Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2017, Az. AnwZ (Brfg) 11/17

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2017, 489

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[X.]:[X.]:[X.]GH:2017:151217[X.]ANWZ.[X.]RFG.11.17.0

[X.]UN[X.]SGERICHTSHOF
[X.]ESCHLUSS
AnwZ
([X.]) 11/17
vom
15. Dezember 2017
in der
verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-
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Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch [X.] [X.], [X.] [X.]ünger und [X.] sowie die Rechtsanwälte
Dr.
[X.] und Dr.
Lauer

am 15.
Dezember 2017

beschlossen:

Der Antrag des
[X.]
auf Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des 5.
Senats des [X.] vom 12.
Januar 2017
wird abgelehnt.
Der
Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert des Zulassungsverfahrens
wird auf 50.000

t-gesetzt.

Gründe:
I.
Der
1953
geborene Kläger wurde 1986 erstmals als Rechtsanwalt [X.]. Mit [X.]escheid vom 1. September 2016
widerrief die [X.]eklagte die
Zulassung des
[X.]
zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]).
Die hiergegen gerichtete Klage hat der [X.] abgewiesen. Der
Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des [X.]s.

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II.
Der Antrag des
[X.]
ist nach § 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er hat jedoch keinen Erfolg. Der
von
dem
Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund liegt
nicht vor (§ 112e Satz
2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§
112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser [X.] setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebli-che Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2011 -
AnwZ ([X.]) 11/10, [X.], 187 Rn. 3;
vom 21. April 2016 -
AnwZ ([X.]) 1/16, juris Rn. 3; vom 8. Juni 2016 -
AnwZ ([X.]) 18/16, juris Rn. 3; vom 12. Oktober 2017 -
AnwZ ([X.]) 39/17, juris Rn. 3; jeweils mwN). Daran fehlt es hier.
1. Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] ist die Zulassung zur Rechtsanwalt-schaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle
Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. [X.]eweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 16. April 2007 -
AnwZ ([X.]) 6/06, [X.] 2007, 619 Rn. 5; vom 29. Juni 2011
-
AnwZ ([X.]) 11/10, aaO
Rn. 4; vom 21. April 2016 -
AnwZ ([X.]) 1/16, aaO
Rn.
6; jeweils mwN).
Für die [X.]eurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist dabei allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des be-2
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hördlichen Widerrufsverfahrens, hier mithin auf den Erlass des Widerrufsbe-scheids der [X.]eklagten vom 1. September 2016, abzustellen; die [X.]eurteilung danach eingetretener
Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vor-behalten (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29.
Juni 2011 -
AnwZ ([X.]) 11/10, aaO
Rn. 9 ff.; vom 9. Juni 2015 -
AnwZ ([X.]) 16/15, juris Rn. 7; vom 21.
April 2016 -
AnwZ ([X.]) 1/16, aaO
Rn.
4; vom 12. Oktober 2017 -
AnwZ ([X.]) 39/17, aaO Rn. 4;
jeweils mwN).
2. Hiervon ausgehend hat der [X.] zutreffend
angenom-men, dass sich der
Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt in Vermögensverfall befunden
hat
und seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft deshalb zu [X.] war.
a)
Nach den Feststellungen des [X.]s war der Kläger zum Zeitpunkt des [X.] in das vom Vollstreckungsgericht zu führen-de Verzeichnis (§ 882b ZPO) in 18
Fällen eingetragen. Auf den vom Kläger in der [X.]egründung des Zulassungsantrags
angeführten Umstand, dass nach den Feststellungen des [X.]s zum
(späteren) Zeitpunkt der mündli-chen Verhandlung (nur) noch 15 Eintragungen im Schuldnerverzeichnis vorla-gen, kommt es bereits aus den vorstehend (unter [X.]) genannten Gründen nicht an.
aa) Der [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei dieser Sachlage gemäß § 14 Abs.
2 Nr. 7 Halbs. 2 [X.] bereits eine gesetzli-che Vermutung für einen Vermögensverfall des
[X.]
spricht.
Diese
gesetzli-che Vermutung hat der
Kläger nicht widerlegt. Zwar kommt die an eine Eintra-gung anknüpfende gesetzliche Vermutung nicht zur Geltung, wenn der Rechts-anwalt nachweist, dass die der jeweiligen Eintragung zugrunde liegende Forde-rung im maßgeblichen Zeitpunkt bereits getilgt war (vgl. nur Senatsbeschluss 6
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vom 12.
Oktober 2017 -
AnwZ ([X.]) 39/17, aaO Rn. 6 mwN). Dies ist hier aber jedenfalls hinsichtlich des überwiegenden Teils der Forderungen nicht der Fall gewesen.
Es trifft zwar zu, dass ausweislich der im Tatbestand des Urteils des [X.] enthaltenen Tabelle
-
wie der Kläger in der [X.]egründung [X.] geltend macht
-
hinsichtlich acht der 18 Eintragungen im Schuldnerverzeichnis eine Vollzahlung der zugrunde liegenden Forderungen vermerkt ist.
Entgegen der Auffassung des [X.] ist jedoch davon auszuge-hen, dass der [X.] diesen Umstand, wie bereits dessen [X.] im Tatbestand des Urteils zeigt, bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat. Nichts anderes gilt für die in der [X.]egründung des Zulassungsantrags
außerdem erwähnten amtsgerichtlichen Verfahren und für die Zwangsvollstre-ckungsmaßnahmen der Gerichtsvollzieher, die in der vorgenannten Tabelle zu-sätzlich aufgeführt und teilweise ebenfalls mit dem Vermerk einer Vollzahlung versehen sind. Diese vom Kläger angeführten
Umstände
ändern zudem nichts daran, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt des [X.] -
neben mehreren offenen Zwangsvollstreckungsverfahren -
jedenfalls zehn Eintragun-gen im Schuldnerverzeichnis vorlagen, bei denen die zugrunde liegenden (zum Teil beträchtlichen) Forderungen auch nach dem Vortrag des [X.] noch nicht getilgt waren.
bb) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss ein Rechts-anwalt, der -
wie der Kläger -
im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist, zur Wi-derlegung der Vermutung des Vermögensverfalls ein vollständiges und detail-liertes Verzeichnis seiner Gläubiger und Verbindlichkeiten vorlegen und konkret darlegen, dass seine Vermögens-
und Einkommensverhältnisse
-
wiederum bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufs -
nachhaltig geordnet sind (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 6. Februar 2014 -
AnwZ ([X.]) 83/13, 9
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6
-

