Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.04.2014, Az. 5 StR 123/14

5. Strafsenat | REWIS RS 2014, 6121

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

5
StR 123/14

vom
24. April 2014
in der Strafsache
gegen

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 24. April 2014
beschlossen:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 5.
Juni 2013 wird nach § 349 Abs.
2 StPO mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie der mittelbaren Falschbeurkundung schuldig ist.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen mittelbarer Falschbeurkundung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und drei Monaten verurteilt.
Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Sie führt jedoch zu einer Berichtigung des Schuldspruchs.

1. Nach den Feststellungen des [X.]s beteiligte sich der Ange-klagte zusammen mit mindestens fünf weiteren Personen an der Abwicklung eines Geschäfts über 36 Kilogramm Kokain. Der Angeklagte
bewirkte über nie-derländische Kontaktleute den Umbau eines [X.] für den Transport des aus [X.] per Flugzeug in die [X.] verbrachten Kokains 1
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nach [X.] und zeigte den früheren Mitangeklagten [X.]

und T.

vor Antritt der Fahrt in die [X.] die Zugänge zu den in das Fahr-zeug eingebauten Hohlräumen. Schließlich begleitete er das von T.

gelenkte Schmuggelfahrzeug mit einem anderen Pkw in die [X.]. Dort traf er sich mit dem früheren Mitangeklagten [X.]

, der das Kokain am Flughafen in [X.] von dem Kurier R.

übernommen hatte, öffnete die Hohlräume des [X.] in der Tiefgarage eines Hotels und war dort während des von T.

vorgenommenen Einbaus der Kokainpäckchen in die Hohlräume

27). [X.] wurde er von [X.]

über die Grenze nach [X.] gebracht. Nachdem die anderen sodann mit dem Schmuggelfahrzeug und einem von [X.]

geführten, zur Absicherung vorausfahrenden weiteren Fahrzeug die [X.] passiert hatten, nahm [X.]

den Angeklag-ten wieder auf und fuhr mit ihm nach [X.]. Aufgrund von Telefonüberwa-chungsmaßnahmen und einer Innenraumüberwachung des Schmuggelfahr-zeugs konnte das [X.] den Transport mitverfolgen und das Schmuggelfahrzeug mitsamt dem noch darin befindlichen Kokain alsbald si-cherstellen sowie den Angeklagten und seine Mittäter festnehmen.

Obwohl sich der Angeklagte wenige Tage vor dem Kokaintransport von [X.] in die [X.] in [X.] aufhielt, vermochte das [X.] keine näheren Feststellungen dazu zu treffen, inwieweit er in die Planung des [X.] und die Beschaffung des aus [X.] stammenden Koka-ins eingebunden war. Die [X.] hat sich aber davon überzeugt, dass der Angeklagte ein erhebliches

wie sich von selbst versteht auch finanzielles

Eigeninteresse an der Tatausführung hatte und jedenfalls in die Absprachen über den Transport des Rauschgifts von der [X.] nach [X.] einge-e-3
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wich

Tatinteresses, von dem aufgrund des ein-
haltens (UA S.
112) als Mittäter des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angesehen. In Bezug auf die zugleich verwirklichte Einfuhr hat sie hin-gegen ohne nähere Begründung lediglich Beihilfe angenommen.

2. Die Rüge einer Verletzung des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO greift [X.] aus folgenden Gründen nicht durch: Nach dem Revisionsvorbringen des Beschwerdeführers haben in Bezug auf seine Person keinerlei [X.] stattgefunden. Der [X.] vermag nicht zu erkennen, wie sich eine Kenntnis des Angeklagten von etwaigen Verständigungsbemühungen mit den Mitangeklagten, zu denen er nichts Konkretes vorträgt, auf seine Verteidi-gungsmöglichkeiten und sein Verteidigungsverhalten hätte auswirken sollen.

3. Die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfeh-ler zum Nachteil des Angeklagten ergeben; jedoch war der Schuldspruch zu berichtigen.

Das rechtsfehlerfrei festgestellte Verhalten des Angeklagten erfüllt die Voraussetzungen einer Mittäterschaft sowohl in Bezug auf den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG als auch hinsichtlich des Tatbestandes der Einfuhr von Be-täubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG.

a) Ob die Beteiligung am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als [X.] oder Beihilfe zu bewerten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittä-4
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ter ist, wer [X.] fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Tatbeitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eige-nen [X.] erscheint. Ob ein solches enges Verhältnis des Beteiligten zur Tat besteht, ist nach den gesamten Umständen in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am [X.], der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigs-tens der Wille zur Tatherrschaft in dem Sinne sein, dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Angeklagten abhängen (st.
Rspr., vgl. [X.], Beschluss
vom 8. Januar 2013

5 [X.], NStZ
2013, 549, und Urteil vom 10. April 2013

2 [X.]/12).

