Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.08.2016, Az. AnwZ (Brfg) 30/16

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2016, 6278

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[X.]:[X.]:[X.]GH:2016:250816[X.]ANWZ.[X.]RFG.30.16.0

[X.]UN[X.]SGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
[X.] ([X.]) 30/16
vom

25. August 2016

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen
Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
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Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat
am 25. August 2016 durch die Präsidentin des [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] sowie die Rechtsanwältin Schäfer und den Rechtsanwalt Dr. Lauer

beschlossen:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der [X.]erufung gegen das
ihrer Prozessbevollmächtigten am 10. Mai 2016 an [X.] statt zugestellte Urteil des I.
Senats des [X.]s der [X.] wird abgelehnt.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000

Gründe:

I.

Die [X.]eklagte widerrief mit [X.] vom 10. Juni 2015 die Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft wegen [X.] und ordnete zu-gleich die sofortige Vollziehung an. Hiergegen legte die Klägerin
Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Die [X.]eklagte wies den [X.] mit [X.] vom 13. Oktober 2015 zurück und lehnte die [X.] ab. Die Klägerin erhob daraufhin Klage und beantragte einstweiligen 1
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Rechtsschutz. Mit [X.]eschluss vom 22. März 2016 wies der [X.] den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage [X.]. Mit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 10. Mai 2016 an [X.] statt zugestelltem Urteil wurde die Klage abgewiesen. Die Klägerin begehrt nunmehr die Zulassung der [X.]erufung.

II.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der [X.]erufung ist nach § 112e Satz
2 [X.], § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungs-gründe liegen nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§
112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen dann, wenn ein [X.] tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 4. April 2012 -
[X.] ([X.]) 1/12, juris Rn. 3 und vom 14. November 2013
-
[X.] ([X.]) 65/13, juris Rn. 2;
jeweils mwN). Entsprechende Zweifel vermag die Klägerin mit ihrer Antragsbegründung nicht darzulegen.

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall wird kraft Gesetzes vermutet, wenn ein Insolvenzverfah-ren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 [X.]; 2
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§
882b ZPO) eingetragen ist. Hierbei ist nach der ständigen Senatsrechtspre-chung für die [X.]eurteilung der Rechtmäßigkeit eines Widerrufs infolge des ab 1.
September 2009 geltenden Verfahrensrechts auf den Zeitpunkt des [X.] des behördlichen Widerrufsverfahrens -
hier Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2015 -
abzustellen; danach eingetretene Entwicklungen blei-ben der [X.]eurteilung in einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2011 -
[X.] ([X.]) 11/10, [X.], 187 Rn.
9 ff.;
vom 4. April 2012, aaO Rn. 4; vom 14. November 2013, aaO Rn. 5 und vom 6. Februar 2014 -
[X.] ([X.]) 83/13, [X.]. 2014, 164 Rn. 3).

Die Klägerin war zum maßgeblichen Zeitpunkt im Schuldnerverzeichnis aufgrund des Verfahrens [X.]

eingetragen. Ob zu diesem Zeitpunkt die in den [X.]en der [X.]eklagten angesprochenen Verfahren, aufgrund derer die Klägerin bereits zuvor im Schuldnerverzeichnis eingetragen wurde, gelöscht waren, ist unerheblich.

Aufgrund der Eintragung bestand die gesetzliche Vermutung des [X.]. Zwar kommt die Vermutung nicht zur Geltung, wenn der Rechts-anwalt nachweist, dass die der Eintragung zugrundeliegende Forderung im maßgeblichen Zeitpunkt bereits getilgt war (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 26.
November 2002 -
[X.] ([X.]) 18/01, [X.], 577 und vom 29. Juli 2016
-
[X.] ([X.]) 9/16, juris Rn. 5). Dies ist aber nicht der Fall. Die Klägerin trägt in ihrer Zulassungsbegründung lediglich -
zudem ohne Nachweis; nach der vom [X.] eingeholten Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis vom Februar 2016 war das Verfahren [X.]

dort noch eingetragen -
vor, die Eintragung "wurde allerdings mit Schreiben der zuständigen Gerichtsvollziehe-rin bereits vom 10.11.2015 zur Löschung aus dem Schuldnerverzeichnis beim Amtsgericht H.

veranlasst".
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Nach der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. nur [X.]eschlüsse
vom 4.
April 2012, aaO Rn. 3; vom 14. November 2013, aaO Rn. 4; vom 6. Februar 2014, aaO Rn. 5 und vom 22. März 2016, [X.] ([X.]) 18/14, juris Rn. 8) muss ein Rechtsanwalt, der im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist, zur Widerlegung der Vermutung ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und Verbindlichkeiten vorlegen und -
ggfs. unter Vorlage eines nachvollziehba-ren bzw. realistischen [X.] -
dartun, dass seine Vermögens-
und [X.] bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufs-
bzw. Widerspruchsbescheids nachhaltig geordnet sind. Dies hat die Klägerin, wie bereits der [X.] zutreffend festgestellt hat, nicht getan.

Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] zum Ausdruck kommenden gesetz-geberischen Wertung ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Im vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden kann diese nur in seltenen Aus-nahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt die Feststellungslast trifft. Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt jedoch zumindest vo-raus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnah-men verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 3. Juni 2015 -
[X.] ([X.]) 11/15, juris Rn. 8 und vom 17. März 2016 -
[X.] ([X.]) 6/16, juris Rn. 4, jeweils mwN). Eine sol-che Ausnahmesituation ist hier nicht gegeben. Die Klägerin ist weiter Einzelan-wältin. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht einmal mehr darauf an, dass die Annahme eines Ausnahmetatbestands neben dem Vorliegen der angesproche-nen -
hier nicht gegebenen -
Voraussetzungen auch erfordert, dass der Rechts-anwalt seinen [X.]eruf bisher ohne jede [X.]eanstandung ("tadellos") geführt hat 7
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(vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 3. Juni 2015, aaO und vom 8. Juni 2016
-
[X.] ([X.]) 18/16, juris Rn. 5). Die Staatsanwaltschaft H.

hat aber un-ter dem 23. Dezember 2015 (

[X.]

) Anklage gegen die Klägerin wegen Untreue zum Nachteil einer Mandantin erhoben. Ferner ist gegen die Klägerin ein berufsrechtliches Verfahren anhängig, weil sie trotz des [X.] weiter als Rechtsanwältin aufgetreten sein soll; in 1. In-stanz hat das Anwaltsgericht ein vorläufiges [X.]erufsverbot nach § 150 [X.] verhängt. Der pauschale Hinweis der Klägerin auf die bis zur Rechtskraft einer Verurteilung bestehende Unschuldsvermutung geht insoweit fehl, da sie die Darlegungs-
und [X.]eweislast für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands trägt.

2. Die Rechtssache weist auch weder besondere rechtliche Schwierigkei-ten auf (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) noch hat die [X.] grundsätzliche [X.]edeutung (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Dass die [X.]eklagte die Zulassung der Klägerin zu Recht widerrufen hat, ist nach Maßgabe der o.a. Senatsrechtsprechung eindeutig.

Soweit die Klägerin verfassungsrechtliche [X.]edenken bezüglich der [X.]e-setzung des [X.]s mit -
zumal mehrheitlich -
Rechtsanwälten geltend macht, sind diese unbegründet. Das System der Anwaltsgerichtsbarkeit in [X.] ist verfassungskonform (vgl. nur [X.]VerfGE 26, 186, 192 ff.; 48, 300, 315 ff.; [X.]VerfGK 8, 280, 284 f.; Senat, [X.]eschlüsse vom 4. Mai 1998
-
[X.]
([X.]) 81/97, [X.]. 1999, 39, 40; vom 6. November 2006 -
[X.]
([X.]) 87/05, juris
Rn. 7;
vom 11. Mai 2010 -
[X.]
([X.])
110/09, juris Rn. 4 und vom 9.
April 2014 -
[X.] ([X.]) 1/14, juris Rn. 8).
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Soweit die Klägerin in ihrer Antragsbegründung umfangreich die [X.] von der [X.]eklagten angeordneten Sofortvollzugs und des diesen bestätigenden [X.]eschlusses des [X.]s vom 22. März 2016 rügt,
ist dies nicht Streitgegenstand. Gegen den [X.]eschluss hat die Klägerin kein Rechtsmittel eingelegt; ein solches wäre auch unzulässig gewesen (Senat, [X.]e-schlüsse vom 31. Januar 2013 -
[X.]
([X.]) 6/12, juris Rn. 3 und vom 13. Juli 2015 -
[X.] ([X.]) 1/15, juris Rn. 2).

Soweit die Klägerin auf ihre [X.]efangenheitsanträge gegen die Mitglieder des [X.]s verweist, sind diese durch [X.]eschluss des Anwaltsge-richtshofs vom
18. März 2016 -
in anderer [X.]esetzung -
zurückgewiesen worden. Eine solche Entscheidung kann nach § 112c Abs. 1 [X.], § 146 Abs. 2 VwGO nicht mit der [X.]eschwerde angefochten werden und ist folglich gemäß § 112c Abs. 1 [X.], § 173 Satz 1 VwGO, § 512 ZPO einer inhaltlichen Überprüfung durch das [X.]erufungsgericht entzogen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 8. De-zember 2011 -
[X.] ([X.]) 46/11, juris Rn. 7; vom 15. März 2012 -
[X.] ([X.]) 55/11, juris Rn. 14; vom 4. Juni 2014 -
[X.] ([X.]) 9/14, juris Rn. 12 und vom 8. Dezember 2014 -
[X.] ([X.]) 45/14, juris Rn. 4).

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III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 194 Abs. 2 Satz 1 [X.].

[X.]

Roggenbuck

[X.]

Schäfer
Lauer
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 10.05.2016 -
AGH I ZU 8/15 (I/10) -

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Meta

AnwZ (Brfg) 30/16

25.08.2016

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.08.2016, Az. AnwZ (Brfg) 30/16 (REWIS RS 2016, 6278)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 6278

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