[X.]RAK-Mitt. 2014, 164 Rn. 5; vom 4.
Februar 2016 -
AnwZ ([X.]) 59/15, juris Rn.
5; vom 18. September 2017 -
AnwZ ([X.]) 33/17, juris Rn. 5; jeweils mwN).
Dies hat der
Kläger
trotz entsprechender Aufforderung der [X.]eklagten
nicht getan. Insbesondere hat er nicht hinreichend dargelegt, dass seine
Ver-mögens-
und Einkommensverhältnisse -
vom maßgeblichen Zeitpunkt des
[X.] aus gesehen -
zumindest in absehbarer Zeit nachhaltig geordnet sein würden (vgl. Senatsbeschluss vom 4.
Februar 2016 -
AnwZ ([X.]) 59/15, aaO Rn. 6); er
hat insbesondere auch nicht nachgewiesen, die oben ge-nannten
offenen
Forderungen
beglichen zu haben.
Soweit der Kläger -
allerdings wiederum ohne Vorlage entsprechender Nachweise -
geltend macht, es seien gegen ihn
"zwischenzeitlich keine weite-ren Verfahren anhängig geworden, insbesondere keine Vollstreckungsmaß-nahmen",
vermag dies an der gesetzlichen Vermutung für einen [X.] des [X.] schon deshalb nichts zu ändern, weil es entscheidend auf den Zeitpunkt des Widerrufs der Anwaltszulassung ankommt.
cc) Der [X.] hat den Vermögensverfall des [X.] schließlich aufgrund der oben genannten [X.]eweisanzeichen und angesichts der im Urteil festgestellten Schuldenhöhe des [X.] von mindestens 124.874,82

mit zutreffenden Erwägungen zudem auch als erwiesen erachtet.
b) Soweit der
Kläger gegen den Widerruf seiner Zulassung zur [X.] einwendet, es fehle -
selbst wenn eine "schwierige [X.]" unterstellt werde
-
an einer Gefährdung der Interessen der [X.], ist dieses Vorbringen ebenfalls nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu begründen.

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aa) Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos
schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der ge-setzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt hierfür die Feststel-lungslast trifft. Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt jedoch [X.] voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte [X.] verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 26. August 2013 -
AnwZ ([X.]) 31/13, juris Rn.
5; vom 9. Februar 2015 -
AnwZ ([X.]) 46/14, juris Rn. 12; vom 17. März 2016 -
AnwZ ([X.]) 6/16, juris Rn. 4; jeweils mwN). Eine solche Ausnahmesitua-tion ist hier nicht gegeben. Der
Kläger ist nach wie vor als Einzelanwalt
tätig.
bb) Der Hinweis des [X.], er führe zur Verwaltung von [X.] ein [X.],
ist, wie der [X.] zutreffend ange-nommen hat, nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ungeeignet, die von Gesetzes wegen vermutete Gefährdung der Interessen der [X.] auszuschließen. Die Einrichtung eines Anderkontos schließt weder aus, dass [X.] -
insbesondere wenn Zahlungen per Scheck oder in bar
erfolgen -
in den Gewahrsam des [X.] gelangt noch dass Gläubiger darauf Zugriff nehmen können (Senatsbeschlüsse vom 26. August 2013 -
AnwZ ([X.]) 31/13, aaO Rn. 5; vom 9. Februar 2015 -
AnwZ ([X.]) 46/14, aaO
Rn. 14 mwN; st. Rspr.).

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Im Übrigen sind selbst auferlegte [X.]eschränkungen des in [X.] geratenen Rechtsanwalts -
wie der Senat ebenfalls in ständiger Rechtspre-chung annimmt (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 16. März 2015 -
AnwZ ([X.]) 47/14, juris Rn. 6; vom 3. Juni 2015 -
AnwZ
([X.]) 11/15, juris Rn.
8; vom 8.
Juni 2016
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AnwZ ([X.]) 18/16, aaO
Rn.
5; jeweils mwN) -
grundsätzlich nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszuschließen.
cc) Die somit vorliegend anzunehmende Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden rechtfertigt -
anders als der Kläger meint -
den mit dem Wider-ruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verbundenen Eingriff in dessen [X.]e-rufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Entgegen der Auffassung des [X.] ist [X.] kein dauerhaftes "[X.]erufsverbot" verbunden. Denn es ist ihm unbenommen, nach Wegfall des Vermögensverfalls seine Wiederzulassung zu beantragen und sodann wieder als Einzelanwalt tätig zu werden (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Dezember 2016 -
AnwZ ([X.]) 53/16, [X.], 1181 Rn. 18).

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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 194 Abs. 2 Satz 1 [X.].
Kayser
[X.]ünger
Remmert

[X.]
Lauer
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 12.01.2017 -
[X.]ayAGH I -
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Meta

AnwZ (Brfg) 11/17

15.12.2017

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2017, Az. AnwZ (Brfg) 11/17 (REWIS RS 2017, 489)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 489

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