli 2009, Az: 5 S 54/08, Urteil

§ 242 BGB, § 573 BGB, § 543 ZPO, § 552a ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.07.2010, Az. VIII ZR 180/09 (REWIS RS 2010, 5115)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5115

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Wird zitiert von

VIII ZR 154/14

VIII ZR 154/14

VIII ZR 233/12

VIII ZR 180/09

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