Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.09.2012, Az. 27 W (pat) 50/12

27. Senat | REWIS RS 2012, 3330

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Wildschütz Jennerwein" – zur Markenfähigkeit von Namen - Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – keine übliche Bezeichnung – kein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 055 283.5

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] durch [X.] [X.], [X.] und die Richterin [X.] am 11. September 2012

beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle des [X.] vom 30. November 2010 und vom 22. Februar 2012 werden insoweit aufgehoben, als sie dem angemeldeten Zeichen den Schutz versagen.

Gründe

I.

1

Angemeldet als Wortmarke ist

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Wildschütz [X.] .

3

Die Markenstelle des [X.] hat mit den im Tenor genannten [X.]üssen den Antrag letztlich hinsichtlich der Waren der

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Klasse 14:

5

aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte oder damit plattierte Waren (soweit in Klasse 14 enthalten); [X.], Schmuckwaren; Uhren und Zeitmessinstrumente; Schlüsselanhänger, Hutverzierungen aus Edelmetall; an die aufzunehmenden Gegenstände angepasste Etuis (soweit in Klasse 14 enthalten);

6

Klasse 16:

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[X.], ausgenommen Bücher, Zeitschriften, Zeitungen und Magazine

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zurückgewiesen.

9

Das hat sie damit begründet, die angemeldete Marke sei als beschreibende Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sowie nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] mangels Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen.

Bei „[X.]“ handle es sich um [X.], der 1848 in [X.] geboren und 1877 als Wilderer in den [X.] erschossen wurde. Er sei zu einer Legende geworden.

Personennamen seien zwar grundsätzlich nach § 3 Abs. 1 [X.] als Marke registrierbar. Bei bekannten Personen ergebe sich jedoch die Besonderheit, dass das Publikum mit dem Namen nicht nur die Person selbst, sondern regelmäßig auch den Hintergrund verbinde, auf dem die Bekanntheit beruhe. Dadurch erhalte der Name einen beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. [X.], [X.]. v. 23. Mai 2007 - 29 W (pat) 36/06 - Ringelnatz).

So sei „[X.]“ im Zusammenhang mit Juwelier- und Schmuckwaren, Uhren sowie Etuis zur Merkmalsbeschreibung geeignet, weil es darauf hinweisen könne, dass diese Waren mit Motiven des „[X.]“ versehen seien. Entsprechende Schmuckstücke, Anhänger, Münzen und Schützentaler würden angeboten. Damit könne die angemeldete Bezeichnung als Angabe zur Beschaffenheit dienen (vgl. [X.], [X.]. v. 16. Juni 2010 - 28 W (pat) 123/09 - Froschkönig).

„[X.]“ könnten sich thematisch mit der Person und dem Leben [X.]s befassen. Daher sei die angemeldete Bezeichnung  diesbezüglich als thematischer Hinweis freihaltungsbedürftig. Dies gelte für eine Vielzahl von Waren, die unter den Oberbegriff „[X.]“ fielen (z. B. Postkarten, Skripte, Aufkleber, Kalender).

Für den vom Anmelder für den Fall der Nichtabhilfe der Erinnerung oder hinsichtlich der Fassung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses erbetenen Hinweis bestehe keine Veranlassung. Es sei nicht ersichtlich, wozu der Anmelder noch vortragen könnte, wozu er nicht schon Gelegenheit gehabt hätte. Eine zulässige Änderung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, die zur Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke führen würde, sei nicht ersichtlich.

Die Rückzahlung der [X.] sei nicht veranlasst. Entgegen der Auffassung des Anmelders sei ihm ausreichend rechtliches Gehör zur Rechtsauffassung der Markenstelle gewährt worden. Diese sei darüber hinaus nicht verpflichtet, dem Anmelder vor [X.]ussfassung die recherchierten Belege einer beschreibenden Verwendung der zu beurteilenden Bezeichnung zur Stellungnahme zuzusenden.

Der Erinnerungsbeschluss vom 22. Februar 2012 ist dem Anmelder am 27. Februar 2012 zugestellt worden. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders vom 22. März 2012.

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

die [X.]üsse des [X.] aufzuheben, soweit die Eintragung versagt wurde.

Dabei hat der Anmelder von den [X.]n zusätzlich

Texte, Skripten und Notenblätter

ausgenommen. Hilfsweise schlägt er für Juwelier- und Schmuckwaren als Einschränkung vor:

„alle vorgenannten Waren mit Ausnahme von Medaillons und Schützenscheiben“.

Ferner beantragt der Anmelder die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 [X.] bestehen nicht, so dass es auf den Hilfsantrag und dessen Zulässigkeit nicht ankommt.

1.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Kann einer Wortmarke nur ein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort der [X.], das stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihr jegliche Unterscheidungskraft ([X.] 2004, 30 - Cityservice).