Bei einer Bewertung von Transporttätigkeit eines Beteiligten an [X.] kommt es für die Frage, ob täterschaftliches Handeltreiben an-genommen werden muss, nicht entscheidend darauf an, welches Maß an Selb-ständigkeit und Tatherrschaft der Beteiligte hinsichtlich dieses isolierten Teilakts des [X.] innehat. Abzustellen ist vielmehr darauf, welche Bedeu-tung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des [X.] zukommt. [X.] Handeltreiben wird daher vor allem dann in [X.] kommen, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen Transport hin-ausgehende Tätigkeiten entfaltet, etwa am An-
und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des [X.] hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu er-zielenden Gewinn erhalten soll ([X.], Urteil
vom 10. April 2013

2 [X.]/12 mwN,
und
Beschluss
vom 19. März 2009

4 StR 20/09, [X.], 254).

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Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das [X.] das Verhal-ten des Angeklagten zu Recht nicht als bloße Förderung fremden Tuns, son-dern als Mittäterschaft bewertet. Hierbei durfte es neben den zutreffend als ge-wichtig bezeichneten [X.] auch den Umstand heranziehen, dass der Angeklagte ein erhebliches Eigeninteresse an der Tat hatte und über eine maßgebliche Tatherrschaft verfügte. Zwar konnte die [X.] insoweit keinerlei konkrete Feststellungen über die Höhe einer finanziellen Beteiligung des Angeklagten treffen; gleiches gilt hinsichtlich seiner Einbindung in die Pla-nung des Erwerbs und des Absatzes des Kokains. Es ist indessen nicht zu [X.], wenn sich das Tatgericht auch ohne nähere Konkretisierung auf-grund tragfähiger Indizien die Überzeugung verschafft, der Angeklagte habe mit [X.]) Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe in ausreichendem Maße zu entneh-erheblichen Risiko begründet, das der Angeklagte durch die Fahrt in die [X.] und seine Anwesenheit beim Einbringen des Kokains eingegangen sei, wobei er seinen Beitrag nicht auf das Minimum dessen beschränkt habe, wofür seine Hilfe benötigt wurde (U[X.]), was wiederum auf ein [X.] am Erfolg des [X.] hinweist. Hinsichtlich der Tatplanung hat das [X.] zum einen konkret festgestellt, dass sich der Angeklagte neben [X.]

und dem weiteren früheren Mitangeklagten [X.]

, für den zumindest 13 der 36 Kilogramm Kokain bestimmt waren, an den Überlegungen zum Transport von der [X.] nach [X.] beteiligt hat (vgl. [X.]). Zum anderen hat es in vertretbarer Weise angenommen, aus den Umständen des Aufenthalts des Angeklagten in der [X.], insbesondere seiner Verabredung des Treffens mit [X.]

und seinem detaillierten Informationsstand, folge eine

wenngleich nicht näher aufklärbare

besondere Einbindung in die [X.]
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chen über die Abwicklung des Geschäfts. Ausgehend hiervon ist sowohl ein eigenes Interesse des Angeklagten am Schicksal des [X.] als auch die Annahme einer gleichberechtigt verabredeten, arbeitsteiligen [X.] des [X.] hinreichend belegt, so dass die Annahme von Mittäterschaft auch in Ansehung des Umstands gerechtfertigt ist, dass sich die konkreten Tathandlungen des Angeklagten lediglich auf den Transport des Rauschgifts bezogen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 20. März 2014

3 [X.]/13

und vom 24. April 2013

5 [X.], [X.], 549).

b)
Die vorstehenden Erwägungen greifen ebenso in Bezug auf die tat-einheitlich verwirklichte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Der Tatbestand der Einfuhr erfordert nicht, dass der Täter das Betäubungsmittel eigenhändig über die Grenze bringt. (Mit-)Täter kann vielmehr auch sein, wer das Rauschgift über die Grenze transportieren lässt ([X.], Beschluss vom 1.
September 2004

2 [X.], [X.], 229). Insoweit gelten die dar-gestellten Kriterien zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe prinzipiell in gleicher Weise. Gründe, den

gerade wesentlich auf den Transport des Koka-ins über die [X.] gerichteten

Tatbeitrag des [X.] in Bezug auf die Einfuhr etwa anders als hinsichtlich des Handeltrei-bens lediglich als Beihilfe zu bewerten, sind nicht ersichtlich. Zur Vermeidung eines irreführenden Schuldspruchs ändert der [X.] diesen entsprechend ab. An einer Schuldspruchverschärfung ist er durch das Verschlechterungsverbot nicht gehindert.

c) Wie der [X.] in der Antragsschrift vom 17.
März
2014 zutreffend ausgeführt hat, lassen die Strafzumessungserwägun-gen des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler erkennen. Eine Verletzung des aus § 46 Abs. 3 StGB folgenden Doppelverwertungsverbots liegt
nicht vor. 10
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Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist mit hinreichender Deutlich-
Umstände schmälerndes geringes Gewicht seiner Tatbeteiligung verneint hat. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Andererseits weist der [X.] vorsorglich im Blick auf die Revision der Staatsanwaltschaft darauf hin, dass ungeachtet der höheren Mindeststrafe des § 30 Abs. 1 BtMG auszuschließen ist, dass der Einzelstrafausspruch wegen des Betäubungsmittelverbrechens bei zutreffender Beurteilung höher ausgefallen wäre: Der vom Tatgericht festge-stellte, im Rahmen des gesamten [X.] begrenzte Unrechtsgehalt bleibt unverändert; an der Mindeststrafe hat sich das [X.] nicht orientiert.
Basdorf
Schneider
Dölp

Berger
Bellay

Meta

5 StR 123/14

24.04.2014

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.04.2014, Az. 5 StR 123/14 (REWIS RS 2014, 6121)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6121

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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 174/16

Zitiert

5 StR 606/12

5 StR 135/13

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