Davon ausgehend hat „[X.]“ Unterscheidungskraft. Eine herkunftshinweisende Individualisierung lässt sich in Bezug auf die hier in Rede stehenden Waren nicht ausschließen, selbst wenn die Geschichte des [X.] [X.] als ausreichend bekannt unterstellt wird. Für die strittigen Waren hat die Bezeichnung „[X.]“ keinen im Vordergrund des Verständnisses stehenden beschreibenden Begriffsinhalt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass „[X.]“ lediglich als reines Werbemittel verstanden wird. Daran ändert es nichts, dass das Motiv eines Wilderers im Zusammenhang mit Schmuckwaren verwendet wird, wie die Markenstelle belegt hat. Andernfalls müssten alle Wörter, die Darstellbares bezeichnen können, für dekorativ gestaltbare Waren als beschreibend angesehen werden ([X.], [X.]. v. 15. November 2010 - 27 W (pat) 218/09 - [X.]). Dies ginge zu weit; vom Markenschutz ausgeschlossen sind daher nur Wörter, die Elemente benennen, die für die beanspruchten Waren typischerweise eigenschaftsbestimmend sind. Ein Wilderer könnte allenfalls für hier nicht beanspruchte Bekleidung, Schusswaffen o. ä. beschreibend sein.

Eine beschreibende Wirkung muss aber im Einzelfall für das angemeldete Zeichen in Bezug auf die beanspruchten Waren feststellbar sein.

Namen wirken jedoch grundsätzlich, wenn sie als Marke verwendet werden, im Hinblick auf die jeweils so gekennzeichneten Produkte herkunftshinweisend. Deshalb dürfen an die [X.] von Personennamen keine höheren Anforderungen gestellt werden als bei sonstigen Zeichen ([X.] GRUR 2004, 946 Rn. 29 f. - Nichols).

Der in Rechtsprechung und Literatur zu findenden Ansicht, Namen berühmter Persönlichkeiten fehle als übliche Zeichen grundsätzlich jegliche Unterscheidungskraft ([X.], 615 (620)) oder sogar die abstrakte Unterscheidungskraft im Sinn des § 3 Abs. 1 [X.] ([X.][X.] GRUR 1999, 1067 (1069)), ist entgegenzuhalten, dass die Namen von Menschen schon von ihrer Zweckbestimmung her unterscheidungskräftig sind ([X.], 801, Rn. 12 ff. - [X.]; [X.] GRUR 2008, 522 (523) - [X.]; [X.] 2005, 552 (554)) und nominative Marken ursprünglich der Regelfall waren (v. Bassewitz, Prominenz und [X.], 2008 S. 152, 171; [X.] GRUR 1979, 383 f.; [X.], [X.], 2011, [X.] f.).

Eine beschreibende Aussage müsste im Einzelfall für den als Marke angemeldeten Namen in Bezug auf die beanspruchten Waren feststellbar sein ([X.], [X.]. v. 4. April 2007 - 28 W (pat) 103/05, BeckRS 2007, 11441 - [X.]; [X.]. v. 13. Dezember 2011 - 24 W (pat) 65/10, BeckRS 2012, 06201 - Palme). Bei „[X.]“ und „[X.]“ sind dafür jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich.

„[X.]“ ist auch nicht als Inhaltsangabe bei den beanspruchten Druckerzeugnissen beschreibend. Unterscheidungskraft ist gegeben, wenn es möglich ist, das Zeichen an den beanspruchten Waren in einer Form anzubringen, bei der das Publikum in ihm einen Herkunftshinweis sieht, und dies auch bei den wahrscheinlichsten Verwendungsformen nicht anders ist ([X.], 1100 - Tooor!; [X.], 825 - [X.]; [X.] [X.]. v. 26. April 2012 - C-307/11 P, BeckRS 2012, 81316 – Winkel).

Die Verbraucher sind gerade bei [X.]n daran gewöhnt, dass Namen so angebracht werden, dass sie als Hinweis auf den Verlag und damit als Herkunftshinweis dienen ([X.], [X.]. v. 27. März 2012 - 27 W (pat) 83/11, BeckRS 2012, 15057 - [X.]).

„[X.]“ ist zudem kein Name, der vorrangig als der eines Autors, Herausgebers, Photographen o. ä. verstanden wird, zumal „[X.]“ keine Eigenschaft [X.]s benennt, die eine Autorenschaft und besondere Kompetenz für ein Thema vermuten ließe, wie etwa „Meisterkoch“, „Krebsarzt“ etc.

Vorliegend kommt hinzu, dass der Anmelder das [X.] so eingeschränkt hat, dass die noch beanspruchten Waren der Klasse 16 kaum Inhalte, wie Biographien, haben können.

Dies gilt auch, soweit man „[X.]“ als Angabe zum Dekor verstehen wollte.

2.

Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] besteht ebenfalls nicht, so dass es auf den Hilfsantrag des Anmelders auch hier nicht ankam.

Diese Vorschrift schließt Zeichen von der Eintragung aus, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die zur Beschreibung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren dienen können. Dass dies nicht gegeben ist, wurde bereits dargestellt.

Dieses [X.] erfasst zwar nicht nur gattungsbeschreibende Angaben, wie „Buch“, sondern auch qualifizierende Eigenschaften, wie das Thema. Obwohl aber nahezu jedes aussagekräftige Wort etwas bezeichnet, das Thema, Inhalt eines [X.]s sein kann, muss Markenschutz auch für Medienprodukte möglich sein ([X.], FS 50 Jahre [X.], 2011, [X.] ff.). Dem steht nicht entgegen, dass das [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] schon dann greift, wenn jedenfalls eine von mehreren möglichen Bedeutungen beschreibend ist ([X.], 146 Rn. 32 - [X.]; [X.], 952 Rn. 15 - DeutschlandCard).

Insoweit folgt der Senat der Auffassung ([X.], a. a. [X.], S. 712), dass bei den wenig fassbaren Waren aus dem Medienbereich offene Bezeichnungen, die ohne Kontext für alles stehen können, den Inhalt nicht in einer den Markenschutz verhindernden Weise beschreiben ([X.], a. a. [X.], - [X.]), da es an einer eindeutigen Angabe zum Inhalt, ja sogar der Art fehlt. Das angesprochene Publikum kann nämlich aus dem Namen „[X.]“ auch neben der Bezeichnung „[X.]“ nicht auf einen bestimmten Inhalt schließen. Als inhaltsbeschreibende Angaben sind aber nur solche Aussagen von der Eintragung als Marke ausgeschlossen, die dem Konsumenten eine konkrete Vorstellung vom Inhalt vermitteln können. Ohne Kontext ist dies hier kaum möglich, zumal der Anmelder mit der Herausnahme von Büchern, Zeitschriften, Magazinen, Texten, Skripten und Notenblättern das [X.] so beschränkt hat, dass Inhalte wie [X.] o.ä. nicht in Betracht kommen.

Dass Schmuckwaren, Etuis und [X.] mit rein dekorativ wirkenden Aufschriften oder Bildern versehen sein können, führt nicht bei allen Wörtern, die darstellbare Dekorationselemente, Gegenstände oder Lebewesen benennen, zum Ausschluss vom Markenschutz für so verzierbare und bedruckbare Waren. „[X.]“ ist als Bezeichnung eines Motivs außerdem nicht so eindeutig, dass damit eine ganz bestimmte Art, ein ganz bestimmter Stil oder gar eine konkrete bildliche Darstellung angegeben werden könnte. Die im Parallelverfahren 27 W (pat) 51/12 streitgegenständliche Photographie [X.]s oder andere Darstellungen sind keine Motive, die der Verbraucher beim Hören des Namens vor seinem geistigen Auge hat, wie dies etwa bei „[X.]“ der Fall ist.

3.

Das angemeldete Zeichen ist auch nicht in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 [X.]).

Dass sich „[X.]“ zu einer üblichen Bezeichnung oder einem allgemein werberelevanten Motiv im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 3 [X.] entwickelt hat, ist nicht feststellbar.

4.

Die vorliegende Anmeldung ist auch nicht nach dem Missbrauchstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 5 [X.] zu beanstanden.

Die Verwendung von „[X.]“ als Marke verstößt auch sonst nicht gegen die öffentliche Ordnung. Dass Wilderei im 19. Jahrhundert (ebenso wie heute noch) eine Straftat war, stellt [X.] nicht auf eine Stufe mit Verbrechern, deren Namen als Marken politisch anstößig wären oder bei den Opfern und deren Angehörigen Empörung hervorrufen müssten. Das Gegenteil zeigt die dem Senat bekannte Übung, an das Garb [X.]s in [X.] regelmäßig [X.] zu legen.

Selbst wenn man den Bezeichnungen von Kulturgütern einen Markenschutz versagen wollte, wäre dies auf die Namen von Personen nicht übertragbar (anders [X.], [X.], [X.] (507 f.) für Staatsrepräsentanten). Eine positive Zuordnung an die Allgemeinheit, wie sie zur Gemeinfreiheit von Kunstwerken diskutiert wird, scheidet hier grundsätzlich aus ([X.], 615 II.2.b.dd).

III.

Eine Rückzahlung der Beschwerde- und [X.] ist nicht geboten, da die Aufhebung der [X.]üsse der Markenstelle auf einer anderen rechtlichen Beurteilung beruht und nicht auf, wie vom Anmelder gerügt, Bearbeitungsfehlern durch die Markenstelle.

Meta

27 W (pat) 50/12

11.09.2012

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.09.2012, Az. 27 W (pat) 50/12 (REWIS RS 2012, 3330)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3330

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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